Mehr als grau

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"NEIN!" Wie von einer Wespe gestochen, sprang ich auf und schlug auf den Tisch. Hundertzwanzig Minuten waren gespielt und unsere Mannschaft schaffte nicht mehr, als das eins zu eins auszuspielen, aber nicht weiter auszubauen.

"Finn?"

Ruckartig drehte ich mich um und musterte meinen kleinen, blonden Freund skeptisch.

Außer mich skeptisch und fragend anzusehen, tat er nichts und blieb perplex auf seinem Platz stehen. Er rührte sich nicht und zog die Augenbrauen zusammen.

"Will ich wissen was jetzt kommt?" Argwöhnisch musterte er mich und lachte humorlos auf.

Ich schüttelte den Kopf. "Du hast keine Wahl!" Dann grinste ich ihn frech an und zog ihn auf den Stuhl.

"Du kommentierst das Elfmeterschießen!" Und ohne auf eine Antwort zu warten, schob ich den Stuhl vor den Monitor und verschwand aus meiner gemütlich warmen Kabine, um mich auf den schnellsten Weg nach unten zu machen.

Ich wollte die Jungs mit allem, was ich habe unterstützen und ich denke das wichtigste, was ich hatte, war tatsächlich meine Anwesenheit. Glaubte ich jedenfalls.

Und über hundert Fragen gingen mir wieder durch den Kopf.

Wieso kam es so weit? Wieso verarbeiteten wir nicht unsere Chancen? Wieso kam es überhaupt erst zu einem Elfmeterschießen? War es überhaupt fair?

Unserem Team würde ein Sieg sicher gut tun.

Unten angekommen, rannte ich zu den Jungs, welche alle schweigend am Boden saßen. Und es saßen wirklich alle schweigend am Boden.

"Jungs." Ich musste halten, da ich kaum Luft bekam. Ich atmete so schwer, als hätte ich gerade einen Marathon hinter mir.

"Wir schaffen das!" Ich lächelte alle breit an, aber niemand reagierte so richtig auf meinen Versuch, sie alle zu motivieren.

"Okay, hoch jetzt!" Etwas ernster sah ich die Männer an. Einige überdrehten die Augen, einige seufzten oder stöhnten.

"Wieso hast du keine Schuhe an?" Argwöhnisch musterte mich der blonde Stürmer und lachte dann leise auf.

Eine echt gute Frage.

Lass dir schnell etwas einfallen, Leo. Ja, eigentlich war ich so unkreativ, dass ich einfach mit den Schultern zuckte und anfing zu lachen.

"Männer! Es geht los." Jogi hatte sich vor uns gestellt und sah uns alle ernst und nervös an. Er selbst hatte wahrscheinlich genau so Angst, dass das hier alles endet. Er war selbst noch nicht bereit, los zu lassen. Er hatte auch Angst und musste jetzt seinen Jungs Mut zusprechen.

"Und?" Basti sah den Welttorhüter fragend an und wartete gespannt auf die Antwort des Größeren.

"Bin zuerst im Kasten." Erwiderte er monoton.

Wir Alle nickten einverstanden. Gut, was sollten wir auch dagegen sagen? Entscheidung ist Entscheidung.

"Insigne beginnt."

"Was?" Ich schob meinen Kopf weiter vor, um Basti besser verstehen. Im Stadion tobte es. Aber nicht mehr lange, dachte ich.

Denn würden wir jetzt scheitern, könnten wir noch heute Abend unsere Sachen packen.

Und dann sah ich selbst, was Bastian mir gerade gesagt hatte und setzte sofort einen Schritt nach dem anderen.

Zügig lief ich zum Tor, stellte mich etwas mehr an den Rand und nach ein wenig Diskusion mit der Security, durfte ich es mir auch am Tor bequem machen.

"Ich kommentiere nur."  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt