Ertrunken

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Und dann lief ich. Soweit meine Füße mich tragen konnten. So lang meine Beine mich hielten. So schnell es meine Lunge zuließ. Ungehalten und komplett in meinen Gedanken vertieft.

Es regnete, nein. Es schüttete und ich spürte den nassen Boden unter meinen Füßen. Der Himmel war grau. Grau-Schwarz und ich konnte nicht erkennen, ob auf meiner Wange eine Träne, oder ein Regentropfen zu finden war.

Ich einigte mich auf beides. Lief weiter.  Ungehalten, denn ich konnte nicht mehr atmen. Nicht mehr in deren Nähe sein, denn sie verdrehten mir den Magen.

Marco hatte Mario und Mats Cathy und ich beide, oder auch keinen, oder vielleicht hatte ich auch nie jemanden. Aber was ich wusste, war, dass Tonis Worte wie ein Schlag aufs Herz wirkten.

Eigentlich hätte ich auflachen müssen, aber ich konnte es nicht, denn wenn ich Marco lieben würde, würde ich Mario verletzen und wenn ich Mats lieben würde, würde Cathy die Wölfe auf mich hetzen.

Und wenn ich niemanden lieben würde, würde mein Herz stehen bleiben. Jedenfalls fühlte es sich so an, denn ich dachte, ich wäre ganz klar Depri-Hummels verfallen. Nein, denn eben dachte ich, ich sei Hals über Kopf in Marco verliebt, doch dann kam Mario und Marcos Lächeln und deren Freundschaft, oder Freundschaft plus, oder...

Ich atmete, holte tief Luft. War klitschnass, fühlte mich so, als wäre ich ertrunken, denn die Luft blieb mir weg und meine Beine gaben den Geist auf. Jedenfalls fühlte es sich so an, denn ich musste stehen bleiben und durchatmen.

Ich sah nach oben. Der Himmel hatte seine Farbe nicht geändert. Er war grau und hilflos, so wie ich. Ich hielt meine Hand auf die Brust, mein Herzschlag war schnell. Ich konnte nicht mehr.

Ich fror. Es war kalt und es regnete immer noch. Ich bewegte mich nicht mehr, also fühlte ich meine Füße langsam taub werden und meine Beine schlottern.

Von wegen Sommerregen und dein Leben ist super.

Sommerregen war ein Scheiß. Der ist kalt und grau. Sommer sollte warm und hell sein. Ich überrollte die Augen. Menschen versuchten auch immer aus jeder Situation das Positivste rauszuholen.

Wann verstanden sie, dass das Leben nicht immer positiv war?

Ich setzte mich. Der Rasen war nass, der Boden matschig. Trotzdem setzte ich mich, um meinen Beinen die Pause zu geben, die sie brauchten.

Jedenfalls wollte ich es, denn kurzer Hand begann ich wieder zu frieren und zittern, doch ich stand nicht auf, denn ich konnte nicht. Ich hatte aufgegeben und wollte nicht mehr zurück, denn dann müsste ich sie sehen - Fußballer. Die Fußballer, die mir den Kopf verdrehten, die Fußballer, die mir tierisch auf den Senkel gingen und die Fußballer, die mit ihrer netten und charmanten Art gar nicht wussten, was sie mit mir anstellten.

Nein, ich wollte nicht. Ich wollte hier sitzen bleiben. Im Regen und darauf warten, dass meine Sonne wieder anfing zu scheinen und wenn es Tage brauche, dann würde ich hier auch Tage sitzen. War mir möglicher Weise egal, ob ich in der Zeit erfrieren würde (Was eher unwahrscheinlich war, denn es waren trotz des Regens 17 Grad Celsius), oder ob ich ersticken würde ( Was ebenfalls unwahrscheinlich war, denn es regnete nur).

Ich schloss meine Augen. Ließ mir Alles durch den Kopf gehen. Nein, Marco durfte mich nicht lieben, denn er liebte doch Mario. Er war doch Schwul, oder?

Und nein, ich konnte Mats nicht lieben, denn er hatte Cathy. Wir hatten uns nun einen Tag nicht Ansatzweise angesehen. Er hatte mich vergessen und dachte sicherlich nur an Cathy, denn er liebte Cathy. Das hatte er mir oft genug gesagt.

Oder klar gemacht, wirklich gesagt hatte er es ja nicht, oder so ähnlich. Jedenfalls ging es nicht. Ich durfte nicht mehr mit ihnen reden. Morgen würde wieder ein wichtiges Spiel sein und ich lag hier, im Regen und starrte auf den Himmel.

War praktisch ertrunken.

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