Sand und Wasser

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Ich wusste nicht, wie ich Marios Blicke deuten sollte. Es war keines Falls einer der Amüsierten, gar Freudigen Blicke. War er traurig? Enttäuscht? Hatte er Schuldgefühle?

Ich wusste es nicht. Ich wusste so vieles nicht.

Und es tat weh, meinen geliebten Borussen so zu sehen.

"Als die Welt entstanden ist..." Ter Stegen machte eine kurze Gedenkpause, setzte sich neben mich, stöhnte vor Anstrengung kurz und hielt Inne.

"Durch den Urknall." Antwortete ich monoton und ohne auf den Torwart neben mir zu achten. Nicht einmal einen Blick schenkte ich ihm.

"Ehm, ja..." er seufzte, hielt wieder Inne und wusste wahrscheinlich nicht ganz genau, was er darauf antworten sollte. Ich denke nicht, dass er mit einer Antwort wie meiner gerechnet hätte. "Wie entstanden Sand und Wasser?"

"Wieso willst du das Wissen?" Leise lachte ich auf, sah ihn an, musterte seine Mimik und seufzte dann.

Wieso waren Fußballer denn nur so merkwürdig und unwissend? Ich schob es zwar darauf, dass sie wahrscheinlich nicht die Schule fertig brachten, weil sie schon einen Profivertrag in der Tasche hatten, aber sogar ich, und ich hatte beinahe alle meine Physikkurse geschwänzt, wusste, dass Sand zu erst da war und es sich durch den Urknall aus magmatischen und metamorphen Steinen gebildet hatte.

"Ich denke einfach darüber nach, in welcher Lage wir uns befinden..." er zuckte mit den Schultern, lehnte sich in seinen Sitz und nickte zu Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski. "Die Zwei zum Beispiel." Wieder hielt er Inne.

Ich rollte nur mit den Augen. Um ehrlich zu sein, nervte es mich gerade echt, dass er keinen einzigen Satz flüssig und ohne Pause beenden konnte.

"Was ist mit ihnen?" Half ich ihm auf die Sprünge, sah ebenfalls zum Stürmer und zum Kapitän und legte meinen Kopf schief.

"Sie verhalten sich wie Sand und Wasser." Und wieder hielt er Inne, drehte sich von ihnen weg und lehnte sich in seine Lehne zurück.

Ich stöhnte laut auf, wollte gar nicht weiter nachfragen, auch wenn ich nicht verstand, was er damit meinte. Wieso sprachen hier alle einfach nur in Rätseln?

Auf einer zweistündigen Busfahrt konnte es einem Menschen schon ziemlich langweilig werden, also beschlossen Lukas und Basti, Musik an zu machen und das nicht in einer normalen Lautstärke, nein, das wäre ja zu viel von ihnen verlangt, sie hatten sich, woher auch immer, eine weitere JBL-extrem erschnorrt und waren gerade dabei, ganz laut - wer hätte es gedacht - seven Nation Army zu spielen.

Aber gut, mittlerweile waren wir alle soweit abgehärtet, dass Lukas und Basti, bis auf einige miese Blicke von Sami, oder Boateng, nichts gegen den Kopf geknallt bekamen.

Und so begannen wir einfach schlichtweg irgendetwas zu singen, auch wenn niemand, bis auf Lukas und Basti, den Songtext richtig konnte.

"Lasst mal Karaoke machen!" Lukas sprang auf, sah uns begeistert an und nickte dann freudig lächelnd und übers ganze Gesicht strahlend.

"Ich fang an!" Ich sprang auf und ging nach vorne. Dann sah ich mich im Bus um. Keiner, wirklich keiner hatte sich für Bastian oder Lukas interessiert. Die Bayern kicherten, die Borussen schwiegen und die Anderen hörten Musik.

Seufzend nahm ich Lukas' Handy, tippte einen Song Titel ein und wartete gespannt auf meinen Einsatz. Immer noch musterte ich alle Spieler und immer noch nicht hatte jemand uns Aufmerksamkeit geschenkt, also stoppte ich die Musik und seufzte laut.

"Denkt ihr, dass wir so den Titel holen werden?" Ich sah mich um, zog die Augenbrauen zusammen und sah in einige Gesichter, die mir nun ihre Aufmerksamkeit geschenkt hatten.

"Glaubt ihr tatsächlich, dass es eine Mannschaft, wie wir es sind, schaffen werden, den Titel zu holen?" Wieder sah ich rauf. Mir hatten nun einige weitere Spieler ihre Aufmerksamkeit geschenkt.

"Basti und Lukas geben sich beste Mühe, um aus uns eine Mannschaft zu machen und das einzige, was wir Ihnen zurückgeben, sind gelangweilte Blicke und rollende Augen." Ich hielt Inne, wollte, dass die Jungs sich meine Worte auf der Zunge zergehen ließen. Meine Betonung lag dabei auf das wir, denn ich wollte mich nicht aus dem Spiel katapultieren.

"Wir sind keine Mannschaft, Verdammt... so schaffen wir das nicht!" Und damit hatten sogar die musikhörenden Profis ihre Kopfhörer abgenommen und sahen mich skeptisch an.

"Was hat sie?" Hörte ich Benedikt leise japsen, doch ich wollte dem keine Aufmerksamkeit schenken. Ich wollte Schnur stracks auf meinen Platz gehen und in meinen Gedanken versinken.

"Schlechte Laune..." grummelte Mats Hummels. Doch damit war das Thema 'nicht hinhören' auch für mich beendet.

"Das kannst du gut, nicht Mats?" Knurrte ich.

"Leonie, ich bitte dich..." murmelte er und lehnte sich entspannt in seine Lehne, gähnte einmal.

Doch ich sah ihn nur angeekelt und abwertend an. "Nein, Verdammt! Genau das meine ich! Diese ganze Scheiße! Dir ist auch nicht mehr zu helfen!" Ich wurde lauter. Genau das meinte ich.

"Was meinst du?" Fragend und interessiert sah er mich an. Doch ich winkte nur ab, lachte humorlos auf und zögerte nicht.

"Ich werde nicht dasein, um dich zu retten, wenn du wieder abstürzt."

"Das hab ich auch nicht verlangt."

"Gut, denn manche Menschen kann man auch einfach nicht retten, Mats Hummels."

•••

Dramatik, Ohohoh!

Hey jo Fußballfreunde! Alles fit im Schritt?


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