Kapitel 137

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Nell's Sicht:

Bevor ich etwas entgegnen konnte, stieg er aus, lief ums Auto und öffnete die Tür. Abwartend betrachtete er mich, doch ich erwiderte seinen Blick nur nervös. Er beugte sich schließlich über meinen Sitz und löste meinen Sicherheitsgurt. Dann griff er nach meiner Hand und zog mich aus dem Auto. Für einen Moment ließ er mich außer Acht, öffnete das Handschuhfach und nahm einen kleinen Stapel Zeitungen heraus, den er sich unter den Arm klemmte. "Marcel, was ist los?" fragte ich ängstlich, als er mich daraufhin mit ernstem Gesichtsausdruck hinter sich her zog. Auf einmal blieb er stehen und zog mich mit meinem restlichen Schwung vor sich. "Vertrau mir." meinte er sanft, als er mir von hinten die Hände über die Augen legte. Stumm ließ ich mich von ihm über die Wiese führen. Wir liefen eine gefühlte Ewigkeit, bis er stehen blieb. "Lass die Augen noch zu." bat er und ließ seine warmen Hände langsam sinken. Stattdessen lagen sie nun um meinen Bauch geschlungen. Ich legte meine Hände auf seine, während sein Kinn sich auf meine Schulter senkte. "Jetzt." flüsterte er. Ich schlug die Augen auf, als mir auch schon der Atem stockte. An einer einsamen Stelle lag eine Decke und dabei ein Picknick-Korb. "Ich hatte leider keine Zeit, noch alles selbst zu machen. Ich hoffe es gefällt dir trotzdem." meinte er und hauchte ein paar Küsse an meine Halsbeuge. "Und wie." wisperte ich, drehte meinen Kopf und ließ mich von Marcel küssen. "Womit hab ich das verdient? So romantisch gepolt heute?" sagte ich lächelnd. Er lächelte mich nun auch an. "Für dich kann ich mich auch ändern." antwortete er. Sein Lächeln verschwand nach dieser Aussage. Irgendwie hörte ich da beinahe eine Frage raus. Als würde er denken, er gefalle mir nicht so wie er ist. "Du bist perfekt, so wie du bist." entgegnete ich und drehte mich zu ihm. Das schien ihn allerdings nicht zu erleichtern. Wenn ich das richtig erkannte, sah ich Leid in seinen Augen. Warum wusste ich aber nicht. "Du bist so ein schrecklicher Gutmensch." meinte er. Ich musste leise lachen. "Nicht immer. Ich habe Mats letztens eine Ohrfeige gegeben." gestand ich. Überrascht blinzelte er. "Wieso das denn?" wollte er wissen. "Er hat dich beleidigt. Wollte mir die Beziehung zu dir verbieten. Und dann wollte er mir sogar noch deutlich davon abraten, mit dir zu schlafen." erzählte ich. Er senkte den Blick. "Das mit dem Sex hast du ja offenbar ernst genommen." murmelte er vor sich hin und sah mich dann wieder an, woraufhin dann aber ich den Blick senkte. "Also ist es doch deswegen. Du willst mit mir schlafen." sagte ich leise. In seinem Blick stand Reue und plötzlich fühlte ich mich diesem Mann wieder so fern. Ich kannte ihn kaum und er war ein so komplett anderer Mensch als Mario. Es dämmerte schon wieder und eine kühle Brise ließ mein Haar fliegen. Ich schlang die Arme um meinen eigenen Körper und schauderte. "Du wolltest reden?" setzte ich leise an. "Baby bitte verzeih mir. Ich meinte es nicht so." ignorierte er meinen Themawechsel. Ich musterte ihn nur verhalten. "Ich kann dir das nicht erzählen, wenn du mich sowieso schon scheiße findest." jammerte er. Jetzt wurde ich wieder hellhörig. "Ist es schlimm?" fragte ich besorgt. Er trat einen Schritt auf mich zu. Unsere Hände streiften einander ganz leicht. Er griff nach meiner Hand und ich ließ es zu. Er drückte seine Lippen auf meine Stirn. "Bitte setz dich." bat er mich flüsternd. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, ließ ich mich auf der Decke nieder. "Aber versprich mir, dass du das nicht zu ernst nimmst und an dich ranlässt, ja?" meinte er, während er sich neben mich setzte. Wohl oder übel nickte ich halbherzig. Er nahm die Zeitungsartikel hervor und warf einen nach dem anderen mit dem Titelbild nach oben vor mich. Eins, zwei, drei, vier, fünf. Flüchtig laß ich. "Ist das die typische Spielerfrau? - Fremdgehen auf hohem Niveau" - Darunter ein Bild, wo ich mit Marcel Hand in Hand seine Wohnung betreten hatte. "Götze-Freundin geht fremd! - Merkt der Junge denn überhaupt, was sie mit ihm abzieht?" - Erneut ein Bild. "An Scheinheiligkeit nicht zu überbieten - Götze's Perle nutzt ihn aus und geht nebenbei heiße Affäre ein". "Das grenzt an Prostitution! - Alle äußern sich zum niveaulosen Verhalten der Neuer, nur Götze schweigt." Und zu Guter letzt "Welttorhüter muss sich nicht für Drittplatzierung beim Ballon D'Or schämen, sondern für seine Schwester! - Dieses Biest hat bei unseren Weltmeistern nichts verloren." Mir liefen Tränen über die Wangen. Der Schmerz saß tief. Mir war es egal, was die Leute über mich dachten, aber es tat weh, wenn man mich öffentlich so deutlich beleidigte und niedermachte. Ich schlug eine Hand vor den Mund und unterdrückte ein Schluchzen. "Warum schreiben die das?" wimmerte ich. Marcel sah mich mitleidig an, er litt mit mir, aber ich wusste, wenn er den Leuten gegenüber stehen würde, die dafür verantwortlich waren, würde er sie krankenhausreif prügeln. Marcel war unschlüssig, was er tun sollte und ich fühlte mich so langsam unwohl, wie er mich ansah, während mir Tränen über die Wangen liefen. Ich legte den Kopf in meine zitternden Hände. "Entschuldigung." krächzte ich. Ich hörte, wie er die Zeitung wieder stapelte und zu sich nahm. "Ich zeige dir das aus einem bestimmten Grund. Wunderst du dich nicht, dass sowas bei dir nicht ankam?" wollte er wissen. Jetzt war ich völlig durch den Wind. "Worauf willst du hinaus?" gab ich zurück, immernoch mit brüchiger Stimme. "Als du und Mario das letzte Mal getrennt wart, hat er jegliche Anwälte eingeschalten, sogar Bestechungsgelder gezahlt, damit die Journalisten dich nicht ins Visier nehmen. Aber dieses Mal hat er es nicht geschafft, unter anderem auch weil eure Popularität in der Zwischenzeit stetig angestiegen ist. Er konnte lediglich dafür sorgen, dass du nicht zu Pressekonferenzen musst und keine Journalisten zum Training kommen. Die ganzen widerlichen, unterschwelligen Artikel musste er dir vorenthalten. Er hat alles verschwinden lassen, was du hättest zu Gesicht bekommen können." Meine Tränen waren mittlerweile vergangen und ich starrte ihn nur entgeistert an. "Warum erzählst du mir das alles? Du hasst Mario. Ihr seid doch Konkurrenten." sagte ich. "Nell, ich liebe dich." Abgesehen von dem plötzlichen Themawechsel, fühlte ich mich in die Ecke gedrängt. Das war das erste Mal, dass er mir das so sagte, in aller Öffentlichkeit und mit Blickkontakt. Ich wollte es ja erwidern...glaubte ich zumindest. Aber mein Mund wollte nicht sprechen. Diese Worte waren nicht für Marcel bestimmt. Das sagte mir mein Herz. Ich öffnete langsam den Mund, als er mich doch unterbrach. "Nell, sag nichts. Ich will, dass du es ehrlich meinst, wenn du sagst, du liebst mich. Aber ich wusste, dass du nichts sagen würdest. Weil du viel zu ehrlich bist, um mir das vorzumachen, wenn es nicht stimmt. Du liebst mich nicht, Nell." stellte er fest. Verzweifelt griff ich nach seinen Händen. "Ich will dich aber lieben, Marcel. Du hast es verdient, geliebt zu werden. Und ich mag dich wirklich. Sehr." beteuerte ich. Er sagte erst einmal nichts, deshalb lehnte ich mich vor, legte die Hände um sein Gesicht und küsste ihn. Anfangs erwiderte er den Kuss nicht, dann aber legten sich seine Hände behutsam auf meine Hüften und unsere Lippen bewegten sich synchron zueinander. Als wir beide außer Atem waren, lösten wir uns voneinander. "Gib mir eine Chance. Vielleicht brauche ich nur Zeit." flehte ich. Er streichelte meine Wange. "Ich brauche keine Zeit mehr. Ich hatte auch gehofft, es würde funktionieren. Ich habe auf dich gewartet. Auf deine Liebe gehofft. Aber weißt du was ich sehen musste? Wie du deine Liebe einem anderen schenkst." erzählte er. Er klang nicht einmal sauer. Er war total ruhig, vielleicht ein bisschen niedergeschlagen. "Was?" stieß ich hervor. Marcel starrte geradeaus und runzelte die Stirn. "Vorhin, als ich kam, habt ihr euch geküsst. Er hat dich geküsst, ja. Aber du hast es erwidert. Und glaub mir Nell, man sieht wie verliebt du bist. In Mario." murmelte er und sah mich nachdenklich an. Ich hielt die Luft an. "Marcel... ich wollte nicht... Ich wollte dich nicht verletzen. Es war nie mein Ziel, dich auszunutzen." flüsterte ich, weil ich zu mehr nicht fähig war. Er schüttelte langsam den Kopf. "Ich werfe dir nichts dergleichen vor. Wenn du verletzlich bist, kann man in dir lesen, wie in einem offenen Buch. Du weißt nicht wohin mit den ganzen Gefühlen. Das habe ich von Anfang an gespürt. Aber ich wollte es nicht wahrhaben." meinte er traurig. Ich weinte wieder. "Das heißt... es ist vorbei zwischen uns?" wimmerte ich. Nach kurzem Zögern nickte er. Ich senkte den Blick und Tränen tropften auf die Decke. Zu meinem Entsetzen stellte ich fest, dass mir ein riesen Stein vom Herzen fiel. Während ich so vor mich hin weinte und mir ausmalte, was jetzt passieren würde, legte Marcel seine Finger an mein Kinn und hob mein Gesicht an. "Schenk mir diese eine Nacht. Kein Sex, keine Küsse. Sei bitte einfach bei mir, dann kann ich dir morgen erzählen, was passieren wird. Vielleicht hasst du mich dann, aber du wirst glücklich, das verspreche ich dir." bat er mich. "Ich könnte dich nicht hassen Marcel." flüsterte ich. Er sah weg. "Das werden wir sehen. Bleibst du bei mir?" fragte er ein weiteres Mal. Ich nickte. Das war ich ihm schuldig. Auch wenn ich jetzt ein Wenig Angst hatte, was er mir noch zu sagen hatte. Der Abend war wunderschön. Wir redeten ewig und keiner von uns musste sich verstellen. Irgendwann schliefen wir dann Arm in Arm auf der Decke ein. Am nächsten Morgen wachte ich durch die Sonnenstrahlen auf, die den Tag erhellten. Es würde ein wunderschöner Tag werden und ich hoffte, der Schein trügte nicht. Langsam schälte ich mich aus Marcel's Armen. Sein Bein lag über meinem umd ich war allgemein halb unter ihm begraben, aber so hatte er mich wenigstens gewärmt. Marcel schlief friedlich weiter, deshalb stand ich auf. Ich lief zu Steg und sah auf den ruhigen See hinaus. Am anderen Ufer machte ich den Bauplatz aus, auf dem eigentlich längst das Haus der Götze-Familie stehen könnte. Ich schüttelte den Kopf, um den Gedanken loszuwerden. Die Sonne glitzerte auf dem klaren Wasser. Ich könnte jetzt einfach... Ich wandte mich in die Richtung, in der Marcel immernoch regungslos auf der Decke vor sich hin schnarchte. Dann sah ich zum Restaurant, das sowieso geschlossen war. Entschlossen zog ich mich komplett aus und sprang dann kopfüber in das kühle Nass. Luftblasen perlten an meinem Körper zu Wasseroberfläche hin, als ich untertauchte und ich verlor mich einen Moment in der ewigen Stille hier unten. Gewaltsam hielt ich mich noch ein paar Sekunden länger unter Wasser, bis ich dann aber keuchend an die Oberfläche brach. Ich strich mir die Haare aus dem Gesicht und schwamm dann ein Stück weiter raus. Irgendwann überkam mich ein komisches Gefühl, deshalb wandte ich mich dem Steg zu. Marcel saß da, die Arme auf die angewinkelten Knie gestützt und sanft lächelnd beobachtete er mich. Unwillkürlich lächelte ich zurück. Ich war so entspannt, ja beinahe glücklich. Ich schwamm zurück zum Steg. "Nackt schwimmen, soso." grinste Marcel vor sich hin. "Woher weißt du denn, dass ich nichts anhabe?" fragte ich lachend, denn so klar war das Wasser nun auch wieder nicht. Mit einem süffisanten Grinsen griff er hinter sich und präsentierte mir meinen BH und den passenden Slip. "Das grenzt ja schon an krankhaftes Stalking. Hast du auch an meiner Kleidung geschnuppert?" scherzte ich. Aufs Stichwort roch er an meinem BH. "Nein, aber riecht gut. Nach dir." grinste er. "Ach, tatsächlich?" witzelte ich weiter. Auf einmal begann er, mit konzentriertem Gesichtsausdruck, den BH in seinen Händen zu drehen und zu wenden. "Was machst du denn?" fragte ich. "Ich will wissen, welche Körbchengröße du hast." meinte er trocken. Ich spritzte Wasser nach ihm. "Also wirklich!" mahnte ich gespielt böse, während er aufsprang. "Als Stalker muss ich das doch wissen." sagte er. Ich schüttelte nur den Kopf. "Kommst du dann? Wir müssen noch reden." wurde er wieder ernst. Ich nickte. Da er aber keine Anstalten machte, sich vom Fleck zu bewegen, war es mir dann auch egal. Ich stemmte mich am Rand des Steges hoch, schnappte mir den Slip und zog ihn mit einer Hand an, während ich mit dem anderen Arm meine Brüste bedeckte. Ich richtete mich auf und Marcel musterte mich mit einem dreckigen Grinsen. Er überreichte mir den BH, den er immernoch in der Hand hielt. Als ich ihn mit der freien Hand nehmen wollte, hielt er ihn zurück. "Lass mich." meinte er. Ich verdrehte die Augen, drehte mich dann aber um. Er ließ die Arme über mich gleiten und legte mir dann den BH um. Geschickt schloss er ihn an meinem Rücken. "Sitzt richtig oder?" fragte er neckisch und rückte meine Brüste einmal mit beiden Händen zurecht. "Also wenn du nicht mein Freund bist, bist du nicht mehr so lieb und kuschelig." lachte ich nur. Ich schnappte mir meine restlichen Sachen und marschierte vom Steg. "Schau woanders hin." befahl ich, als ich Marcel's Blick auf meinem Hintern spürte. Er kam mir zügig hinterher gelaufen. Ich ließ mich auf die Decke fallen und suchte in dem Picknickkorb etwas von dem unberührten Trinken. Marcel ließ sich neben mich fallen. Dann sah er mich an. Zumindest kurz, den sein Blick rutschte eine Etage tiefer. Schnell streckte ich die Hand aus und hob sein Kinn an. "Willst du dir vielleicht etwas anziehen, das verwirrt mich." bat er mich. Seufzend zog ich mein Oberteil an. "Besser?" fragte ich. Er nickte. Er legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. "Bemüh dich wenigstens, mich nicht zu hassen." begann er. Stumm musterte ich sein Gesicht. "Es war kein Zufall, dass wir uns getroffen haben." sagte er. Ich runzelte die Stirn. "Hä? Du warst doch bei Marco." erinnerte ich ihn. "Ja, aber ich war da nicht durch Zufall. Marco hat mich zu sich bestellt, damit ich dich abfange. Damit ich dich bequatsche, mit mir zu kommen." erzählte er. Ein kleiner Schmerz bohrte sich wie eine Nadel in mein Herz. "Du wolltest mir gar nicht helfen? Du warst gar nicht auf eine Freundschaft aus?" fragte ich anklagend. "Ehrlichgesagt nein. Marco hat mir zwar keine Gegenleistung versprochen, aber ich war nur eine kleine Nebenrolle in dem Plan. Es war nicht geplant, dass ich... Gefühle für dich entwickle. Und davon waren natürlich weder Marco noch Mario begeistert. Deshalb auch die Prügelei." sprach er. "Aber warum? Was war der Sinn der Aktion? Und was hat das mit Mario zu tun und der Auszeit, die uns auseinandergebracht hat?" fragte ich. Ich war so verwirrt, verletzt und irgendwie auch neugierig. "Das werde ich dir jetzt zeigen, so wie es von Anfang an geplant war."

Hach Leute, ich will die Kapitel schon gar nicht mehr hochladen... Bald ist es vorbei mit LSN, ich glaub ich muss heulen :'( Naja, da wahrscheinlich die meisten wissen, was jetzt kommt, möchte ich euch schonmal vorwarnen: Ich weiß nicht, wie viel Zeit das folgende Kapitel in Anspruch nimmt, weil ich einfach will dass es PERFEKT wird. Und ich habe noch nichts vorgeschrieben, also ich hoffe, ihr habt ein wenig Geduld. :)

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt