Kapitel 3

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Ich setzte mich irgendwo hin. Die Gespräche am Tisch verstummten und als ich anfing zu reden schauten mich alle an. "Jungs ich muss mal mit euch reden... Also wegen der Sache gestern beim Training. Ich hätte euch das erzählen sollen. Also ich ... Es gab mal einen Typen, der hat mich halt krass verarscht, nachdem ich sowieso schon traurig war. Meine bzw UNSERE Mutter ist tot. Und weil ich halt so verarscht wurde, lass ich niemanden so gern an mich ran und hab mich einfach nicht wohl gefühlt." Das alles plätscherte nur so aus mir heraus. Alle waren verstummt bis Basti sagte "So ein Arschloch!" dachte ich mir nur und guckte ihn verwundert an. Er klärte auf "Wie kann man so abgrundtief blöd sein?! Also dieser Typ! Das ist echt das allerletzte was ich je gehört hab!" Ich war ein bisschen geschockt aber die Anderen schienen ihm zu zustimmen. Also sagte ich ruhig "Danke aber packt mich deshalb bitte nicht in Watte. Ich hätte euch einfach davon erzählen sollen, statt gleich jemandem wehzutun" Ich deutete auf Mats. Die Jungs lachten "Der hat das schon lange mal verdient! Meint immer er bekommt jede!" Endlich konnten wir ein normales Gespräch führen und sie waren wirklich sehr nett. Ich entschloss mich sogar dazu wieder mit zum Training zu kommen. Ich setzte mich wieder auf die Bank. Die Jungs trainierten ein Wenig, während Löw am Rand stand und sich etwas notierte. Plötzlich schrie jemand auf. Mein Kopf schnellte hoch und mein Instinkt weckte mich. Tja, Medizinstudium. Als ich sehen konnte wie Mesut auf dem Boden lag und sein Knie hielt sprang ich auf und direkt über die Bande. Zügig lief ich auf ihn zu. Ich wunderte mich schon dass kein Sanitäter kam umd entschloss mich dazu, selbst dafür zu sorgen. Ich ging bei Mesut angekommen in die Hocke und schob vorsichtig seine Hand weg. Dann drückte ich mit zwei Fingern auf seinem Knie herum. Ausgerenkt, stellte ich fest. "Habt ihr eigentlich keinen Arzt hier?!" fragte ich die Anderen die um uns herum standen und nahm das Eisspray, das mir jemand hinhielt. Sie schüttelten nur die Köpfe. Ich seufzte und wendete mich wieder Mesut zu. Er spannte sih augenblicklich an als ich das kalte Spray auf sein Knie auftrug. "Das könnte jetzt wehtun" sagte ich zu ihm und griff mit der einen Hand sein Schienbein und mit der anderen legte ich die Finger um die Kniescheibe. Mit einem kräftigen Ruck drehte ich das Bein und als es knackte, schrie Mesut kurz auf und die Jungs zuckten zusammen. Ich erhob mich und zog Mesut wieder auf die Beine. Nicht nur er staunte nicht schlecht. "Woher kannst du das?" fragte Lukas. "Medizinstudium" sagte ich nur und wollte grade wieder auf meinen Platz zurückkehren als Löw mich kurz zur Seite nahm. Er begann zu sprechen "Wie du ja grad gesehen hast, haben wir momentan keine Aushilfe für den Job. Die Aktion gerade war unglaublich! Hättest du nicht Interesse daran, das zu übernehmen?" Ich war total baff. Ein Job, hier? Das wäre gar nicht mal so schlecht...

Zwei Tage später:

Der Vertrag war unterschrieben. Ich arbeitete jetzt offiziell hier. Löw hatte mich auch schon darauf aufmerksam gemacht, dass ich wahrscheinlich gelegentlich mal an einer Pressekonferenz teilnehmen müsse. Ich ließ es einfach auf mich zukommen. Die Jungs und ich hatten uns noch viel erzählt. Und ich hatte sie so langsam richtig lieb gewonnen. Sie trugen mich sozusagen auf Händen und die Komplimente, die sie mir immer noch machten, waren nicht unverschämt. Nach ungefähr einer Woche beim DFB hatte ich mich ganz gut eingelebt und saß gerade mit den Jungs beim Essen. Da klingelte mein Handy. Ich entschuldigte mich kurz und lief dann ein Stück von den Tischen weg. "Ja, Neuer?" sagte ich ins Telefon. "Hallo Frau Neuer. Roll hier. Ich bin ihr neuer Vermieter. Ihre Wohnung wäre soweit fertig. Sie können jetzt wieder einziehen." Damit hatte ich nicht gerechnet. "Ähm vielen Dank Herr ... Roll. Schönen Tag noch." Ich legte auf. Vor Überraschung war ich wie gelähmt. Wenn ich nicht zurückgehen würde, würde die Wohnung an jemand Anderen vermietet werden. Die Jungs bemerkten nicht wie ich aus dem Raum lief. In meinem Zimmer angekommen, fing ich an zu weinen. Sollte ich gehn? Gerade hatte es angefangen wunderschön zu werden. Als ich mich etwas beruhigt hatte ging ich in Löws Büro. Er saß am Schreibtisch. Ich räusperte mich. "Ähem... Ich muss kurz was mit Ihnen besprechen." Er bedeutete mir mich zu setzten. Ich erzählte also von dem Anruf. Als ich ihm meine Entscheidung verkündet hatte seufzte er und sagte "Das ist schade. Sie waren bis jetzt eine echt Bereicherung und die Jungs sind auf einmal richtig gut drauf aber ihre Entscheidung müssen wir nun einmal akzeptieren. Vielleicht kommen sie noch einmal auf uns zurück." Er schüttelte mir die Hand. Ich stand und ging ohne ein weiteres Wort. Wieder in meinem Zimmer packte ich sofort meinen Koffer. Ich hörte nicht wie jemand herein kam. "Was machst du da?" Miro. Ich entgegnete trocken "Sieht man das nicht?" "Wo willst du denn hin?" fragte er dann und griff nach meinem Handgelenk. "Ich muss zurück in meine Wohnung. Tut mir Leid..." "Tut dir Leid?! Man Nell! Du kannst hierbleiben! Keiner möchte dass du gehst. Bitte bleib hier" Er sah mich mit einem flehenden Blick an. "Tut mir Leid" murmelte ich nochmal, entwand mich seinem Griff und lief mit meinem Koffer die Gänge entlang. Miro kam nicht hinter mir her. Auch gut. An der Eingangstür blickte ich nochmal um mich und als ich schließlich im Taxi saß kamen mir die Tränen und ich sah nur noch, wie ein silberner Sportwagen Richtung Hotel fuhr. Vorbei. Schon wieder. Dachte ich mir...

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt