Kapitel 127

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Marcel's Sicht:
Scheiße, ist die hübsch, schoss es mir als erstes durch den Kopf, als sie mir nun zum ersten Mal in die Augen sah, weil ich mich im letzten Moment zwischen sie und die Tür gestellt hatte. Sie sah mich unverständlich an. Währenddessen rollten immernoch stumm die Tränen über ihre makellosen Wangen. Allgemein war ihr Gesicht makellos und wurde zudem von braunem, leicht welligen Haar umrahmt. Von ihrer Figur brauchte ich gar nicht anzufangen. Ich wäre ihr definitiv auch so hinterher gegangen, hätte es nicht sowieso zu meinem Teil des Plans gehört. Marco hatte mich sofort zu sich bestellt, als er von Mario erfahren hatte, dass er seine Freundin soeben vor die Tür gesetzt hatte. Er hatte mir viel erzählt, viel geschwärmt, aber als sie dann letztendlich vor der Tür stand - wie ein Häufchen Elend und einem verheulten Gesicht, das den Schmerz und das Leid deutlich preisgab - war er härter als Stahl geworden. Ich war so geflasht von ihr und stellte mir vor, wie erst ihr Lächeln aussehen würde. Wie war noch gleich ihr Name...? Im selben Moment hob sie ihre extrem zitternde Hand zu ihrem Mund und senkte mit einem gedämpften Schluchzen den Blick. "Lass mich bitte durch. Ich muss hier weg." presste sie heiser hervor. Ich kam mir ein bisschen blöd vor. Eigentlich war ich so überhaupt nicht der Typ zum Trösten. Hilfesuchend warf ich einen Blick nach oben, wo überraschenderweise tatsächlich Marco am Treppengeländer lehnte und uns beobachtete. Ich sah ihm an, dass er mit sich rang. Was verständlich war, schließlich tat einem der Anblick einer so zerbrechlichen und aufgelösten Frau mehr als leid. Ich sah eben diese Frau wieder an. Unbeholfen streckte ich die Hand aus und berührte ihren Arm. Es war wie ein Stromschlag und sie zuckte zurück. "Fass mich nicht an. Lass mich gehen." fauchte sie, was aber trotzdem ziemlich schwach klang. Ich hob die Hände. "Okay. Okay, ich berühr dich nicht. Ganz ruhig." versicherte ich ihr. Sie wimmerte nur kurz auf. Ohne die Hände sinken zu lassen sprach ich sie wieder an. "Ich fand es auch scheiße, wie Marco dich einfach so..." "Halt die Fresse!" unterbrach sie mich laut. Ich kam einfach nicht an sie ran. Erneut sah ich hoch zu Marco, aber der machte nur eine ungeduldige Handbewegung. Hilflos zuckte ich mit den Schultern. Im selben Moment stieß sie mich mit überraschender Kraft zur Seite und riss die Tür auf. "Fuck." entfuhr es mir. "Ja los, halt sie auf!" rief Marco und lehnte sich gefährlich weit über das Geländer. Ich fackelte nicht lange und stürzte aus der Tür. Gerade rechtzeitig erreichte ich den Straßenrand, wo sie gerade ohne sich umzuschauen auf die Straße zustolperte. Ehe ich mich versah, stand ich hinter ihr, schlang die Arme um ihren zarten Körper und riss sie zurück, als ein Lkw hupend eine Vollbremsung einlegen musste. Ihr Körper bebte unter meinen Armen. "Willst du dich umbringen?!" fuhr ich sie an, bereute es aber sofort wieder, als sie schluchzte. Ich drehte sie zu mir um. Sie ließ sich widerstandslos von mir umarmen. Es war mir irgendwie unangenehm. Ich war sowas nicht gewohnt. Für mich erforderte eine Umarmung schon so viel Vertrauen. Und jetzt lag sie in meinen Armen und weinte. "Shh, hör auf zu Weinen Kleines." begann ich sie etwas unbeholfen zu trösten. Sie reagierte überhaupt nicht auf mich, deshalb wagte ich etwas mehr und strich ihr langsam übers Haar. Meine Hand zitterte und das nicht gerade wenig. Tja Marcel, da hast selbst du keine Eier in der Hose, spottete die Stimme in meinem Kopf. "Soll ich dich nach Hause bringen?" fragte ich sie nach ein paar Minuten. "Ich hab kein Zuhause mehr." heulte sie. Okay, zugegeben: Auch das war Teil des Plans. "Du kannst erstmal mit mir kommen." legte ich fest. Sie äußerte keinen Widerspruch, deshalb löste ich mich von ihr. Dabei ließ ich ihre Hand aber noch nicht los, weil ich Angst hatte, sie würde augenblicklich in sich zusammen fallen. Sie schluchzte nun glücklicherweise nicht mehr, aber der Schmerz, die Trauer, die Enttäuschung und noch so viele andere negative Gefühle standen ihr dafür umso deutlicher ins Gesicht geschrieben. "Bleib kurz hier, ja?" sagte ich sanft. Sie entzog mir ihre Hand und nickte schwach. Zögerlich wandte ich mich von ihr ab, sah mich am Straßenrand nach beiden Seiten um und lief auf die Fahrbahn, als es frei war. Der Lkw hatte den ausgefahrenen Griff ihres Koffers vorhin überrollt, sonst war glücklicherweise nichts passiert. Ich schnappte mir also ihre Sachen und ging zügig zu ihr zurück. "Das da vorne ist mein Auto." sagte ich und deutete auf den Wagen, während ich meine Hand auf ihrem Rücken platzierte. Sie setzte sich langsam in Bewegung, derweil sah ich noch einmal nach oben zu Marco's Wohnung. Und da stand er, grimmiger Gesichtsausdruck und meinen Blick durchdringend erwidernd. Er deutete mit zwei Fingern zuerst auf seine Augen und dann in meine Richtung. Er würde mich im Auge behalten. Das war mir klar. Schnellstmöglich sah ich weg und lief ihr zügig hinterher. Als ich sie eingeholt hatte, kam sie gerade am Auto an. Ich nahm ihr wortlos den Koffer ab und legte ihn in den Kofferraum. Dann führte ich sie - penibelst auf den Verkehr achtend - zur Beifahrertür. Nachdem sie eingestiegen war, schloss ich die Tür und lief wieder ums Auto. Ich atmete tief durch. Der erste Teil war schonmal geschafft. Ich stieg ein. Ich beobachtete sie aus dem Augenwinkel, während ich den Motor anließ und in die Straße einfuhr, doch sie starrte aus dem Fenster. Wir fuhren ungefähr 10 Minuten, bis ich mich endlich überwand sie anzusprechen. "Wie heißt du?" fragte ich knapp. Es schien sie ziemlich zu überraschen, dass ich mich auch mal zu Wort meldete. Unsicher, ja beinahe ängstlich sah sie mich an. "Was?" erwiderte sie leise. Ich seufzte und zog aus dem Seitenfach eine Packung Taschentücher hervor. Dann hielt ich sie ihr hin. Sie sah mich nur von der Seite an. "Na los, nimm. Ich beiße nur manchmal." forderte ich sie lächelnd auf. Nach ein paar weiteren Sekunden nahm sie sie. "Danke... äh... Wie war dein Name nochmal?" fragte sie schüchtern. Sie nahm ein Taschentuch aus der Packung und wischte sich die Tränen und die verschmierte Schminke aus dem Gesicht. "Erst verrätst du mir deinen." verlangte ich und warf ihr einen kurzen Blick zu. "Nell." antwortete sie. "Das ist aber nicht dein nicht dein voller Name, oder?" versuchte ich, ein Gespräch auszubauen. "Ich... ich mag ihn nicht, meinen richtigen Namen." murmelte sie. "Warum nicht?" bohrte ich nach. Ich sah aus dem Augenwinkel, wie sie den Kopf schüttelte und dann senkte. "Mein... mein Vater hat mich immer absichtlich mit Elena angesprochen, weil..." erklärte, brach dann aber mit einem leisen Schluchzen ab, worauf sie das Taschentuch wieder zum Einsatz brachte. Ich hob die Augenbrauen. "Elena? Ich mag den Namen. Passt zu dir, Elena." - "Bitte nenn mich nicht so. Mein Vater ist... er ist ein schlechter Mensch. Ich wünschte er wäre nicht mein Vater." meinte sie. "Aber er ist dein Vater. Du musst dir überlegen, ob es irgendetwas wert ist, deinen Vater für immer zu verlieren." riet ich ihr. Sie legte erschöpft den Kopf in den Nacken. "Würdest du denjenigen lieben können, der deine Mutter umgebracht hat?" - "Was?!" entfuhr es mir. Innerlich fluchte ich, weil mir Marco davon nichts erzählt hatte. "Du schuldest mir noch deinen Namen." lenkte sie ab. "Marcel. Aber Forni ist auch okay." antwortete ich. "Forni?" wiederholte sie. "Ja, so nennt mich Ma-... ach egal, nenn mich einfach Marcel." sagte ich, bevor ich ins nächste Fettnäpfchen tappte, indem ich das Thema Marco ansprach. "Danke,... wegen der Aktion eben. Ich gehe gerne drauf, wenn ich am Verzweifeln bin." meinte sie dann. "Galgenhumor... gefällt mir. Hast du dir wehgetan?" erkundigte ich mich. "Anatomisch gesehen ist es zwar unmöglich, aber ich glaube mein Herz ist gebrochen. Und meine Seele ist nicht mehr funktionstüchtig." entgegnete sie. Diese Frau ist so komplett anders als ich. So viele Gefühle waren für mich neu. Darauf etwas zu erwidern war umso schwerer. Wir kamen bei mir an. "Das ist wahrscheinlich nichts gegen das, was du gwohnt bist, aber..." - "Ich bin keine verwöhnte Tussie." unterbrach sie mich. Ich nickte nur beschämt und öffnete die Tür meiner kleinen Wohnung. Ich schaltete das Licht an und ließ sie eintreten. Ich hing meine Jacke an die Garderobe und nahm ihr ihre ab. Während ich ihre ebenfalls aufhängte, räusperte sie sich geräuschvoll hinter mir. Ich wandte mich ihr zu. "Du hast da was verloren." wies sie mich auf meine Unterwäsche hin, die mitten im Flur lag. "Äh, Verzeihung, das war jetzt überhaupt nicht so geplant." murmelte ich und sammelte meine Sachen vom Boden auf. "Ich versteh schon. Bei dir muss es schnell gehen." stichelte sie. Ich sah sie überrascht an, verwundert darüber, dass sie sich überhaupt in der kurzen Zeit ein Bild über mich machen konnte. Dann winkte sie jedoch ab. "Tut mir leid. Sowas... ist bei mir gerade einfach das falsche Thema." Ich nickte nur halbherzig. Ich deutete auf mein Schlafzimmer. "Du kannst hier schlafen. Ich penn so lange auf dem Sofa." verkündete ich und wollte weiterlaufen. "Marcel?" Ich hielt Inne und sah sie abwartend an. "Wie lange? Wie lange kann ich bei dir bleiben?" wollte sie wissen. Ich knetete meine Finger. "So lange du möchtest und... es nötig ist. Aber ich dachte ihr geht sowieso in euer Mannschaftsquartier?" erinnerte ich sie. Jetzt knetete sie ihre Finger. "Du willst nicht mehr dorthin, richtig?" stellte ich fest. Sie nickte. "Willst du mir vielleicht erzählen, was überhaupt passiert ist? Dann könnte ich mehr Ratschläge zum Besten geben." sagte ich. Ich hatte mir erhofft, ihr sagenumwobenes Lächeln zu sehen zu kriegen, aber sie nickte nur leicht. Verständlich. "Setz dich doch." bat ich sie und deutete auf die Barhocker an meiner erhöhten Küchenzeile. Mit anmutigen Schritten, die eigentlich so überhaupt nicht zu ihrer Situation passten, tat sie, was ich ihr gesagt hatte. Dann glitt ihr Hinterteil auf den Hocker. Ich erwischte mich dabei, wie ich sie angaffte und schüttelte mich peinlich berührt. Schließlich setzte ich mich neben sie. Während sie zögerlich begann, mixte ich uns beiden einen Drink. Ich brauchte den Alkohol auch, wenn man bedachte, was diese Frau mir da gerade alles erzählte. Es schien ihr nicht einmal unangenehm, als ich sie schlussendlich einfach nur stumm musterte, während sie sich wieder die Augen aus dem Kopf heulte. Es wurde später Abend. Abend?! Moment, ich wollte mich längst bei Marco melden, weil der mit Mario, Leo und Mo auf Informationen wartete! Es kam mir ziemlich scheiße vor, sie jetzt hier sitzen zu lassen, aber ich hatte keine Wahl. Ich streckte nun nach langer Zeit meinen Arm aus und berührte ihre tränennasse Wange. "Ich muss nochmal kurz raus. Nimm dir was zu essen, wenn du möchtest." sagte ich und rutschte vom Hocker. Ich war etwas alkoholisiert, deshalb achtete ich nicht weiter auf sie und verließ die Wohnung. Ich ging allerdings nur auf die Straße raus, um dann Marco's Nummer zu wählen. Fast sofort hob er ab. "Marcel! Wieso meldest du dich jetzt erst?" fuhr er mich sofort an. "Sie hat sich bei mir ausgekotzt, okay? Ihr habt sie eben ziemlich verletzt." erwiderte ich. "Ich wusste, dass das ein scheiß Plan ist." erklang Mario's Stimme. Ich lachte auf. "Das fällt dir aber früh ein. Die Wunden, die du bei ihr hinterlassen hast, sind schon da. Rückgängig machen wird schwer." Meine Stimme war voller Hohn. "Halt deine Klappe Marcel. Es war nicht mein Wunsch, ausgerechnet dich da mit reinzuziehen." zischte Mario wieder. Ich lehnte mich an die Hauswand. "Ganz ruhig. Ich tu deiner Kleinen schon nichts. Ich hab ihr sogar extra mein Bett angeboten. Ich schlafe selbstverständlich auf der Couch." lachte ich sarkastisch. Ich wusste, dass das Mario zum Kochen brachte. "Marcel bitte. Erfüll deinen Teil der Abmachung." mischte sich nun Marco wieder ein. "Jaja schon gut. Also ich hab sie sicher bei mir aufgenommen und mit ihr geredet." berichtete ich. "Hat sie... ich meine hat sie viel geweint? Wegen mir?" fragte Mario. "Soll das ein Witz sein? Sie flennt dauerhaft. Du hast ihr das Letzte genommen, meine Fresse." meckerte ich. "So ein Arschloch. Wenigstens steht Nell nicht auf sowas." flüsterte Mario offenbar Marco zu, aber ich vernahm es trotzdem. "Mario, ich verrate dir mal was: Du bist jetzt für sie das Arschloch, also pass auf was du sagst." - "Versuchst du gerade, mir zu drohen?" - "Vielleicht." Ich musste hämisch grinsen. "Und was dann?" fragte er ebenso. "Dann überleg ich mir das nochmal, ob ich die Kleine in Ruhe lasse. Jetzt macht es gut, ich muss nach ihr sehen." verkündete ich und ging wieder rein, um die Treppen nach oben zu laufen. "Ich sag es dir Marcel, wenn du sie berührst, mach ich dich kalt." meinte Mario. "Ach wirklich?" gab ich zurück und schloss meine Wohnung auf. "Verdammt, jetzt hört doch auf damit!" unterbrach uns Marco. Ich betrat die Wohnung und ging langsam in die Küche. "Ihr beide solltet euch nur um Nell's Wohl..." - "Fuck." entfuhr es mir beim Anblick, der sich mir bot.

Dam dam daaam. Ich liebe diese Cuts xD Tut mir natürlich sehr leid für euch... NICHT. Nein Spaß, hab euch lieb ♡

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt