Kapitel 161

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Mario's Sicht:
"Wie...? Warte, wie kann das sein? Leo? Leo?!" Marco sprang auf. "Was ist denn los?" fragte ich, seine plötzliche Panik jagte mir Angst ein. "Wir müssen hier weg." murmelte er nur hektisch. "Marco, warum? Was ist passiert?" wiederholte ich und stand nun auch auf. Marco atmete tief durch und kam zu mir. Er hielt mich an den Schultern fest. "Ich habe deinen Junggesellenabschied noch mehr verkackt. Die Polizei hat sich Mo und Leo geschnappt, weil unsere Spray-Aktion wohl von Kameras aufgezeichnet wurde. Mario, ich hatte alles geplant und es tut mir so verdammt leid, dass das jetzt so endet, aber wir müssen abhauen. Alle warten darauf, dass ich dich zur abschließenden Feier bringe und mit der Polizei werden wir auch später fertig." versuchte er mir verzweifelt zu erklären. "Marco, es gibt keinen besseren Junggesellenabschied als mit meinen besten Freunden. Wir haben das gemeinsam angefangen und jetzt stehen wir auch dafür gerade. Ich laufe doch jetzt nicht weg." widersprach ich. "Aber die Gäste und-..." Er unterbrach sich selbst. "Und was?" hakte ich nach. Er zögerte. "Nichts." murmelte er dann leise. "Komm, wir machen das schon." motivierte ich ihn noch einmal und begab mich dann zur Treppe. Als ich schließlich vom Dach geklettert war, folgte mir auch Marco und wir nahmen uns zügig Stufe für Stufe vor. "Bist du dir sicher, dass du die Suppe jetzt auslöffeln willst?" hakte Marco unterwegs noch einmal nach. "Ganz sicher. Mehr Abenteuer geht ja wohl nicht." gab ich entschlossen zurück. Unten angekommen sahen wir schon von Weitem, wie Mo gerade an unser Auto gestützt durchsucht wurde, während Leo mit einem weiteren Polizisten am Kofferraum stand, um unsere Sachen sicher zu stellen. Marco und ich legten noch einen Zahn zu. "Warten Sie!" rief ich schließlich. Sowohl Mo, als auch Leo schienen ziemlich erschrocken, dass wir uns freiwillig stellten. Marco trat neben mich. "Wir waren auch dabei." gestand er. Ich sah ihn nur kurz vielsagend an. Beste Freunde eben. Der Polizist, der bei Leo stand, sah zuerst uns an, dann seinen Kollegen. Er deutete mit dem Kinn auf uns. "Kann ich Sie loslassen, Herr Leitner?" fragte der andere Polizist Mo. "Sehe ich so aus, als wollte ich Handschellen?" motzte Mo. "Ob ich Sie loslassen kann, habe ich gefragt." wiederholte der Polizist energisch. "Ja." murrte Mo. Er wurde freigegeben, worauf der Polizist Marco und mich um unsere Personalien bat. "Musst du immer so aufbrausend sein?" raunte Marco Mo zu. "Müsst ihr immer die Helden spielen? Warum seid ihr nicht abgehauen?" wollte er wissen. "Weil das illegal wäre." sprach eine laute Stimme hinter uns, ein weiterer Polizist. Sie hatten wohl nach unserem Erscheinen Verstärkung angefordert, für jeden von uns einen Polizisten. Wir wurden alle durchsucht, mussten ihnen die Handyfotos zeigen, die wir natürlich dummerweise gemacht hatten. "Herr Leitner, Herr Bittencourt, Reus, Götze, wir werden sie mit aufs Revier nehmen, damit wir ihre Gesichter zur rechtlichen Klärung zu 100% mit dem Kamerabildern abdecken können. Sollten Sie etwas dagegen haben...werden wir es trotzdem tun." meinte nun einer der Polizisten schlicht und einfach. "Und wenn wir uns weigern?" provozierte Mo wieder, worauf er von Marco, Leo und mir vorwurfsvolle Blicke kassierte. "Mir scheint, Sie wollen unbedingt polizeiliche Handlungen stören?" entgegnetr der Polizist unbewegt. "Also die Herrschaften, einsteigen." schob er hinterher und deutete auf die zwei Streifenwagen. "Moment. Jetzt sofort? Das geht nicht!" rief Marco auf einmal aus. "Darf ich fragen, was sie zu dieser Ansicht verleitet?" wollte der Polizist wissen. Marco sank leicht in sich zusammen. "Äh... Das ist...geheim." stotterte er nun. "So geheim wie ihre nicht vorhandene Fahrerlaubnis?" gab der Polizist, was wohl ein Wink - oder eher eine Drohung - dafür sein sollte, dass Marco mit seiner Vorgeschichte wohl besser den Mund halten sollte. Hilfesuchend blickte er zu Leo und Mo, doch die sahen selbst so hilflos aus wie Marco. Ich verstand nicht was ihr Problem war. "Jetzt kommt schon Leute. Je schneller wir das hinter uns bringen, desto früher sind wir wieder raus. Der Polizist stimmte mir mit einem bekräftigenden Nicken zu und deutete ein zweites Mal überfreundlich zu den Polizeiautos. Nach typischem Götzeus-Leitnardo-Schema erwartete ich nun eigentlich, Marco würde mir zum Auto folgen, aber dieser wurde von Mo mitgeschleppt, worauf Leo zu mir kam und mich wortlos begleitete. Als wir dann auf der Rückbank des Wagens schmorrten, sank Leo immer weiter in den Sitz, bis schließlich sein Handy einen Nachrichten-Ton von sich gab. Er atmete laut aus, als hätte er sehnlichst darauf gewartet und zog sein Handy hervor. In Zeitlupe drehte ich meinen Kopf, damit er meine Bewegung nicht mitbekam, und schielte auf sein Handy. Und mein seltsames Gefühl täuschtr sich nicht. Marco führte gerade digitalen Terror aus und schrieb nur noch in Großbuchstaben. Ich las 'ICH KANN SARAH NICHT ERREICHEN VERDAMMT NOCHMAL! WENN DIE SICH NICHT MELDET IST ALLES IM ARSCH!' Leo rieb sich daraufin kurz die Schläfen. 'Beruhige dich Woody. Mario ahnt nichts, wir schaffen das schon.' schrieb er dann zurück, um das Handy kurz darauf weg zu packen. Wenige Minuten der Stille später waren wir bei der Polizei angekommen. Immernoch stumm ließen wir uns in das Gebäude führen. Während dann Mo als erster in das Büro gerufen wurde und Leo sich auf die Toilette begab, beobachtete ich Marco verstohlen, der einfach nur dasaß, auf seine Finger starrte und alles andere als glücklich wirkte. Ich seufzte auffordern, doch er zuckte nicht einmal mit der Wimper. "Marco, ist alles okay?" platzte ich dann heraus. Er verzog nur kurz das Gesicht, schien meine Frage aber gar nicht wahrgenommen zu haben. Ich berührte seine Schulter, worauf er aif einmal hochschreckte und mich entgeistert ansah. "Was hast du denn?" wiederholte ich. Marco atmete tief durch und sah wieder gerade aus. "Nichts." antwortete er kaum hörbar. Es war nichts aus ihm heraus zu bekommen, das war eindeutig. Ich atmete ebenfalls tief durch. "Was wolltest du vorhin auf dem Dach eigentlich noch sagen?" lenkte ich auf ein anderes Thema. Er faltete die Hände und ließ dann die Fingerknöchel knacken. "Ich hatte die ganze Zeit so ein mieses Gefühl im Bauch. Jetzt sitzen wir bei der Polizei und-..." Er brach kopfschüttelnd ab. "Und was?" hakte ich nach. "Ich hatte das Gefühl, es hängt mit eurer Hochzeit zusammen. Irgendwas sagt mir, dass da was schief geht. Bro, ich hab die Hosen voll, obwohl ich nur Trauzeuge bin." gab er zu und sah mich schlussendlich kurz an. Dieser kurze Blickkontakt reichte mir, ihn zu deuten. Er log. Es stimmte zwar, dass er dieses Gefühl wirklich hatte, die Antwort auf meine Frage war es dennoch nicht. Er lieferte mir eine so negative Aussage, damit ich sein eigentliches Problem vergaß. Und in gewisser Weise ließ ich mich darauf ein. Ich lachte unsicher. "Mach mir jetzt keine Angst. Dein Gefühl hat sich noch zu selten getäuscht, als dass ich das jetzt als Schwachsinn abtun könnte." murmelte ich. "Es ist nicht einmal die Hochzeit an sich, die mir Sorgen macht. Eher danach. Mario, ich weiß das klingt jetzt total bescheuert, aber sobald du verheiratest bist, pass bitte gut auf dich auf. Und auf Nell." Sein eindringlicher Blick während er mir das sagte, machte mir noch mehr Angst. Ich nickte nur ganz leicht. Im passenden Moment kehrte Leo von der Toilette zurück. Ich beobachtete, wie er Marco einen fragenden Blick zuwarf, worauf dieser verneinend den Kopf schüttelte. Was war denn los mit ihnen? Nur weil der Junggesellenabschied nicht so lief wie geplant, waren sie so drauf? Es scjien gerade so, als würde unser aller Leben vor dem Abgrund stehen, die Stimmung schlecht, aber irgendwie auch nachdenklich. Ich hatte keine Zeit, mir weiter darüber den Kopf zu zerbrechen, denn kaum kehrte Mo zurück, musste Marco zum 'Verhör', weshalb schließlich kein einziges Wort mehr fiel. Mo und Leo starrten konzentriert auf ihre Handys und tippten Nachrichten, teilweise beobachtete ich, dass sie sich sogar gegenseitig schrieben, statt einfach zu reden. Irgendwas lief doch hier falsch. Und Sarah... Was hatte denn Sarah damit zu tun? Natürlich hatte ich schon überlegt, ob einfach etwas für den Junggesellenabschied geplant war, das sich nun nicht verwirklichen ließ, aber daran könnte Sarah ja nicht beteiligt sein. Sie war höchstwahrscheinlich mit Nell beschäftigt. Nell... Ob sie wohl Spaß hatte? Ich warf einen Blick zu Mo und Leo, die weiterhin keine Anstalten machten, außer ihren Fingern beim Tippen auch nur irgendeinen Muskel zu bewegen. Ich zog nun ebenfalls mein Handy heraus, scrollte durch meine Kontakte und blieb bei 'Prinzessin♡' hängen. Und nein, das war nicht Marco. Schließlich erhob ich mich und entfernte mich ein paar Schritte. Schließlich wählte ich Nell's Nummer und wartete auf das Tuten. Noch währenddessen wurde mir bewusst, wie dumm das war. Sie wäre alles andere als stolz, wenn sie wüsste, dass ich mich gerade bei der Polizei aufhielt und eine Anzeige am Hals hatte. Ich wollte gerade auflegen, da tat sie etwas unerwartetes. Sie drückte mich weg. Selbst wenn mein Anruf gerade unpassend kam, sie hätte es mir gesagt. Aber wegdrücken? Das war nie ihre Art. "Was machst du da?" hörte ich auf einmal Mo hinter mir. "Ich wollte Nell anrufen." antwortete ich. Er schien augenblicklich angespannt. "Und?" hakte er neugierig nach. Ich sah ratlos auf mein Handy. "Sie hat mich weggedrückt." murmelte ich. "Gut...äh...also in Ordnung." stammelte er und wollte sich schnell abwenden. "Mo?" hielt ich ihn auf. Langsam wandte er sich mir wieder zu, er schien sich ertappt zu fühlen. "Sie ist doch bei Sarah oder?" fragte ich. Beinahe erleichtert atmete er aus. "Wahrscheinlich haben sie einfach nur Spaß. Mach dir doch keine Sorgen um sie." riet er mir. Ich nickte. Endlich verließ Marco das Büro. "Und das hat sicher keine Konsequenzen wegen meinem Führerschein?" erkundigte er sich gerade noch bei einem Polizisten, der ihn zur Tür begleitet hatte. "Das ist in diesem Fall nicht zusammenhängen. Strafmildernd wird sich Ihre fehlende Fahrerkaubnis aber mit Sicherheit nicht auswirken, ich denke das wird Ihnen klar sein." sprach der Polizist. Marco nickte erschlagen. Ich hätte ihm gerne Mut gemacht, aber nun nickte der Polizist mir zu und forderte mich damit auf, das ganze Prozedere nun ebenfalls durchzuführen. Nachdem nach mir auch noch Leo in dem Büro schmoren musste, wurden wir endlich entlassen. Schnellstmöglich verließen wir das Polizeipräsidium. Es war bereits stockdunkel und spät. Ich atmete tief durch. "Leute, was war denn die ganze Zeit mit euch los? Ihr wart so bedrückt?" begann ich schließlich, während wir auf ein Taxi warteten. "Das können wir dir jetzt zeigen, sofern überhaupt irgendjemand...egal, lass dich überraschen." meinte Marco. Ich hob eine Augenbraue. Da ich keine Antwort bekam, ließ ich mich darauf ein und verfolgte gespannt den Weg, den das Taxi verfolgte. Schließlich kamen wir an einem Club an, in dem ich noch nie zuvor gewesen war. Als ich vor der Tür stand, tippte mich jemand an. Als ich mich umdrehte, stand Marco mit einem Tuch in den Händen vor mir. "Ich muss dir jetzt leider die Augen verbinden." grinste er. "Äh, wieso?" bohrte ich nach. Marco drehte mich achtlos um. "Maul halten und abwarten." meinte er, legte mir das Tuch über die Augen und schob mich durch die Tür. Es war totenstill, aber ich spürte die Anwesenheit vieler wärmestrahlender Körper. Als ich durch eine weitere Tür geschoben wurde, verschwand dieses Gefühl. "Da ist ein Sessel." kommentierte Marco, als er mich nieder drückte. Ich ließ mich in das weiche Polster sinken. "Und jetzt?" fragte ich mit einem Blick in die Richtung, in der ich Marco vermutete. "Still sitzen und genießen." Seine Stimme kam mittlerweile von weiter weg, dann öffnete er eine Tür. "Moment! Warte, Marco! Bitte nicht!" flehte ich verzweifelt, weil ich schon ahnte, was jetzt kam.

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt