Kapitel 36

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(Immernoch Marco's Sicht)

Zuerst erblickte ich Nell. Sie lag auf der Behandlungsliege. Völlig regungslos. Ihr Top war zerissen und ihre Trainingshose lag auf dem Boden. Während sie also nur noch Unterwäsche trug, saß dieser Typ auf ihr und machte sich an seinem Gürtel zu schaffen. Doch in dieser Haltung war er jetzt erstarrt. "Du Schwein!" schrie ich direkt und stürzte mich auf den Typen. Gewaltsam zerrte ich ihn von Nell runter und schlug ihm ins Gesicht. Er blutete aus der Nase. Schon wollte ich ein zweites mal zuschlagen, da unterbrach Mo mich. Marco, sie blutet!" Er stand vor ihr und erst da viel mir das Blut auf, das sich langsam auf der Liege ausbreitete. "Sorg dafür, dass sie Hilfe bekommt! Ich kümmere mich schon um den." sagte Mo schließlich. Mit einem letzten hasserfüllten Blick auf den Typen, wandte ich mich Nell zu. Ich wickelte notdürftig eine Decke um sie und zog sie in eine sitzende Position in meine Arme. "Nell? Nell, hörst du mich?" fragte ich und strich ihr über die Wange. Ihre Augenlider flatterten kurz, doch es schien so, als wäre sie sofort wieder weggetreten. Kurzerhand nahm ich sie im Brautstyle hoch und stürmte aus dem Raum. Ich lief schnell und hektisch den Gang entlang, bis ich vor der Kabine des FCBs stand. Ich stieß seitlich die Tür auf. Alle Blicke lagen auf mir und wanderten dann weiter zu Nell. Ich konnte weder Manu noch Mario irgendwo sehen. "MARIO! MANU!" schrie ich verzweifelt. Basti erklärte, dass Manu bei einem Interview sei und drückte mich, mit Nell auf dem Arm, auf die Bank. Wenig später tauchte Mario in Boxershorts aus der Dusche auf. Seine Augen weiteten sich, als er Nell bewusstlos und aus dem Hinterkopf blutend in meinem Armen erblickte. Er stürmte auf mich zu und ließ sich vor mir auf die Knie sinken. Wie gelähmt vor Schock starrte Mario auf Nell's blasses Gesicht. "Ruft denn niemand einen Krankenwagen?!" schrie Mario an die Anderen gewandt. Endlich in der Wirklichkeit zurückgeholt rief jemand Polizei und Notarzt. Aus Nell's Wunde trat unaufhörlich Blut und lief über meinem Arm. "Was ist passiert?" Wollte Mario jetzt wissen. Er blickte mich aus angsterfüllten Augen an. "Dieser Typ... Er wollte sie vergewaltigen." sagte ich tonlos. "WAS?!" riefen alle gleichzeitig aus. Endlich platzte der Notarzt herein, gefolgtvon Pep Guardiola,  der verwirrt dreinblickte. Ich hatte Mario glaube ich noch nie weinen sehen, doch jetzt, als Nell von den Sanitätern abtransportiert wurde, strömtendie Tränen über seine Wangen. Er zog sich schnell etwas über und sofolgten wir ihnen bis zum Krankenwagen.

Mario's Sicht:

"Kann ich vielleicht mitfahren?" fragte ich den Sanitäter,  nachdem Nell im Krankenwagen lag. Er runzelte die Stirn. "Sind sie verwandt?" wollte erwissen. Ich schüttelte den Kopf. "Tut mir leid." meinte der Sanitäter schulterzuckend. Sie fuhren also mit Blaulicht davon. In diesem Moment kamen zwei Polizisten, die diesen Assistenz-Typen flankiert hatten. Die Wut ging mit mir durch. Ich wollte mich auf ihn stürzen, doch Marco hielt mich zurück. "Komm, Mario wir fahren jetzt ins Krankenhaus." meinte er. Der blanke Hass brodelte in mir als ich diesen Typen ansah, doch ich nickte. Marco schleppte mich also mit sich. Wenig später kamen wir an der Klinik an. Am Empfang fragten wir nach Nell. Als wir ewig auf die Schwester einredeten, ließ sie uns schließlich in ihr Zimmer. Nell lag im Bett, blass, zerbrechlich und mit einem Verband umen Kopf. Sie hatte die Augen noch immer geschlossen. Wir informierten schließlich Manu, sonst hätten wir nie etwas erfahren. Er tauchte auch bald in der Klinik auf, mit Sarah im Schlepptau. Ich würdezwar jetzt gern selbst auf den Stuhl neben Nell's Bett sitzen und ihre Hand halten, wie es Manu tat aber ich hielt much zurück und lehnte gegenüber an der Wand. Immer wieder kam eine Schwester und kontrollierte die Werte, während immer mehr Leute auftauchten. Darunter Mo, Leo, Miro, Basti, Javi und Mandzu. Manu drehte vollkommen durch, je länger Nell ihre Augen geschlissen hielt. Sarah brachte ihn irgendwann raus. Jetzt setzte sich Mo an Manu's Platz und nahm ihre Hand. Ich verspürte einen Stich. Komm Mario, im so einer Situatiom denkt man nicht an Eifersucht!, wollte ich mich beschwichtigen. Stumm wie alle anderen blickte ich auf meine Füße. Nacheinander verschwanden alle wieder. Nur noch Marco und ich waren da und ich konnte nicht anders, als mich jetzt zu ihr zu setzen. Ich küsste ihre weiche Haut an den Fingerknöcheln. Irgendwann muss ich wohl eingeschlafen sein, denn am nächsten Morgen wurde ich geweckt, weil jemand sanft durch meine Haare streichelte. Ich hob den Kopf und sah in diese traurigen blauen Augen, die mir den Verstand raubten. "Nell, du bist wach." flüstere ich. "Marco!" rief ich, um ihn zu wecken, denn auch er war mit dem Kopf auf der  Bettkante eingeschlafen. Er hob den Kopf. Als er bemerkte, dass Nell wach war sprang er auf. "Nell!" rief er aus und griff nach ihrer Hand. "Vorsicht!" sagte sie und deutete auf die Nadel in ihrem Arm. Marco entschuldigte sich sofort. "W-was ist passiert?" fragte sie jetzt mit zittriger Stimme. Marco und ich sahen uns an. "An... an wie viel kannst du dich erinnern?" fragte Marco vorsichtig. "?...Ich war sauer", sie warf einen kurzen Blick auf mich, "und bin vor Spielende in den Untersuchungsraum gegangen. Da kam dann dieser Schiebler. Er... Er hat abgeschlossen und mich gegen die Wand gedrückt..." Sie stockte. "Dann hat er mich angefasst." Ich spannte mich an. "Ich hab ihm zwischen die Beine getreten. Daraufhin hat er mich geschlagen. Und mich auf die Liege geschubst. Er hat mein Oberteil zerrissen und dann..." Sie vollendete den Satz nicht. "Ich hab ihn nochmal getreten. Er ist ausgerastet und hat mich gegen die Wand gestoßen.ab da weiß ich nichts mehr." erzählte sie. "Ich habe mit Mo nach dir gesucht, wir haben dich schreien hören, sind zum Untersuchungsraum,  haben die Tür aufgebrochen und... " begann Marco, blickte dann aber hilfesuchend zu mjr. "Hat er... Ich meine ist er...?" stotterte Nell. Marco schüttelte den Kopf. "Wir sind noch rechtzeitig gekommen. Er... saß auf dir und machte sich an seinem Gürtel zu schaffen." Zum Ende wurde Marco immer leiser. Ich stand auf und stützte die Hände auf die Fensterbank. Der Apparat, an den Nell angeschlossen war, begann zu piepsen und als ich mich ihr daraufhin zuwandte, war ihr die Panik ins Gesicht geschrieben.  Marco blickte verzweifelt drein. "Soll ich einen Arzt holen?" fragte er. Nell reagierte nicht. Ich ging wieder auf sie zu und setzte mich dicht neben sie. Dann nahm ich ihr Gesicht in meine Hände. "Nell, ganz ruhig. Es ist nichts passiert und es wird dir nichts passieren. Der Typ ist bei der Polizei und wir sind bei dir." Der Alarm verstummte. Zum ersten Mal sah sie mich jetzt wirklich an. Der Moment wurde zerstört, indem Manu hereinkam. "Nell, Gott sei Dank." sagte er und nahm sie so gut es eben ging in den Arm. Er küsste ihre Stirn. "Ich hatte solche Angst." murmelte er. Nell schloss an Manj's Halsbeuge die Augen. "Habt ihr den Doc schon Bescheid gegeben? Ich will sicher sein, dass alles in Ordnung ist."  meinte Manu jetzt. Als wir die Köpfe schüttelten, ging er selbst nach draußen. Es klopfte an der Tür und Miro, Mats und Basti kamen herein. "Hey, wie gehts dir?" fragte Miro besorgt. Nell zuckte nur mit den Schultern. Jetzt kam auch Manu mit einer Ärztin dazu. Sie schüttelte Nell die Hand. Sie verkündete, sie wolle Nell untersuchen und schickte uns alle nach draußen. Wir hockten gefühlte Stunden auf den Gang, bis die Ärztin wieder aus dem Zimmer kam. "Ist alles ok bei ihr? Ich bin ihr Bruder." sagte Manu. "Ja soweit ist ihre Schwester stabil. Ich habe ihr den Verband abgenommen. Außerdem werden wir noch weitere Tests machen. Ich überbringe Ihnen die Ergebnisse später. Was die versuchte Vergewaltigung angeht... Ich bin keine Psychologin und ich weiß nicht wie stark die Persönlichkeit Ihrer Schwester ist, aber ich rate Ihnen, sie zu schonen und sie nicht alleine zu lassen." Manu nickte und ging dann direkt wieder in das Zimmer. Wir alle folgten ihm. Nell hatte sich in das Kissen zurückgelehnt und sah erschöpft aus. Sie hob nicht einmal den Kopf, als Marco sich zu ihr setzte. Er strich ihr vorsichtig über den Arm und sie zuckte nicht einmal zusammen. Ich deutete das als gutes Zeichen. Auch Mo und Leo tauchten irgendwann auf. Doch anders als sonst machten sie nicht dauernd Witze, sondern blickten ebenso still, wie wir anderen. Irgendwann klopfte es an der Tür und die Ärztin trat herein. Ihr Blick schweifte über uns alle. "Also sowas hab ich jetzt auch noch nie erlebt." meinte sie lächelnd. "Haben Sie die Ergebnisse?" wollte Manu direkt wissen. "Ja, die Bluttests sind alle in bester Ordnung. Bis auf die Platzwunde und einige blaue Flecke gibt es keine körperlichen Verletzungen, die uns Sorgen bereiten sollten. Ihre Schwester und auch..." Nell fuchtelte plötzlich in der Luft herum und wollte die Ärztin zum Schweigen bringen, doch diese verstand den Wink nicht und sprach weiter. "...das Baby sind wohlauf." Das Baby. Das konnte nicht sein. Nell war schwanger. Von dem Typen mit dem sie mich betrogen hatte. Und sie wusste davon. Bevor auch nur jemand sich aus seiner Starre befreien konnte, sgürzte ich hinter der Ärztin aus der Tür und rannte.

Nell's Sicht

"Mario! Warte!" rief ich. Ich sprang aus dem Bett und verspürte dabei einen Schmerz an meinem Arm. Natürlich wurde mir schwindelig. Marco war sofort zur Stelle und packte mich, bevor ich zusammensacken konnte. "Mario..." flüsterte ich. Die Tränen strömten über meine Wangen, genau wie das Blut über meinem Arm, denn ich hatte mir die Injektionsnadel aus dem Arm gerissen, als ich aufgestanden war. Meine Beine gaben nach. Marco drückte mich kurz von sich. "Nell, komm schon. Jetzt nicht aufgeben!" sagte er eindringlich und schlug mir dabei leicht auf die Wange. Mein Bewusstsein konnte nicht mehr zwischen Wirklichkeit und Ohnmacht unterscheiden. Bevor mich die Ohnmacht übermannte, hörte ich Marco's letzte Worte. "Ich hol ihn zurück."

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt