Kapitel 62

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Mario's Sicht:

"Nell, du musst dringend was essen! Wie viel wiegst du? 5 Kilo?" fragte ich sie, als ich sie im Bungalow auf ihrem Bett absetzte. "Jaja, rede nur weiter. Ich ess später was." erwiderte sie nur und winkte ab. "Wir bringen dich erst mal wieder ins Krankenhaus." mischte Manu sich ein. "Willst du mich verarschen? Nein! Ich geh nicht zurück!" rief sie geschockt. Manu deutete auf ihre zerschrammten Beine. "Du bist immernoch schwer verletzt! Jeder Depp würde dich sofort ins Krankenhaus bringen!" meinte er. "Ich will aber bei euch bleiben! Ich muss so schnell wie möglich wieder auf die Beine kommen! Wo könnte ich das besser als bei meiner Familie?" entgegnete sie. Manu zögerte. "Bitte Manu, ich tu alles, um wieder fit zu werden!" flehte sie. "Du machst ja sowieso, was du willst." gab Manu schließlich nach. Triumphierend lächelte Nell. Später saß dann die komplette Nationalmannschaft in unserem Bungalow verteilt und wir erzählten Nell, was in der Zwischenzeit alles passiert war. "Ich hab es gesagt, dass Mats ein Tor schießt! Und was passiert? Boom und Tor!" rief Kevin gerade. "Das heißt ihr seid im Halbfinale?" hakte Nell nochmal nach. "Nein...", begann ich, worauf mich Nell irritiert ansah, "Wir sind im Halbfinale. Du gehörst schließlich auch zur Mannschaft." vollendete ich, worauf mir die Anderen zustimmten. Nell lächelte mich an und beugte sich zu mir, um mir einen kurzen Kuss auf die Wange zu drücken "Wo ist eigentlich Marco abgeblieben?" fragte sie irgendwann. "Da bin ich schon!" erklang seine Stimme, als er gerade zur Tür herein kam. "Ich hab noch deine Jacke." sagte Nell. "Ach die kannst du behalten." erwiderte Marco. "Nein, ich will mich sowieso endlich mal umziehen." meinte sie aber und rutschte vom Bett. Manu räusperte sich und sah sie mahnend an. Darauf seufzte sie und griff nach meiner Hand. "Hilfst du mir kurz?" bat sie mich laut, damit es Manu auch wirklich mitbekam. Doch man konnte das auch falsch verstehen, vorausgesetzt man hieß Marco. "Kaum auf den eigenen Beinen stehen können, aber schon wieder beim Ausziehen helfen lassen." meinte er kopfschüttelnd. Es sollte ein Scherz sein, aber Nell sah nur weg, wie auch alle anderen, die plötzlich still waren, weil sie offensichtlich dasselbe dachten. Ich wusste nicht genau, wie es Nell innerlich wirklich ging, aber so wie ich sie kannte, würde sie mich die nächste Zeit nicht an sich ranlassen. Das konnte ich ihr ja auch nicht übel nehmen, ich hätte es selbst nicht gekonnt. Jetzt stand Nell auf und stützte sich auf den Armen von Mesut und Phillip ab, die an der Wand lehnten. Dann hielt sie sich am Türrahmen zum Bad fest. Marco ging dann zu ihr und nahm sie in den Arm. "Tut mir leid, das hätte ich nicht sagen sollen." murmelte er. Nell drückte ihn von sich und nuschelte ein kurzes "Schon okay.", bevor sie dann mit gesenktem Kopf im Bad verschwand. Marco klatschte sich die Hand vor das Gesicht. "Ach scheiße, ich bin so ein Idiot." regte er sich über sich selbst auf. Ich seufzte nur und folgte Nell dann ins Bad. Langsam öffnete ich die Tür. Nell stand vor dem Spiegel und hatte die Hände auf das Waschbecken gestützt. Und sie weinte. Ich schloss die Tür hinter mir, sodass sie aufsah. Schnell wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. Dann drehte sie den Wasserhahn auf und wusch ihr Gesicht. Ich trat zu ihr und legte meine Hand auf ihren Rücken. Sie zuckte kurz zusammen. "Es geht schon." murmelte sie und schniefte. "Komm mal her." forderte ich sie auf. Sie drehte sich von mir weg. "Nein, alles gut." meinte sie erneut. Ich drehte sie zu mir um und nahm sie in den Arm. Zuerst sträubte sie sich dagegen, schlang dann aber ebenfalls die Arme um meinen Oberkörper. Sie schluchzte auf und vergrub das Gesicht an meinem Hals. Ich strich ihr beruhigend über die Haare. "Das ist Marco so rausgerutscht, er wollte dich nicht verletzen." sagte ich. "Es ist nicht wegen Marco. Zumindest nicht direkt. Es tut so weh." schluchzte sie weiter. "Ich weiß, Süße." flüsterte ich. Sie löste sich kurz von mir und sah mich aus traurigen, verheulten Augen an. "Du musstest das ja schon eine Weile ganz allein durchstehen." meinte sie. Ich schüttelte den Kopf. "Marco hat den ersten Flug genommen, den er kriegen konnte und hat mich unterstützt." Sie lehnte sich wieder an mich und nuschelte ein "Es tut mir leid." "Was tut dir leid?" wollte ich wissen. "Dass ich an Stelle unseres Babies überlebt habe." erklärte sie leise. Jetzt war ich derjenige, der sie von mir drückte. "Denk so nicht Nell! Es ist nicht deine Schuld! Versprich mir, dass du dir keine Vorwürfe machst!" drängte ich. Sie nickte langsam. "Danke, Mario." "Wofür?" fragte ich. "Dass du für mich da bist und ich dir vertrauen kann." sagte sie leise. Ich hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Mein schlechtes Gewissen plagte mich. "Nell, ich muss dir etwas beichten." begann ich. Sie sah mich abwartend an. "Als du im Koma lagst und ich so am Boden war deswegen... Ich war betrunken und da war diese Frau..." erklärte ich. Angst blitzte in ihren Augen auf, sie ließ mich schlagartig los und wich zurück. "Willst du mir gerade sagen, dass du mir fremdgegangen bist?!" fragte sie kaum hörbar. Ich ging einen Schritt auf sie zu. "Fass mich nicht an!" zischte sie. Ihre Beine zitterten, also musste sie sich gegen das Waschbecken lehnen. "Nell ich..." begann ich erneut mit meinen Erklärungsversuchen, doch sie durchschnitt mir das Wort. "Hast du mit ihr geschlafen?" wollte sie wissen und presste dann die Lippen zu einem schmalen Strich aufeinander, wie Manu, wenn er kurz auf dem Ausrasten war. "Nein, hab ich nicht." sagte ich. Normalerweise kannte mich Nell so gut, dass sie wusste ob ich log oder nicht. "Wie weit bist du gegangen?" fragte sie dann. "Ich weiß es nicht genau, ich war betrunken." wiederholte ich. "Du weißt es nicht?! Und woher weißt du dann, dass du nicht mit ihr im Bett warst?!" schrie sie mich jetzt an. Sie war so laut, dass man es im Bungalow sicher gehört hatte. So war es wohl auch, denn jetzt öffnete sich die Tür und Marco trat ein. Als er Nell so sah, schloss er die Tür hinter sich wieder. "Du hast es ihr gesagt?" fragte er ungläubig. "Du weißt davon?!" schrie Nell und schluchzte mittlerweile. "Nein, Nell du verstehst das alles falsch. Mario hat dich nicht betrogen! Ich hab es mit meinen eigenen Augen gesehen. Er hat sie nicht mal geküsst!" verteidigte Marco mich. "Deshalb bin ich ja auch davon ausgegangen, dass er es dir gar nicht sagt. Er ist ehrlicher, als ich dachte." fuhr er fort. "Nicht geküsst?" wiederholte Nell leise. Marco nickte bestätigend. "Ich fühl mich trotzdem schrecklich. Ich will dich nicht betrügen!" sagte ich jetzt. Nell trat mit wackeligen Schritten auf mich zu. "Aber du hast mich doch garnicht betrogen, du Idiot." meinte sie. "Du hast es mir aber zugetraut." erwiderte ich, was schon fast wie ein Vorwurf klang. "Aber jetzt nicht mehr. Wer so ehrlich ist, um mir sogar zu beichten, wenn du eine auch nur mit dem Arsch anschaust... Das ist unglaublich." sagte sie. Ich musste lächeln. "Um Gottes Willen jetzt macht es halt noch komplizierter! Na los, küssen!" befahl Marco und schob uns aufeinander zu. Und dann küssten wir uns wirklich. Und zwar lange. Marco zerrte an meiner Schulter. "Reicht auch wieder. Los, du hast jetzt Training." meinte er. Widerwillig löste ich mich von Nell. "Jaja, ich komm gleich. Geh mit den Anderen schon mal vor." wimmelte ich ihn ab. Genervt stöhnte er auf, verschwand dann aber. Ich widmete mich wieder Nell. Ich küsste sie noch einmal und hob sie währenddessen leicht hoch, um sie neben dem Waschbecken auf der Theke abzusetzen.
Nell's Sicht:

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt