Kapitel 87

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Nell's Sicht:

Als ich in Mario's Küchenschränken nach Tee suchte, hörte ich Schritte. "Morgen, wie-... HATSCHUU!!!" begrüßte mich Marco mit ebenso kratziger Stimme wie Mario, wurde aber von einem Niesen unterbrochen. "Gesundheit." sagte ich, als ich mich mit dem gefundenen Tee vor den Herd stellte. "Danke. Wie geht's dir?" wiederholte er. Ich drehte mich um. Er sah ziemlich mitgenommen aus. Blass, zerzauste Haare - was bei Marco schon ein Wunder war - und rote Augen. Außerdem hielt er ein Taschentuch in den Händen. "Mirgeht's gut. Allerdings siehst du genauso scheiße aus wie Mario." antwortete ich. Er ließ sich hustend auf den Hocker vor der Theke fallen. "Toll, du lässt dich halb nackt in den Schnee fallen und bleibst als Einzige fit." murmelte er. Ich zuckte grinsend mit den Schultern. "Auch einen Tee?" bot ich dann an. "Ja, wäre nett. Aber mit Honig bitte." bettelte er. Ich verdrehte die Augen. "Ja, natürlich. Geh dich hinlegen, ich bring dir eine Tasse." sagte ich dann. Mit dem Taschentuch vor der Nase schlurfte er ins Wohnzimmer. Gleichzeitig kam auch Mario aus dem Schlafzimmer. Hier im Licht der Küche sah er mindestens so käseweiß aus wie Marco. Ich winkte ihn direkt durch ins Wohnzimmer. Ich balancierte zwei Tasse plus Honigglas ins Wohnzimmer. Dort erwarteten mich Mario und Marco, ungewohnt ruhig. Beide lagen ausgestreckt auf Mario's überdimensionalem Sofa und hatten sich jeweils eine Decke bis zum Kinn hochgezogen. Mario setzte sich langsam auf und nahm mir die beiden Tassen ab, eine davon reichte er Marco. Ich warf das Honigglas auf Marco's Bauch, sodass er kurz ein schmerzerfülltes Geräusch von sich gab. "Boah, Junge beeil dich mal, ich will auch noch." beschwerte sich Mario und streckte ungeduldig die Hand aus. Mit einem Husten reichte Marco das Glas an ihn weiter. Irgendwie taten mir die Zwei schon leid, wie sie da plötzlich so hilflos lagen. "Kann ich noch was für euch tun?" bot ich also an. "Also wenn du schon so fragst... Ne Fußmassage wär jetzt echt der Hammer." meinte Mario und grinste mich kränklich an. Ich seufzte. "Wenn es sonst nichts ist." gab ich nach. Ich setzte mich in die Ecke des Sofas und bekam direkt Mario's Fuß auf den Schoß. Aber das sollte nicht genug sein, denn von der anderen Seite streckte mir jetzt auch Marco seinen Fuß auf den Schoß. "Was wird das jetzt?" fragte ich ihn. "Er wird ja wohl keinen 'fester-Freund-Bonus' bekommen, oder?" meinte er auf Mario deutend und schob dann noch ein 'zufälliges' Husten hinterher. So kam es, dass ich gleichzeitig mit der linken Hand Mario's, und währenddessen mit der rechten Marco's Fuß massierte. Irgendwann mussten die beiden wohl eingeschlafen sein, also befreite ich mich vorsichtig von ihnen. Sie schnarchten beide leise. Irgendwann ging mir das so auf die Nerven, dass ich beschloss, zu Duschen. Als ich das warme Wasser aufdrehte, hörte ich es vom Wohnzimmer schon wieder. "Neeell!" rief Marco. "Ich stehe unter der Dusche!" gab ich genervt zurück. Es blieb still. Bis plötzlich Marco dastand. Glücklicherweise war das Glas von Mario's Dusche angeschliffen, und somit nicht durchsichtig. "Was machst du hier?" fragte ich trotzdem etwas geschockt. "Kannst du uns vielleicht möglicherweise etwas zu Essen machen?" bettelte er. Ich sah mich nach einem Handtuch um, worauf er eins über die Glaswand warf. "Und dafür konntest du keine 10 Minuten warten, weil ihr ja am verhungern seid." entgegnete ich sarkastisch. Er sah mich weiter nur bettelnd an. "Was habt ihr euch denn so vorgestellt?" fragte ich resignierend. "Ähm, Pizza?" schlug er vorsichtig vor. "Oder Apfelspätzle!" erklang Mario's Stimme aus dem Wohnzimmer. "Apfel- was?!" fragte ich Marco und sah ihn verwirrt an. "Apfelspätzle. Ist sein Lieblingsessen. Hat seine Oma immer gemacht." erklärte mir dieser. "Aha." erwiderte ich nur. Marco musste lachen, was in einen heftigen Hustenanfall überging. Mit einer Hand auf seinem Rücken brachte ich ihn zur Couch. "Okay, ihr Zwei. Eine Stunde könnt ihr für euch selbst sorgen, oder? Ich geh Einkaufen." verkündete ich schließlich. Sie nickten nur müde. Ich zog mir also eine alltagstaugliche Jogginghose und einen Kapuzenpulli an. Dessen Kapuze setzte ich auf und zog dann noch meine Jacke darüber, weil es wieder so kalt war wie gestern. Natürlich bemerkte ich die zwei, drei Paparazzi, die tatsächlich immernoch vor dem Haus lauerten. Vermutlich erkannten sie mich garnicht, denn sie saßen plaudernd auf der Autohaube und tranken Kaffee. Mit gesenktem Kopf lief ich vorbei in richtung Innenstadt. Dort ging ich in den Supermarkt. Ich kaufte ein paar Dinge und wollte dann wieder nach Hause. Dann fiel mir Mario's kränkliches Gesicht wieder ein. Meines Wissens nach hatte Felix gerade Training. Ich beschloss hinzufahren. Mit dem Taxi war ich in 10 Minuten dort. Ich bezahlte, stieg aus und lief zum Trainingsgelände. Die Typen kannten mich anscheinend noch und ließen mich ohne mit der Wimper zu zucken durch. Am Trainingsplatz lehnte ich mich an die Absperrung und sah ein Wenig zu. Da bemerkte Felix mich offenbar. Er kam auf mich zugejoggt. "Hey Nell, was führt dich hierher?" fragte er. "Ich wollte dich etwas fragen. Aber Hallo erstmal." begrüßte ich ihn lächelnd. Er schien etwas verwirrt, also hatte ihm Mario noch nichts erzählt. Leichtfüßig kletterte er über die Absperrung und gab seinem Trainer noch ein Zeichen. Dann liefen wir nebeneinander her in irgendeine Richtung. "Also, weißt du, dein Bruder und ich..." setzte ich zur Erklärung an, da blieb Felix stehen und nahm mich in den Arm. "Ich wusste es." nuschelte er. Ich lachte nur und erwiderte die Umarmung. Er ließ mich wieder los und blickte mir kurz freudestrahlend in die Augen. "Also, warum bist du hier?" hakte er nochmal nach. "Mario und Marco haben sich total erkältet und Mario hätte gerne..." "Apfelspätzle." vollendete Felix. Ich nickte. "Das will er immer. Du bist echt der erste Mensch, der seinen Wünschen extra nachgeht." meinte er dann. Ich grinste. "Also, kannst du mir helfen?" bettelte ich. Er überlegte kurz. "Wir fahren zu Oma, die kann uns helfen." verkündete er. So war es also beschlossen. Er beendete natürlich noch sein Training und stieß dann umgezogen zu mir. "Bist du mit dem Auto da?" wollte er wissen. "Ne, wieso? Ist es dir peinlich dich von einer Frau fahren zu lassen?" grinste ich. Er grinste nur zurück. "Wir nehmen einfach ein Taxi." verkündete ich. "Ich hab kein Geld dabei." widersprach er. "Aber ich. Und jetzt komm, keine Widerrede." drängte ich, bis er mir folgte. Als wir später bei dem Haus seiner Großeltern hielten, stieg er sofort aus. Ich bezahlte noch und folgte ihm dann. Er stand schon vor der Tür, wo er eben geklingelt hatte. Mario's und Felix' Oma öffnete und nahm Felix freudig in den Arm. Als Felix sich zu mir umdrehte, glitt ihr Blick ebenfalls zu mir und ihre Augdn leuchteten überrascht auf. Felix erklärte ihr die 'Not'situation. Da bat sie uns herein und machte sich gleich ans Werk. Felix und ich halfen ihr natürlich, aber eigentlich befolgten wir nur ihre Anweisungen. Mit einer Box voll Apfelspätzle beladen, bedankten wir uns herzlich bei ihr. "Willst du noch mitkommen?" bot ich an, als wir wieder ins Taxi stiegen. "Nein, danke. Nicht, dass ich mich noch anstecke. Aber sag den Beiden einen Gruß von mir." lehnte er ab. Ich nickte nur und ließ ihn bei sich zu Hause aussteigen. Er nahm mich kurz in den Arm. "Schön, dass ihr wieder zusammen seid." meinte er. Ich lächelte ihm nur entgegen. Dann ließ ich mich zurück zu Mario fahren. Ich bezahlte, setzte meine Kapuze wieder auf und schlich zur Wohnungstür. Ich hatte mir vorhin erlaubt, den Schlüssel mitzunehmen, mit welchem ich jetzt die Tür aufschloss. Ich zog Jacke und Schuhe aus. Es kam mir noch stiller vor als vorher. Mit der Box in den Händen tapste ich ins Wohnzimmer. Mario und Marco lagen immernoch auf der Couch. Nur sahen beide nicht gerade besser aus. Als ich an Marco vorbeilief, fielen mir die kleinen Schweißperlen auf seiner Stirn ins Auge. Allgemein waren seine Wangen eher gerötet, als blass. Ich setzte mich an die Kante. Jetzt öffnete er langsam die Augen und sah mich gequält an. "Wie geht's dir?" fragte ich. "Beschissen." antwortete er und hustete wieder. Ich legte meine Hand auf seine Stirn. "Du hast Fieber." musste ich feststellen. Ich erhob mich und ging zu Mario. Als ich auch ihm die Hand auf die Stirn legte, schlug er die Augen auf. Er hatte auch Fieber. "Oh man, euch hat's echt ziemlich erwischt." kommentierte ich.

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt