Kapitel 47

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Nell's Sicht:

Es waren ein paar Tage vergangen. Die Jungs hatten ein Testspiel gegen Kamerun, was unentschieden endete. Heute Abend würden sie gegen Armenien spielen. Dann würde es morgen nach Brasilien gehen. Ich musste extra ein Formular unterschreiben, dass ich auf eigene Gefahr mitflog, und danach direkt zum Arzt ging, um mich durchchecken zu lassen. Momentan hatte ich viel zu tun, weil ich die Jungs für die WM wieder fit bekommen musste. Einige waren angeschlagen. Außerdem hatte Marco mal wieder die Aktion ausgeplaudert, dass ich ihn massiert hatte, was dazu führte, dass jetzt auch ständig jemand auftauchte und eine Massage wollte. Sobald ich ablehnen wollte meinten sie, sie müssten sich für die WM ja wohl fühlen. Löw hatte schon vorgeschlagen, mein Gehalt zu erhöhen, aber daran lag es nicht. Ich war manchmal einfach nur erschöpft und musste mich zwischendurch hinlegen. Das widerrum führte dazu, dass ich meistens schlief, wenn Mario endlich mal Zeit hatte. Aber wenn ich wach war, musste ich mir wieder anhören, dass ich mich überanstrengte und mir auch mal Zeit nehmen sollte, etwas mit Mario zu machen, denn jeder erzählte mir, es würde uns beiden nicht guttun. Erleichtert stellte ich fest, dass Mario in unserem Zimmer war, als ich hereinkam. Er lag in Trainingsklamotten auf dem Bett und starrte an die Decke. Ich ging zu ihm und legte mich neben ihn, was ihn erschreckte. "Hast du nachgedacht?" fragte ich ihn und lächelte ihn sanft an. Er drehte sich auf die Seite und schlang seinen Arm um mich. "Ich vermisse deine Nähe." flüsterte er. "Geht mir nicht anders." entgegnete ich. Er seufzte. Ich seufzte. Dann begannen wir beide zu grinsen. "Darfst du heute Abend eigentlich spielen?" fragte ich ihn. "Ach halt den Mund." meinte er grinsend und zog mich auf sich drauf. "Bin ich nicht zu schwer?" warf ich ein. "Nein, du bist leicht wie eine Feder." wisperte er, bevor wir uns dann küssten. Er strich mir sanft über den Rücken. Quälend langsam schob er seine Finger unter mein Oberteil. "Was bist du denn heute so schüchtern?" grinste ich. Er lachte kurz auf. "Ich weiß nicht wo Marco ist." meinte er. Ich rutschte von ihm herunter und stand auf. "Hey, was hast du denn jetzt vor?!" fragte er entgeistert. Ich grinste nur und schloss die Tür ab. "Marco's Schlüssel liegt hier. Der stört uns heute garantiert nicht." sagte ich mit einem schelmischen Grinsen. Mario hatte sich aufgesetzt. Ich ging zu ihm zurück und kniete links und rechts von ihm aufs Bett. Ich schlang die Arme um seinen Nacken und zog ihn zu mir. Er vergrub den Kopf an meinem Hals und verteilte dort leichte Küsse. Nachdem wir uns gegenseitig das Oberteil ausgezogen hatten, sank Mario in das Kissen zurück. Ich beugte mich runter und begann jetzt auch, seinen Hals und seine Brust zu küssen. Dann wanderte ich über seine Bauchmuskeln weiter nach unten, bis zum Bauchnabel. Mario stöhnte leise. Ich ließ mich neben ihm auf dem Bett nieder, beugte mich über ihn und küsste ihn hemmungslos. Irgendwann lagen wir dann beide in Unterwäsche da. Während wir uns dann wieder küssten, zeichnete ich mit den Fingerspitzen seine Muskeln nach. Als ich schließlich am Rand seiner Boxershorts entlangstrich und dann nur ein winziges Stück darunterfuhr, packte Mario plötzlich mein Handgelenk. Er lachte schwer atmend auf. "Hab ich schonmal erwähnt, dass du mich verrückt machst?" Ich lächelte. Schließlich entledigten wir uns auch noch dem letzten Stück Stoff. Mario legte sich auf mich, links und rechts von mir mit den Händen abgestützt. Als er in mich eindrang, stöhnten wir beide auf. Ich schloss die Augen und krallte die Fingernägel in seinen Rücken, bis wir beide zum Höhepunkt kamen. Mario sank seufzend von mir herunter. Ich kuschelte mich an seine Seite und er legte den Arm um mich. Ich streichelte über seine Brust. Er küsste mich auf den Scheitel. "Ich liebe dich." sagte er. "Ich dich auch." erwiderte ich. "Und ich würde mich freuen, wenn ihr mich jetzt in mein Zimmer lasst!" rief Marco von draußen. Mario und ich sahen uns an. "Wie lange stehst du schon da?" rief Mario. Marco seufzte theatralisch. "Ich bin extra langsam hierher gelaufen, weil alle meinten ihr bräuchtet mal Ruhe. Nur würde ich jetzt gerne wieder rein." meckerte er. Ich schlüpfte aus dem Bett, sammelte meine Unterwäsche auf und tappste dann ins Bad. Als ich unter der Dusche stand, hörte ich schon bald Marco's Stimme. Ich stellte das Wasser ab und hörte ihn sagen "Und hattet ihr wenigstens Spaß?" Ich grinste vor mich hin und nahm mir ein Handtuch. Schließlich trat ich in Unterwäsche an die Tür und öffnete sie. Mario stand davor und hob jetzt den Kopf. Als er sah, dass ich halb nackt war, schob er mich zurück ins Bad. "Nell, Marco sitzt auf seinem Bett." raunte er mir zu. "Äh ja und? Ich hab doch was an!" entgegnete ich. "Ja, aber... Du kennst doch Marco und..." fing er an. "Du bist doch eifersüchtig." vollendete ich. Er kratzte sich am Hinterkopf. Ich schlang seufzend die Arme um seinen Nacken. "Warum bist du eifersüchtig? Das ist Marco." sagte ich. "Ja trotzdem, nur weil es Marco ist kann er trotzdem auf dich stehen." meinte er bedrückt. "Selbst wenn, Mario. Ich liebe dich. Nur dich." erwiderte ich. Er lächelte mich liebevoll an. "Na schön." ergab er sich und gab mir einen Klaps auf den Hintern. Ich verdrehte die Augen und ging. Erstaunlicherweise zeigte Marco wirklich keine Reaktion, als ich an ihm vorbeiging. Mario bekam es ja nicht mit, er stand jetzt selbst unter der Dusche, also testete ich ihn. Ich stemmte die Hände in die Hüften. "Marco?" machte ich auf mich aufmerksam. Er hob den Blick von seinem Laptop. Und sah mir tatsächlich ins Gesicht. Nicht eine Etage tiefer, nein, ins Gesicht. "Alles in Ordnung?" fragte ich ihn. Er nickte nur. Kopfschüttelnd ging ich zu dem kleinen Tisch im Zimmer, wo man schon die Sachen für das Spiel vorbereitet hatte. Eine kurze Trainingshose inklusive T-Shirt mit DFB-Logo. Ich schlüpfte in die Sachen, die für mich bereitlagen. Langsam übertrug sich Marco's seltsame Stimmung auch auf mich. Ich setzte mich schließlich zu ihm. Er hob nicht einmal den Kopf. "Marco, irgendetwas stimmt doch nicht." sagte ich. Er sah mich an. "Ach ich weiß auch nicht. Bin wahrscheinlich nur aufgeregt wegen dem Spiel heute." meinte er und lächelte. Es war aber kein echtes Lächeln. Trotzdem lächelte ich zurück. "Ihr macht das schon!" sagte ich. Ich stand auf und zog meine Schuhe an. "Mariooo! Mach mal schneller, wir müssen los!" rief Marco jetzt, wieder ganz der Alte. Mario stolperte wenig später mit einem Handtuch um die Hüfte ins Zimmer. Er schnappte sich seine Klamotten und als er diese dann endlich anhatte, gingen wir nach unten, wo die Anderen schon versammelt beim Mannschaftsbus standen. Auch die Presse hatte heute Zutritt. Während die Jungs also bereitwillig Autogramme gaben, stieg ich unter Blitzlichtgewitter in den Bus. Ich begrüßte den Fahrer und ließ mich dann auf irgendeinen Platz fallen. Als Mats hereinkam, sah er mich verwundert an. "Nell, so wie ich dich kenne, willst du, dass wir dich nicht in Watte packen, nur weil du schwanger bist und deshalb muss ich dich leider darauf hinweisen, dass du auf meinem Platz sitzst." berichtete er. "Och Mats, komm schon!" bettelte ich. "Ähm...Nope." grinste er. Ich sah ihn herausfordernd an. "Und wenn ich hier nicht weggehe?" Mats verdrehte die Augen. "Dann setze ich mich entweder auf dich drauf oder..." er lächelte teuflisch. "Oder was?" wiederholte ich, da schlang er die Arme um meine Taille und warf mich über seine Schulter. Ich kreischte auf. "Lass mich runter du Idiot!" rief ich und schlug ihm auf den Rücken. "Sei still sonst denken die noch ich tu dir was an!" meinte er lachend. "Wer tut wem was a-aaan... Was geht denn hier ab?" fragte Miro, der gerade einstieg. Mats hatte sich umgedreht, dabei musste ich den Kopf einziehen, um die Sitze nicht zu streifen. "Sie saß auf meinem Platz!" jammerte Mats wie ein Kleinkind. "Maaan Mats lass mich runter!" rief ich noch einmal. Jetzt stieg auch Thomas ein. Er lachte. "Hey Mats, darf ich auch mal?" rief er. "Klaro." antwortete dieser und reichte mich an Thomas weiter, der mich ebenso über die Schulter warf. "Hallo?!" beschwerte ich mich. Thomas lief im Bus den Gang entlang. "Nettes Mitbringsel, findet ihr nicht? Hey, Miro mach mal ein Foto." meinte er jetzt. "Ihr seid doch bescheuert!" lachte ich. Miro zückte sein Handy und schoss ein Foto. Mittlerweile waren auch die meisten Anderen eingestiegen und beobachteten dieses Schauspiel amüsiert. "Will mir vielleicht irgendjemand von euch Spasten mal helfen?" lachte ich. "Dein Lieblings-Spast übernimmt!" sagte Kevin dann und zog mich von Thomas' Schulter. Ich fiel Kevin in die Arme. "Danke! Du hast mich gerettet!" sagte ich theatralisch. "Kein Problem, junge Dame!" entgegnete Kevin grinsend. Dann blickte ich mich im Bus um. "Und ihr könnt eure Massagen vergessen!" sagte ich. Mats winkte ab. "Da bequatschen wir einfach deinen Mario!" meinte er leichthin. "Der lässt sich aber nicht bequatschen!" sagte Mario jetzt, der wohl einen Teil mitbekommen hatte. Er schlang von hinten die Arme um meinen Bauch. "Nell darf nur mich massieren." meinte er und küsste meine Wange. Ich lächelte triumphierend. Die Jungs stöhnten genervt auf. Schließlich setzte ich mich dann neben Mesut. Nach einiger Zeit Fahrt, kamen wir dann auch am Stadion an. Die Jungs flüchteten in die Katakomben, während ich mit Löw und Oliver Bierhoff mitging. Sie verschwanden noch einmal in der Kabine, um die Jungs aufzubauen und dann ging es schließlich auf den Platz. Ich platzierte mich am Spielfeldrand. Verletzungstechnisch verlief das Spiel gut. Es war fast Halbzeit und ich war kurz davor, mich zu Mario, der leider nicht von Anfang an spielte, auf die Ersatzbank zu setzen. Doch dann der Schock. In der 44. Minute leistete sich Marco mit seinem Gegenspieler ein Laufduell und knickte um. Der Schiri bemerkte es zuerst nicht, doch Marco war liegengeblieben und wand sich vor Schmerz auf dem Rasen. Jetzt pfiff der Schiri und alle gingen zu Marco. Er reagierte nicht auf die Versuche mit ihm zu reden, sein Gesicht war schmerzverzerrt auf den Großleinwänden zu sehen. Unruhig blickte ich mich zur Ersatzbank um. Alle hatten sich erhoben und Löw kam jetzt auf mich zu. "Soll ich?" fragte ich. Er blickte unentschlossen drein, da winkte Mats mich schon zu ihnen. Mit ein paar Sanitätern betrat ich zügig den Rasen. Als ich bei Marco ankam hielt er sich immernoch den Fuß. "Marco, ich bin's." sagte ich ruhig. Manche Spieler rasteten aus, wenn man sie unvorbereitet berührte. Die Anderen versuchten, ihn abzulenken, während ich mir seinen Fuß ansah. Schon bei der kleinsten Berührung schrie er auf. Der Schiri blickte auf die Szene herab. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf. Nur so, dass es der Schiri mitbekam. "Marco, du kannst nicht weiterspielen. Versuch aufzustehen, bitte." sagte ich ruhig. Als hätte er es vorhin schon geahnt. Ich stützte ihn am Arm, doch als er kurz auftrat, zuckte er zusammen. "Nell, ich kann nicht aufstehen." brachte er aus zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich winkte einen der Sanitäter dazu, mit dessen Hilfe er dann mühsam aufstehen konnte. Ich nahm Marco's Arm und legte ihn über meine Schulter. Der Sanitäter tat es mir gleich. Noch einmal versuchte Marco aufzutreten, doch schließlich humpelte er auf einem Bein vom Platz. Betretenes Schweigen war im Stadion eingekehrt und dementsprechend auch die geschockten Gesichter der Fans und der Spieler. Sie klopften Marco noch einmal auf die Schulter und Löw sah mich an. Wieder schüttelte ich kaum merklich den Kopf. Er nickte und musste schließlich auswechseln. Wir brachten Marco in die Katakomben. Während die Sanitäter einen Helikopter bestellten, kümmerte ich mich um Marco. Sein Gesicht war immernoch schmerzverzerrt und Tränen strömten über seine Wangen. Ich wusste nicht ob vor Schmerzen oder vor Frust und Trauer. So vorsichtig wie ich konnte, zog ich ihm seinen Schuh und den ganzen Rest aus. Der Fuß war geschwollen. Jetzt schon. Ich hob den Blick und sah in Marco's Gesicht. "Nell, sag mir, dass es nur eine Prellung oder so ist." sagte er mit brüchiger Stimme. Ich sah ihn verzweifelt an. Mario, Kevin und André kamen den Flur entlang. "Scheiße Mann, wie geht's dir?" fragte Mario. "Beschissen..." murmelte er. "Kann man den schon was sagen?" wollte André wissen. "Ich..." begann ich zögernd. "Na los, sag ihnen die Wahrheit!" sagte Marco verbittert. Ich sah ihn traurig an. "Ich fürchte, es sieht nicht gut aus." gab ich zu. "Und die WM?" hakte Kevin noch einmal nach. Ich sagte nichts. Marco ließ den Kopf in die Hände sinken. "Jungs wir müssen!" drängte André. Widerwillig verschwanden sie wieder. Ich wandte mich an den Sanitäter. "Sie und Ihre Kollegen machen die zweite Halbzeit, ich gehe mit ihm ins Krankenhaus." beschloss ich. Der Sanitäter nickte und ging. Ich setzte mich neben Marco auf einen Stuhl und legte den Arm um ihn. Seine sonst so witzige und fröhliche Art war komplett verschwunden. Neben mir saß ein einziges Häufchen Elend. Marco sträubte sich zuerst dagegen, ließ sich aber dann doch ganz in meine Arme ziehen. Er vergrub das Gesicht an meinem Hals und ich konnte seine Tränen spüren. Ich strich in kreisenden Bewegungen über seinen Rücken. Als man sagte, der Helikopter sei da, musste sich Marco erst fangen, bevor er sich aus meinen Armen löste. Das mit dem Laufen dauerte zu lange, deshalb musste Marco auf eine Trage. Er starrte nur an die Decke, während ich nebenherlief. Da nicht genug Platz war, wurde ich mit dem Auto ins Krankenhaus gebracht. Als ich dort ankam, war Marco schon beim MRT.Ich setzte mich auf den Gang und wartete. Eine Schwester kam aus einem Zimmer. Ich erhob mich. "Können Sie mir sagen, wo Marco Reus ist?" fragte ich. "Sind Sie Frau Neuer?" wollte sie wissen. Ich nickte. "Herr Reus will Sie sehen. Dort in Zimmer 4." meinte sie und deutete auf das Zimmer aus dem sie selbst gekommen war. Ich klopfte und trat dann ein. Marco war leichenblass. Er klopfte neben sich auf die Behandlungsliege. Ich ging zu ihm und setzte mich. Er deutete auf die Bilder auf dem Computer. "Deine?" fragte ich. Er nickte nur. Ich stand noch mal auf und sah sie mir an. "Nell, der Arzt hat noch nichts gesagt. Was ist los?" wollte Marco wissen. Ich zögerte. "Das wird dir aber nicht gefallen." warf ich ein. Er schüttelte nur den Kopf, also sprach ich weiter. "Syndesmosebandriss." sagte ich nur. Marco schluckte. Er wusste selbst, was das bedeutet. Mir kam ein Gedanke, also blickte ich die Bilder noch einmal genauer an. Mein Verdacht bestätigte sich. "Marco, ich sage es dir lieber gleich. Das ist nicht die einzige Verletzung." Er sah mich geschockt an. "Willst du mich verarschen?" fragte er ungläubig. "Sehe ich so aus, als würde ich Scherze machen wollen?" entgegnete ich. Marco schüttelte traurig den Kopf. "Wie lange falle ich aus?" wollte er wissen. "Das kann man nicht genau..." "WIE LANGE NELL?!" fuhr er mich an. "Drei Monate." sagte ich leise. Marco ließ sich auf der Liege zurücksinken und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Er fluchte vor sich hin. Jetzt kam ein Arzt herein. "So Herr Reus, es tut mir leid..." "Er weiß es." unterbrach ich ihn. Er zog die Augenbrauen hoch. "Ich bin auch Ärztin und habe mir die Bilder angesehen. Haben sie das mit der Ferse gesehen?" erklärte ich. Ich zeigte ihm auf dem Bildschirm, was ich meinte. "Sie haben Recht. Gute Arbeit." meinte er. Marco reagierte auf gar nichts mehr. Auch als der Arzt ihm einen Gips anlegte, blieb er einfach still. Marco bekam Krücken und lief damit langsam nach draußen. Man sah ihm nach den ersten Metern an, dass er die Krücken am liebsten an die Wand geworfen hätte. Schweigend stiegen wir in den Kleinbus, der mich auch hergebracht hatte. Ich half Marco, so gut es ging beim Einsteigen. Der Kleinbus würde uns erst einmal zurück ins Hotel bringen. Mitten auf der Fahrt klingelte mein Handy. Es war Mario. "Ja, Mario?" meldete ich mich. "Bist du bei Marco?" "Ja, wir sind auf dem Weg ins Hotel." "Wie geht's ihm?" In diesem Moment griff Marco nach meiner freien Hand und zog sie in seinen Schoß. "Was meinst du? Die Verletzung oder... den Rest?" fragte ich wieder ins Telefon. "Der Rest kommt doch auf die Verletzung an, oder?" meinte Mario. Marco unterbrach mich. Er deutete auf das Handy. Ich gab es ihm. "Syndesmosebandriss." sagte er irgendwann. "Drei Monate... ...Ja wegen was anderem... ...Super-Mario hat also wieder zugeschlagen!... Ja bis später." Er legte auf und gab mir mein Handy. "6:1 haben sie gewonnen. Mario hat zwei Tore geschossen." sagte Marco bedrückt. Das Mondlicht beleuchtete Marco's vor Tränen schimmernden Augen. Ich drückte seine Hand. Er sah mich traurig an. Ich lehnte den Kopf an seine Schulter. Irgendwann dachte er wohl, ich sei eingeschlafen, denn er legte seinen Arm um mich und legte seinen Kopf auf meinen. Ich spürte jetzt wieder Tränen. "Du schaffst das!" flüsterte ich. Er schniefte. "Du bist wach?" fragte er leise. Ich sah ihn an und strich ihm mit meinem Daumen die Tränen von den Wangen. "Denk an das was hinterher kommt. Du kannst wieder zur WM! Und zur EM! Du bist nicht umsonst bester Bundesligaspieler geworden! Du schaffst das doch locker und kommst dann noch stärker zurück! Du bist Marco Reus und das kann dir absolut niemand nehmen!" wollte ich ihn aufmuntern. Er lächelte leicht. "Das hast du schön gesagt, Nell." meinte er. Ich küsste ihn auf die Wange, und da waren wir auch schon da. Die Anderen würden noch eine Weile brauchen. Marco schleppte sich mit seinen Krücken aus dem Auto und dann ins Hotel. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die ich gerne für Marco opferte, kamen wir in unserem Zimmer an. Ich holte etwas zu trinken und reichte es ihm. Er bedankte sich und trank. Mit dem unverletzten Fuß trat er jetzt wirklich nach den Krücken, die er ans Bett gelehnt hatte. Ich saß ihm zugewandt auf meinem eigenen Bett und starrte auf den Boden, wo die Krücken jetzt lagen. "Vier Jahre." murmelte Marco vor sich hin. Ich konnte nichts anderes tun, als einfach da zu sein und ihn nicht mit seinem Elend allein zu lassen. Es war kurz nach 0 Uhr und die Jungs waren noch nicht zurück. Marco hatte irgendwann gemeint, ich solle schlafen und mich ausruhen, bei ihm sei alles gut. Weil ich es eh nicht ändern konnte, hatte ich mich ins Bett gelegt, starrte aber nur im Dunkeln an die Decke. Ich hörte, wie Marco auch irgendwann im Bad verschwand. Immer wieder fluchte er. Dann lag er schließlich in seinem Bett und starrte ebenso an die Decke. Mein Handy summte und ich nahm es in die Hand. Mario. Schläfst du? :* schrieb er. Nein, die Sache mit Marco lässt mich nicht los und ohne dich kann ich sowieso nicht schlafen :( Aber ich hab gehört mein Super-Mario hat 2 Tore geschossen? ;** antwortete ich. Fast sofort kam die Antwort. Ja, aber das ist jetzt egal. Wenn Marco sich jetzt vermutlich die ganze Zeit nur aufregt, kümmer dich doch um ihn. Er braucht das. Schlaf gut, sind bald da <3 Ich legte das Handy weg. "Marco?" fragte ich in den stillen Raum hinein. Ich hörte das Kopfkissen rascheln, als er den Kopf zu mir drehte. "Kannst du nicht schlafen?" fragte er. "Du doch auch nicht." entgegnete ich. "Ich muss ja morgen nicht nach Brasilien." murmelte er. Es tat ihm richtig weh. "Mario meinte, ich soll mich um dich kümmern." flüsterte ich. Er sagte nichts. "Komm rüber." sagte er irgendwann. Ich schlüpfte aus dem Bett und schlich im Dunkeln zu seinem Bett. Er hob die Decke an und ich kroch darunter. "Und Mario macht das nichts aus?" hakte er nochmal nach. "Nein." erwiderte ich. Marco schlang die Arme um mich und ich legte den Kopf auf seine Brust. Marco war einfach ein unbezahlbarer Freund und ich konnte ihm mit dieser Gesellschaft nur einen Bruchteil zurückgeben von dem, was er schon für mich geleistet hatte. Und tatsächlich schlief er bald ein. So wie auch ich in den Armen meines besten Freundes einschlief, den ich jetzt lange nicht persönlich treffen werde...

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt