Kapitel 144

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Mario's Sicht:
Man könnte das Babyschwimmen als... interessant bezeichnen. Naja, ich war der einzige bereitwillige 'Vater' hier. Ich wunderte mich, dass ich meine Freundin mit meinen 22 Jahren Lebenserfahrung anscheinend mehr liebte als die Väter, die um die 10 Jahre älter waren als ich und sich lieber mit ihrem Bier auf das Sofa pflanzten, als ihre Frauen und Kinder bei sowas zu unterstützen. Da ich also hier als männlicher Genosse in Unterzahl vertreten war, hatte ich auch nicht viel zu tun. Trotzdem tat mir die Zeit gut, die ich mit Nell und Marah verbrachte, wenn nicht aufarbeitete. Ich erkannte mich selbst nicht wieder. Die Frau, die das Babyschwimmen leitete, verlor immer wieder sehr 'lustige' Bemerkungen über mich, dennoch blieb ich die Ruhe selbst. Ja okay, ich konnte meine Augen sowieso nicht von Nell lassen. Sie hatte ihr langes Haar über die Schultern gelegt, sodass ihre übel zugerichtete Haut nicht mehr zum Vorschein kam. Nur manchmal, wenn Marah - wie sie es nunmal so gern tat - mit Nell's Haaren spielte, konnte ich einen Blick auf mein Werk erhaschen. Ich war immernoch das genaue Gegenteil von stolz darauf. Ich konnte akzeptieren, dass sie mich nicht heiraten wollte. Auch wenn das nur ein Fetzen Papier ist, der im Standesamt in den Akten vor sich hin gammelt, es war doch ein Schritt, der mehr erforderte, als nur der Versuch. Wie hatte sie gesagt? Deine Mühe ist nicht mit Vertrauen gleichzusetzen. Das traf es. Immerhin würde sie ihren Nachnamen abgeben. Sich Elena Götze nennen. Zumindest glaubte ich, dass sie das tun würde, wenn wir heiraten würden. Wir waren beide leider Gottes Freunde von Tradition und Brauch. Ich sah auf die große Uhr die an der Wand angebracht war. Gleich nach Hause ins Quartier. "Mario." riss mich Nell's Stimme aus meinen endlosen Gedanken. Ruckartig richtete ich meinen Blick auf meine Freundin, - ja, ich nannte sie gerne und immer wieder so - die ziemlich geschockt dreinblickte. Meine Alarmglocken gingen los. "Was ist? Geht es dir nicht gut?" fragte ich besorgt. Mir fiel jetzt erst auf, dass die anderen Frauen mit ihren Kindern bereits in die Duschen verschwanden. Was habe ich verpasst? "Die Kette ist weg. Ich glaube ich habe sie verloren." sagte Nell unruhig. Die Anspannung fiel wieder ab. Das war verhältnismäßig eine Nichtigkeit. Ich strich ihr das nasse Haar hinter ihr Ohr. "Die finden wir. Wo hattest du sie zuletzt?" fragte ich. "Ich... ich war kurz davor sie abzunehmen, weil ich Angst hatte sie zu verlieren und dabei muss ich wohl den Verschluss nicht richtig zugemacht haben." Sie war tatsächlich den Tränen nah. "Nell, das ist eine Kette. Die bedeutet nicht die Welt." beruhigte ich sie. "Du hast mir den Ring in Brasilien geschenkt, das war die schönste Zeit meines Lebens. Ich will diese Kette bis ins Grab mitnehmen." machte sie mir weis. Wir waren komplett allein in dem Schwimmbad. "Okay. Wenn sie dir so wichtig ist, dann geh ich dafür jetzt Baden." scherzte ich. Nell's Gdsichtsausdruck blieb unbewegt, bis sie ihren Kopf auf meine Schulter fallen ließ. "Reiß noch einmal so einen Witz und ich klau dir deine Badehose und lass dich dann so rumlaufen." nuschelte sie an meine Haut. "Ich muss mich doch für meinen Körper nicht schämen." prahlte ich. Sie hob den Kopf und sah mich nur an. Dann wanderte ihr Blick auf Marah hinab, die uns anstarrte, als würde sie versuchen zu verstehen, was wir sagen. "Du hast Glück, dass der nicht dein Vater ist." sagte sie zu Marah. Als hätte diese verstanden, quietschte sie freudig. "Such, Mario." scheuchte mich Nell dann wie einen Hund los. "Wuff." sagte ich ironisch und entfernte mich vom Beckenrand. Ich suchte das halbe Becken ab und ausgerechnet in dem Bereich, wo das Wasser am tiefsten war - so um die 4 Meter - glitzerte etwas auf den Fliesen. Super. Seufzend holte ich tief Luft und tauchte nach unten. Halb blind tastete ich dann am Boden nach der Kette, um mit dieser dann an die Oberfläche zurückzukehren. Ich sah zu Nell, die von meiner Rettungsaktion jetzt nicht einmal etwas mitbekommen hatte, da sie mit dem Rücken zu mir am Beckenrand hing, wo sie Marah abgesetzt hatte und nun mit ihr spielte. Das hat sie jetzt davon. Ich steckte die Kette kurz in meine Tasche. Dann tauchte ich wieder ab und schwamm auf Nell zu. Ich legte meine Hände auf ihre Waden und ließ mich dann nach oben treiben. Meine Hände glitten dabei über ihre Beine, ihren Hintern und ruhten schließlich an ihrer Taille. Ich schüttelte schwungvoll das Wasser aus meinen Haaren und lehnte mich über ihre Schulter. "Erschrocken?" grinste ich. "Dezent." flüsterte sie noch ganz durch den Wind. Dann drehte sie sich um. Ich sah dieses Funkeln in ihren Augen sofort. Dass ich das noch mit ihr anstellen konnte... "Du reagierst ja noch auf meine Berührungen." stellte ich beinahe überrascht fest. "Mehr als ich sollte." wisperte sie und ihr stieg die Röte ins Gesicht. Wortlos musterte ich ihr Gesicht. Du wolltest dich zurückhalten, Mario. - Aber du siehst doch, wie sehr du sie reizt. Ausnahmsweise hörte ich auf die Stimme vom Teufel auf meiner Schulter. Ich drückte ihre Hüften leicht gegen die Fliesen und senkte meinen Kopf, um sie zu küssen. Unsere Nasen berührten sich bereits, als sie den Hals reckte und mir entgegen kam. Ihre Hände lagen auf meinem Brustkorb. Ihre geröteten Wangen glühten. Mein Körper gierte nach ihr. Jede Faser meines Körpers wartete gebannt darauf, von ihr berührt zu werden. Sie zog leicht an meiner Unterlippe. "Was hast du mit meinem Mario gemacht?" flüsterte sie mir zu und es klang ehrlich traurig. Ich löste mich nun ganz von ihr und sah sie sie halb geschockt, halb leidend an. Und irgendwie war ich auch enttäuscht. Eher von mir, als von ihrer Aussage. Bewährte sich die Chance nicht, die sie mir gegeben hatte? "Was mache ich falsch? Was soll ich tun?" fragte ich. Meine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern und ich hatte einen Kloß im Hals. Sie senkte den Blick, bevor sie schließlich die Augen kurz schloss und schluckte. "Ich glaube es ist mein Fehler, meine Schuld." murmelte sie. Ich sah sie verständnislos an. Sie schüttelte kaum merklich den Kopf. Dann führte sie ihre Hand an die Stelle, wo mein Herz aufgeregt pochte. "Ich habe hier drin irgendetwas kaputt gemacht. Als ich mit Marcel zusammenkam und schließlich deinen Antrag nicht angenommen habe. Ich habe irgendwas in dir zerstört und... es...es tut mir so verdammt weh, aber... ich konnte es einfach nicht. Ich habe alles nur noch schlimmer gemacht damit." Ihre Stimme bestand nur noch aus abgehacktem Schluchzen und Tränen rannen über ihre nun eher blassen als geröteten Wangen. Mein Herz hämmerte immer schneller gegen meine Rippen. Sie durfte sich nicht die Schuld geben. Das war falsch. Falsch! Verzweifelt strich ich ihr das Haar zurück und umfasste ihr Gesicht. "Hör auf. Hör auf, sowas zu sagen! Ich hätte um dich gekämpft. Und wenn es mein ganzes Leben in Anspruch genommen hätte. Ich liebe dich und ich könnte dir nie die Schuld an irgendetwas geben." raunte ich ihr zu. Sie sah aus verheulten Augen zu mir auf. "Was hast du deiner Familie gesagt? Die erklären dich für verrückt, weil du mich immernoch willst." konterte sie. Ich sah weg. "Die wissen von all dem nichts. Ich habe mich nicht bei ihnen gemeldet." gab ich zu. "Und das heißt sie bekommen nur das mit, was in der Öffentlichkeit spekuliert wird." stellte sie fest, was aber einen leicht fragenden Unterton mit sich führte. "Ich weiß, was die Wahrheit ist." widersprach ich, ohne ihre Aussage zu unterstützen. "Aber es hindert dich trotzdem daran, du selbst zu sein." meinte sie. "Die einzige Bestätigung, die ich brauche, ist dein Vertrauen." sagte ich sanft. Wieder schloss sie kurz die Augen. Ich verstand. Und ich akzeptierte und respektierte es. Scheiße fand ich es trotzdem. Ehe auch nur ein weiteres Wort fallen konnte, wurden wir mal wieder durch Marah unterbrochen, die anscheinend immer noch munter war und wieder ins Wasser wollte. Sie krabbelte - Schrägstrich robbte - gerade auf das Becken zu, als ich Nell außer Acht ließ und Marah davon abhielt, sich zu ertränken. Ich stützte mich auf dem Rand ab und stemmte meinen Körper aus dem Wasser. Doch bevor ich einen Fuß auf die Fliesen setzen konnte, schnappte Nell, die in der Zwischenzeit das Wasser verlassen hatte, mir Marah vor der Nase weg. Die Distanz zwischen uns nahm wieder größere Dimensionen an und das sagte mir nicht sehr zu. Als sie sich mit Marah aufrichtete, sah ich an ihrer Hüfte das M. Sie hätte es vor Jahren wegmachen lassen können, wenn nicht müssen. Aber sie vertraute in unsere Liebe. Sie hatte Vetrauen in unsere Liebe. Sie zweifelte an mir, aber nicht an unserer Liebe. Wieso war ich da nicht längst drauf gekommen? Ich kletterte nun wirklich aus dem Becken und joggte ihr auf dem rutschigen Boden hinterher. Sie hatte die Tür zur Frauen-Dusche gerade aufgestoßen, als ich mich zwischen sie und die Tür schob. So gut es wegen Marah auf ihrem Arm eben ging, legte ich meine Lippen auf die ihren. Ich war auf einmal so voller Energie, Euphorie, Liebe. Und der Kuss voller Feuer. Sie ließ sich leicht gegen den Türrahmen fallen und ihr heißer Atem streichelte mein Gesicht. Einen Moment starrten wir uns nur an. Dann musste ich einfach anfangen zu lächeln und steckte sie damit wohl an. Wir mussten nichts sagen und dachten beide dasselbe. Das war der Kuss und das waren die Gefühle, die bestätigten, dass alles normal werden konnte. "Hab was vergessen." lächelte ich und griff dann in meine Hosentasche. Ich ließ die Kette vor ihrer Nase baumeln, aber Marah streckte ihre kleinen Hände danach aus. Nell lachte nur leise. "Ich würde dich jetzt so gern in die Dusche zerren und-..." Sie legte ihren Finger auf meine Lippen. "Sarah bringt uns um. Außerdem ist die Dusche nicht mein Lieblingsort für sowas." meinte sie. Ich näherte mich ihren Lippen und küsste sie kurz. "Wieso denn nicht?" wisperte ich verführerisch. Sie räusperte sich, deshalb wich ich leicht zurück. "Du kannst gerne raten, warum ich und Marcel an dem Abend, wo es im Quartier gebrannt hat, beide nur einen Bademantel an hatten." murmelte sie. "Du hast mit dem geduscht?" hakte ich nach, obwohl ich eigentlich keine Details wollte. Sie sah weg. "So könnte man es ausdrücken." Mein Blick verfinsterte sich. "Es ging nicht so weit." lenkte sie sofort ein. Ich nickte nur widerwillig. Ich sah das Gespräch über Eifersucht schon kommen, deshalb verschwand ich schnell in die Herren-Dusche.

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt