Kapitel 128

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Marcel's Sicht:

"Marcel? Was ist? Hallo?!" rief Marco ins Telefon. "Ich ruf später nochmal an." nuschelte ich, tippte blind auf 'Anruf beenden' und ließ mein Handy einfach fallen. An der Stelle, wo Nell gesessen hatte, war Alkohol verschüttet und einige Flaschen zum Teil geleert. Nell lag auf dem Boden, die Gliedmaßen unangenehm verdreht. Ich kniete mich über sie und schlug ihr leicht gegen die Wange. Sie blinzelte mir entgegen und drehte den Kopf hin und her. "Nell, hey! Hörst du mich?" fragte ich sie laut und deutlich. Sie stöhnte nur auf. Ich sah mich ängstlich um. "Ach du scheiße." fluchte ich, als mir die Schachtel Schlaftabletten neben ihr ins Auge fiel. Ich schnappte mir die Schachtel. Die einzelnen Verschweiß-Päckchen fielen heraus, als ich sie schüttelte. Leer. Ich packte Nell's Schultern und schüttelte sie. Ich fuchtelte mit der Schachtel vor ihren halb geöffneten Augen herum. "Wie viele hast du davon genommen?!" schrie ich ihr ins Gesicht. Ihre Augen fielen zu. "NELL WIE VIELE?!" wiederholte ich. Sie antwortete nicht. Doch auf einmal drückte etwas leicht gegen meinen Bauch. Ich richtete mich auf und ließ somit ihrer Faust Platz. Als ich ihre Hand in meine nahm und ihre Finger öffnete, kamen Berge von Tabletten zum Vorschein. Ich stieß ein erleichtertes Seufzen aus. Sie hatte keine einzige Tablette genommen. Dazu war sie viel zu betrunken. Sie war einfach nur so besoffen, dass sie kaum noch bei Bewusstsein war. Ich ließ ihre Hand fallen und beugte mich zu ihr herunter. "Nell... er ist es nicht wert, dir das Leben zu nehmen. Hörst du? Es ist dein Leben. Du gehörst ihm nicht." bläute ich ihr ein. "Ich bin nichts ohne ihn." nuschelte sie. Ein unangenehmes Ziehen machte sich in meiner Brust bemerkbar. Sie tat mir so leid. "Komm her Kleines." flüsterte ich und schob meine Arme unter ihren Körper. So zog ich sie an meine Brust. Ich wiegte sie ein paar Minuten einfach stumm in meinem Arm, bis ich bemerkte, dass sie die Hand zu ihrem Mund zu führen versuchte. Sofort erhob ich mich und zog sie mit mir auf die Beine. "Lass die Tabletten fallen." befahl ich ihr streng. Sie rührte sich nicht. Ihr Körper hing einfach nur schlaff in meinen Armen. Ich rückte sie kurz zurecht, damit ich sie mit nur einem Arm umschlingen konnte und griff nach ihrer Hand. Ich versuchte vorsichtig, ihre Finger aus der Faust zu lösen. "Lass sie los." wiederholte ich sanfter. Langsam entspannten sich ihre Finger und ich ließ alle Tabletten in meine Hand kullern. Ich legte sie schnell auf den Tisch. Dann nahm ich Nell auf meine Arme, um sie ins Bad zu tragen. "Hoffentlich bist du so betrunken, dass du dich daran nicht erinnern kannst." murmelte ich vor mich hin, setzte sie in der Dusche ab, nahm die Brause in die Hand und drehte seufzend das kalte Wasser auf. Mehr als ein kurzer Schrei war von ihr nicht zu hören, als das Wasser ihre Klamotten durchnässte. "Nell, er kann dir egal sein. Du bist intelligent, gefühlvoll und 'ne echte Granate..." rutschte es mir heraus. "Auf jeden Fall hast du ihn überhaupt nicht nötig. Du bist die interessante Person von euch beiden." baute ich sie auf. "Das sagst du nur weil du ein Mann bist." murmelte sie. Das kalte Wasser schien zumindest etwas Wirkung zu zeigen. Ich drehte nun den Hahn ab. Ich nahm sie bei den Armen und zog sie hoch. Sie schwankte leicht, aber ihre Augen waren klar auf meine gerichtet. "Das sage ich, weil es wahr ist." widersprach ich und erwiderte ihren Blick. Ihr schien es scheißegal zu sein, dass sie von oben bis unten durchnässt war. Sie schlang die Arme um meinen Oberkörper und legte ihre Wange an meine. "Wieso kannst du nicht mein Freund sein? Ich glaube, du würdest mir nie sowas antun." seufzte sie. Ich wandte ihr mein Gesicht zu und atmete den Duft ihrer nassen Haare ein. In mir kribbelte es. Mach es nicht Marcel. Sie ist betrunken und weiß nicht, was sie tut!, wollte mich die Stimme in meinem Kopf aufhalten. Ich wusste, dass ich ein Player war und ich wusste auch, dass ich das nicht tun sollte. Ich schloss die Augen. Als ich den Kopf senkte, berührten meine leicht geöffneten Lippen ihr Ohr. Dann drückte ich meine Lippen zärtlich auf ihren Hals. "Marcel, was tust du?" flüsterte sie in mein Ohr. Ich löste mich von ihr und sah sie an. "Ich tue das, was sich dein Mario entgehen lässt. Er muss ein ziemlicher Idiot sein." sagte ich ebenso leise und ließ meinen Blick zwischen ihren blauen Augen und ihren Lippen hin- und herspringen. Ich fuhr mit meinen Händen in die Gesäßtasche ihrer Hose und zog sie heran. Dann presste ich meine Lippen auf ihre. Sie ging sofort darauf ein, was nicht sehr überraschend war. Das Waschbecken drückte mir schmerzlich in den Rücken. Ich hob sie einfach hoch und setzte sie auf die Waschmaschine in meinem Bad. Dort drängte ich mit meinen Küssen so, dass sie sich hintenüberlehnte. Ich zog mir meinem Pulli aus und ihre Hände betasteten sofort meinen Oberkörper. "Du machst mich ganz schön heiß Kleines." knurrte ich. Und es war nicht gelogen. Ihre Finger ließen jede Faser meines Körpers erzittern, was auch andere... Auswirkungen hatte. Ich fuhr mit meiner Hand über ihre Seite nach oben, bis ich die Wölbung ihrer Brust ertastete. Beinahe erschrocken stieß sie ein lautes Stöhnen aus. Ich musste grinsen. Mario war wohl nicht so der wilde Typ. Ich löste mich von ihr und legte meine Finger grob um ihr schmales Kinn. "Dann lernst du das jetzt eben von mir." beendete ich laut meine eigenen Gedanken. Sie atmete zitternd ein. Egal wie betrunken sie war, verrückt machen konnte ich sie trotzdem. Ich küsste sie erneut - diesmal mit Zunge - und ließ ihr keine Chance, sich zu wehren. Ich zog ihr blitzschnell ihr Oberteil aus. Es triefte vor Wasser und klatschte auf die Fliesen. Dann biss ich ihr in die Unterlippe. Sie zuckte erschrocken und streckte ihren Rücken durch, was ich zu meinen Gunsten nutzte, um mich näher an sie zu pressen. Ich zog sie von der Waschmaschine herunter und wir stolperten küssend rückwärts. Ich stolperte über meinen eigenen Pulli und fiel durch die offene Tür in den Flur. Sie landete auf mir. Wir lachten beide kurz und ich sollte Recht behalten. Ihr Lachen war wunderschön. Ich rollte uns noch auf dem Boden herum, sodass sie unter mir lag. Ich fummelte an ihrem Hosenknopf und bekam ihn schließlich auf. Ich stützte meine Hände neben ihr ab und rieb mein mein Becken an ihrem. Ohja, da kam der HipHop-Tänzer in mir durch. (Ok, das war seltsam :'D) Sie legte ihre Hände an meinen Hals und zog mich herunter. Dann küsste sie meinen Hals. Immer verlangender machte sie sich über mich her. Meine Muskeln erzitterten und mich überrollte eine Welle der Lust, weshalb ich nun ebenfalls stöhnte. Schwer atmend stützte ich mich auf die eine Seite und schob meine Hand zwischen uns. Meine Finger betasteten den Saum ihrer Hose und dann den ihres Slips. Sie drückte ihren Körper fest gegen meinen und warf stöhnend den Kopf in den Nacken. Langsam schob ich meine Hand weiter. Es war wie ein Schlag ins Gesicht, als mir plötzlich bewusst wurde, was ich da tat. Augenblicklich rollte ich von ihr herunter. "Scheiße. Scheiße, was mache ich?" murmelte ich vor mich hin. Ich sprang ruckartig auf. "Steh auf! Na los, steh auf!" verlangte ich laut von Nell. Als sie sich nicht rührte, zerrte ich sie grob auf die Beine. Sie sah das als Aufforderung, sah mich mit anzüglichem Blick an und legte ihre Hände auf meine Brust. "Was ist los Marcel?" wollte sie halb lachend wissen. Ich stolperte einen Schritt rückwärts und prallte an die Wand. "Nell, du bist betrunken. Du wirst es bereuen." sagte ich hektisch. Sie kam nur wieder auf mich zu. "Ich werde nichts bereuen." lachte sie und fuhr mit ihrer Hand über meinen Schritt. Ich packte ihre Handgelenke und stieß sie weg. "Hör auf, verdammt! Geh! Geh schlafen, sofort!" befahl ich. Sie sah mich verwirrt an und legte den Kopf schräg. Wie vorhin nahm ich sie im Brautstyle auf die Arme und trug sie in mein Schlafzimmer. Glücklicherweise schlief sie fast sofort ein, als ich sie zugedeckt hatte. Ich verließ das Zimmer. Ich strich mit der linken Hand über die rechte Seite meines Halses. Meine Haut brannte. Dann schlug ich gegen die Wand. "FUCK!" brüllte ich. Mein Problem war nicht Mario. Mein Problem war Marco und natürlich Nell. Wenn Marco erfuhr, dass ich sie verführt hatte... Was wäre nur passiert, wenn ich meine Kontrolle nicht zurückerlangt hätte? Wenn ich tatsächlich mit ihr geschlafen hätte und sie mich am nächsten Morgen als One-Night-Stand abstempeln würde? Natürlich fand ich sie heiß. Und natürlich wäre ich dazu bereit gewesen. Aber das allerschlimmste war: Ich wollte es wirklich. Ich wollte sie. Ich unterdrückte den Drang, einfach zu ihr zu gehen, sie nochmal aufzuwecken und mit ihr zu schlafen. An wie viel würde sie sich wohl erinnern können. Ich setzte mich auf meine Couch, die Ellbogen auf die Knie und das Gesicht in die Hände gestützt. So verweilte ich Stunde um Stunde und rang zwischen schlechtem Gewissen und Erregung, wenn ich an das Geschehene dachte. Ich konnte Marco das nicht erzählen. Er würde mich umbringen. Ich saß dort die ganze Nacht, wechselte kein einziges Mal meine Position und bekam einen fetten Kloß im Hals, als sich die Tür meines Schlafzimmers öffnete, diese wunderschöne Frau nur in Unterwäsche heraustrat , die Arme verschränkte und mich aus tränenerfüllten Augen ansah. Ich bewegte mich keinen Zentimeter, sondern richtete nur die Augen auf sie. Erneut stellte ich fest, wie ich ihren Körper unter die Lupe nahm. "Hast du es getan?" fragte sie. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und brach zum Ende, weil sie in Tränen ausbrach. Ich schloss die Augen und faltete die Hände. Ich hörte ihre Schritte und roch, dass sie direkt vor mir stand. Warum ich das riechen konnte? Weil es mein Geruch war. Sie roch nach meinem Parfum. "Marcel, hast du... hast du...? stotterte sie nochmal. Ich schüttelte mit geschlossenen Augen langsam den Kopf. Sie atmete erleichtert aus.

Nell's Sicht:

Dumpf, ganz dumpf konnte ich mich an das erinnern, was passiert war. Ich wusste, dass ich mit Marcel rumgemacht hatte. Als ich eben aufgewacht war und diese Erkenntnis sich langsam durch meine vom Kopfschmerz vernebelten Gedanken schlich, würde mir speiübel. Ich hatte Liebeskummer, ziemlich heftigen sogar. Und trotzdem war es mir natürlich nicht egal, wenn ich mit einem anderen intim wurde, zumal der mir ja auch noch wildfremd war. Ich liebte Mario. Aber dann sah ich meinen 'Beinahe-Seitensprung' da so auf dem Sofa sitzen. So voller Scham und Reue. Ich hatte das Bedürfnis, irgendetwas zu sagen, was ihn aufmuntern könnte, aber mir fiel nichts ein. "Marcel?" sofort schlug er die Augen auf und richtete sie auf mein Gesicht, ohne sich auch nur einen Zentimeter zu rühren. "Danke." platzte es aus mir heraus. Nun bewegte er sich doch. Er löste die Hände von seinem Kinn und sah mich ungläubig an. "Danke?! Wofür? Ich hätte dich beinahe gevögelt und du-..." begann er völlig hysterisch. "Aber du hast es nicht zu Ende gebracht." widersprach ich. "Macht das einen Unterschied?! Marco wird mir nie wieder vertrauen." murmelte er enttäuscht. Enttäuscht über sich selbst. Er erhob sich, um aus der Situation zu flüchten. Ich hielt ihn an der Schulter fest. "Marco interessiert sich einen Scheiß für mich. Du bist nicht Schuld, wenn ich dir praktisch in die Arme laufe. Du hast mir Selbstwertgefühl gegeben." sprach ich ihm Mut zu. Er sah mich nur verwirrt an. Dann schüttelte er den Kopf. "Ich wusste nicht, dass es so gute Menschen auf dieser Welt gibt." murmelte er vor sich hin. "Darf ich dich umarmen?" fragte ich ohne groß nachzudenken. Überrascht zog die Schultern hoch, da fiel ich ihm schon um den Hals. Ich brauchte diese Umarmung dringend. Ich klammerte mich einfach nur an ihn. Ich schmiegte mich an seinen muskulösen Körper, während er einfach nur starr dastand. Sein Atem streifte meinen Nacken. "Ich will kein Ersatz sein für den, den du liebst." flüsterte er auf einmal. Ich hielt ihn auf Abstand, damit ich seine Gesichtszüge deuten konnte. "Du hast echt überhaupt keine Ahnung von Gefühlen, oder?" fragte ich ihn. Er blinzelte überrascht. "Ich umarme dich nicht, weil ich Mario vermisse, sondern weil du der einzige bist, der für mich da ist, wenn ich Hilfe brauche und du deswegen Dankbarkeit verdient hast. Und weil ich dir auf eine seltsame Weise irgendwie vertraue." erklärte ich. Er schob mich sanft von sich und senkte den Blick. Fast schien er sich zu schämen. Ich ging davon aus, er würde sich gegenüber Marco als Verräter fühlen.

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt