Kapitel 163

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Nell's Sicht:
"Ich glaub, ich muss absagen, mir ist schlecht." jammerte ich. "Das sagst du jetzt zum Fünften mal. Es ist nur die Aufregung." erinnerte mich Marco. "Nur weil du mir das sagst, geht es mir auch nicht besser!" fuhr ich ihn verzweifelt an. "Nell, hör auf dich zu bewegen, ich versuche gerade deine Nägel zu lackieren." motzte Sarah, die konzentriert vor meinen Händen saß. "Hab ich irgendwo Pickel bekommen? Sind meine Augenbrauen ordentlich gezupft?" wollte ich nervös wissen. Marco studierte mein Gesicht. "Oh ja, hier direkt an der Augenbraue hast du 'ne richtig fette Eiterbombe." meinte er. "WAS?!" rief ich aus und lehnte mich vor, um in den Spiegel zu sehen. Sarah verdrehte schon heftig die Augen. Marco packte meine Schultern und drückte mich in die Lehne zurück. Er begann meine Schultern zu massieren. "Es war nur ein Spaß. Ich dachte immer Frauen kommen bei diesem Beauty-Kram runter." seufzte er. "Tun sie auch, aber die Visagistin verspätet sich schon um fünf Minuten." meinte Sarah. "Oh wow krass, fünf Minuten. Ich hätte noch Kontakte zu einem Maskenbildner, der kann ja aushelfen." schlug Marco vor. "Kannst du bitte einfach die Fresse halten und dir endlich was anziehen? Es nervt mich, wenn du hier die ganze Zeit in Unterwäsche durch die Wohnung rennst." zickte ich. "Pff, zuerst soll ich dich beruhigen, dann soll ich gehen." murrte er und schlurfte zu seinem Kleiderschrank. Ich beobachtete Sarah bei ihrer Arbeit, bis Marco sich wieder zu Wort meldete. "So deinen Wünschen entsprechend?" fragte er, worauf ich aufsah und ihn hinter mir im Spiegel sah. Er hatte ein T-Shirt an. Ein T-Shirt. "Marco, du sollst deinen Anzug anziehen! Deine Haare sehen auch scheiße aus! Mach dich fertig!" hetzte ich ihn. Er sah kurz in den Spiegel seiner Schranktür und fuhr sich durch die Haare. "Wo sind die scheiße?" fragte er gekränkt. Bevor ich antworten konnte, klingelte es. Wir waren bei Marco zu Hause. Einfach weil es sich anbot. Mein Kleid war hier, Marco mein Trauzeuge. "Entschuldigen sie die Verspätung." hörte ich eine weibliche Stimme sagen, sie hatte einen östlichen Akzent. Das wunderte mich jetzt schon fast nicht mehr, da ihr Name Olga war. Marco bat sie rein und zeigte ihr das Schlafzimmer, wo Sarah und ich saßen. "Herr Reus, soll ich Ihnen auch noch die Haare machen, oder wollen Sie das so lassen?" fragte sie Marco, der prompt die Stirn runzelte. "Ich geh nochmal duschen." murrte er und verpisste sich jetzt. Zu viele Frauen auf einem Haufen. Olga zuckte mit den Schultern. "Hallo!" begrüßte sie uns nun fröhlich. "Gut, dass Sie da sind. Benutzen Sie bitte nur wasserfestes Make-Up und kümmern Sie sich darum, dass die Haare sich nicht lösen." befahl Sarah. Olga's Spiegelbild nickte. Sofort machte Sie sich an meine Frisur. In die Längen zauberte sie schöne, große Locken, die Partien an den Schläfen und am Oberkopf nahm sie zusammen und steckte sie an meinem Hinterkopf kompliziert fest. Zum Schluss lockerte sie das Gesamtbild wieder ein Wenig auf, indem sie ein paar Strähnen löste, die mein Gesicht umrahmten. Ich wollte keine Hochsteckfrisur oder einen strengeren Dutt, ich wollte das, was Mario an mir am besten gefiel: Offenes Haar. Ein bisschen künstlerischer eben. Fixiert mit einer Menge Haarspray war meine Frisur damit bereits fertig und Olga kümmerte sich um mein Make-Up. Meine Lippen wurden etwas dezenter in einem matten Roséton, der eher meiner eigenen Lippenfarbe ähnelte, bei den Augen hielt sich Olga an ebenso dezentere Farben, das hieß: Auf dem Lid einen ähnlichen, schimmernden Rosé-Ton und nach außen hin ein mattes Grau. Im Zusammenspiel mit der Wimperntusche waren meine Augen perfekt betont. "Ist das so in Ordnung?" erkundigte sich Olga nach meiner Zufriedenheit. "Es ist wunderschön, vielen Dank." hauchte ich aufgelöst und betrachtete mein Gesicht im Spiegel. "Helfen Sie uns noch beim Brautkleid, Olga?" bat Sarah und meine Visagistin nickte. Sie schloss die Tür und ich zog vorsichtig meine Sachen aus, ohne Haare oder Make-Up zu ruinieren. Es klopfte. "Mädels, was macht ihr?" fragte Marco. "Ich ziehe mein Brautkleid an, warte bitte kurz." rief ich zurück. "Ich brauche das Strumpfband." nuschelte ich und sah mich hektisch im Raum um. Sarah fand es schließlich und ich band es mir um. "Raaawr, ich an Mario's Stelle könnte jetzt nicht mehr bis zur Hochzeitsnacht warten." grinste Sarah. "Oh gott, die Hochzeitsnacht. Was ist, wenn ich heute Abend gar keine Lust habe? Sarah, ich muss mir Mut antrinke-...Aber nein, mein Lippenstif-...Aber sonst bin ich vielleicht zu verklemmt!" "Nell komm runter, ihr werdet übereinander herfallen, glaub mir. Ihr habt zwar euer Haus noch nicht, aber die Jungs haben das Quartier für euch extra geräumt und ein Zimmer eingerichtet." erzählte sie mir abermals zur Beruhigung. Ich atmete tief durch. "Okay, her mit dem Kleid." sagte ich schnell. Sarah und Olga halfen mir schließlich in mein Brautkleid. Ich zog das Dekoltée und die Corsage hunderte Male zurecht, bis ich Sarah das okay gab, die Schnürung zu binden. Sie zog an der ersten Schnur. "Du hast aber nicht zugenommen, oder?" fragte Sarah leicht unruhig. "WAS?! Bitte sag nicht, dass es nicht zugeht! Bitte, du verarschst mich!" jaulte ich verzweifelt. "Naja..." Sarah versuchte es immer weiter. "Das kann nicht sein, ich hab heute noch nicht einmal was gegessen!" jammerte ich. Sarah ließ die Schnürung los, die sich sofort selbst aufzog, als ich einatmete und trat vor mich. "Jetzt nicht weinen, wir machen das. Denk an dein Make-Up. Keine einzige Träne, okay?" befahl sie streng. Ich nickte und presste die Lippen aufeinander. "MARCO! Komm rein, SOFORT!" schrie Sarah nun und die Tür sprang auf. "Was gibt's?" fragte er noch ruhig. "Das Kleid..." "Ich bin zu fett!" rief ich aus und unterbrach damit Sarah. Marco kam auf mich zu und griff nach den Schnüren. "Luft anhalten." forderte er, aber das tat ich sowieso die ganze Zeit. Mit schnellen Handgriffen hatte er die Schnürung bis oben hin zu. Und ich konnte immernoch gut atmen. "Wie hast du denn das jetzt gemacht?" fragte Sarah überrascht. "Fußballschuhe. Fast dasselbe Prinzip." erklärte er schulterzuckend. Sarah reichte mir nun meine silbernen Ohrringe und ich zog meine Schuhe an. "Okay, du hast jetzt etwas Blaues - das Strumpfband - und etwas Neues - die Ohrringe. Hast du was Geliehenes?" checkte Sarah. "Ja, hat sie." meldete sich Marco zu Wort, löste sein Armband, kniete sich vor mich und ich hob mein Kleid an, worauf er das Band um mein Fußgelenk legte. "Du siehst umwerfend aus." flüsterte mir Marco zu, als er sich erhob. Ich warf ihm mit meinen Augen ein stummes 'Danke' zu, während Sarah und Olga uns grinsend beobachteten. "Okay, das wäre also auch geklärt." meinte Sarah. "Moment. Ich hab nichts Altes. Wie konnte ich das vergessen?!" rief ich nun aus und wieder drängte sich die Panik auf. "Also ich hätte da was." Manu's Stimme war direkt hinter mir, worauf ich herumwirbelte. Ich hatte mich sowieso schon die ganze Zeit gefragt, warum er nicht bei mir war und mir Beistamd leistete. Und jetzt stand er vor mir, war wohl unbemerkt von mir hereingekommen und hielt zwischen seinen Fingern ein filigranes, silbernes Diadem. "Mum hat es bei ihrer Hochzeit getragen. Und auch wenn das mit Dad ein Fehler war, es hat doch eine große Bedeutung und ich bin sicher, sie wäre stolz, wenn du es trägst." erzählte er mir. Mir stand nur der Mund offen. Deshalb hatte mir Sarah also von einem Schleier abgeraten. Und deshalb hatte sie mir auch die Ohrringe angedreht. Weil sie perfekt mit dem Diadem harmonierten, wie ich jetzt feststellte. Da ich weiter kein Wort von mir gab, setzte Manu das Diadem vorsichtig in mein Haar, worauf Olga zur Stelle war und es richtig fixierte. Ich sah kurz in den Spiegel, quietschte etwas Unverständliches und fiel Manu so gut es ging in die Arme. "Ich liebe dich, Manu. Du bist der beste Bruder der Welt." flüsterte ich. "Ich hoffe der bleibe ich, wenn ich zulasse, dass du diesen Bimbo heiratest." lachte er leise, trotzdem war irgendwie Verzweiflung herauszuhören. "Mario ist der Richtige, mach dir nicht so viele Sorgen, Manu." mischte sich Marco ein und Sarah nickte bekräftigend. Manu sah mich nur liebevoll an. "Ich hätte ihn längst umbringen sollen, aber du liebst ihn, hm?" murmelte er lächelnd. "Über alles." bestätigte ich. "Schön, dann werde ich meine Einwände wohl zurückhalten müssen." meinte er gespielt bedrückt. Ich schlug ihm auf die Brust. "Untersteh dich." motzte ich lachend. "Leute, es wird langsam Zeit." warf Marco vorsichtig ein. Er hatte gerade noch auf seine Uhr gesehen und legte sich jetzt die Kravatte um den Hals. Auch Sarah checkte nochmal ihr Aussehen und zog ihre grauen Schuhe, passend zu ihrem pinken Kleid an. Manu trug einen ebenfalls grauen Anzug und harmonierte so mit seiner Frau. Und Marco? Der trug einen schwarzen Anzug, genau wie Mario, wie mir verraten wurde. Ich betrachtete meinen besten Freund und Trauzeugen einen Moment, wie er tollpatschig mit seiner Krawatte hantierte. "Könnt ihr Marco und mich kurz allein lassen?" bat ich dann und Marco sah überrascht auf. Sarah, Manu und Olga verließen das Schlafzimmer, Olga musste sowieso gehen. Die Tür fiel ins Schloss. "Hast du Angst, Kleines?" fragte Marco und machte sich wieder an seine Krawatte. Ich ging auf ihn zu und half ihm schließlich, da er offensichtlich selbst zu nervös war und seine Finger ihm nicht gehorchten. "Ich habe nur eine Bitte. Sollte ich zu lange zögern...trete mir bitte in den Hintern. Ich habe Angst zu vergessen, was ich sagen muss." sprach ich aus und lachte dann nervös. "Immer gern." lächelte er. Ich strich seine Krawatte glatt und lächelte ebenfalls zu ihm hoch. "Bereit?" fragte er. "Null." gab ich zurück. "Sehr schön, dann können wir ja gehen." lachte er und bot mir seinen Arm an, damit ich nicht stolperte. Im Flur angekommen sah ich auch schon den Brautstrauß in Sarah's Händen. Weiß-pinke Lilien und grüne Akzente. Wunderschön. Ich biss mir auf die Lippe. Noch durfte ich ihn nicht tragen. Marco geleitete mich direkt nach draußen und Richtung Aufzug, während Sarah und Manu die Treppe nahmen, da sie sowieso vorfahren wollten und die Presse ablenken, falls diese von dem ganzen Ablauf schon wieder Wind bekommen hatte. "Was habt ihr eigentlich für ein Auto organisiert?" wollte ich wissen, als es im Fahrstuhl still wurde. Marco hob siegessiecher die Augenbrauen. "Oh, es wird dir gefallen." verriet er mir nur. Die Fahrstuhltüren öffneten sich und wir traten nach draußen. Marco öffnete die Haustür. Ich hörte Knipsen. Es war also tatsächlich Presse da. Er schloss die Tür wieder. "Okay, darauf sind wir vorbereitet. Es sind nicht viele. Wir haben vier Leute vom Security organisiert, die Schirmen uns ab. Ich gehe hinter dir und helfe dir mit dem Kleid, alles verstanden?" ratterte Marco herunter. Ich nickte nur. Marco wartete kurz, schob mich vor sich und öffnete dann erneut die Tür. Er hielt sie auf, bis ich durch war und die vier besagten Männer boten mir auch schon Schutz. Trotzdem knipsten die Fotografen über die Männer hinweg. Ich ließ den Kopf erhoben, darüber konnte ich stehen. Das Wetter war großartig. Die Sonne schien, keine Wolke war am Himmel. Die vorderen beiden Männer schoben die Journalisten zur Seite, bis ich am Straßenrand die weiße Stretch-Limousine sah und einen Chouffeur, der mir sogleich die Tür öffnete. Bis ich beim Auto war, hielt ich Marco's Hand, dann stieg ich ein. Marco platzierte die letzten Reste des Kleides sachte im Fußraum. "Alles klar?" fragte er ein letztes Mal. Ich nickte und atmete tief durch. Marco gab dem Chouffeur ein Zeichen und er schlug die Tür zu. Kurze Zeit später stieg auch Marco ein und die Limo fuhr los. "Ein paar Fotos von meinem Arsch haben sie bekommen, als ich mich gebückt habe." seufzte Marco. "Ist schon okay, irgendwelche Fotos wären sowieso an die Presse gelangt." winkte ich ab. Das war mir in dieser Situation tatsächlich egal. Ich war nervös. Viel zu nervös. Ich starb innerlich einen qualvollen Tod. Marco griff nach meiner Hand und drückte sie. Ich reichte ihm auch noch meine zweite Hand, beide waren eiskalt. Während der ganzen Fahrt ließ ich sie nicht mehr los und bekam bei jeder Ampel, an der wir hielten, ein noch flaueres Gefühl in der Magengegend. Wir würden in einer großen, aber abgeschiedenen Kirche heiraten, die rundherum mit einer schönen Teichlandschaft gestaltet war. Sie war auf einem kleinen Berg und man konnte sie von Weitem kaum ausmachen, weil sich darum Bäume auftaten. Schließlich hielten wir und die Tür wurde geöffnet. Marco sah mich an. "Jetzt wird's ernst. Ich muss auf meinen Posten, Kleines. Manu kommt gleich und holt dich ab." bereitete er mich vor. Ich nickte. Marco stieg aus. Ich wartete. Einige Minuten geschah nichts. Plötzlich hörte ich Geräusche und die Tür ging auf. Manu empfing mich lächelnd und reichte mir seine Hand. Mit zitternden Beinen stieg ich aus, Manu nahm den Brautstrauß, den er auf das Dach der Limo gelegt hatte und reichte ihn mir. "Gibt es irgendwas, was man gegen die Aufregung tun kann?" fragte ich Manu hektisch, als wir nur noch wenige Meter vom Kircheneingang entfernt waren. "Denk an das letzte, womit Mario dich glücklich gemacht hat. Dann sieht er wenigstens dein Lächeln und nicht dieses ängstliche Glänzen in deinen Augen." riet er mir. Ich nickte. Das war nicht schwer. Der Junggesellenabschied inklusive Polterabend. Wir hatten uns so gut verstanden wie lange nicht und waren so unbeschwert. Unwillkürlich begann ich zu lächeln. Manu öffnete die Tür, hielt mir seinen Arm hin und ich hakte mich unter. Die Kirche war voll, ich sah lauter bekannte Gesichter. Trotzdem fiel mir Marco als erstes auf, einen CD-Player neben sich. Manu gab ein Zeichen und Marco betätigte einen Knopf. Aus allen Lautsprechern der Kirche tönte auf einmal der Refrain von 'Highway to hell'. Aber nur ein paar Sekunden, dann schaltete Marco es wieder aus. Er räusperte sich. "Hoppla, Verzeihung. Falscher Song." meinte er unschuldig. Die ganze Kirche lachte. Marco betätigte weitere Knöpfe, dann schallten die nächsten Klänge durch dir Kirche. Aber wieder nichts, was mit Hochzeit zu tun hatte. Sondern 'You'll never walk alone', die Hymne des BVB. Als wieder alle lachten, ließ Marco auch dies wieder verstummen. "Ich kann das einfach nicht zurückhalten." entschuldigte er sich erneut grinsend. Ich schüttelte nur den Kopf und diesmal kam endlich der richtige Song durch die Lautsprecher.

Mario's Sicht:
Ich sah sie nicht einmal, als Marco den Einlauf aufmischte. Alle Leute hatten sich erhoben und Fabi hielt mich davon ab, loszulaufen. Doch endlich. Ich sah Manu und dann Nell, die erst den Kopf hob, als ich auch sie sehen konnte. Ich wusste nicht wo ich hinsehen sollte. Ihre Augen waren schön wie immer, strahlten und leuchteten mir entgegen. Ihr Kleid... ihr Kleid war wie ein Meisterwerk. Für sie geschaffen. Für ihre schmale Taille und ihre zierlichen Schultern, aber auch für ihre weiblichen Kurven. Komplett weiß, oben eng, unten ausgestellt und aufwändig verziert. Ihr Haar schwang seicht mit jedem Schritt, den sie mir näher kam und in ihrem Haar funkelte ein Diadem. Ich sah ungläubig zu Fabi. Diese Frau sollte meine Frau werden? Dieses perfekte Wesen? Ich konnte es nicht fassen, während das Adrenalin durch meine Adern pulsierte. Sie war nun fast da, kurz vor dem Treppenabsatz, auf dem ich mich befand. Manu löste seinen Arm von ihr, dann nahm er seine Schwester fest in den Arm. Als sie sich lösten, nahm er ihr den hübschen Strauß ab. Ich konnte mich nicht mehr halten. Ich ging achtlos zwei Stufen hinunter und nahm sie in Empfang. Sofort legte sie die Hände auf meine Brust und ich küsste sie. Ein amüsiertes Raunen ging durch die Bänke. Ich wusste, dass das nicht erlaubt war, aber es war mir egal. Als ich mich von ihr löste, strahlte sie noch mehr, biss sich auf die Unterlippe und senkte leicht den Blick. "Du bist so wunderschön." flüsterte ich. "Du bist auch nicht ohne." lächelte sie und ließ ihren Blick von meinen Haaren bis zu ihren Händen schweifen. Manu neben uns räusperte sich, nahm Nell's Hand und übergab mir seine Schwester nun offieziell, indem er ihre Hand in meiner platzierte. Wir drehten uns um und gingen die Treppenstufen wieder hoch. Sowohl der Pfarrer, als auch Marco - der mittlerweile bei uns stand - und Fabi beäugten mich tadelnd, aber mit einem verständnisvollen Lächeln. "Sorry." entschuldigte ich leise meine ungehaltene Reaktion. Der Pfarrer nickte uns freundlich zu. "Sehr geehrte Freunde, Familien und Angehörige, sehr geehrte Trauzeugen, liebes Brautpaar. Wir sind heute hier, um vor Gott die Eheschließung zweier Leute zu bezeugen, die eigentlich noch gar nicht lange ihr Leben teilen. Kennen gelernt im Teenageralter ging es das erste Mal auseinander, viele weitere Male sollten folgen. Den einen ging es mit der Zeit auf die Nerven," Alle sahen Manu an, der nur unschuldig in sich hinein grinste. "Andere haben nie aufgegeben, was sie zwischen euch sahen." Diesmal sahen wir alle Marco an. Ihm entging dies nicht, aber er schien sichtlich überrascht, dass er auch für andere der Inbegriff unserer Hoffnung war. Sein Blick schweifte über all die Leute und blieb am Schluss bei uns hängen. "Ob zurecht getrennt oder nicht, durch Einfluss von außen oder die eigenen Fehler. Immer wieder habt ihr zusammengefunden, das Vertrauen hat gesiegt, die Liebe hat gesiegt. Und jetzt endlich steht ihr hier, glücklicher denn je und hofft darauf, diese Liebe von Gott besiegeln zu lassen und von allen euren Herzensmenschen, die heute hier sind. Die Liebe wird oft als das Hochgefühl gesehen, ausgelöst von Hormonen. Dabei ist die Liebe so viel mehr. Allein die wahre Liebe versteht es, sich damit zu belohnen, den Geliebten glücklich zu sehen, nie nach dem eigenen Glück zu streben, sondern sich stets daran zu erfreuen, dem Partner zum Glück zu verhelfen. Eine Ehe einzugehen, ist der Beschluss, die wahre Liebe zu verwirklichen. Ihr liebenden habt entschieden, dies mit vollem Herzen zu tun. Sollte irgendjemand in diesem Raum etwas dagegen haben, so möge er nun sprechen, oder für immer schweigen." beendete der Pfarrer vorerst seine Rede. Alles war still, meine Mutter schniefte, Sarah schluchzte gerührt. Alle waren erfasst. Ich sah eine Bewegung aus dem Augenwinkel. Marco hob die Hand langsam und mir rutschte bereits das Herz in die Hose, dann ließ er grinsend wieder sinken und nickte uns besänftigend zu. Gleichzeitig atmeten Nell und ich aus. "Es gibt genau zwei große Stationen im Leben. Die Geburt und den Tod. Ihr habt euch dazu entschieden, den langen Weg, bis zur letzten großen Station gemeinsam zu gehen. Damit frage ich nun dich, Mario Götze, willst du die hier anwesende Elena Neuer zu deiner Ehefrau nehmen? Sie lieben, achten und ehren, jeden Weg mit ihr bestreiten, in guten, wie in schlechten Zeiten? So antworte jetzt mit 'Ja'." forderte der Pfarrer nun. Ich wandte mich Nell zu. Das war mein Versprechen an sie, nicht an den Pfarrer oder sonst wen. Ihre Augen glänzten. "Ja, aber sowas von Ja." sagte ich laut und deutlich, worauf sie leicht lachte, aber auch eine Träne über ihre Wange rollte. "Und ich frage auch dich, Elena Neuer, willst du den hier anwesenden Mario Götze zum Ehemann nehmen? Ihn lieben, achten und ehren, jeden Weg mit ihm bestreiten, in guten wie in schlechten Zeiten? So antworte auch du mit 'Ja'." war nun Nell dran. Mein Herz pochte und ich wartete nur darauf, wie ihre Lippen dieses Wort formten. Aber sie lächelte nur. "Es tut mir leid, Mario." flüsterte sie. In der Kirche wurde es still und mein Lächeln verschwand. "Was?" hauchte ich. Mir wurde kalt. Eiskalt. Sie löste ich von mir.

Bitte bitte, ich weiß dass der Cut extrem fies ist, aber ich wollte Spannung reinbringen. Ich hab das Kapitel in einem Schreibfluss geschrieben und bin demnach ganz zufrieden. Aber eigentlich wollte ich es außergewöhnlich, emotional, ihr wisst schon. Es ist eben normal. Ich hoffe es sagt euch trotzdem irgendwie zu.

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt