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P.

Seit wir ins Auto gestiegen waren, um zurück zu fahren schwieg Marlie und starrte gedankenverloren aus dem Fenster. Hatte ich was falsch gemacht oder war ihr irgendwie auf die Füße getreten? Ich konnte es mir beim besten Willen nicht erklären, was los war. Kurz flammte der Gedanke und kleine Hoffnungsschimmer auf, das sie vielleicht genauso fühlen konnte wie ich, aber so schnell er entflammte, so schnell löschte er sich sich wieder. Ich hatte bereits in der Nacht gemerkt, dass sie sehr unruhig schlief und sie irgendwas zu beschäftigen schien, aber ich wollte jetzt auch nicht nachbohren, denn inzwischen wusste ich, das es nichts bringen würde.
Kurz vor Greven hielt es nicht mehr aus, parkte an einem Waldweg den Wagen und stellte den Motor ab.
„Marlie? Was ist los mit dir?" Endlich schaute sie mich an und in ihren Augen spiegelte sich so viel wieder. Es zerriss mir das Herz, sie so zu sehen. „Nichts Paddy, alles ist in Ordnung!" und schon drehte sie sich wieder weg. „Ich weiß, du magst es nicht, wenn man nachfragt, aber ich glaube dir das gerade nicht!" „Dann lass es doch einfach!" Ich merkte, das sie mal wieder nicht reden wollte, aber so einfach hab ich nicht auf. „Damn! Du vertraust mir doch, oder?" „Ja, warum?" „Warum vertraust du mir dann nicht deine Sorgen an?" „ Genau aus dem Grund, weil es meine Sorgen sind, und nicht deine Patrick..." „Patrick? So hatte sie mich ja noch nie genannt, eigentlich nannte mich keiner so. Ich versuchte ruhig zu bleiben, obwohl ich sie mir am liebsten geschnappt hätte um sie wachzurütteln, das sie auch verstand, das da mehr zwischen uns war als Friends with Benefits! „Bitte rede doch mit mir!" „Ich kann nicht, bitte verstehe das doch." Ohne weiter darauf einzugehen, nahm ich sie in meine Arme, was sie Gott sei dank zu ließ. Irgendwann drehte sie ihren Kopf zu mir und ich nutzte meine Chance. Ich legte meine Hände auf ihre Wange, näherte mich ihr, schloss meine Augen und küsste sie voller Hingabe. All meine Gefühle die in mir für sie brodelten setzte ich in diesen Kuss. Erst zuckte sie kurz zurück, aber umgehend setzte ich den Kuss fort, den sie dann auch erwiderte. Am liebsten hätte ich ihr gesagt, was sie mir bedeutete, aber im Moment hielt ich es eher für angebracht, sie damit nicht noch weiter zu überfordern, und lieber Taten sprechen zu lassen, wie dieser Kuss.
„Wow!", stieß ich nur irgendwann hervor und Marlie stieg die Röte ins Gesicht. Offensichtlich war ihr das mehr als unangenehm, also küsste ich sie erneut sanft, um ihr zu zeigen, das alles in Ordnung war. „So und nun fahren wir heim!"
Überschwänglich und stürmisch wurden wir beide von den beiden Fellnasen begrüßt, die gerade durch den Garten tobten, während Marlies Onkel dabei war den Grill anzuwerfen. „Oh, ihr kommt genau richtig zum Essen!", begrüßte uns sofort ihre Tante. „Das ist lieb Tante Lotte, aber Paddy muss gleich los, er muss nach Berlin!" Wollte Marlie mich loswerden? Ich hatte eigentlich noch alle Zeit der Welt, denn vorsorglich hatte ich einen Flug von Münster nach Berlin für den nächsten Morgen erst gebucht. Vorsichtig verschränkte ich unsere Finger miteinander. „Lotte, danke! Gern bleibe ich zum Essen!" Überrascht sah mich Marlie an. „Aber nur wenn du nicht dagegen hast Angel." Sie schüttelte kurz den Kopf und verschwand. „Ich bin gleich wieder da..." War die Überraschung jetzt gegluckt oder nicht, fragte ich mich. Mist, die Überraschung. Noch immer hatte ich ihr Geschenk in meinem Rucksack, und in ihrer Wohnung war ja auch noch eins, was ich Peter gegeben hatte, als ich dachte, sie kommt nicht mit nach Norderney.
Ich rannte fast zum Auto, holte schnell die kleine Schachtel und spurtete die Treppe zu ihr hoch. Sie stand im Wohnzimmer und hatte mein Geschenk entdeckt und bereits ausgepackt. „Happy Birthday!" „Bist du verrückt? Das ist viel zu teuer!" Ja sie hatte recht, ich war verrückt, verrückt nach ihr, verrückt nach ihren blauen Augen, die mich in Saarbrücken schon total aus der Fassung gebracht hatten. „Gefällt es dir denn?" „Ja natürlich, aber woher wusstest du, dass..." „Ich kann dich halt gut riechen!", lächelte ich sie an.
„Ich hab hier auch noch eine Kleinigkeit fur dich. Eigentlich wollte ich sie dir an dem Abend am Strand geben, aber da waren wir ja irgendwie beschäftigt..." Nervös ging ich mir durch meine Haare. „Das ist zuviel, das Parfum, das Wochenende im Hotel, das Essen...", stotterte Marlie. „Pack doch erstmal aus!" Vorsichtig öffnete sie die kleine Schachtel und eine Filigrane Kette mit einem Engelsflügel kam zum Vorschein. „Die ist wunderschön!", sagte sie leise und ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Hey, nicht weinen, außer es sind Freudentränen!" „Warum Paddy?" „Weißt du das immer noch nicht?", wieder verschränkte ich unsere Finger miteinander  und diesmal war sie es, die auf mich zutrat und mir einen kurzen Kuss gab. Für meinen Geschmack viel zu kurz, also legte ich meine Hand in ihren Nacken, zog sie zu mir zurück und küsste sie erneut.
Ihr Onkel rief uns irgendwann zum Essen, und wir verloren kein weiteres Wort über die unausgesprochenen Gefühle.
Am Abend standen plötzlich noch unerwartet einige Freunde von Marlie vor der Tür, um ihren Geburtstag nach zu feiern. Erst wollte ich mich zurückziehen, aber Marlie bestand darauf, dass ich bleibe. „Du hast mich überrumpelt, das du bis morgen bleibst, also kannst du auch jetzt hier bleiben! Diese Suppe löffelst du selber aus.", sagte sie, bevor sie mich den anderen vorstellte. Erst hatte ich ein ungutes Gefühl, was sich aber relativ schnell legte. Ihre Freunde waren sehr nett, diskret und wussten teils mit meiner Person als Popstar nichts anzufangen. Allerdingshatte ich an dem Abend die größte Mühe, mich fern von Marlie zu halten. Zwischendurch suchte ich immer mal wieder ihre Nähe, streichelte ihre Hand, oder berührte sie vorsichtig, bis sie mir irgendwann was anderes zu verstehen gab, was mich verletzte. „Paddy, ich kann das nicht, wir hatten eine Absprache..."

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