Am nächsten Tag ging's dann wieder früh raus.
Samu kümmerte sich um Finn, während ich Leevi und Mia fertig machte und sie anschließend dann auch in die Kita brachte.
Wir gingen zu Fuß, da die Kids echt schon topfit waren. Eine gute viertel Stunde später waren wir dann da. Ich brachte Mia in ihre Krippengruppe und danach dann Leevi zu seiner Gruppe. Er rannte, wie immer, direkt zu seinen Freunden, was mich schmunzeln ließ. Dann kam jedoch eine seiner Erzieherinnen auf mich zu. „Guten Morgen, Finja. Sag mal, hast du kurz eine Minute?" fragte mich Helmi auf Finnisch. „Klar. Ist irgendwas vorgefallen?" „Naja...Die Frage stellen wir uns schon seit einigen Wochen. Ist bei euch alles in Ordnung zuhause? Leevi's Verhalten hat sich ziemlich stark verändert in letzter Zeit. Und er hat auch öfter mal ein paar Dinge erwähnt." „Ähm...Ja, also es ist gerade nicht so leicht bei uns." „Das merkt man. Leevi spiegelt es uns wieder. Wir würden eigentlich gerne mal ins Gespräch mit euch gehen." sagte sie zu mir, was mich doch ein wenig beunruhigte. Was sie mir erzählte war mir total neu. Aber der Fokus hatte in letzter Zeit auch wirklich mehr auf Samu gelegen... „Ja, natürlich, das können wir machen. Das ist mir gerade wirklich unangenehm..." „Das muss es nicht. Aber wir würden uns einfach mal gerne darüber austauschen und die Gründe für sein Verhalten erfahren. Und euch natürlich auch mitteilen was uns hier aufgefallen ist." „Ja..."
„Wann würde es euch denn passen?" „Um ehrlich zu sein, wollten wir jetzt in den nächsten Tagen eigentlich erstmal für ein paar Wochen weg...Wir brauchen die Zeit als Familie gerade." „Wollen wir es dann vielleicht direkt heute Nachmittag machen? 16.30 Uhr?" „Wenn das klappt, wäre das natürlich super, ja." „Gut, dann machen wir das so."Auf dem Rückweg ging mir das Gespräch mit Helmi nochmal durch den Kopf. Es besorgte mich, dass man es Leevi anscheinend so anmerkte, dass etwas zuhause nicht stimmte.
Es war absolut kein schönes Gefühl zu wissen, dass auch unsere Kinder unter der aktuellen Situation litten.
Als ich wieder zuhause war, ging ich erstmal ins Wohnzimmer, wo ich Samu summend auf dem Sofa liegen sah. Finn lag auf seinem Bauch und schien wieder eingeschlafen zu sein. „Bin wieder da." sagte ich leise und ging zu ihnen. „Schön." lächelte Samu. „Wir müssen gleich nochmal sprechen, Schatz." „Ernst?" „Ja, schon. Aber das ist jetzt doof, wenn Finn so schön schläft." Er nickte nur, bevor ich mich zu den beiden legte. Eigentlich musste ich noch das Haus putzen, aber das konnte jetzt auch mal kurz warten.
Da wir Finn nicht wecken wollten, schwiegen wir einfach, aber die bloße Nähe zueinander tat wirklich gut. Gut 20 Minuten liegen wir dort, bis Finn langsam seine Augen öffnete und verschlafend zu Samu hochschaute. „Na du. Wieder wach?" grinste Samu und streichelte ihm über seinen Kopf. „Du süße Maus..." Er betüdelte Finn noch ein bisschen, bevor er ernster wurde und sich mir zuwendete. „Wollen wir sprechen?"
„Ja. Wir haben heute Nachmittag ein Gespräch mit Helmi und Lena...Wegen Leevi." „Was ist mit Leevi?" fragte er mich besorgt. „Sie meinen sie haben Veränderungen in seinem Verhalten wahrgenommen in den letzen Wochen und er erzählt wohl auch öfter mal was...Sie wollten mit uns über unsere derzeitige Situation sprechen und uns erzählen, was ihnen aufgefallen ist."
erzählte ich ihm. „Das ist alles wegen mir...die Kinder bekommen so viel mehr mit als wir denken..." „Ja, das tun sie. Aber das können wir jetzt nicht ändern, Schatz." „Ich weiß. Aber jetzt werde ich etwas ändern." „Ja. Und du wirst sehen, bald wird es dir besser gehen und dann spielt sich auch alles wieder ein."Am Nachmittag brachten wir die Kids dann zu Riku und Laura zum Spielen. So konnten sie einem schönen Nachmittag verbringen und mussten nicht unbedingt erfahren, dass wir diesen Termin hatten. Ich spürte die Nervosität, die Samu ausstrahlte, als wir bei der Kita angekommen waren. „Alles gut, Schatz. Wir kennen die zwei auch, da werden ganz sicher keine Vorwürfe oder Ähnliches kommen. Wir erzählen einfach nur was momentan bei uns passiert und vielleicht finden wir ja sogar zusammen eine Lösung wie die Kinder etwas weniger davon mitbekommen können oder wie wir es ihnen vielleicht sogar erklären können." sagte ich zu ihm und nahm seine Hand. „Trotzdem schäme ich mich." „Musst du aber nicht. Hör auf dich für deine psychische Gesundheit zu schämen. Niemand verurteilt dich dafür. Und wenn doch, dann sind das ziemliche Idioten." sagte ich, was ihn tatsächlich schmunzeln ließ. „You're the best."
Als wir dann drinnen waren, wurden wir auch erstmal ganz lieb begrüßt und setzen uns dann.
Es wurde ein recht langes Gespräch. Zuerst erzählten uns die Erzieherinnen was sie in letzter Zeit beobachtet hatten. Leevi war wohl manchmal entweder sehr in sich gekehrt oder sehr auffällig vom Verhalten. Und so wie sie das erklärten machte das auch total Sinn. Zuhause kam er tatsächlich öfter mal zu kurz, da momentan viel Aufmerksamkeit nun mal auf Samu lag. Und diese Aufmerksamkeit wollte er sich dann in der Kita holen. Eigentlich war er so ein liebes Kind, klar recht extrovertiert und aufgedreht häufig, aber er war eigentlich nie frech. Und das er hier jetzt anscheinend so ein Verhalten zeigte, schockierte mich wirklich.
Danach erzählten wir dann von unser momentanen Situation. Samu fiel das sehr schwer, weshalb ich den größten Redeanteil hatte, aber das war vollkommen okay. Auch die Erzieherinnen merkten wie unangenehm es Samu war und beruhigten ihn da ein wenig.
„Die Frage ist jetzt natürlich wie wir das jetzt hinbekommen und wie wir euch vielleicht unterstützen können." „Ich mache gerade eine Therapie, also wird sich das hoffentlich bald von alleine geben oder?" „Das hoffen wir natürlich auch. Die Frage ist jetzt natürlich aber auch, ob ihr gerade mit Leevi darüber sprechen wollt."
„Meint ihr denn das ist gut? Wie bringt man einem 4-Jährigen sowas bei?" fragte ich Helmi.
„Also das ist natürlich ganz euch überlassen, aber es ist auf jeden Fall eine Möglichkeit. Leevi ist ein schlaues, ganz sensibles Kind. Man kann ihm durchaus erklären, dass es dem Papa nicht gut geht." Sie nahmen sich noch sehr viel Zeit um uns zu erklären, wie wir am besten mit den Kindern über dieses Thema sprechen konnten, wenn wir uns wirklich dazu entscheiden würden dies zu tun. Und das gab uns auch wirklich eine gewisse Sicherheit. Wir gingen also mit einem recht positiven Gefühl wieder aus der Kita.
„Wie fühlst du dich?" fragte ich Samu draußen.
„Ganz okay eigentlich. Das Gespräch war wirklich hilfreich, denke ich. Auch wenn's mir sehr unangenehm war..." „Finde ich aber auch. Wir können uns ja auch beide nochmal Gedanken drüber machen wie und ob wir gerade mit Leevi nochmal sprechen wollen." „Ja..."