69.Kapitel

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Bis zum Krankenhaus war es zum Glück nicht allzu weit. Wir wurden dort direkt empfangen und dann wurde Finja erstmal untersucht.
Der Muttermund war erst bei 4 Zentimetern und der Kopf noch zu weit oben. Das hieß also erstmal war da noch nichts zu machen. Wir wurden von einer Hebamme nochmal für eine halbe Stunde spazieren geschickt. Dabei kamen die Wehen immer noch alle 3 Minuten und an der Stärke der Schmerzen änderte sich wohl auch nichts. „Meinst du es ist heute wirklich schon so weit? Es hörte sich ja eher nicht so an..." „Ich weiß es nicht Engel. Natürlich wäre es mir lieber, wenn es keine Frühgeburt wäre, auch wenn's jetzt zumindest eine späte wäre. Aber wir nehmen's so wie's kommt, abwarten."
Sie nickte, aber ich sah die Tränen in ihren Augen. Als wir wieder reingingen, schilderte Finja nochmal ihren Zustand, wobei wir dann zu hören bekamen, dass wir erstmal wieder nachhause konnten. Entweder wir müssten nochmal wieder kommen , die Wehen würden aufhören oder das würde so die nächsten 2/3 Tage so gehen, bis es dann soweit war. Wir hofften erstmal auf Zweites.

Zuhause legte sich Finja dann nochmal ins Bett. Meine Mutter frühstückte gerade mit Mia und Leevi, wo ich mich auch nochmal zu setzte, da Finja versuchen wollte zu schlafen.
„Kommt Finn jetzt endlich zu uns Papa?" fragte mich Leevi direkt. „Das wissen wir nicht Großer, vielleicht. Aber jetzt versucht Mama sich erstmal auszuruhen. Vielleicht müssen wir später nochmal in die Klinik, wenn es nicht besser wird. Aber du bist ja auch erstmal in der Kita." „Und danach bin ich bei euch, wenn es heute soweit sein sollte." sagte meine Mutter und streichelte ihm über die Wange. „Hat Mama doll aua?" „Ja, schon. Aber das ist ganz normal, da kann man leider auch nicht viel tun." „Das ist ja doof..." „Ja, aber du brauchst dir keine Sorgen machen, ich bin die ganze Zeit bei Mama." „Ja..." „Mama Mama!" Kam es von Mia, die dabei in ihre Hände klatschte und fröhlich grinste. „Mia, Mama geht es nicht gut. Wir können ja Schokolade kaufen für Mama mit Oma." „Ja!" „Das ist doch eine schöne Idee." sagte meine Mutter, was mich lächeln ließ.

Kurze Zeit später hatte sie Leevi dann in die Kita gebracht, während ich zuhause blieb mit Mia und immer mal wieder nach Finja guckte. Sie schlief ab und zu kurz, aber wurde immer wieder von den Wehen geweckt. Ich war auch noch kurz mit Mia bei ihr im Bett, aber dann ließen wir sie auch wieder im Ruhe.
Gut 2 Stunden später hörte ich dann aber auf einmal wie sie laut meinen Namen ruft. Ich guckte meine Mutter mit großen Augen an und lief schnell zu Finja, die im Bad stand und erschrocken auf den Boden guckte. „Meine Fruchtblase ist geplatzt..." Wie konnte das denn jetzt sein? Vor gut 3 Stunden im Krankenhaus hieß es noch, es wäre unwahrscheinlich, dass es heute noch passiert. „Oh fuck. Okay, lass uns sofort los." sagte ich und schnappte mir ihre Tasche, während ich schon meiner Mutter zurief, dass es soweit war und wir jetzt losfahren würden. Im Auto bekam meine Frau dann anscheinend schon die ersten Presswehen, weshalb sie auch leicht in Panik geriet. „Fahr schneller oder ich bekomme unser Kind gleich im Auto!" schrie sie mich an.
„Ich beeile mich doch schon!" Warum zur Hölle ging das denn jetzt so schnell? Fuck!
Das war einfach zu viel Stress gewesen in den letzten Monaten...Jetzt wurde es wirklich eine späte Frühgeburt...Eigentlich hätte ich gedacht die dritte Geburt würde etwas entspannter werden, aber das hier war alles andere als entspannt. „Beruhige dich Engel, wir sind gleich da." „Das will ich hoffen...Scheiße, das tut so weh Samu...Ich versuche es schon die Wehen zu unterdrücken, aber ich kann nicht mehr..." „Du schaffst das, das weiß ich."
An der Klinik angekommen liefen wir dann so schnell wie möglich rein. Ich hatte während der Fahrt schon angerufen, weshalb wir auch direkt wieder empfangen wurden. Wir wurden sofort in den Kreissaal geführt. Finja versuchte sich hinzulegen, aber das ging überhaupt nicht und so stand sie wieder auf und hielt sich am Bett fest. Ihr Muttermund war jetzt fast komplett geöffnet. Und dann kam auch schon die nächste Wehe. Sie presste wie verrückt und schrie ihren Schmerz nun auch richtig heraus. Ich versuchte ihr gut zuzusprechen, aber das schien sie gar nicht mehr wirklich wahrzunehmen. Sie war voll und ganz auf sich und die Hebammen konzentriert.
Und dann ging es plötzlich ganz schnell. Es folgten noch ein paar Wehen und dann war es soweit. Meine Frau schrie wie am Spieß, drückte meine Hand so fest es ging und dann war unser kleiner Finn ebenso schreiend auf der Welt. Ich konnte es gar nicht fassen. Die letzten Male waren wir stundenlang im Krankenhaus gewesen. Mich durchströmte eine Welle von Glücksgefühle als ich unserem Jungen sah und sofort schossen mir die Tränen in die Augen. Bei Finja flossen ebenfalls die Tränen, während sie erschöpft ins Bett fiel. „Das haben Sie toll gemacht Frau Haber. Sie haben es geschafft." Kam es von der einen Hebamme, die mir gleichzeitig Finn überreichte. Ein unglaubliches Gefühl. „Herzlich Willkommen auf der Welt du süße Maus..." flüsterte ich strahlend. „Kommen Sie kurz mit zur Untersuchung Herr Haber?" „Ja, klar."
Im Untersuchungsraum angekommen, musste ich Finn leider schon wieder abgeben, aber es ging ja um seine Gesundheit. „Soo, Ihr kleiner Schatz misst 47 cm und wiegt sich schon 2840 Gramm, was für die 36. Woche sehr gut ist. Auf sein Gewicht müssen wir dann in den nächsten Wochen bis zum eigentlichen Geburtstermin achten. Eine kontinuierliche Gewichtszunahme ist total wichtig, aber da denken wir jetzt mal positiv. Aber ansonsten ist alles tip top. Irgendwelche Entwicklungsdefizite gibt es in der 36. Woche auch eigentlich nicht mehr." Ich war erleichtert das zu hören und fing automatisch wieder an zu strahlen. „Wollen Sie ihn wieder nehmen?" „Ja." kam es sofort aus meinen Mund, was uns zum Lachen brachte.
„Ist das Ihr erstes Kind?" „Nein, unser drittes, aber es ist immer wieder aufregend...Damit hatten wir auch noch gar nicht gerechnet." sagte ich und streichelte Finn ganz vorsichtig über seine Wange. „Ne, damit rechnet man ja auch noch nicht. Aber es ist ja alles gut gegangen, der kleine Mann ist kerngesund."
„Zum Glück...Das heißt er muss auch nicht nicht länger hier bleiben?" „So wie es jetzt aussieht nicht länger als normal, nein."
„Sehr schön." Stolz wie Bolle ging ich dann eine Weile später mit Finn zurück zu meiner Frau.
Sie guckte uns erschöpft an, musste aber breit grinsen. „Bis auf sein Gewicht ist er kerngesund. Du hast es geschafft Engel." sagte ich überglücklich und setzte mich zu ihr.
Ich legte ihn vorsichtig auf ihre Brust und musste schon wieder anfangen zu heulen.
„Du hast Mama und Papa ganz schön aus dem Konzept gebracht..." lachte sie und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Und wie...Aber das war es wert." „Ja...Aber damit gerechnet hatte ich eigentlich nicht mehr." „Ich kann's auch immer noch nicht ganz glauben." lachte ich und nahm Finn's klitzekleine Hand. „Ich liebe dich du kleines Wunder..." flüsterte Finja dann leise. „Und dich auch mein Schatz." „Ich liebe euch auch...über alles."

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