96.Kapitel

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Nachdem ich Samu diese Worte an den Kopf geschmissen hatte, öffnete er einfach die Tür und stand auf. „Ach, willst du jetzt wegrennen? So wie du immer vor deinen Problemen wegrennst?!" „Ganz genau!" „Super! Dann kannst du dich ja auch gleich nochmal besaufen! Dann kann ich dich das nächste Mal vielleicht im Krankenhaus abholen!"
„Das kannst du dir sparen, ich brauch dich nämlich gar nicht!" brüllte er wieder und knallte dann die Tür lautstark zu. „Fuck!" schrie ich und haute auf's Lenkrad ein. Das war ja super gelaufen. „Fuck, fuck, fuck!"
Das hatte er jetzt nicht ernsthaft gesagt. Er brauchte mich nicht? Sein Ernst? Das wirkte die letzte Zeit aber anders. Das war doch einfach unglaublich. Und trotz Wut machte ich mir schon wieder Sorgen. Er war doch noch gar nicht richtig ausgenüchtert und was, wenn er jetzt aus Frust trotzdem schon wieder zum Alkohol griff? Ich verstand ja, dass er sich allein gelassen gefühlt hat gestern, aber das hatte er in dem Moment auch einfach verdient.
Es musste ja auch mal Folgen hatte. Ich konnte ja nicht alles durchgehen lassen, wenn er immer und immer wieder denselben Fehler beging. Frustriert fuhr ich wieder nachhause, wo ich von einer immer noch total besorgten Eve begrüßt wurde. „Wo ist Samu?" fragte sie mich direkt. „Wir haben gestritten. Ich weiß nicht wo er ist..." „Wie du weißt nicht wo er ist?" „Ich hab am Straßenrand angehalten, weil wir uns so angeschrien haben und dann ist es eskaliert und er ist einfach ausgestiegen und abgehaut." erzählte ich ihr hilflos, während erneut die Tränen liefen. „Nicht wieder weinen Finja..." sagte sie und streichelte mir über den Arm. „Das ist doch alles scheiße..." murmelte ich und nahm ihr erstmal Finn ab. „Ich verstehe deine Wut und deine Enttäuschung, wirklich...Ich hätte genauso reagiert und gehandelt wie du. Aber ich glaube wir müssen anders handeln...Samu ist gerade nicht er selbst, er ist krank. Das muss man jetzt einfach mal so sagen. Man kann es nicht immer beschönigen." „Naja krank..." „Normal ist es auf jeden Fall nicht was du mir erzählt hast. Wäre das jetzt einmal vorgekommen, okay. Aber wenn das schon öfter passiert ist, dann stimmt da was nicht." „Ja...Ich hab so Angst, dass er jetzt wieder Alkohol trinkt...wegen unserem Streit." „Du musst ihn suchen Finja."
„Meinst du nicht es wäre besser, wenn du ihn suchst und mit ihm sprichst? Mich will er doch eh nicht sehen..." „Okay. Dann fahre ich los."
Ich sagte ihr wo wir ungefähr standen, dass sie zumindest einen kleinen Plan hatte und dann machte sie sich auch direkt auf den Weg. Ich hingegen rief Anna an. Glücklicherweise konnte sie auch direkt kommen und ich konnte mich bei ihr ausheulen. Ich konnte nicht anders als ihr alles zu erzählen. Ich musste einfach mit jemanden darüber reden und sie würde es ja auch für sich behalten. Es tat wirklich gut mit ihr zu reden. Leevi und Mia spielten zum Glück in seinem Zimmer, wo sie das Ganze hier nicht so mitbekamen.

Samu:
So eine Scheiße. Ich war so verdammt sauer. Und enttäuscht von Finja. Sie müsste für mich da sein, aber stattdessen hatte sich mich einfach im Stich gelassen. Natürlich hatte ich Scheiße gebaut, aber sie war meine Frau und ich baute auf ihre Unterstützung und darauf, dass sie immer hinter mir stand. Es war so eine schreckliche Nacht gewesen in dieser Zelle. Dort eingesperrt zu sein und zu wissen, dass man alleine keine Chance hat rauszukommen, war einfach nur beklemmend und grausam.
Durch den Alkohol war ich dann auch noch so aggressiv geworden. Ich hatte meine ganzen Handknöchel aufgeschlagen, noch mehr Beamte beleidigt und mich wieder mit Händen und Füßen gegen sie gewährt. Ich schämte mich für mich selbst im Nachhinein. Ein Arzt hatte auch noch kommen müssen, wegen meinen Händen...Jetzt einigermaßen nüchtern schmerzten die Wunden so richtig. Und dann noch dieser Kater...Mein Kopf war am Platzen, ich fühlte mich elend...Aber ich hatte aus dem Auto rausgemusst. Einfach weg. Vielleicht war es feige einfach wegzurennen, aber es war nötig gewesen in dem Moment. Und jetzt saß ich mit einer großen Flasche Wasser in einem Park.
Was um mich herum passierte bekam ich gar nicht so richtig mit. Ich fühlte mich wie in Trance. Menschen liefen an mir vorbei, aber die sah ich nur verschwommen. Ich war ganz weit weg. Erst als ich irgendwann eine Hand an meiner Schulter spürte, kam ich wieder im Hier und jetzt an. „Samu...Bin ich froh dich gefunden zu haben." hörte ich wie durch Watte von meiner Mutter. Sie setzte sich neben mich und streichelte mir über meine Wange. „Mama..." murmelte ich und brach dabei in Tränen aus. „Ist okay, lass es raus. Ich weiß alles mein Schatz." sagte sie, während sie mich in ihren Arm zog. „Ich bin ein Idiot." „Nein, das bist du nicht." „Ich trinke zu viel und ich weiß nicht warum...Ich habe keine Kontrolle darüber." schluchzte ich. „Wir bekommen das in den Griff Samu. Aber du musst auch mal einsichtig sein. Dass du Finja so angegangen bist war nicht fair. Du weißt selbst, dass sie immer für dich da ist und immer hinter dir steht. Aber sie hat Angst um dich und natürlich ist man auch sauer, wenn sowas immer wieder passiert. Ich hätte dich auch in der Zelle sitzen lassen, dass hat nichts mit im Stich lassen zu tun. Verbock es jetzt nicht auch noch mit ihr. Sie ist so eine tolle Frau. Und sie will dir nur helfen." „Ich weiß...aber ich war so enttäuscht. Ich hab sie gebraucht in dem Moment..."
„Und sie braucht einen Mann, der sich nicht betrinkt, sondern ihr zuhause mit den Kindern hilft. Versprich mir, dass du dir Hilfe suchst. Und wenn es nur eine Therapiestunde in der Woche ist. Es ist Weihnachten...Du solltest zuhause bei deiner Familie sein...Stattdessen sitzt du hier und Finja sitzt total verzweifelt zuhause. Komm mit nachhause und versöhnt euch..." „Ich hab Weihnachten ruiniert..."
„Dann solltest du schnell dafür sorgen, dass du es wieder gerade biegst oder?" „Ja..."

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