76.Kapitel

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Finja:
Den Sonntag wollten wir dann beim Mökki verbringen, auch wenn es schon November war. Es war einfach ein ganz anderes Gefühl dort. So vollkommen abgeschottet in der Natur ohne jegliche Ablenkungen, das war Entspannung pur. Und im Sommer hatten wir es tatsächlich nicht wirklich geschafft hinzufahren. Nur Samu alleine mit den Kindern oder Freunden, weil mir in der Schwangerschaft auf dem Boot immer schlecht geworden war.

Wir hatten schon unsere Sachen gepackt und fuhren zum Hafen. Ich war total gespannt was Finn von der Fahrt halten würde. Autofahren war gestern ja schon gut gelaufen, aber das war auch nur knapp eine halbe Stunde gewesen. Jetzt fuhren wir eine ganze Stunde. Aber das Wetter war in Ordnung, zwar kalt, aber nicht besonders windig und auch kein Regen. Ich hatte Finn dick eingepackt und zusätzlich noch eine Decke über uns gelegt. Mia saß ebenfalls mit Decke auf Samu's Schoß und Leevi neben Finn und mir. Bei der Fahrt war es natürlich dann doch recht windig und zuerst fand Finn das auch gar nicht mal so witzig. Er fing an zu weinen, aber ich konnte ihn ziemlich schnell beruhigen. Samu fuhr auch extra langsam. Die erste halbe Stunde blieb trotzdem schwierig, was Leevi überhaupt nicht verstehen konnte. Aber er redete total beruhigend auf seinen kleinen Bruder ein, was einfach nur zum Knuddeln war, einfach zuckersüß. Die zweite Hälfte der Fahrt ging dann aber deutlich besser. Der Kleine gewöhnte sich schnell an's Bootfahren, sehr zur Freude seines Vaters.
„Er kommt halt nach mir, er hat die See im Blut." sagte er euphorisch und strahlte nur so vor sich hin. „Ein echter Haber eben." grinste ich, ebenso wie mein Mann.

Als wir dann beim Mökki angekommen waren, gingen wir erstmal direkt rein. Samu machte den Kamin an und machte es uns davor total gemütlich mit Decken und Kissen, während ich Finn stillte. „Können wir nachher aber auch noch raus?" fragte Leevi dann. „Klar, wir können durch den Wald spazieren, ich kann euch noch ein paar ganz schöne Stellen zeigen." antwortete ihm Samu und schloss dabei den Kamin. „Jaa. Wir können ja auch bis morgen hier bleiben." Ich guckte zu Samu, der mich schulterzuckend anschaute. „Entspannter wäre es." „Ja, dann müssten wir nur bei der Kita anrufen." „Das ist ja kein Ding, das würde ich gleich schnell machen. Ein Tag ist ja jetzt echt nicht dramatisch oder?" „Ne. Und für Finn haben wir auch alles dabei. Dann muss er nur bei uns im Bett schlafen." antwortete ich Samu.
„Also bleiben wir über Nacht?" „Ja." 
„Jaaa!" freute sich Leevi. „Nicht ganz so laut Schatz, Finn ist eingeschlafen." „Schon wieder...Wir wollten doch spielen..." „Ja, aber wir haben dir ja auch gesagt, dass Babies noch ganz viel schlafen. Mia und Du, ihr könnt doch zusammen spielen." „Ja, aber wir wollten zu dritt. Aber Finn isst und schläft nur den ganzen Tag. Du bist richtig doof Finn." sagte er dann und trampelte wütend davon. „Sag mal, stehen bleiben Freundchen." kam es direkt im strengen Ton von Samu. „Nein!" Er stand auf und hielt Leevi am Arm fest, woraufhin dieser noch wütender wurde und los kreischte, was dann natürlich auch Finn wieder aufweckte und auch er losschrie. „Du sagst zu deinem Bruder nicht, dass er doof ist, hörst du? Wir haben dir erklärt, dass Finn noch nicht so viel kann, er ist gerade mal ein paar Tage alt. Ich verstehe, dass du ganz aufgeregt bist und mit ihm spielen möchtest, aber das geht noch nicht so wie du dir das vorstellst. Guck mal wie dein Bruder jetzt weint, weil du hier so ein Theater machst. Das ist echt blöd." „Du bist blöd!"
schrie er und rannte in's Kinderzimmer.
„Das fängt ja super an..." murrte Samu genervt und setzte sich wieder zu uns. „Er hat sich das halt alles ein bisschen anders vorgestellt..."
„Ja, aber man muss nicht so ein Theater machen." „Lass ihn jetzt einfach ein bisschen für sich sein. Er kommt schon wieder runter und dann kann man vernünftig reden." sagte ich zu Samu und streichelte ihm ruhig über den Arm. „Papa aut." „Ja, ich bin auch ein bisschen laut geworden Mäuschen." Dabei nahm er sie zu sich auf den Schoß, was sie grinsend zuließ. „Eevi?" „Leevi lassen wir jetzt erstmal ein bisschen in Ruhe." Sie guckte ihn aufmerksam mit großen Augen an und nickte dann.

Mittags aßen wir dann nur eine Kleinigkeit, da wir abends grillen wollten. Unser Größter aß zwar mit uns, war aber immer noch böse und redete nicht mit uns. Aber wir ließen ihn auch in Ruhe. Ich verstand, dass er enttäuscht war. Aber da konnte man jetzt auch nicht viel tun.
„Wollen wir denn gleich spazieren gehen?" fragte ich ihn dann aber doch irgendwann.
„Wir können ja auch dein Fahrrad aus dem Schuppen holen." „Hab keine Lust." „Ach komm, du hast dich so gefreut, dass wir hergefahren sind. Weil Papa böse mit dir war oder wegen Finn?" „Beides." „Wir können ja nochmal zusammen mit Papa reden. Du warst ja auch nicht so nett zu ihm. Und mit Finn, das musst du leider so akzeptieren Süßer, das dauert alles eine Weile. Ich verstehe, dass du Traurig bist, aber wir können auch nichts dafür und Finn auch nicht. Das ist ganz blöd, wenn du so doofe Wörter zu ihm sagst..." „Ja..."
„Und bei Papa entschuldigst du dich auch bitte." Er guckte mich mit zusammengepressten Lippen an, nickte dann aber. Ich nahm ihn an die Hand, bevor wir dann wieder in den Wohnbereich gingen, wo Samu mit den Kinder saß. Leevi setzte sich etwas unsicher daneben. „Tut mir leid, dass ich gesagt hab, dass du blöd bist Finn. Und tut mir leid, dass ich gesagt hab, dass du auch blöd bist Papa." sagte er ganz kleinlaut. „Ich glaube ich muss nicht mehr viel sagen, Mama hat bestimmt schon mit dir geredet oder?" „Ja..."
„Okay...Dann vergessen wir das?" Er nickte und schmiegte seinen Kopf dann an Samu.
„Hab dich lieb...und Finn auch..." „Ich hab dich auch lieb Leevi, ganz doll sogar."

Etwas später waren wir dann auch draußen.
Mein Mann trug Finn vor seiner Brust, Mia fuhr auf ihrem Laufrad und Leevi auf seinem Rad mit Stützrädern, während Samu und ich Händchen hielten. Es war so eine unfassbar Ruhe hier...Mitten in der Natur. Wirklich ein Traum. Ganz anders als bei uns in Helsinki, obwohl wir schon außerhalb des Zentrums wohnten. Diese Stille tat richtig gut. „Wir müssen auf jeden Fall öfter herkommen. Es ist soo schön...Ganz ehrlich, am liebsten würde ich Weihnachten hier verbringen, wenn genug Platz wäre. Wie toll wäre das?" „Fänd ich auch super. Wir waren viel zu selten hier dieses Jahr. Vielleicht nächste Weihnachten, nur wir 5?" „Ja, lass uns das im Kopf behalten." lächelte ich.

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