Cole

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In meinem Traum stand ich mit Kai an Bord eines Schiffes, das allein auf hoher See trieb. Ein Sturm zog auf und der Himmel wurde binnen Sekunden pechschwarz, Wellen schlugen gegen das Schiff und ließen es gefährlich schwanken. Kai und ich klammerten uns verzweifelt an dem fest, was wir zu fassen bekamen und versuchten nicht über Bord zu gehen. Salziges Wasser schwappte wieder und wieder in kalten Wellen über uns hinweg, dazu kam auch noch ein Gewitter, das hoch über uns wütete. Es war als hätten sich ein paar Götter gegen uns verschworen, nicht dass ich an so etwas glaubte, aber es kam mir fast so vor.

Eine erneute Welle schwappte eiskalt über uns hinweg, ich klammerte mich noch fester fest und hoffte, dass das alles nur ein Traum war. Das Boot legte sich immer weiter schräg und mit jeder neuen Welle wurde mehr von Brod gespült.

Auch Kai.

„Cole!!!", schrie er noch und streckte seine Hand suchend nach mir aus, dann verschlang ihn das Meer.

„Kai!!!! Nein, Kai!!", rief ich noch, aber der Sturm schluckte jeden Laut. „Kai!" Ich bekam ein Tau zu fassen und in meinem Kopf nahm ein selbstmörderischer Gedanke Gestalt an.

Meine nassen Hände krallten sich in das Tau, dann sprang ich von Bord in die tobende See. Das Wasser war pechschwarz und eiskalt. Immer wieder wurde ich von Naturgewalten unter Wasser gedrückt und ich schluckte salziges Wasser, doch der Gedanke, dass Kai hier war trieb mich an.

Wenn heute jemand sterben sollte, dann sollte es nicht Kai alleine sein.

„Kai! Wo bist du?"

Ich erhielt keine Antwort, nur der Sturm heulte mir ins Ohr.

Wieder wurde ich nach unten gedrückte und ich überschlug mich, verhedderte mich in dem Tau, das die einzige Verbindung und Sicherung zum Schiff darstellte.

Da sah ich ihn.

Unter Wasser.

Er trieb unbeweglich unter mir, seine Haare wiegten sich leicht im Takt des Wellengangs und ein roter Schleier trieb hinter ihm her wie eine Schleppe.

Mein Herz gefror.

Und ich wachte auf.

Es war mitten in der Nacht und ein Sturm tobte draußen vor meinem Fenster.

Schweißgebadet richtete ich mich auf, mein Herz hämmerte schmerzhaft gegen meine Rippe und ich hatte das Gefühl dass zu wenig Luft da war. Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen im Raum herum.

Schwankend erhob ich mich und riss das Fenster auf. Regen klatschte mir ins Gesicht, doch das machte nichts, ich beugte mich nur noch weiter hinaus und atmete tief die kalte Luft ein.

Nach ein paar Minuten hatte ich mich wieder so weit beruhigt, dass ich wieder klare Gedanken fassen konnte.

Zum Beispiel, dass das eben nur ein Traum gewesen war und Kai nicht wirklich in einem Sturm ertrunken war.

„Es war nur ein Traum, Cole", sagte ich mir immer wieder.

Dennoch, schlafen konnte ich danach nicht mehr.

Entsprechend gerädert stand ich am nächsten Morgen auf und schleppte mich zum Frühstück. Normalerweise würde allein das Wort Frühstück mich wach werden ließ, heute jedoch entlockte es mir nur ein müdes Lächeln.

„Na, wie siehst du denn aus?", fragte Kai und ließ sich mir gegenüber auf den Stuhl fallen. Ich stocherte in meinem Cornflakesmix herum, der schon ganz weich war, so lange starrte ich ihn schon an. Viel mehr hatte ich damit zu tun, dass ich nicht vorneüber kippte und einschlief.

„Hab letzte Nacht nicht viel geschlafen", murmelte ich.

„So siehst du auch aus", sagte Kai.

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