Kai

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Was war nur zwischen Nya und Jay los? Die beiden waren doch sonst immer ein Herz und eine Seele. Was war passiert? Die Frage stellte ich mir immer wieder und wieder, bis sich alles in meinem Kopf drehte.

Cole duschte gerade, ich konnte das Wasser plätschern hören. Dieses gleichförmige Geräusch machte mich ganz schläfrig und ich wäre bestimmt auch davon eingeschlafen, wenn es nicht an der Tür geklopft hätte.

Ich erhob mich und öffnete.

Davor stand

„Nya", sagte ich überrascht.

„Äh Hallo", sagte sie. „Ich will auch gar nicht lange stören, aber ich wollte fragen, ob ich in deinem alten Zimmer schlafen darf."

„Ähm ja klar", sagte ich und blickte meine Schwester forschend an. „Ist alles in Ordnung bei dir?"

„Na, ja, nein irgendwie nicht", sagte Nya und sah so kraftlos aus wie selten. So kannte ich sie gar nicht!

„Willst du drüber reden?", fragte ich sie.

„Ich will dich nicht damit belasten", sagte sie.

„Ach quatsch, komm mir nicht mit so was. Du hast mir schon viel schlimmere Sachen anvertraut. Wenn du willst können wir auch wo anders reden", sagte ich.

„Ne, hier ist schon okay", sagte Nya, ich trat bei Seite und ließ sie herein. Sie ließ sich auf das Bett fallen und ich setzte mich neben sie.

„So und jetzt erzähl was los ist", sagte ich.

„Ach ich weiß auch nicht, aber irgendwie hatte ich heute bei Jays Eltern das Gefühl, da stünde da etwas zwischen ihm und mir. So eine Distanz, ein seltsames Gefühl, das ich nicht losgeworden bin", sagte Nya. „Jay hat wirklich wundervolle Eltern, die ihn lieben, doch er wollte da so schnell wie möglich weg. Ich habe das nicht verstanden und fand es ehrlich gesagt auch unmöglich."

Oh ja ich kannte Nyas Einstellung gegenüber Eltern. Als unsere Mutter starb war Nya gerade mal vier Jahre alte gewesen und ich fast sechs. Unser Vater starb sieben Jahre später. Ab da waren Nya und ich alleine gewesen. Seitdem beneidete Nya alle, die noch Eltern hatten und regte sich immer auf, wenn Kinder ihrer Eltern nicht zu schätzen wussten. Das ging für sie überhaupt nicht.

„Hast du Jay schon einmal darauf angesprochen?", fragte ich.

Nya schüttelte den Kopf.

„Ich hatte das Gefühl erst Mal etwas Abstand zu brauchen, um klar zu sehen, was mich gestört hat. Ich will auch keinen Streit heraufbeschwören, denn ich liebe Jay doch, aber das war eben etwas gewesen das ich noch nicht gekannt habe. Irgendwie hat mir das auch Angst gemacht", sagte Nya.

„Du brauchst keine Angst haben", sagte ich und strich meiner Schwester über den Rücken. Das hatte sie schon immer beruhigt.

„Danke, dass du mir zuhörst, Kai", sagte sie. „Du bist der beste. Mein Lieblingsbruder."

„Das will ich hoffen", lachte ich. In diesem Moment ging die Badezimmertür auf und Cole kam mit nassen Haaren und einer Schlafanzughose bekleidet aus dem Bad.

„Was wird denn hier gelacht?", fragte er. „Oh Hallo Nya, was machst du denn hier?"

„Mich bei Kai, meinem allerliebsten Bruder, ausheulen", sagte Nya.

„Aha", sagte Cole. „Wie viele Brüder hast du denn?"

„Einen", sagte ich. „Deswegen bin ich ja auch der beste."

„Also nochmals danke und ich verspreche dir, dass ich mit ihm rede, sobald wir morgen wieder da sind", sagte Nya und erhob sich.

Ich stand auch auf.

„Du schaffst das schon", sagte ich und umarmte Nya bevor sie sich mit einem „Gute Nacht" in mein ehemaliges Zimmer verzog.

„Was ist denn los?", fragte Cole mich.

„Ach", sagte ich. „Sie hat Beziehungsprobleme mit Jay."

„Und da kommt sie zu dir?", fragte Cole scherzhaft und ich warf ihm ein Kissen an den Kopf.

Dann ließ ich mich aufs Bett fallen.

Cole ließ sich neben mich plumpsen und das Bett gab einen Quietschlaut von sich.

„Cole sei vorsichtig, nicht, dass das Bett unter deinem Gewicht noch einbricht", sagte ich lachend.

„Willst du damit etwa sagen, dass ich dick bin?", fragte Cole gespielt entrüstet.

„Ne nur, dass du ein ganz schwerer Junge bist", sagte ich und kroch zu ihm.

„Das machen alles nur die Muskeln", sagte der. „Und ich hab ganz schwere Knochen."

„Das mit den Muskeln glaube ich, aber das mit den Knochen ich weiß nicht", sagte ich und kuschelte mich an Cole.

Er legte seine Arme um mich und dann dauerte es nicht mehr lange und wir waren beide eingeschlafen.


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