Wo war denn nur mein Bruder? Nicht, dass ich mir sonderlich große Sorgen machte, aber zusammen waren wir schneller. Und wenn Lloyd wirklich Recht hatte, dann steuerten wir mitten auf einen Krieg zu. Da sollten wir gut Vorbereitet sein und dazu gehörten nun mal auch die Waffen.
Ich bog um die Ecke in den Gang, in dem die Zimmer waren und sah meinen Bruder auf dem Boden vor einer Tür sitzen.
„Daem, was machst du denn hier? Wieso warst du nicht oben, wir haben wichtige Sachen besprochen", sagte ich.
Daemon bewegte sich nicht.
„Was machst du eigentlich hier? Das ist doch nicht deine Zimmertür oder?", fragte ich.
„Nein", sagte Daemon endlich. „Das ist Kais Zimmertür."
„Was machst du denn vor Kais Zimmertür?", fragte ich verwundert.
„Ich passe auf ihn auf."
„Glaubst du nicht, dass Kai gut auf sich alleine aufpassen kann? Komm es gibt Arbeit", sagte ich und als Daemon sich immer noch nicht rührte wurde ich langsam wütend.
„Daemon, komm Lloyd zählt auf uns!"
Da schaute Daemon mich an und seine Augen hatten einen Glanz, den ich noch nie bei ihm gesehen hatte.
„Dir geht es doch nur darum, Lloyd zu gefallen. Immer nur Lloyd, Lloyd, Lloyd. Meine Probleme sind dir doch egal!", rief Daemon und sprang auf die Füße.
Ich versuchte Daemon zu beruhigen, doch er ließ mich nicht zu Wort kommen.
„Jetzt hab ich mal ne Wahrheit für dich. Lloyd ist nicht im Geringsten an dir interessiert. Kein kleines bisschen."
„Ich... ich bin doch nicht...", stammelte ich. Der plötzliche Wutausbruch meines Bruders überraschte mich und brachte mich aus der Fassung.
„Was willst du sagen? Du bist nicht an Lloyd interessiert?" Daemons Lächeln nahm grausame Züge an. „Wem willst du eigentlich was vormachen? Die schmachtenden Blicke, die du ihm immer zuwirfst sind eindeutig. Aber ich sage dir jetzt vergiss es. Aus euch wird nie was."
Daemon lachte und ging an mir vorbei.
Ich versuchte nicht ihn aufzuhalten, ich stand einfach nur da. Seine Worte hatten weh getan und ließen Bilder vor meinem inneren Auge entstehen, die ich nicht sehen wollte.
Nach einer gefühlten Ewigkeit drehte ich mich um und ging ich an die Arbeit. In mir hatte sich eine Kälte ausgebreitet, die ich noch nie zuvor gespürt hatte.
Ich begann die goldene Materie zu bearbeiten. Mit jedem Hammerschlag wurde mir leichter und wärmer ums Herz. Das liebte ich an meiner Arbeit als Schmied so sehr, ich konnte dabei die Welt um mich herum vergessen.
Gerade hatte ich ein Probeschwert fertiggestellt, als ich von hinten eine Stimme hörte.
„Äh, Daith?"
Ich drehte mich um und sah Kai vor mir stehen. Es sah noch ziemlich verschlafen aus.
„Kai, schön dich zu sehen, was kann ich für dich tun? Ich hoffe, Daemon hat dich nicht geweckt", sagte ich.
„Doch leider schon, aber das ist nicht deine Schuld", sagte Kai und setzte sich auf die Truhe mit der goldenen Materie.
„Ich bin hier, weil ich mal mit dir reden wollte." Kai strich über den Amboss. „Mein Vater war auch Schmied", erklärte er mir, weil ich wohl etwas verständnislos geguckt hatte.
„Ach so", sagte ich.
„Also wie schon gesagt war dein Bruder laut genug um mich zu wecken und dabei habe ich auch noch verstanden was er alles gesagt hat. Und da würde mich interessieren, ob es denn stimmt, was er gesagt hat", fragte Kai und sah mich neugierig an.
Mir wurde wieder kalt. Kai schreckte wohl nicht vor derart privatem zurück.
„Äh ich", sagte ich.
„Ist das zu privat?", fragte Kai.
„Na ja, wenn du sowieso schon alles gehört hast. Ich weiß es nicht genau. Ich meine ich kenne Lloyd gerade mal wenige Tage lang", sagte ich.
Kai grinste und lehnte sich zurück.
„Ich glaube schon, dass du es tief in dir drin weißt. Und die Zeit hat gar nichts zu sagen. Ich zum Beispiel habe mich eigentlich auf den ersten Blick verliebt. Allerdings hat es eine kleine Ewigkeit gedauert bis ich das wahrhaben wollte. Aber tief in einem weiß man, ob es der richtige ist oder nicht", sagte Kai.
Ich schaute Kai ein paar Minuten an um abzuschätzen, ob er das ernst meinte oder nicht, aber er meinte es wohl offensichtlich ernst.
„Ja und was wenn ich etwas fühle, aber Lloyd nicht? Auf mich wirkte er nicht wie jemand, der sich in jemanden wie mich verliebt", sagte ich. Wieder sah ich Daemons spöttischen Blick vor mir.
Kai lachte mich aufmunternd zu.
„Daith, Menschen stecken voller Überraschungen. Weißt du mit wem ich zusammen bin?", fragte Kai und ich schüttelte den Kopf.
„Mit Cole", sagte Kai.
Ich riss die Augen etwas auf. Das hätte ich nicht erwartet. An Coles Seite hatte ich mir immer ein Mädchen vorgestellt.
„Ehrlich gesagt hatte ich dein Problem nicht, denn es war Cole, der mir zuerst seine Liebe gestanden hat, aber ich glaube Cole hat sehr oft gezweifelt. Aber ohne einen Versuch kannst du die Antwort nicht wissen. Und vielleicht wartet Lloyd nur noch auf sein Coming-Out", sagte Kai und zwinkerte mir verschwörerisch zu.
Ich spürte wie mir die Hitze in den Kopf stieg. Schnell schnappte ich mir einen Hammer.
„Du bist doch der Meister des Feuers oder?", fragte ich und Kai nickte.
„Könntest du mir vielleicht einmal helfen? Das Feuer kommt einfach nicht richtig in Gang."
„Lass mich mal sehen", sagte Kai und ich machte Platz.
„Ah, ja", sagte Kai und eine Flamme loderte in seiner Hand auf. Kurz darauf wuchs die Flamme in meiner Feuerstelle auf die doppelte Größe an.
„Danke", sagte ich.
„Gerne. Und vergiss nicht. Lloyd ist noch ein unbeschriebenes Blatt", sagte Kai und machte sich dann auf den Weg in die Kommandozentrale.
Und ich stürzte mich wie verrückt und mit glühenden Wangen in meine Arbeit.
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Elementa
FantasiJeder von ihnen hat einen anderen Grund hier an diesem Wettkampf teilzunehmen: Cole - er will vor seinem Vater und dessen Erwartungen an ihn, die er nie erfüllen wird, flüchten Kai - er will endlich beweisen, dass er mehr kann, als nur klein sei...