Mein Wecker war auf Vibration gestellt, damit ich Kai nicht weckte. Ich hatte es aber auch schwer mich aus der Wärme des Schlafs zu reißen und in die Kälte eines Wintermorgens zu treten.
Irgendwann raffte ich mich dann aber doch auf und stieg aus dem Bett. Kai regte sich kein Stück, der war schwerer zu wecken, als einen Igel im Winterschlaf.
Schnell zog ich mich an, schnappte mir meine Sense und einen Dolch. Dann küsste ich Kai sanft auf die Stirn und flüsterte: „Bis später mein kleiner Igel."
Kai brummte nur einmal und drehte sich im Schlaf auf die andere Seite.
Ich öffnete die Tür und schlüpfte auf den Gang hinaus.
So früh war es noch, als schliefe die ganze Welt.
Klirrende Kälte empfing mich an Deck und ich fröstelte kurz. Dann wurde ich mir des unglaublichen Bildes, das sich mir bot, bewusst. Die Morgensonne kündigte sich am Himmel an und ließ den Frost glitzern. Die Welt stand für Minuten still.
„Unglaublich schön, oder?", fragte eine Stimme neben mir.
Ich drehte den Kopf und sah Nya neben mir an der Reling lehnen.
„Ja, es ist fantastisch", sagte ich.
Dann schwiegen wir.
Es war kein unangenehmes Schweigen, es gab einfach nur nichts zu erzählen.
Lange hielt es aber auch nicht, an, denn Lloyd war auch bald da und wir brachen auf.
Ich setzte mich hinters Lenkrad und fuhr den anderen hinterher, die beide über mir flogen.
Wir traten ordentlich aufs Gas und so dauerte es nur eine Stunde, bis wir an der Höhle waren, in der Kai und ich damals nach Zane gesucht hatten.
Ich hielt meinen Jeep an und stieg aus, Nya landete hinter mir und ihre Rüstung zog sich wieder zusammen. Auch Lloyd stieg von seinem Drachen.
„Und was machen wir jetzt?", fragte ich. „Spazieren wir einfach da rein und rufen irgendwas von wegen, wir sind gekommen um mit euren Anführern zu sprechen? So wie in dieses schlechten Alien-Invasion Filmen?"
„Fällt dir was Besseres ein?", fragte Lloyd.
„Das hast du doch jetzt nicht echt vor?", fragte ich entsetzt.
„Klar, warum denn nicht?", fragte Lloyd zurück.
„Weil das gar nicht geht", sagte ich.
„Und warum nicht?"
„Weil das ein Scherz war. Ich meinte das nicht ernst, klar?"
„Und ich meinte das ernst", sagte Lloyd.
„Jungs", sagte Nya und hob schlichtend die Hände. Dann sah sie zu Lloyd und mir hoch und sagte: „Das bringt jetzt auch nichts. Ich schlage mal vor, dass wir einfach mal reingehen, vielleicht haben die Schlangen ja Wachen aufgestellt."
Als Lloyd und ich uns immer noch nicht bewegten, stöhnte sie genervt auf, packte je einen von uns am Arm und zog uns mit sich.
Ich ließ es mit mir machen, weil ich auch keine andere Idee hatte und vielleicht hatte Nya ja auch Recht.
Beim Eintreten sah die Höhle noch genauso aus, wie damals, als Kai und ich hier gewesen waren.
„Also ich sehe hier keine Wachen", sagte ich und sah mich nach allen Seiten um. Nya ließ meinen Arm los und zog eine Wurfscheibe von der Halterung auf ihrem Rücken.
„Wir müssen trotzdem vorsichtig sein. Vielleicht sehen wir sie nur nicht, sie aber uns", sagte sie.
Auch Lloyd zückte sein Katana und ich hielt meine Sense bereit um zuzuschlagen. Leise und Vorsichtig bewegten wir uns vorwärts, tiefer ins Innere der Höhle.
Skalakmiten und Skalaktiten hingen von der Decke und wuchsen aus dem Boden und wir konnten nicht sehen wohin wir liefen, weshalb wir die Schlangen erst sahen, als es zu spät war.
Netze schlangen sich um uns und fesselten uns. Ich dachte im ersten verwirrten Moment, der Himmel sein mir auf den Kopf gefallen, doch dann erkannte ich, dass es nur ein Netz war und ich zerriss es wie ein Blatt Papier.
Schnell sah ich mich um, doch ich entdeckte niemanden.
Lloyd und Nya kämpften noch immer in den Netzen und ich wollte sie befreien, doch gerade als ich einen Schritt auf die beiden zugemacht hatte spürte ich etwas kaltes und spitzes an meinem Hals.
Sofort erstarrte ich zur Salzsäule.
„Na wen haben wir den hier?", fragte eine Stimme, die nicht menschlich klang. „Drei Mensschen. Und dazu auch noch drei Ninja."
Ich bewegte mich nicht, denn was auch immer mir da an den Hals gehalten wurde, ich wollte es nicht in meinem Hals haben.
„Mitkommen", sagte die Stimme und ich wurde am Arm gepackt und mitgezogen. Diener kamen von allen Seiten herbei und holten Lloyd und Nya aus ihren Netzen.
Wir wurden durch einige Tunnel geführt, bis wir in einer großen Höhle landeten. Ich blickte nach oben und sah einen Käfig unter der Tunneldecke baumeln. In mir machte sich eine Befürchtung breit, die sich auch leider bestätigte, als der Käfig herab gelassen wurde und Lloyd und Nya hineingestoßen wurden.
Neben mir wurde eine große lila Schlange sichtbar, die mir eine Spritze an den Hals hielt und mich aus ihren pupillenlosen Augen anstarrte.
„Du", zischte sie. „Du wirsst keinen Mukss machen und auch nicht aussbrechen, du wirsst sschön brav hier bei mir bleiben, ssonsst sstoße ich dir dass hier in den Halss."
Ehrlich, ich wollte gar nicht wissen was das war. Und erstaunlich wie gut diese Schlange noch reden konnte mit einer Spritze im Maul.
„Ess isst Gift", sagte die Schlange, als hätte sie meine Gedanken gehört.
Ich schluckte und bewegte mich kein Stück.
Die Diener schlossen die Tür und der Käfig wurde nach oben gezogen.
Na wundervoll. Das lief ja richtig nach Plan.
Ich dachte an Kai, der wahrscheinlich immer noch in seinem warmen und weichen Bett lag und schlief.
Wie sehr wünschte ich mir doch jetzt bei ihm sein zu können!

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Elementa
FantasiJeder von ihnen hat einen anderen Grund hier an diesem Wettkampf teilzunehmen: Cole - er will vor seinem Vater und dessen Erwartungen an ihn, die er nie erfüllen wird, flüchten Kai - er will endlich beweisen, dass er mehr kann, als nur klein sei...