Ich stieg von meinem Bike und betrachtete meine Umgebung.
Stein, Stein und noch mehr Stein. Grau in Grau.
Wie tröstlich.
„Und wie läuft das jetzt ab?", fragte ich in Daith Richtung. Der stand neben seiner Drachin in einigen Metern Abstand und sah zu mir.
„Yume wird deinen Drachen rufen und kann ihn auch einige Zeit festhalten, wie bei Zane. In dieser Zeit wirst du deinem Drachen einen Namen geben und vielleicht schon versuchen ihn in dich aufzunehmen", rief Daith zurück.
„Ah, okay", sagte ich. „Klingt ja ganz leicht."
Wenn das so leicht klang, warum zitterten meine Hände dann so?
„Kai, mach dich bereit, Yume ruft deinen Drachen in drei, zwei, eins..."
Eine Flammenwand schoss in die Höhe, als Yume meinen Wächter rief. Aiden würde ich ihn nennen.
Ein markerschütterndes Gebrüll ließ den Steinbruch erzittern und aus den Flammen stieg mein Drache, der Wächter der Quelle Ignace.
An seinem Hals war eine halb verheilte Wunde, die wie ein Riss in den roten Schuppen klaffte. In seinen blauen Augen flackerten Flammen eines Feuers, das tief in ihm brennen musste.
Ich kam einen Schritt näher und Aiden fletschte die Zähne.
„Ganz ruhig, mein Junge", sagte ich. Und mein Drache knurrte mich an. Diese Hand-ausstrecken-und-deinen-Drachen-alla-Hicks-berühren-Sache, wie Zane sie gemacht hatte wollte ich bei Aiden lieber nicht ausprobieren, also versuchte ich so seine Gedanken einzufangen.
Ich schloss die Augen und suchte nach dem Strom seiner Gedanken.
Zuerst war da nichts, doch dann spürte ich etwas, etwas Warmes, was mich entfernt an die Wärme erinnerte, als ich in der Steinarena meine Elementarkräfte freigesetzt hatte.
Unbewusst griff ich danach und mit einem Mal war mein ganzer Kopf erfüllt von einer Stimme.
Nicht... Er hat mich verletzt, wieso sollte ich ihm gehorchen? Er weiß ja nicht einmal wer ich wirklich bin.
Das war er.
Schon wieder! Er will es nicht erkennen. Es wird nie passen. Das ist kein Gerufener, wenn er die Augen vor der Wahrheit verschließt.
Was? Wie meinte er das?
Wie ich das meine? Mach die Augen auf und komm von selbst darauf, was ich meine.
Ich öffnete die Augen und besah meinen Drachen von oben bis unten.
Er sah ganz normal aus. Was sollte denn nicht stimmen?
„Ganz ruhig mein Junge", sagte ich, doch das genaue Gegenteil war der Fall. Die Stimme in meinem Kopf schwoll an.
Junge nennt er mich! Weiß er denn nicht wer ich bin? Natürlich nicht!
Was hatte Aiden denn dagegen, dass ich Junge zu ihm sagte? Es sei denn...
Mir wurde ganz anders.
Es sei denn der Drache hier vor mir war gar kein Junge.
Endlich hat er es begriffen!
Die Welt um mich herum begann sich zu drehen. Mein Wächter war ein Mädchen? Aber ich hatte doch einen Jungennamen! Und außerdem...
Nein, du bist nicht mein Gerufener. Du bist unwürdig.
Die Drachin machte einen Schritt zurück und entfaltete die Flügel, es sah so aus, als kämpfe sie gegen unsichtbare Fesseln. Wahrscheinlich was das Yume, die meine Wächterin an Ort und Stelle festhielt.
Meine Wächterin.
Meine Drachin.
Ein Mädchen.
„Kai beeil dich, Yume kann sie nicht mehr lange halten!", rief Daith.
Er hatte viel schneller, als ich geschaltet, dass das da ein Mädchen war. Sie hatte Recht, ich war unwürdig.
„Kai! Jetzt oder nie!"
Daith hatte Recht, würdig hin oder her, ich hatte eine Verpflichtung und musste diese Wächterin auf meine Seite ziehen, egal wie.
Sie hatte sich inzwischen aus Yumes Griff befreit und spreizte die Flügel und wollte sich in die Luft erheben, als ihr Blick auf meinen traf und als ich die blauen Augen sah, kamen die Wort wie von selbst aus meinem Mund.
„Warte, flieg nicht."
Bleib bei mir Saphira, ergänzte ich in Gedanken.
Sie hielt inne.
Er hat begriffen, er hat erkannt.
„Ja, bitte bleib", bat ich.
Doch noch ist er nicht ganz geläutert.
Saphira hob die Flügel und stieg in die Luft auf.
Wenn er so weit ist, dann werde ich da sein.
Dann war sie weg.
„Saphira", flüsterte ich und sah wie sie immer kleiner wurde und schließlich ganz am Himmel verschwand.
„Kai, ist alles in Ordnung?", fragte Daith. Er und Yume kamen näher.
„Das ist ja mal richtig mies gelaufen", sagte ich.
„Oh", sagte Daith und Yume stupste mich an.
Das wird schon, wenn sie sich beruhigt hat, wird sie zur Vernunft kommen, das werden sie alle.
Ich riss die Augen auf.
„Ich, ich kann sie hören Daith! Ich kann deine Drachin hören!"
„Genauso wie ich deine Drachin hören konnte, als zu ihr ihren Namen gegeben hast. Saphira, ein schöner Namen, wie bist du darauf gekommen?", fragte Daith.
„Ihre Augen", sagte ich. „Sie sehen aus wie Saphire."
Ich drehte mich weg, Scham überkam mich.
Wie hatte ich nur mit meiner Drachin geredet?
„Komm, lass uns schnell zurück zu den anderen. Jay muss seinen Drachen auch noch rufen und vielleicht sind Cole, Nya und Lloyd auch schon zurück", sagte ich und drehte mich weg, damit Daith nicht sah wie ich rot wurde.
„Okay, das klingt gut", sagte er und ich vermutete, dass er auf Yumes Rücken stieg.
Wenn ich nur etwas offener gewesen wäre könnte ich vielleicht auch schon auf Saphiras Rücken sitzen...
Energisch schob ich diese Gedanken zur Seite und stieg auf mein Bike.
„Wer als erster da ist", sagte Daith und flog los.
„Warte!", rief ich und gab Gas.

DU LIEST GERADE
Elementa
FantasíaJeder von ihnen hat einen anderen Grund hier an diesem Wettkampf teilzunehmen: Cole - er will vor seinem Vater und dessen Erwartungen an ihn, die er nie erfüllen wird, flüchten Kai - er will endlich beweisen, dass er mehr kann, als nur klein sei...