Hoch und runter.
Eins.
Zwei.
Drei.
Ich trainierte um nicht nachdenken zu müssen, etwas, das ich anscheinend nicht mal konnte. Sonst hätte ich gleich gewusst, dass ich Kai niemals von meinen Gefühlen für ihn erzählen hätte sollen.
Ich stemmte die Gewichte nach oben, als wären es Federkissen und dabei hatte ich schon alle Gewichte, die zur Verfügung standen dran gehängt.
Was Kai jetzt wohl von mir denken musste? Dass ich pervers wäre? Dass ich schwul war wusste er auch und vor allem, dass ich in ihn verliebt war!
Meine Brust schnürte sich zu und ich setzte die Gewichte wieder ab. Auch wenn ich schon so angestrengt trainierte dachte ich immer noch zu viel nach, es musste etwas anderes her, etwas, das mir Gedankenlosigkeit garantierte.
Ich stand auf und sah mich im Raum nach Alternativen um, als Nya in den Trainingsraum kam. Was machte die denn hier?
„Dachte ich mir doch gleich, dass ich dich hier finde", sagte sie.
Ich sagte nichts und sah sie nur fragend an.
„Du fragst dich sicher was ich hier will."
„Nein, ich weiß was du willst, denn ich kann neuerdings Gedanken lesen", sagte ich.
Nya ließ sich auf der Trainingsbank nieder und klopfte neben sich auf die Sitzfläche.
„Netter Sarkasmus, aber ich bin nicht mit bösen Absichten hier, ich will nur reden. Und dir helfen, wenn möglich."
Zögernd ging ich zu ihr und setzte mich.
Meinte sie wirklich, dass sie mir helfen konnte? Immerhin war sie ja Kais Schwester und wusste schon, dass ich in Kai verliebt war, also warum dem ganzen keine Chance geben?
„Was ist denn?", fragte ich.
„Das sollte ich eigentlich dich fragen", meinte sie. „Ich meine, du fehlst beim Essen, beim ESSEN und mein Bruder auch. Außerdem liegt so eine seltsame Stimmung in der Luft."
Hatte sie das ernsthaft gespürt? Dass etwas in der Luft lag?
„Also, was ist passiert?", fragte Nya.
„Ach, das war eher... ja, es war...", wie sollte ich beginnen? „Es war eine Scheißidee, aber der Moment hat mich mitgerissen und ich wollte es in diesem Augenblick auch nicht mehr... Ach shit." Ich fuhr mir durch die Haare.
„Nimm dir Zeit Cole", sagte sie.
„Ich habe es ihm gesagt", stieß ich hervor.
„Dass du ihn liebst?"
„Dass ich ihn liebe", bestätigte ich.
„Und?", fragte Nya mit großen Augen.
„Und was?", fragte ich zurück.
„Wie hat er reagiert?", Nyas Blick durchbohrte mich erwartungsvoll.
Ich wandte meinen Blick ab und drehte meinen Kopf zur Seite.
„Er meinte, ich solle ihn doch küssen und das hab ich dann auch."
„Uhhh", sagte Nya mit leuchtenden Augen.
Ich warf ihr einen vernichtenden Blick zu.
„Das war ein riesen Fehler", sagte ich.
Nya zog ihre Auenbraue hoch.
„Mein Bruder hat gesagt, dass du es tun sollst. Außerdem hat er dich weggestoßen?".
„Nein, aber das hätte er sich getan. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er mich auf die Art mag, wie ich ihn. Er weiß, doch gar nicht, worauf er sich da eingelassen hat."
Verzweiflung wallte in mir auf.
„Cole", Nya stand auf und kniete sich vor mir auf den Boden, damit sie in mein Gesicht sehen konnte. „Cole, wenn mein Bruder sagt, dass du etwas tun sollst, dann tut er das auch mit ganzem Herzen. Wenn er dich eigentlich nicht hätte küssen wollen, dann hätte er dir niemals gesagt, dass du es doch tun sollst. Und ich glaube nicht, dass er dich weggestoßen hätte."
Ich sah diese überzeugten Augen und wünschte mir, dass alles was sie sagte wahr war. Dass Kai mich ebenso lieben konnte, wie ich ihn liebte.
„Jetzt ist es aber auch zu spät", sagte ich.
„Es ist nie zu spät", meinte Nya und federte nach oben.
„Du meinst also, dass ich mit ihm sprechen sollte?", fragte ich.
„Es sei denn du willst bis in alle Ewigkeit vor ihm weglaufen und alleine und unglücklich sterben", sagte sie.
Das wollte ich natürlich nicht, aber mir fehlte der Mut auf Kai zuzugehen. Besonders nach gestern Nacht.
„Warum bist du eigentlich hier und nicht bei deinem Bruder?", fragte ich.
„Weil ich 1. Eher wusste wo du warst und 2. Weil ich nicht wusste was Sache war und bei meinem Bruder vielleicht Dinge gesagt hätte, die dich in Verlegenheit gebracht hätten."
Das leuchtete mir ein.
„So und jetzt gehen wir zu meinem lieben Bruder und du redest mit ihm, es ist ja nicht mehr mit anzusehen, wie du leidest", sagte Nya, umrundete die Trainingsbank und drückte gegen meinen Rücken.
Seufzend stand ich auf, es brachte doch alles nichts, Nya würde nicht locker lassen, ehe ich mit Kai geredet hatte.
Ich wandte mich der Treppe zu, hielt jedoch inne, denn in diesem Moment hörten wir von oben laute Stimmen, die nichts Gutes verhießen.

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Elementa
FantasyJeder von ihnen hat einen anderen Grund hier an diesem Wettkampf teilzunehmen: Cole - er will vor seinem Vater und dessen Erwartungen an ihn, die er nie erfüllen wird, flüchten Kai - er will endlich beweisen, dass er mehr kann, als nur klein sei...