Kai

818 55 15
                                    

Es ließ sich nicht anderes sagen, aber Evan Walker, war mir unheimlich. Und nicht nur ein bisschen, sondern richtig! In Gedanken hatte ich ihn schon creepy-creep-creep-Evan getauft, was, wie ich finde, sehr gut passt. Ich meine der Typ kam rein, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen, dann setzte er sich auf sein Bett und starrte gerade aus an die Wand, mit einem leerem Ausdruckslosen Blick. Dann als es Zeit war zu gehen, stand er auf und ging. Das ganze ohne mich auch nur einmal wahrgenommen zu haben.

Ich zog noch meinen Gürtel fest und folgte ihm dann.

Glücklicherweise war er zum richtigen Ziel unterwegs, der Steinarena. Eine Menschentraube hatte sich vor dem hölzernen Tor gebildet. Meine Schwester fand ich auf Anhieb. Sie stand zwischen einem Mädchen, das ich nicht kannte und einem Jungen, den ich schon mal gesehen hatte, aber an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnern konnte. Irgendwas mit J glaube ich.

Gerade wollte ich mich auf den Weg zu meiner Schwester machen, als es auf einmal ganz ruhig wurde und die Menschen sich etwas weiter vorne teilten, wie ein Blatt Papier.

„Hallo", hörte ich eine Stimme. „Ich bin Lloyd Garmadon. Ich heiße euch herzlich Willkommen zu meinem Wettkampf der Elemente und Ninja."

Endlich war ich bei Nya angekommen und stellte mich hinter sie, leicht tippte ich ihr auf die Schulter.

„Hey", flüsterte ich.

„Hallo, Kleiner", wisperte sie nach hinten.

Ausnahmsweise verzichtete ich auf einen lautstarken Protest, denn ich wollte hören, was Lloyd zu sagen hatte.

„Wie ihr am Namen erkennen könnt geht es hier nicht nur um euer Stärke im Kampf, sondern auch um das was in euch steckt. Um euer Potenzial. In den ersten zwei Tagen sollt ihr üben, dann beginnen die Kämpfe. Es werden täglich mehrere Kämpfe geben, bei denen ihr Punkte sammelt. Diese Punkte werden am Ende zusammengezählt und die fünf mit den höchsten Punktzahlen werde in mein Team aufgenommen, natürlich nur, wenn sie das auch wollen. Ich will niemanden zwingen. Genauso ist es, wenn jemand gehen möchte, dann kann er gehen. Aber lasst euch gesagt sein, wenn ihr geht, dann unwiderruflich. Für den Kampf gilt, dass eine bestimmte Zeit lang gekämpft wird, danach ist Ende. Es wird möglichst niemand verletzt und erst recht nicht getötet. Wer tötet wird rausgeworfen."

Bei den letzten Worten wurden Lloyds Augen schmal und seine Stimme ein paar Grad kühler.

„Aber nun lasst uns die Anwesenheitsliste durchgehen. Wenn alle da sind können wir beginnen."

Lloyd zog einen Zettel aus seiner Tasche und begann Namen vorzulesen.

„Dereth äh verzeih mir aber wie soll man deinen Nachnamen aussprechen?", fragte Lloyd.

Der gefragte nuschelte irgendetwas, das niemand verstanden hatte und Lloyd fragte nicht noch mal nach.

„Jay Walker."

„Anwesend", sagte der Junge neben Nya. Ach ja, der hieß Jay. aber Jay Walker??

„Evan Walker."

Moment mal, waren die etwa miteinander verwandt? War Jay, den meinen Schwester offensichtlich mochte, creepy-creep-creep-Evans Bruder?

Lloyd fragte sich anscheinend dasselbe, denn er sah erst Evan, dann Jay fragend an.

„Seid ihr miteinander verwandt?"

Jay schüttelte entschlossen den Kopf.

„Wir sind nicht miteinander verwandt, ich kenne ihn gar nicht. Noch nie gesehen."

Evan schüttelte auch den Kopf.

Dann musste es aber ein ziemlicher Zufall sein, dachte ich.

„Zane Julien."

„Hier", sagte ein blonder, blasser Junge und hob die Hand.

Lloyd nickte und schrieb irgendwas auf seinen Block, wahrscheinlich hakte er Zane ab.

„Nya Smith."

Meine Schwester vor mir erwachte zum Leben.

„Ja, hier."

„Kai Smith."

Fast hätte ich vergessen meine Hand zu heben.

„Ihr seid aber miteinander verwandt?", fragte Lloyd und drehte den Stift einmal in der Hand.

„Ja sind wir,", sagte Nya. „Ist das irgendwie schlimm?"

„Nein, ihr müsst nur wissen, dass ich, wenn es der eine in mein Team schafft, ich nicht automatisch den anderen dazu nehmen kann."

„Das ist uns vollkommen klar", sagte Nya und Lloyd nickte.

„Ben Parish."

„Hier."

„Cassie Sullivan."

Das Mädchen auf Nyas andere Seite meldete sich.

„Anwesend."

„Gut, dann fehlt nur noch einer. Cole Black."

Niemand sagte etwas, alles ist ruhig. Cole Black scheint nicht anwesend zu sein. Ich nutze die Gelegenheit einen Schritt zurück zu machen, damit ich nicht so eingequetscht hinter meiner Schwester stehen muss.

„Leider müssen wir warten, bis Cole da ist, ehe wir beginnen können", sagte Lloyd.

Leises Murmeln kam auf und ich fragte mich, wie man nur so verpeilt sein konnte, dass man an einem so wichtigen Tag zu spät kam. Das alleine sagte ja schon einiges über diesen Cole aus. Bestimmt war er jemand recht unangenehmes.

„Verzeihung, dass ich so spät bin, aber ich hab den Weg einfach nicht gefunden", erklang da auf einmal eine Stimme, die man ohne weiteres mit Zartbitterschokolade vergleichen konnte. Dunkel und süß zugleich.

Ich drehte mich um und sah den Besitzer dieser Stimme.

Diesen Moment, der Moment, in dem ich Cole das erste Mal sah, öffnete sich in mir etwas und ich spürte etwas, das ich noch nie zuvor gefühlt hatte.

Und ob ich das fühlen wollte, wusste ich nicht.

ElementaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt