Lloyd

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Ich saß auf dem Boden an mein Bett gelehnt und hatte das Buch meines Onkels auf den Knien. Daith lag hinter mir auf meinem Bett. Er hatte sich auf den Bauch gedreht und schaute mir über die Schulter zu wie ich in dem Buch blätterte.

Und das war wirklich spannend. Wie jedes Mal war es auch dieses Mal so, dass die Kapitel eine neue Anordnung hatte und ich nicht wusste was auf der nächsten Seite sein würde.

„Woher hast du eigentlich dieses Buch?", fragte Daith irgendwann.

„Ah, das habe ich aus dem Tempel in der Nähe der goldenen Materie. Die anderen haben dort ihre goldenen Waffen 1.0 bekommen und ich hab dieses Buch gefunden. Und wenn ich ehrlich sein soll, dann war ich am Anfang echt enttäuscht. Ich hab gedacht, was , alle anderen bekommen coole Waffen nur ich bekomme so ein olles Buch, aber dann hab ich es aufgeschlagen und ich sage dir ohne dieses Buch wären wir längst nicht so weit wie wir heute sind. Unter Umständen hätten wir nicht mal Schmiede gebraucht und wir beide hätten uns nie kennengelernt", sagte ich.

Daith sah das Buch erstaunt an.

„Man könnte also sagen, dass wir uns dank dieses Buches getroffen haben?"

Ich überlegte kurz und nickte dann.

„Ja, eigentlich könnte man es schon so sagen."

Daith Blick wurde bewundernd.

„Danke, dass es dich gibt, liebes Buch"; sagte er und ich musste grinsen.

„Du bist schon ein bisschen verrückt", sagte ich lachend und drehte meinen Kopf so weit es ging nach hinten.

Daith lächelte mich verschmitzt an.

„So bin ich halt", sagte er.

„Und das ist auch gut so", sagte ich leise. „Sonst wärst du nicht der Junge, in den ich mich verliebt habe."

Dann küssten wir uns.

Okay ich muss zugeben, dass diese Stellung mir bald im Nacken weh tat, also machte ich kurzen Prozess und zog Daith vom Bett herunter, weil das schneller ging, als zu ihm zu kommen. Mit einem leisen, überraschten Aufschrei landete Daith auf mir. Er war nicht gerade der leichteste, aber das war okay, solange er nur bei mir war.

Daith stellte seine Knie links und rechts neben meiner Hüfte auf den Boden und stützte sich mit den Ellbogen neben meinem Kopf ab, so nahm er das Gewicht von mir. Und wir küssten uns.

Daith Lippen sanft auf meinen, ich konnte seinen Atem spüren. Ich umfasste seine Hüfte und meine Hände fanden ihren Weg unter sein Oberteil. Ich strich über seine Rückenmuskulatur und spürte unter meinen Fingern das Beben, wenn er sich bewegte.

„Hatten wir nicht eigentlich eine Aufgabe"; murmelte Daith nahe bei meinem Ohr.

„Stimmt", sagte ich ebenso leise, zog meine Hände zurück und verschränkte sie in seinem Nacken. „Aber ich hab so das Gefühl, dass wir etwas vom Thema abgekommen sind."

„Aber nur etwas", sagte Daith lachend.

Er stemmte sich hoch und stieg von mir herunter. Ich drehte mich auf den Bauch und lag praktischerweise direkt vor meinem aufgeschlagenen Buch.

Lustlos blätterte ich eine Seite um.

Wenn mein Dad nicht so ein schlechter – ja was war er überhaupt? Ein Mensch war er irgendwie nicht mehr - wäre, dann könnte ich so viel Zeit mit Daith verbringen wie ich wollte und müsste nicht meine Zeit damit verbringen mir zu überlegen wie wir meinen Vater wohl stoppen könnten. Wut über meinen Vater stieg in mir hoch und brodelte unter der Oberfläche.

Hass kann dich stärken, aber auch zu Fall bringen. Es kann wie Säure auf deiner Seele sein. Pass auf, dass du den Hass beherrscht, sonst beherrscht er dich, hörte ich meinen Onkel Wu in meinem Kopf sagen. Meinen Onkel kannte ich nur die die ersten acht Jahre meines Lebens. Nach ihrem Tod, verschwand auch Onkel Wu und ich war alleine mit diesem Monster von Vater. Auf jeden Fall hatte Onkel Wu so etwas immer gesagt, so etwas und noch viel mehr. Das war mir im Gedächnis geblieben.

„Lloyd", sagte Daith.

„Ja?", fragte ich zurück und ließ zu, dass die Liebe zu Daith den Hass davon spülte. Es war besser so, nicht, dass ich eines Tages so wurde wie mein Vater. „Was ist denn?"

„Wollen wir den anderen eigentlich erzählen, dass wir zusammen sind?", fragte Daith.

Mit der Frage hatte ich nicht gerechnet.

„Hm", sagte ich. „Willst du das?"

„Na, ja ich sehen immer wie Cole und Kai in der Öffentlichkeit ihre Liebe zueinander zeigen und ich fühle mich dann immer ein bisschen eingeengt. Außerdem glaube ich, dass es schon fair den anderen gegenüber wäre oder?", fragte Daith und sah mich aus seinen gold-braunen Augen an.

„Und wie hattest du dir das vorgestellt?", fragte ich.

„Wie haben Cole und Kai das denn gemacht?"; fragte Daith.

„Hm", sagte ich und dachte kurz nach. „Wenn ich mich recht erinnere, dann hat Cole Nya schon früher eigeweiht, noch bevor Kai überhaupt wusste, dass Cole in ihn verliebt ist. Dann ist alles irgendwie nach und nach rausgekommen. Zane hat die beiden knutschend im Trainingsraum vorgefunden und ich habe ihn danach auf dem Gang getroffen. Er hatte ausgesehen wie ein Geist, als hätte er etwas Schreckliches gesehen und da habe ich ihn gefragt was denn los sei und er erzählte mir, was er gesehen hatte. Da wusste ich Bescheid. Damals waren das dann fast alle gewesen. Zane ist daraufhin verschwunden und dann haben wir zum Schluss noch Jay eingeweiht, als es darum ging warum wir nach Zane suchen. Also es gab kein großes Coming-out wie du dir das vielleicht vorstellst."

Daith rieb sich übers Kinn und schaute mich nachdenklich an.

„Das bedeute aber nicht, das wir beiden kein großes Coming-Out haben können oder? Außerdem wissen es Jay und wahrscheinlich Nya, jetzt auch schon. Cole und Kai sowieso. Bleiben nur noch Pya und Zane", sagte Daith.

Ich schreckte innerlich auf.

„Moment mal woher wissen Jay und Nya denn Bescheid?", fragte ich.

„Jay hat es sich zusammen gereimt und ich habe es nicht abgestritten. Und so wie ich meinen Cousin kenne, erzählt er das brühwarm an seine Freundin weiter. Mit Cole hab ich darüber geredet, ob ich dir meine Gefühle gestehen soll und Daemon und ich hatten uns einmal vor Kais Tür lautstark gestritten. Daher weiß der es", zählte Daith an der Fingern ab.

„Oh man", stöhnte ich und legte meine Stirn auf den kalten Holzfußboden. Dass schon fast alle über unserer Beziehung Bescheid wussten hatte ich nicht vermutet.

Ich hob den Kopf wieder und sah Daith an.

„Wenn der richtige Moment dafür gekommen ist", sagte ich.

„Den richtigen Moment gibt es nicht und wenn, dann verpassen wir ihn auf jeden Fall", sagte er altklug.

Ich musste lächeln.

„Okay, dann warten wir auf die richtige Stimmung und Situation, ja?"

Das akzeptierte Daith.

Ich wandte mich wieder meinem Buch zu, schlug die nächste Seite auf und stieß auf eine Goldader.

„Daith, schnell, wir müssen alle in der Kommandozentrale versammeln", rief ich und eher er etwas erwidern konnte war ich schon auf und davon.

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