94|Das Leben ist unfair

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„Deal."

~

Ich war angetrunken.

Das erste Mal in meinem Leben. Eigentlich war das auch nicht beabsichtigt. Wir verbrachten zu viert den Tag und erstaunlicherweise war es erträglich. An der Außenbar des Hotels bestellte ich mir ein Cocktail ohne zu wissen, dass es Alkohol beinhaltete. Nach einigen Schlücken merkte ich wieso der Nachgeschmack so bitter war, doch trotzdem gestellte ich mir immer und immer wieder einen. Bis zum Nachgeschmack war es mega lecker! Erdbeere.

Alina machte sich jedes Mal über mich lustig, wenn ich mich versprach. Ich spürte auch wie das Alkohol die Überhand gewann, doch ich kämpfte dagegen an. Nach sechs Cocktails ließen sie mich nur noch Mineralwasser trinken. Oder vielleicht auch sieben.
Ich wusste es selbst nicht mehr.

Ich hatte Emin besser kennengelernt. Zum Beispiel fand ich heraus, dass er eine ältere Schwester hatte, Esma. Sie würde nächstes Jahr heiraten. Er schien recht vernünftig, aber es wirkte als würde er die gierige Seite in sich unterdrücken. Er und Alina verstanden sich besser. Eigentlich fand ich sie auch echt süß zusammen, aber immer, wenn ich ihr einen vielversprechenden Blick rüberwarf, schüttelte sie wie eine Rassel ihren Kopf.
Trotzdem gefiel mir der Gedanke, dass sie sich verlieben könnten. Emin war nicht hässlich, keineswegs und unausstehlich erst recht nicht. Es wunderte mich immer noch wie er sich mit meinem Bruder oder Kenan anfreunden konnte. Die beide waren absolut grimmig und überhaupt nicht humorvoll. Und dann kam Emin. Der lustigste Mensch auf Erden, nach mir natürlich. Aber auch nur, wenn ich Lust dazu hatte.

Ich taumelte herum und hatte ein Arm um Alina und Emin. Wir betraten die Lobby während ich vor mich hin lallte und eine unbekannte Melodie in meinem Kopf spielte. Ich kannte dieses Lied, doch mir fiel der Name nicht ein. Kenan sprach mit dem Mann an der Rezeption oder mit der Rezeption ich wusste es nicht.

„Denkt ihr ich muss Baran heute auch anrufen?", fragte ich die beiden und sah sie müde an. Es war schon zehn Uhr. Draußen wäre es stockdunkel, doch durch die vielen bunten Lichter war es wiederum heller als am Tag. Ich liebte Lichter bei Nacht. Das machte alles sofort so gemütlich.

„Auf gar keinen Fall! Ich rufe ihn schon für dich an.", meinte Alina und ich nickte hastig. Sie tat es. Sie würde es tun. Ich war müde. Ich wollte schlafen.

Kenan kam auf uns zu und deutete zum Aufzug.

„Lass Alina und die Dumme aufs Zimmer begleiten. Bring sie dann dazu, dass sie schläft.", befahl Kenan. Alina nickte und sie wollten mich zum Aufzug zerren, aber ich warf mich zurück.

„Nein! Ich will jetzt nicht schlafen!", wehrte ich mich und lachte,„Ich will tanzen! Lasst uns in Klubs gehen okay?" Kenan rieb sich die Stirn.

„Kind..", murrte er. Ich sah ihn wütend an und holte mit meinem Bein aus um ihn zu treten, aber ich stand zu weit weg um ihn zu treffen. Er runzelte die Stirn und sah mich herausfordernd an.

„Ich bin kein Kind!", meckerte ich. Innerlich kämpfte ich gegen das Alkohol um die Kontrolle über mich. Und gegen meine Müdigkeit.
Klar Denken konnte ich teilweise noch.
Oder?
Ja doch. Klar. Nope. Doch.
Ich konnte klar denken. Teils. Nein komplett.

Sie zerrten mich zum Aufzug und wir fuhren hoch zu unserem Zimmer. Ich fing wieder an zu summen. Welches Lied war das? Ich nickte mit dem Kopf in einem Takt. Kenan sah mich verstört an und hielt meinen Kopf fest. Weiterhin versuchte ich es, doch er verstärkte seinen Griff nur. Meine Wangen zerdrückte er dabei.

„Fass fich.", gab ich von mir. Er ließ mich tatsächlich los. Kenan war heute auch ganz lieb zu mir. Keine Streitereien. Paar Spitznamen, natürlich bloß nett gemeinte, aber mehr nicht. Das war toll. Es sollte immer so sein. Kenan war nett. Zickig, aber nett. Oder hatte ich es falsch bemerkt? War er doch scheiße zu mir? Ach ich wusste es doch nicht! Der Tag heute war doch schon so alt. Wie sollte ich mich daran erinnern was heute alles passierte?

Alina zog mich zu unserem Zimmer. Die Jungs sahen uns unsicher an. Sie wollten Alina nicht mit mir alleine lassen, dass merkte ich doch!

„Keine Sorge ich fick sie nicht.", versprach ich augenverdrehend und drückte sie gegen die geschlossene Tür,„Oh ups. Mach ma' Tür auf." Sie steckte die Schlüsselkarte ein und ich stieß mit dem Knie die Tür auf.
Während Alina weiterhin im Türrahmen stand und mit den Jungs redete sprang ich aufs Bett und landete auf dem Bauch.
Regungslos lag ich dort, quer überm Bett. Mein Kopf tat mir weh. Der Cocktail war trotzdem lecker. Langsam war ich zu müde um gegen den Nebel vom Alkohol noch die Atemmaske zu tragen. Sollte ich sie abnehmen?

Die Tür fiel zu und ich spürte wie Alina mir die Schuhe auszog.

„Also Madame.. Jetzt betrinkst du dich vor mir. Wer hätte das gedacht.", lachte sie. Wir hatten früher immer gewettet, wer zuerst trinken würde. Wir gingen alle, inklusive unserer Familien, von Alina aus, aber siehe da.
-Ich war es.
Das Leben war unfair. Alles wovon ich nicht ausging passierte. Obwohl.. Was war denn passiert? Nichts oder? Mein Leben ist wie früher. Alles ganz normal, ruhig und einfach cool. Richtig cool sogar. Schließlich war es mein Leben. He, ich war cool.

Ich drehte mich auf den Rücken, da es anstrengend wurde gegen die Decke zu atmen. Tief atmete ich durch und sah die Deckenlampe an.

„Wenn du jetzt hier liegen bleibst, dann gehe ich duschen okay?", stellte Alina klar und sah mich mahnend an,„Bleibst du hier?" Abwesend nickte ich. Weggehen, okay. Sie nickte noch einmal und ging schon ins Badezimmer.
Mit dem Zuschließen der Tür setzte ich mich auf. Welcher Tag war heute? Wie lange hatten wir hier noch? Ich griff mach meinem Telefon und sah auf meinen Kalender.
Unsere letzte Nacht. Morgen Früh war unser Rückflug. Ich hatte meine Mutter so vermisst!

„Seren!", rief Alina über das Badezimmer,„Bist du noch da?" Ich schaltete mein Telefon aus und steckte es in meine hintere Hosentasche.

„Nein!", rief ich zurück und stand auf. Ich zog mir meine Schuhe an. Ich hörte das Wasser laufen und ging taumelnd auf die Tür zu. Die letzte Nacht mussten wir doch nutzen! Ich ging zu den Treppen auf der anderen Seite und hopste zwei Etagen unter uns.

Die Jungs. Sie würden doch bestimmt mit mir feiern! Summend ging ich auf ihr Zimmer zu und klopfte wie eine Verrückte. Die Tür flog direkt auf und Kenan stand auch vor mir. Ich grinste breit, doch er kniff seine Augen zu Schlitzen und verschränkte seine Arme.

„Na Spasti?", fragte ich und schupste ihn an die Seite um ins Zimmer zu gehen,„Wo ist Emin?" Ich sah mich im Zimmer um. Alles unter Klamotten und schmutzigen Tabletten. Das Mondlicht schien in den Raum. Keine Lampe an nur im Badezimmer.

„Er ist zur Apotheke. Hat Kopfschmerzen.", antwortete er mir. Ich drehte mich blitzschnell um. Kenan stand dicht hinter mir. Ich verlor mein Gleichgewicht und war kurz davor umzufallen. Ich ließ einen Schrei aus, doch anstatt hinzufallen hielt Kenan mich an den Armen fest und zog mich sofort an sich. Ich knallte gegen ihn und meine Nase berührte seinen Kinn.

„Woah..", flüsterte ich und sah ganz langsam hoch in seine Augen. Er sah mich bewundernd an.

„Ich mag dich nh?", flüsterte ich und ließ nicht von seinen Augen ab,„Wenn du halt das Arschloch in dir unterdrückst und die Fresse hälst." Er verdrehte seine Augen. Ich lachte auf, doch legte meine Arme um seine Schultern. Ich verlor den Kampf.

Leute die Körpernähe kommt doch erst im nächsten Kapitel. Das alles wurde zu viel in einem. HAHAHA
Würde mich trotzdem sehr über Feedback freuen. ❤️❤️

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