104|heimliche Post

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„Was willst du?", fragte ich lustlos und stellte mich aufrecht hin. Er überlegte gar nicht lange. Wie aus der Pistole geschossen kam die verrückte Idee:„Ich will, dass du-.."

~

„Ich will, dass du meine Dienerin spielst. Dein Outfit lasse ich dir noch zuliefern.", sagte er. Ich runzelte die Stirn und verschränkte meine Arme vor der Brust.

„Wie bitte?", hakte ich nach. Hatte ich richtig verstanden? Seine Dienerin?

„Du wirst für vierundzwanzig Stunden bei mir bleiben und alles tun was ich will ohne frech zu werden.", formulierte er es anders. Ich lachte spöttisch auf.

„Dir reicht dein Machtgefühl an sich noch nicht oder?", fragte ich belustigt und zeigte auf ihn,„Was für ein Ego hast du?" Er zuckte amüsiert mit den Schultern. Ich schüttelte den Kopf.

„Nein. Nein ich mach das nicht.", weigerte ich mich, doch er nickte bloß wie ein Irrer weiter und kniff in meine Wange.

„Ich erwarte dich morgen in deinem Outfit um sechs vor dem Eingang.", ignorierte er meine Ablehnung und verschwand. Ich stand weiterhin dort und ging dieses Gespräch nochmal durch. Seine Dienerin. Ganz sicher. Pff. Er konnte mich mal.

[...]

„Doch wir werden über Weihnachten zu euren Großeltern fahren. Das machen wir jedes Jahr also wieso meckert ihr? Es ist unnötig.", sagte meine Mutter. Baran verdrehte seine Augen.
Nicht falsch verstehen. Wir liebten unsere Großeltern, doch sie waren nun mal alt. Früher war es ja noch lustig, da konnten wir noch so viel mit ihnen spielen, doch heute wollten weder sie noch wir spielen.
Außerdem versammelten sich auch all unsere anderen Verwandten dort und das konnte ich nicht ab. Ich liebte meine Familie, aber so viel Familie auf einmal verkraftete ich nicht.
Die ständigen Fragereien um einen Freund und seit neustem sogar nach der Ehe. Ich war doch erst zwanzig! Heutzutage heiratete man sehr selten in diesem Alter.

„Aber-..", versuchte ich dem Ganzen zu entkommen, doch meine Mutter sah mich bedrohlich an und stach in ihren Salat.

„Kein Aber Seren. Wir werden dorthin fahren und gut ist. Wenn ihr weiterhin so rumzickt, dann bleiben wir übers ganze Wochenende.", mischte unser Vater sich ein. Ich sah zu Baran, der unterworfen die Achseln zuckte.
Wenn Baran auch aufgab, dann gab es keinen Grund mehr fürs Diskutieren.

Wir aßen unser Essen, in einer angespannten Stimmung und ich half meinem Vater beim Spülen. Meine Mutter ging mit Alinas Mutter in die Stadt und Baran tauchte bei Erkan unter. Somit blieben mein Vater und ich alleine.
Wir redeten über mein Studium und über die Kanzlei. Er war schlimmer als meine Dozenten.

„Irgendwann musst du ja noch ein Praktikum machen.", sagte er streng und ich nickte,„Das wirst du sowieso bei uns machen also da hast du auch keine andere Wahl." Ich nickte erneut. Dieses Arbeitszimmer wurde mir zu warm.

„Babaçım..", fing ich mit einen Grinsen an und legte meine Hände auf seine,„Ich bin müde weißt du das?" Er sah irritiert auf seine Armbanduhr.
(Mein Papa..)

„Es ist erst fünf Uhr.", meinte er. Ich nickte und machte einen ahnungsvollen Gesichtsausdruck, der sagen sollte, du-musst-das-verstehen. Er seufzte und machte eine Handbewegung, dass ich gehen sollte.

„Jaja. Ich soll euch großziehen, damit ihr bloß vor mir abhaut.", fuhr er die Mitleidsschiene. Ich umarmte ihn und drückte ihm einen langen Kuss auf die Wange.

„Ich bin schon immer vor dir abgehauen.", sagte ich und er schupste noch sofort von sich.

„Raus hier. Gözüm görmesin seni. Ich werde dich verheiraten und du wirst hier ausziehen.", versuchte er streng zu wirken und sah strikt zur Tür mit ausgestrecktem Arm. Ich lachte und öffnete sie.
(Meine Augen sollen dich nicht sehen.)

„Aber dann bitte an einen schönen Mann. Ich will ja auch was davon haben. Du kriegst das Geld und ich ihn.", provozierte ich ihn.

„Seren!", fauchte er mit lauter Stimme und sah mich nun ängstlich als auch wütend an. Ich lachte bloß weiter und schloss die Tür hinter mir. Geradewegs steuerte ich auf mein Zimmer zu, doch die Tür klingelte. Mit dem Gedanken es wäre Baran oder meine Mutter ging ich runter und öffnete die Tür.
Vor mir ein Postbote mit einer quadratischen Box.

„Seren Bulut?"

„Ja?"

„Ich bitte Sie hier zu unterschreiben.", sagte der junge, schlanke Mann und streckte mir das kleine Apparat hin. Was war das? Ich unterschrieb und nahm das Paket entgegen.

„Schönen Abend.", sagte er steht's freundlich und drehte um. Verwirrt suchte ich auf dem Paket nach einem Absender, doch da stand nichts. Wie brachte der das dann zu mir?

„Ihnen auch..", murmelte ich und schloss die Tür. Ich ging hoch in mein Zimmer und griff in mein Etui für eine Schere. Vorsichtig schnitt ich das Klebeband weg und setzte mich auf mein Bett. Ich öffnete es und ein weißer Stoff erschien. Langsam zog ich es hinaus und machte riesige Augen als ich auf das Shirt sah.
Nein. Das war doch ein Scherz.
Ein Foto auf dem Shirt. Ein Foto von Kenan auf dem er breit grinste und auf sich selbst zeigte. Über dem Foto ganz fett und erkennbar: »Kenan unser Held und König«

Lauthals fing ich an zu lachen. Das war doch ein schlechter Witz. Mein Blick schweifte wieder in die Box. Ein kleiner Zettel befand sich noch darin. Ich kramte es hinaus und faltete es auf.

»Ich habe mich doch gegen dein Kostüm entschieden. Das hier wirkte viel schöner. Gefällt dir bestimmt auch. Das wirst du tragen und wenn du es nicht trägst, ich habe noch ein zweites davon. Ich freue mich auf unsere gemeinsame Zeit, Dienerin oder auch Knecht. Mal schauen was mir besser gefällt. -Kenan«

Ich legte den Zettel zurück und schüttelte den Kopf.
Nein. Das tat ich nicht.
Der war doch verrückt! Das konnte er vergessen. Niemals. Nicht mal über meine Leiche. Keineswegs! Nein.

Sorry, dass dieses Kapitel erst so spät kommt, aber irgendwie hatte ich keine Zeit gehabt. 😅😅👀
Seren weigert sich, aber wird sich Kenan durchsetzen können?😴😴

ALL I HATEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt