113|alte Zeiten

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„Ne ne.. Das wäre keine so gute Idee.", meinte er und sah überlegend umher,„Ah! Ich weiß was. Zieh dir deine Jacke an." Er stand auf und griff in seinen Kleiderschrank während ich neugierig meine aus Alinas Zimmer holte und wir zusammen das Haus verließen.

~

Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich sah zu ihm. Er grinste breit und sah stolz vor uns.

„Kannst du dich erinnern?", fragte er. Ich nickte hastig.

„Wie könnte ich nicht?", stellte ich als Gegenfrage und umarmte ihn fest,„Ich dachte ihr hättet alles vergessen!" Ich löste mich von ihm und kniff ihm in die Wangen. Er kniff seine Augen zu und versuchte meine Hände von sich zu bekommen.

„Niemals! Das ist unsere Kindheit. So viele Erinnerungen.", meinte er und bekam meine Hände los, doch hielt meine Hand weiter fest und zog mich auf den Spielplatz.
Es war ein ganz gewöhnlicher Spielplatz, aber es war unser Spielplatz. Nicht wirklich unser, aber wir hatten hier jeden Tag nach der Schule gespielt. Hier wurden die größten Geheimnisse ausgetauscht, Versprechen gegeben und Konflikte gelöst.
Hier verging die größte Zeit unserer Kindheit.

Wir rannten auf die Schaukeln zu und Erkan stieß mich an, dass ich ganz hoch schaukelte. Das kleine Mädchen neben uns sah erstaunt zu mir hoch, wie meine Haare hin und her wehten und ich fast davon fiel.

„Soll ich dir auch Anschwung geben?", fragte er sie. Ich schaukelte weiterhin ganz hoch und sah zu, wie sie hektisch den Kopf schüttelte.

„Nur ganz bisschen. Nicht so hoch wie sie.", fügte er noch hinzu. Etwas unstimmig sah sie zu mir und ich lachte.

„Er verspricht aufzuhören, wenn du willst.", versprach ich für ihn und sie sah ihn mit großen Augen an. Er nickte und sie setzte sich mit einem breiten Lächeln hin und wartete.

„Bereit?", fragte Erkan und zog sie nach hinten und sie nickte. Er stieß sie an und sie ließ einen Freudenschrei aus, der auch andere Kinder auf uns aufmerksam machte. Eine weitere Schaukel neben mir war noch frei. Sofort rannte eine Gruppe aus fünf Kindern dahin uns stritten sich um den Platz.

„Aber Kinder! Immer mit der Reihe. Wer ist hier am jüngsten? Hmm.. Du oder?", übernahm Erkan und sah spielerisch streng zu ihnen. Er kniete sich zu einem kleinen Jungen, der um die zwei sein sollte. Der Kleine nickte und hielt seinen Kuschelhasen nah an seine Brust.

„Möchtest du auch darauf?", fragte Erkan und zeigte auf die freie Schaukel. Ich wurde langsamer, weil zu viele Kinder in meiner Nähe waren und ich Angst hatte sie treffen zu können. Der Junge schüttelte den Kopf und zeigte auf mich.

„Sie!", sagte er. Erkan sah zu mir und ich hielt an.

„Willst du auf meinen Schoß?", fragte ich. Er nickte. Erkan sah mich abwartend an und grinste. Ich seufzte mit einem Lächeln und klopfte auf meinen Schoß. Der Junge rannte voller Freude zu mir und ich setzte ihn drauf.

„Okay dann.. Du! Du kommst dann hier drauf und dann wird gewechselt.", bestimmte Erkan weiter und wählte einen anderen Jungen aus, der schon um die sieben sein müsste. Ich schaukelte ganz langsam mit dem Kleinen auf meinem Schoß während das Mädchen so hoch schaukelte wie es nur ging und glücklich herum kreischte. Der andere Junge schaukelte in Seelenruhe weiter und sah immer wieder zu mir um das selbe Tempo beizubehalten.

Immer wieder wechselten die anderen beiden, doch ich blieb jede Runde mit dem kleinen Jungen auf der Schaukel. Während alle schaukelten kam Erkan von hinten zu uns und stieß uns an.

„Wer hätte gedacht, dass wir wieder so viel Spaß hier haben werden?", fragte er glücklich. Ich atmete zufrieden aus.

„Keiner.", antwortete ich lachend und der Kleine lachte mit. Ich sah zu ihm und strich über seinen Bauch.
Er legte seinen Kopf zurück auf meine Brust und ich sah zu Erkan, der breit grinste.

„Wir müssen unbedingt auch mit Baran und Alina hierherkommen. Alte Zeiten wieder aufleben lassen.", erinnerte er mich an die Beiden. Ich nickte. Oh ja. Vor allem, jetzt wo wir uns alle wieder gut verstanden.
Wie in alten Zeiten.

Irgendwann verließen wir die Schaukeln und gingen auf das Karussell zu. Erkan setzte sich zu den Kindern und ich gab mit den älteren Kindern Anschwung. Sie kreischten alle herum und warfen ihre Arme in die Luft. Erkan lachte herzhaft auf.

Er war der perfekte Mensch.
Hatte so ein reines Herz und tat niemandem etwas schlechtes. Erkan sprach über seine Probleme und versuchte immer einen Ausweg zu finden. Er war immer der Streitschlichter und der Ruhige unter uns. Niemals würde er seinen Freunden in den Rücken fallen. Hinterhalt ist ein Fremdwort bei ihm. Er war der Vernünftigste, dem ich jemals begegnet war. Echt schade, dass ich mich nicht in ihn verliebt hatte oder er in mich.
Jedes Mädchen würde sich Erkan wünschen, doch für mich war er wie ein großer Bruder, mein Kindheitsfreund.
Auch das reichte mir. Ein wirklich wichtiger Teil meines Lebens war er.
Wir. Unsere kleine Gruppe.

Die Kinder rannten umher und fielen auf den Boden, weil sich alles drehte. Erkan kam zu mir und hielt sich an mir fest während ich bloß auflachte.

„Na bist du besoffen?", fragte ich ihn. Er nickte und lachte.

„Total!", gab er ironisch von sich und sah fokussiert nach an mir vorbei. Er hob seine Hand und winkte jemandem zu. Ich drehte mich um. Emin und Lara kamen launisch auf uns zu. Erkan entfernte sich etwas von mir und klatschte bei Emin ein. Ich umarmte Lara und auch Emin. Erkan umarmte Lara auch, die dann ihren Arm um seinen Becken behielt und er seine Hand um ihre Schulter.

„Was ist los? Ihr seht mies aus.", fragte ich strikt hinaus. Lara lachte kurz auf.

„Dankeschön Seren. Du bist so lieb wie sonst auch immer.", meinte sie. Ich sah sie mit einem Grinsen an und sie warf mir einen Luftkuss zu.

„Ist nichts großes nur-..", fing Lara an und sah zu Emin. Er sah von seinem Telefon ab zu mir.

„Kenan ist weg.", beendete er ihren Satz. Ich zog meine Augenbrauen zusammen. Na und? Er war ein erwachsener Mann, teilweise. Kenan konnte schon auf sich selbst aufpassen.

„Er taucht schon auf.", winkte ich ab. Lara zuckte mit den Schultern und löste sich von Erkan, der beide skeptisch musterte.

„Seit wann ist der denn weg?", fragte er. Emin kratzte sich am Nacken und überlegte.

„Koray meinte, heute Morgen wäre Kenan schon nicht da gewesen.", erzählte Emin uns. Ich sah zu Erkan, der ratlos umhersah und mit den Schultern zuckte.
Wieso sollte er mitten in der Nacht einfach abhauen? Welchen Grund hätte er dazu?
Zuletzt sah ich ihn gestern in der Universität, als wir stritten.

„Da wäre ja eigentlich nichts dabei.", lockerte Lara die Situation etwas und sah flüchtig auf ihr Telefon,„Nur hat Kenan morgen Geburtstag und wir wollten rein feiern." Erkan sah ahnungsvoll auf als hätte sie ihn daran erinnert.

„Er hat Geburtstag?", fragte ich. Lara nickte und Emin lachte kurz auf.

„Ja Seren. Kenan hat auch einmal im Jahr Geburtstag.", antwortete er überflüssig. Ich verdrehte meine Augen und verschränkte meine Arme vor der Brust.

„Er wird schon auftauchen.", nahm ich das alles auf die leichte Schulter und sah wieder zu Erkan,„Sollen wir langsam gehen?"

„Geht ihr. Wir schauen noch bisschen herum ob wir ihn irgendwo finden können.", sagte Emin,„Vielleicht liegt er betrunken in einer Gasse." Lara lachte kurz und mein Mundwinkel zuckte hoch, doch das war kein Stück lustig. Sowas wäre traurig.

Kenan ist weg und hat Geburtstag.
Ob er noch rechtzeitig auftaucht und wenn wo? 🤔
5/10

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