„Mach ich dich nervös?" fragte er und ließ grinsend von mir ab. Ich antwortete nicht. Je mehr Abstand ich zu ihm gewann desto ruhiger wurde mein Herzschlag.
„Hast du jetzt alles? Ich hab Hunger" sagte er und ging in mein Schlafzimmer. Ich atmete die angehaltene Luft in einem zug wieder aus und suchte dann weiter meine Sachen zusammen.
„Ich brauch nur noch mein..."
„Ladekabel?" vervollständigte er meinen Satz und hielt mir das weiße Kabel vor die Nase.
„Ja" murmelte ich verdutzt, und wieder grinste er vor sich hin.
„Gut dann los" er legte seine Hand auf meinen Rücken und schob mich zur Tür.
„Warum hast du es so eilig?" fragte ich leicht gestresst.
„Weil ich Hunger hab. Und wenn ich richtig krass Hunger habe, kann ich ziemlich ungemütlich werden" er zwinkerte mir zu und schlenderte dann wieder ins Treppenhaus. Ich schloss meine Tür ab und wollte wieder zu ihm rüber, aber er stellte sich mir den in Weg.
„Schlüssel"
„Was?"
„Gib mir deinen Schlüssel" wiederholte er und sah mich auffordernd an.
„Das ist doch unnötig" sagte ich und wollte an ihm vorbei, doch er hielt mich am Handgelenk fest.
„Weißt du was unnötig ist?" Mit einem Ruck zog er mich noch näher zu sich, sodass ich mich an ihm fest halten musste um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
„Dass du immernoch denkst du könntest irgendetwas entscheiden" flüsterte er und ließ mich scharf die Luft einziehen, als er seine Hand in meine Hosentasche schob um den Schlüssel heraus zu nehmen. Er steckte ihn in seine Tasche und schloss dann seine Wohnung auf.
„Jetzt spring unter die Dusche und dann gehen wir was essen." rief er und zündete sich in der Küche eine Kippe an. Schweigend verstaute ich meine Sachen im Schlafzimmer und machte mich dann auf den Weg ins Badezimmer. Ich verriegelte die Tür und atmete erleichtert auf. Endlich allein. Enspannt rutschte ich aus meinen Klamotten und warf sie achtlos in eine Ecke. Vorsichtig stieg ich unter die Dusche und ließ das kühle Wasser über meine Haut laufen. Es war mega angenehm, da es ziemlich warm draußen war. Als ich fertig war wickelte ich meine nassen Haare in ein kleines Handtuch und stieg dann wieder aus der Dusche heraus. Ich wollte ungern die gleichen Sachen wie gestern tragen, hatte aber vergessen mir andere mit ins Bad zu nehmen. Ich hatte nur frische Unterwäsche mitgenommen. Auch wenn sich alles in mir dagegen sträubte, ich musste wohl oder übel schnell im Handtuch raus flitzen und die anderen Sachen aus meiner Tasche holen. Wenn ich Glück hatte würde Samra ja sowieso in der Küche sitzen und eine nach der anderen rauchen. Ich öffnete die Tür ganz langsam einen kleinen Spalt, konnte ihn aber nicht sehen. Gut, die Luft war rein. Erleichtert trat ich Barfuß aus dem Bad und wollte mir die Sachen holen, als ich ihn plötzlich auf dem Bett sitzen sah.
„Oh mein Gott!" rief ich erschrocken und griff schnell nach meinem Handtuch, da es mir beinahe vom Körper gerutscht wäre.
„Was vergessen?" Er grinste dreckig und checkte mich immer wieder von oben bis unten ab.
„Kannst du bitte damit aufhören?" fragte ich beschämt und spürte die Röte, die in mein Gesicht schoss.
„Warum sollte ich?" hauchte er in mein Ohr, als er an mir vorbei schlenderte. Wieder drohte mein Herz sich zu überschlagen. Schnell schnappte ich mir die Klamotten und rannte dann wieder ins Bad. Mit einem kurzen klick schloss ich die Tür ab und stand für ein paar Minuten mit dem Rücken an die Tür gelehnt da. Auf was ich in dem Moment wartete wusste ich irgendwie auch nicht. Vor dem Spiegel ließ ich das Handtuch fallen und betrachtete meinen Körper. Mein Arm sah schlimm aus. Ich traute mich gar nicht, ihn anzufassen. Am liebsten hätte ich einfach einen Pullover übergezogen und dann wäre alles gut gewesen. Aber draußen waren es locker 25 Grad, in einem Pullover würde ich dann auch ohne K.O. Tropfen umfallen. Dieses dämliche Zeug. Erst der ekelhafte Typ in der Shisha bar, und jetzt Leyla. Was wäre passiert, wenn Samra nicht herausgefunden hätte dass ich mich mit ihr getroffen habe? Und Valdislav. Wusste er, wer sie wirklich war? Hatte er mich absichtlich ins offene Messer laufen lassen? Oder wusste er es wirklich nicht?
„Josy ich hab mega Hunger. Wenn du nicht in zwei Minuten vor mir stehst sperr ich dich wirklich hier ein und geh alleine" rief Samra von draußen und klopfte gegen die Tür. Eilig zog ich mir eine kurze Hose und ein Top an, ließ meine Haare offen damit sie an der Luft trockenen konnten und ging dann aus dem Badezimmer heraus.
„Na endlich, ich dachte schon du bist wieder umgefallen" scherzte er.
„Willst du echt so rausgehen?" Er wies auf mein Top und auf den blau unterlaufenen Arm.
„Es ist warm draußen." antwortete ich nur schulterzuckend und zog meine Schuhe an.
„Dann wunder dich nicht wenn dich alle angucken" murmelte er und folgte mir.
„Ich kann da nix für. Achso, kann ich bitte mein Handy wieder haben?" Ich schaute ihn mit großen Augen an und setzte alle Hoffnungen darauf, dass er es mir wieder gab.
„Ich weiß nicht. Khalil könnte nochmal anrufen."
„Samra bitte" flehte ich und nahm seine Hand. Er schaute kurz auf die Stelle, an der unsere Körper sich berührten und dann wieder zu mir.
„Okay" willigte er ein und verschwand kurz in der Küche. Kurz darauf kam er wieder und hielt mein Iphone in der Hand.
„Danke" sagte ich und wollte es nehmen, aber er hielt es hoch, sodass ich fast gegen ihn stolperte.
„Du sagst mir Bescheid wenn irgendetwas komisch ist. Keine Geheimnisse, keine Fluchtversuche, kein irgendwas. Mach einfach das was ich dir sage, kapiert?" Ich nickte zustimmend und er gab mir das Telefon wieder. Sofort entsperrte ich es. Ich hatte mehrere Nachrichten von Vladislav. Sofort öffnete ich unseren Chat und las.Baby alles gut?
Kannst du dich bitte melden wenn du wach bist?
Es tut mir leid dass ich nicht da sein kann. Aber heute Abend nehme ich mir alle Zeit der Welt für dich, versprochen
„Wo ist Vladislav?" fragte ich Samra, der mit seinen Schnürsenkeln beschäftigt war.
„In Florenz mit Sergen. Die drehen dieses 24h Musikvideo dings bums...keine Ahnung er wollte heute Abend wieder kommen. Ach fuck!" Fluchte er und stampfte auf.
„Was ist los?" fragte ich verwirrt und nahm vorsichtshalber ein wenig Abstand.
„Da ist so ein behinderte Knoten der nicht auf geht" meckerte er. Ich verdrehte kurz die Augen und hockte mich dann vor seine Füße.
„Was machst du da?" fragte er verdutzt und zog seinen Fuß weg, aber ich holte den Abstand wieder ein.
„Dir helfen. Sowas machen Freunde füreinander." sagte ich und versuchte den Schnürsenkel zu entknoten. Als ich es geschafft hatte band ich eine Schleife und steckte sie dann unter die Lasche, wie bei dem anderen Schuh.
„Siehst du? Mit Geduld geht alles." freute ich mich und grinste ihn triumphierend an. Er betrachtete kurz mein Werk und lächelte dann ebenfalls kurz auf.
„Gut gemacht, Prinzessin" lobte er und tätschelte meinen Kopf.
„Sag das nicht immer"
„Was, Prinzessin? Soll ich dich lieber Nervensäge nennen?" grinste er schelmisch.
„Wie wäre es, wenn du mich einfach Josy nennst?"
„Nä das ist langweilig." er winkte ab und ging dann raus.„Warum hat mir Vladislav nichts davon erzählt, dass er nach Florenz geht?" fragte ich nachdenklich, als wir im Auto saßen und die Klimaanlage mich angenehm abkühlte.
„Weil das eigentlich anders geplant war. Sergen hatte das für nächste Woche gebucht, aber das Hotel hatte dann kurzfristig angerufen ob sie das nicht sofort machen könnten weil dann nächste Woche auf einmal doch nicht mehr frei war. Und dann sind die beiden los."
„Aber er hat mir auch nicht geschrieben dass er dort ist. Er hat nur gesagt dass er heute Abend wieder kommt und ich mich melden soll wenn ich wach bin" hakte ich weiter nach.
„Hast du dich bei ihm gemeldet?" fragte er autoritär und schielte zu mir herüber.
„Nein...noch nicht" gestand ich. Er zischte ein paar mal und schüttelte verständnislos mit dem Kopf.
„Dann mach jetzt. Er macht sich Sorgen."
„Weil ich bewusstlos war oder weil er nicht wusste ob du mich am Leben lässt?"
Er wollte antworten, verstummte dann aber wieder.
„Beides" gab er nur von sich und konzentrierte sich dann wieder auf die Straße.
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Mademoiselle
FanfictionJosy begegnet zwei Menschen, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellen - und das nicht gerade auf die gute Weise. Zum einen Capi, der sie wegen seiner kriminellen Geschäfte immer wieder alleine lässt, und zum anderen Samra, der sie wie Dreck beha...