Part 122 ~ Anders

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Ich hatte mega unruhig geschlafen, weil meine Hand dauernd anfing zu hämmern. Dennoch drehte ich mich jedes mal wieder um und schlief irgendwie wieder ein, bis ich irgendwann endgültig wach wurde. Ich stand auf und schlenderte zum Bad, während ich mich in alle Richtungen streckte. Josys Tür stand immernoch auf. Vielleicht war sie ja noch am Pennen. Ich ging ins Badezimmer und putzte mir die Zähne. Danach versuchte ich irgendwie zu duschen, ohne dass der Verband nass wurde. Mit einer Hand ging das echt beschissen. Irgendwie schaffte ich es, mir das Handtuch umzuwickeln und trat aus der Duschkabine.
"Guten Morgen.", sagte Josy freundlich, während sie sich ihre Haare kämmte. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie reingekommen war.
"Moin.", sagte ich und ging an ihr vorbei.
"Wenn du Hilfe brauchst, sag  bescheid.", sagte sie und schaute mich mit ihren grünen, strahlenden Augen an.
"Ich brauche keine Hilfe.", motzte ich und zog dann nach draußen. Schmerzerfüllt strengte ich meine Hand an, als ich mich anzog. Ausziehen war definitiv leichter, als anziehen. Aber ich bekam es hin. Warum auch nicht. Ich nahm mein Handy und ging dann runter in die Küche, wo Josy bereits Kaffee gemacht hatte.
"Setz dich mal hin.", bat sie mich und wies auf den Stuhl am Küchentisch.
"Warum, hast du was ausgefressen?", fragte ich sofort alarmiert und baute mich auf.
"Nein, ich will den Verband neu machen.", sagte sie ruhig und hielt eine Mullbinde nach oben.
"Achso.", entgegenete ich und setzte mich. Sie nahm sich eine Schere aus der Schublade und fing dann ganz langsam an, den Stoff zu durchtrennen. Als sie den Verband abhatte und die blutigen Kompressen entfernt waren, sah ich die vier kleinen Fäden in meiner Handfläche. Sie waren transparent, und somit schwer zu erkennen. Aber sie waren da. Als sie mit Desinfektionsmittel ankam und drauf sprühen wollte, schnappte ich ihr Handgelenk und hinderte sie somit daran. Sofort spürte ich ihren beschleunigten Puls. Sie musste sich unglaublich zusammenreißen, um nicht zu zittern.
"Wenn du mir weh tust, werde ich sauer.", drohte ich und schaute sie eindringlich an.
"Das ist ohne Alkohol, das brennt nicht. Versprochen.", beruhigte sie mich vosrichtig und ich ließ sie wieder los. Seit dem Vorfall gestern hatte sie mir noch nicht einmal wiedersprochen. Egal was ich sagte, sie nahm es hin. Das war ungewöhnlich.
"Warum bist du so zurückhaltend?", fragte ich sie, als sie den frischen Verband um meine Hand wickelte.
"Ich bin ganz normal.", sagte sie nur neutral und machte weiter.
"Nein, bist du nicht. Egal wie scheiße ich dich behandel, du sagst nichts. Sonst hattest du doch auch große Fresse? Was los auf einmal?", fragte ich und merkte, wie sie wieder nervös würde.
"Samra, es ist nichts. Ich will dir nur helfen, okay?" antwortete sie erneut und war dann auch schon fertig.
"Du lügst." Ich stand auf, und augenblicklich wich sie vor mir zurück.
"Du hast irgendwas. Ist es, weil mir die Hand ausgerutscht ist?", fragte ich sie, während ich ihr die Möglichkeit zum ausweichen nahm.
"Antworte.", forderte ich zischend, während sie an der Kühlschranktür lehnte und sich am Griff festklammerte.
"Hör auf.", sagte sie leise, während sie auf den Boden blickte.
"Ich will eine Antwort.", widerholte ich mich und zwang sie, mich anzuschauen.
"Ich will aber nicht antworten.", protestierte sie. Genau das, was ich vermisst hatte. Ich lächelte kurz und ließ dann wieder von ihr ab.
"Hör zu, das gestern war wirklich keine Absicht. Ich wollte dich nicht schlagen. Ich hab halt einfach rot gesehen.", entschuldigte ich mich erst und nahm mir dan Kaffee. Sie antwortete weiterhin nicht, sondern beobachtete nur vorsichtig meine Bewegungen.
"Hast du Capi bescheid gesagt?" Sie nickte kurz als antwort, und entspannte sich langsam wieder.
"Er wollte sofort herkommen. Aber ich hab gesagt, dass wir alles im Griff haben.", erklärte sie und nahm sich ebenfalls Kaffee.
"Gut. Mach dich fertig, wir fahren dann weg. Ich will neues Auto kaufen.", warf ich ihr zu und verschwand dann nach oben in mein Zimmer.

"Bist du fertig?", rief ich, während ich mir meine Bauchtasche umlegte. ich ging zu ihrem Zimmer und klopfte dann an ihre Tür, die einen Spalt geöffnet war.
"Ja.", hörte ich eine zarte Stimme und drehte mich um. Sie stand hinter mir und schaute mich kleinmütig an.
"Gut, dann komm.", sagte ich nur und sie folgte mir nach draußen. Sie verhielt sich während der gesamten Autofahrt ruhig. Ich hatte zwar immer noch schmerzen, konnte aber trotzdem fahren. Nach einiger Zeit kamen wir im Autohaus an, und ich parkte meinen Wagen direkt davor. Wir stiegen aus und sie lief mir stumm hinterher.
Ich hatte schon genau geplant, welchen Wagen ich mir aussuchen würde. Nach der ganzen harten Arbeit wollte ich mich einfach mal selbst belohnen. Immerhin war es kein leichter Weg, um dahin zu kommen, wo ich jetzt war.

"Dann machen wir alles fertig, und sie  können den Wagen morgen abholen.", sagte der Autohändler zu mir und reichte mir die Hand.
"Sehr gut, so machen wir das.", sagte ich freundlich und verabschiedete mich von ihm. Während ich nach meinem Auto gesucht hatte, war mir gar nicht aufgefallen, dass Josy nicht mehr bei mir war. Ich schaute mich um, aber ich konnte sie nirgendwo sehen. Fuck.
"Josy?", brüllte ich durch das gesamte Autohaus, aber ich bekam keine Antwort. Kurzerhand entschloss ich mich, die Frau am Thresen einfach zu fragen.
"Entschuldigen sie, aber haben sie ein junges Mädchen gesehen? lange, dunkle haare und grüne Augen? Sie hatte eine blaue Jeans und eine weiße Bluse an, und war ein ganzes Stück kleiner als ich."
"Ja, sie hat mich eben nach den Toiletten gefragt. Gehen sie einfach den Gang hinter, auf der rechten Seite sind die Toiletten. Da müsst sie eigentlich jeden Moment rauskommen.", erklärte die Dame freundlich und wies auf den Gang, der sich rechts hinter ihrem Thresen befand. Angespannt ging ich ihn entlang und betete, dass sie sich noch da drin befand. Ohne großartig darüber nachzudenken riss ich einfach die Tür auf und stampfte in den Vorraum.

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