"Ich hab eigentlich gar keinen Hunger.", sagte ich zu Granit, als wir gemeinsam nach unten zum Frühstück liefen.
"Essen musst du aber. Wenistens ein bisschen.", bat er sanft, als wir den großen Raum betraten. Hier hatten sich bereits andere Hotelgäste eingefunden, die sich an den Tischen verteilt hatten und entspannt ihr Frühstück in sich rein stopften.
"Als Yacine gestern von einer guten Quelle geredet hat...meinte er dich damit?", fragte ich den Albaner, als wir in der Reihe standen und mit unserem Teller in der Hand warteten, bis es weiter ging.
"Ich werde dir definitiv nichts verkaufen, Josy.", flüsterte er direkt streng und schaute mich mit mahnendem Blick an.
"Darauf wollte ich doch auch gar nicht hinaus."
"Sondern?"
"Ich wollte nur wissen, ob er dich meint.", sagte ich unschuldig. Er drehte sich wieder mit dem Rücken zu mir und legte sich zwei Brötchen auf seinen Teller, bevor es weiter ging.
"Nimmst du das selber, oder verkaufst du nur?", versuchte ich erneut ein Gespräch anzufangen.
"Zemër, lass uns nicht hier darüber reden, okay?", antwortete er streng, gab sich aber sichtlich Mühe nicht so hart zu klingen. Erst als er nach links sah bemerkte ich, dass uns so ein Ehepaar die ganze Zeit anstarrte. Die Frau nuschelte irgendetwas unverständliches, und zog dann kopfschütteld ab.
"Sehe ich heute irgendwie komisch aus?", fragte ich den jungen Mann vor mir verwirrt, der sich mit einer hochgezogenen Augenbraue zu mir umdrehte und mich musterte.
"Nein, du bist wunderschön. Komm jetzt.", sagte er und holte den Abstand zur Schlange wieder ein.
"Also.", setzte Granit an, als wir uns gegenüber an einen Tisch saßen.
"Also?"
"Weiß nicht direkt. Aber grün geht ab und zu klar.", sagte er mit ruhiger Stimme, bevor er in sein Brötchen biss.
"Hä? Achso, klar.", sagte ich schnell und tat es ihm gleich. Zuerst wusste ich nicht was er meinte, aber dann fiel mir meine Frage von eben wieder ein. Er betrachtete mich kauend, während ich mich darauf konzentrierte bloß nichts falsch zu machen.
"Warum bist du so nervös?", fragte er, als mir das Messer beinahe aus der Hand rutschte.
"Bin ich nicht.", murmelte ich und führte meine Mission fort. Ich versuchte seinen auf mir liegenden Blick zu ignorieren, aber genau das ließ meine Hände noch unkontrollierter arbeiten.
"Mach ich dich etwa nervös?", grinste er und schob sich sein Frühstück in den Mund.
"Ich bin nicht nervös.", widerholte ich mich. Passend wie immer fiel mir dann natürlich der Löffel aus der Hand, mit dem ich gerade meinen Kaffee umrühren wollte.
"Ach komm.", meckerte ich den Löffel voll und bückte mich, um ihn aufzuheben. Als ich wieder hoch kommen wollte unterschätzte ich den Abstand zur Kante und stieß mir zur Krönung noch den Kopf, sodass der ganze Tisch wackelte. Fluchend rieb ich mir den Schädel und warf Granit einen bösen Blick zu, der sich vor Lachen kaum halten konnte.
"Was ist heute los mit dir?", fragte er amüsiert und nippe an seinem Kaffee.
"Ist nicht mein Tag, glaube ich.", murmelte ich genervt.
"Ja, ich merks.", antwortete er immernoch grinsend und aß dann in Ruhe weiter.
"Weißt du, wann sie mich holen?", fragte ich den Mann gegenüber von mir, nachdem ich es endlich mal fertig gebracht hatte mein Brötchen zu essen.
"Nein. Aber anscheinend ziemlich bald.", sagte er und wies mit den Augen zu dem Tisch mit den gestapelten Tellern, an dem wir vorhind gewartet hatten. Samra betrachtete den weißen Teller in seiner Hand, während Vladislav mit gerunzelter Stirn auf sein Handy starrte und den Kopf schüttelte.
"Oh nein.", murmelte ich und ließ mich ein Stück runter rutschen, in der Hoffnung dass sie mich nicht sofort bemerken würden.
"Irgendwann musst du mit ihm reden.", sagte Granit, der wieder an seinem Kaffee nippte und dann den Rest ausschlürfte.
"Ich weiß.", seufzte ich und versuchte, nicht zu ihnen zu schauen. Als ich mich beim nächsten mal umdrehte, waren sie nicht mehr beim Buffet zu sehen.
"Kann ich mir noch einen Kaffe holen?", fragte ich Granit, der über irgendetwas nachdachte und ins Leere blickte.
"Klar, mach doch.", antwortete er halb abwesend und fuhr sich immer wieder über seinen Bart. Ich atmete einmal tief ein und wieder aus, bevor ich mich vom Tisch erhob. Ich fühlte mich extrem beobachtet, als ich den Kaffee in meine Tasse schüttete. Zwar konnte ich die Jungs nirgendwo sehen, aber ich wusste dass sie hier waren. Und ich wusste irgendwie, dass sie mich bereits gesehen hatten. Aber ich war noch nicht bereit, um mich dem ganzen zu stellen - auch wenn ich es gerne gewesen wäre. Aber wie immer machte mir das Schicksal da mal wieder einen Strich durch die Rechnung.
Hochkonzentriert darauf den Kaffe nicht überzuschwappen, lief ich in Zeitlupe zu unserem Tisch zurück. Beziehungsweise war das der Plan, aber jemand kam mir dazwischen. Ehe ich reagieren konnte verteilte sich der frisch geholte Kaffee auf dem Typ vor mir, der einen Sprung zurück machte und die Arme nach oben hielt.
"Çüş Mädchen, bist du komplett behindert!?", paffte er mich an, bis er erkannte wer vor ihm stand. Ich blickte in Vladislavs Gesicht, dessen Ausdruck sich von Wut in Schreck umwandelte. Anscheinend war er in sein Handy vertieft und hatte nicht nach vorne geschaut, als er zum Buffet gelaufen war.
"Es...tut mir leid, das war echt keine Absicht.", stotterte ich panisch, stellte meine Tasse weg und schnappte mir dann mehrere von den Servietten, die auf dem Tisch lagen.
"Ehrlich, ich wollte das nicht. Ich hab nicht nach vorne geguckt.", sagte ich hastig und rieb mit den Servietten an seinem weißen Pullover auf und ab, auf dem sich nun ein riesiger Kaffeefleck breit machte. Bei genauerem hinsehen viel mir auf, dass es sich ausgerechnet um seinen weißen Lieblingspullover von Gucci handelte, den ich gerade versaut hatte - und der nebenbei bemerkt echt beschissen teuer war. Als mir das bewusst wurde stieg die Panik in mir hoch, und ich bemerkte wie mich plötzlich alle anstarrten - inklusive Samra, der von seinem Stuhl aufgestanden war und mich mit großen Augen beobachtete. In meinen Augen sammelten sich Tränen und ich versuchte weiter, den Fleck wegzurubbeln - ohne Erfolg.
"Bitte Capi, ich hab das nicht mit Absicht gemacht.", wimmerte ich, als er nach gefühlten Minuten immernoch kein Wort von sich gab. Ich stellte mir vor wie sauer er sein müsste und rechnete damit, dass er mich jeden Moment anschreien würde. Aber nichts dergleichen passierten.
"Seit wann nennst du mich Capi?", fragte er verblüfft, während ich mir die Tränen mit meinem Ärmel weg wischte.
"Was?", fragte ich durcheinander und versuchte nun, die Flecken trocken zu tupfen.
"Baby, stop. Du machst es nur schlimmer", sagte er sanft und nahm meine Handgelenke. Er drehte sich um, verankerte seine Hand in meiner und zog mich dann sachte hinter sich her. Wir liefen aus dem großen Raum heraus, um eine Ecke und dann direkt zu den Toiletten. Dort schloss er die Tür hinter sich und ließ meine Hand los.
"Vielleicht krieg ich das mit Wasser weg. Oh gott, bitte sein mir nicht böse!", sprach ich eilig und schnappte mir ein paar der Zellstoffhandtücher, die ich dann mit Wasser befeuchtete. Doch bevor ich wieder auf seinen Pullover losstürmen konnte, hielt er wieder meine Handgelenke fest und nahm mir den Batzen feuchter Handtücher ab, die er dann in hohem Bogen in den Mülleimer warf.
"Es tut mir leid.", wiederholte ich mich traurig und brachte es nicht fertig, ihm in die Augen zu schauen.
"Das hast du bereits gesagt.", nuschelte er und beobachtete mich von oben herab.
"Lass mich das wenigstens trocken machen." bat ich ihn leise, ohne im dabei ins Gesicht zu schauen.
"Ich find's ja geil, wenn du an mir herumrubbelst. Aber nicht hier...und nicht an meinem Bauch.", schmunzelte er und ließ meine Handgelenke wieder los.
"Also bist du nicht sauer?", fragte ich leise und traute mich dann zum ersten mal wieder, in seine Augen zu schauen.
"Wie könnte ich?", nuschelte er und schaute mich mit diesem Blick an, der ein angenehmes kribbeln in meinem Bauch auslöste.
"Aber das ist dein Lieblingspullover.", murmelte ich traurig und betrachtete den Kaffeefleck, der wahrscheinlich nie wieder rausgehen würde.
"Ist doch egal, ich kann mir tausende davon kaufen.", antwortete er mit einem kleinen grinsen auf den Lippen und wischte mit seinem Daumen eine Träne weg, die gerade über meine Wange lief.
"Wir sollten zurück gehen. Sonst denkt noch jemand, ich tu dir sonst was an.", sagte er heiser, und drehte sich dann wieder zur Tür um.
"Wann?", fragte ich vorsichtig, bevor er nach draußen trat. Er wusste sofort was ich meinte, ohne dass ich es ihm erklären musste.
"Nach dem Frühstück.", antwortete er, und war dann auch schon wieder draußen. Ich blieb noch einige Sekunden stehen, bis ich mich von meinen Gedanken losreißen konnte und ebenfalls die Toilette verließ.
"Alles okay?", fragte Granit besorgt, als ich mich wieder zu ihm an den Tisch gesetzt hatte.
"Ich denke schon.", murmelte ich schulterzuckend und zog mit meinem Finger kleine Kreise auf der Tischdecke.
"Na komm, lass uns wieder hoch.", sagte Granit, nahm sich unser Geschirr und brachte es weg, während ich am Tisch saß und mir über die Stelle rieb, an der seine Hand mein Gesicht berührt hatte. Die Stelle kribbelte und fühlte sich heiß an - so als hätte ich Fieber, aber nur an der einen Stelle.
"Josy?", sprach mich Granit an, als er bemerkte wie ich vor mich hin träumte.
"Ja, sorry.", antwortete ich leise und stand dann auf, um mit ihm zurück auf sein Zimmer zu gehen.
"Junge, wird Zeit dass ihr euch wieder vertragt.", lachte Granit, als ich abwesend hinter ihm her trottete.
"Hm.", murmelte ich nur deprimiert.
Wir waren höchstens zwanzig Minuten auf dem Zimmer, ehe es an der Tür klopfte. Erschrocken fuhr ich mit dem Kopf nach oben und starrte Granit an, der bereits auf dem Weg war sie zu öffnen.
"Warte!", rief ich, bevor er die Türklinke runterdrückte. Er schaute mich fragend an und nahm seine Hand wieder von der Tür weg, während er auf eine Erklärung wartete.
"Kannst du mir bitte nachher schreiben? Samra hat fast alle Nummern aus meinem Handy gelöscht. Oh, und kannst du mir die Nummer von Nima schicken? Also wenn du sie hast?", fragte ich ihn aufgeregt.
"Mach ich.", grinste er und öffnete dann die Tür. Er begrüßte die Jungs nacheinander, während ich stumm neben der Couch stand und wartete, was als nächstes passieren würde.
"Schick.", sagte Samra und sah sich begeistert in dem großen Hotelzimmer um.
"Hast du alles?", fragte Granit, während sich Vladislav eher im Hintergrund aufhielt. Anstatt zu antworten ging ich auf den Albaner zu und schloss ihn in eine feste Umarmung.
"Danke. Dür alles.", flüsterte ich, woraufhin er als Antwort die Umarmung erwiederte.
"Können wir dann los?", kommentierte Samra von hinten, nachdem ich mir meine Sachen zusammengesucht hatte. Ich nickte stumm und lächelte Granit noch ein letztes mal zu, bevor sich die Tür schloss und ich wieder bei den Jungs war. Auf dem Gang und im Fahrstuhl herrschte Totenstille. Keiner von uns brachte ein Wort heraus. Die Stimmung war im allgemeinen einfach extrem komisch. Vladislav, der sich mittlerweile einen anderen Pullover angezogen hatte schielte immer wieder in meine Richtung, während Samra mir eher seine typischen genervten Blicke zuwarf.
"Ich geb den Schlüssel ab, geht ihr zwei schon zum Wagen.", sagte der Ukrainer, warf Samra den Autoschlüssel zu und schlenderte dann in Richtung Rezeption. Samra wirbelte die Schlüssel spielerisch in seiner Hand herum und hielt mir dann die Tür auf, als wir über den Hinterausgang das Hotel verließen.
"Wenn Capi fragen sollte - Dein Handy habe ich dir gerade eben erst wieder gegeben, kapiert?", brummte er, als wir vor dem schwarzen Mercedes standen. Ich nickte ihm zu und stellte mich an die hintere Tür des Autos, wo ich gleich einstieg als er die Türen entsperrt hatte.
"Und kein Wort wegen letzter Nacht.", warf er mir zu, als er sich anschnallte. Zwei Sekunden später sah ich Vladislav auch schon aus der Tür kommen. Er steckte irgendetwas in seine Bauchtasche und hüpfte dann die drei Stufen beim Ausgang herunter. Seufzend ließ er sich auf den Fahrersitz plumsen, bevor er den Motor aufheulen ließ. Gleich danach wurde die Musik aufgedreht und alles schien so, wie es vorher auf schon war. Aber es fühlte sich nicht so an. Ich weiß, dass ich sauer auf ihn sein müsste. Aber trotzdem hatte ich unheimliche Angst, dass er sauer auf mich wäre. Keine Ahung warum, aber dieses dumme Gefühl in meinem Magen ließ mich einfach nicht in Ruhe. Ich hasste es, wenn die Stimmung so angespannt war. Bei Samra war ich es mittlerweile gewohnt, aber bei Vladislav bereitete es mir einfach nur Bauchschmerzen.
"Wir sehen uns nachher, Bruderherz.", sagte Vladislav zu seinem besten Freund, der sich dann mit einem Handschlag von ihm verabschiedete.
"Rutsch vor zu mir.", sagte Vladislav zu mir durch den Rückspiegel, als Samra in unserem Haus verschwunden war.
"Ich bleib lieber hier hinten.", nuschelte ich, da ich mich hier irgendwie sicherer fühlte.
"Baby, ich bitte dich nicht zwei mal.", brummte er streng und warf mir einen fordernden Blick zu. Ich seufzte leise auf, stieg aus dem Mercedes aus und begab mich zu ihm auf den Beifahrersitz.
"Braves Mädchen.", grinste er und legte den Rückwärtsgang ein.
"Wo fahren wir hin?", fragte ich ihn, nachdem wir unser Grundstück wieder verlassen hatten.
"Shoppen. Aus unerklärlichen Gründen kann ich meinen Lieblingspullover jetzt nicht mehr anziehen." Als er das aussprach, zwang er mich damit irgendwie zum lächeln. Obwohl es mir immmernoch mega peinlich war, dass ich den Pullover versaut hatte.
"Und du brauchst unbedingt neue Sachen. So kann ich dich nicht rumlaufen lassen.", fügte er hinzu und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. Erst dann sah ich, dass nicht nur seine Sachen Kaffeeflecken hatten. Auch mich hatte es zum Teil erwischt. Durch den schwarzen Pullover fiel es allerdings nicht so sehr auf, wie auf seinem weißen Gucci Pullover. Eigentlich sollte mich seine Hand auf meinem Bein nicht stören, aber in dem Moment machte mich seine Berührung unnormal nervös.
"Vladislav...", flüsterte ich und rutschte auf dem Sitz zurück, damit er verstand was ich sagen wollte. Er schaute er auf seine Hand und dann zu mir, bevor er sie mit so einem komischen Blick wegzog. So ein Blick, der soviel aussagte wie >Okay, dann eben nicht.<. Also kein direkt genervter Blick, sondern irgendetwas dazwischen.
"Du hast mir nicht geantwortet.", sagte er ausdruckslos, nachdem wir eine Weile stumm nebeneinandersaßen und auf die Straße schauten.
"Hm?"
"Insta. Meine Nachricht. Du hast nicht geantwortet.", widerholte er, nachdem ich erst nicht kapierte was er von mir wollte.
"Das war mies, Baby. Das war richtig mies." In seinem Blick sah ich, dass er verletzt war. Mit gerunzelter Stirn schaute er auf das Auto vor ihm, das uns die ganze Zeit ausbremste. Als es ihm zu viel wurde, fluchte er irgendetwas auf russisch und überholte dann mit Vollgas. Ich krallte mich am Türgriff fest und hielt die Luft an, als wir beinahe in ein anderes Auto geknallt wären. Erst als sein Kopf nach unten ging bemerkte ich, dass ich mich vor lauter Angst an seinem Bein fest gekrallt hatte. Schnell zog ich die Hand weg und spürte, wie ich wahrscheinlich mal wieder hochrot anlief.
"Ich wusste nicht, was ich antworten sollte.", gestand ich ihm entschuldigend, nachdem wir wieder mit normaler Geschwindigkeit fuhren.
"Weißt du, dass ich die ganze Nacht wach war? Ich hab kein Auge zu gemacht, weil mein Kopf voll war. Voll mit dir."
"Bist du deswegen ins Studio?", fragte ich ihn. Ehe ich bemerkte dass ich mich gerade vom feinsten verplappert hatte, war es schon zu spät. Er schaute mich verwirrt an und kam beinahe von der Fahrbahn ab, weil sein Blick nur auf mir lag.
"Woher weißt du das?", fragte er misstrauisch. Ich schluckte und merkte, wie mir plötzlich extrem heiß wurde. Verdammt, hätte ich doch bloß meine Klappe gehalten.
"Ähm...ich konnte nicht schlafen und bin nachts rumgelaufen. Hab gesehen, wie du das Hotel verlassen hast. Du warst doch im Studio, oder?", versuchte ich mich so gut es ging herauszureden. Wenn er jetzt herausfinden würde, dass ich die Information von Samra hatte nachdem er mitten in der Nacht bei mir war, würde er ausrasten. Und das könnte ich ihm nichtmal verübeln.
"Ja, war ich. Warum hast du mich nicht angesprochen? Wenn du mich schon gestalkt hast.", fragte er frustiert.
"Ich konnte nicht.", sagte ich ehrlich und spielte an meinem Pullover herum. Immerhin hatte ich ihn ja wirklich gesehen, ohne ihn anzusprechen. Nur eben nicht Nachts, sondern ein paar Stunden vorher.
Wir kamen auf einem Parkplatz an, und er suchte sich eine freie Lücke. Als seine Hand nach rechts schnellte und er den Rückwärtsgang einlegte, zuckte ich unwillkürlich zusammen. Sofort sah er mich verwundert an, doch ich wandte den Blick ab.
"Baby, du musst keine Angst vor mir haben. Ich tu dir nichts.", sagte er sanft, und lenkte dann den Mercedes in die kleine Parklücke. Er schaltete den Motor ab und kam auf meine Seite, wo er mir dann die Tür aufhielt. Ich stieg langsam aus und ließ mit einem tiefen Atemzug die kalte Luft durch meinen Körper strömen. Er warf die Tür neben mir zu und verriegelte den Wagen.
"Haben sie ihren Führerschein auf der Rolltreppe gemacht?", paffte uns ein etwas älterer Mann an, der uns nur kopfschüttelnd beobachtete. Es war der Typ, den wir eben auf der Straße überholt hatten.
"Was willst du, du Vogel? Fahr halt nächstes mal schneller nahui!", keifte Vladislav zurück.
"Vorsicht, junger Mann!", brüllte er und ballte die Faust in unsere Richtung.
"Was, denkst du ich hab Angst vor dir? Denkst du, du kannst mit mir ficken?", entgegnete Vladislav aggressiv und wollte auf den Mann zulaufen, doch ich hakelte mich bei ihm ein und zog ihn zurück.
"Hör auf!", bat ich ihn, doch er visierte weiter den Mann an, der ca drei Meter entfernt von uns stand und am liebsten auf ihn losgegangen wäre.
"Typisch Ausländer! Sich nicht an die Regeln halten, aber hauptsache teure Autos fahren!", schimpfte er weiter mit erhobener Faust, was Vladislav rasend machte.
"Ich lebe seit 18 Jahren in Deutschland, du Hurensohn! Und nimm deine Hand runter, sonst komm ich rüber!", brüllte er und wollte schon auf seinen Gegenüber los, doch ich hielt ihn mit aller Kraft zurück.
"Vladislav, bitte!", flehte ich ihn an, woraufhin er sich dann endlich zu mir drehte.
"Der legt es drauf an!", zischte er sauer und baute sich nun vor mir auf.
"Bitte, hör auf. Das ist es nicht wert.", sagte ich so beruhigend wie möglich, doch er schaute nur wie ein bockiges Kind auf den Boden und kickte einen Kippenstummel weg, der vor ihm lag.
"Ist trotzdem ein Hurensohn.", murmelte er, griff nach meiner Hand und ging dann gemeinsam mit mir in Richtung Laden.
Nach ein paar Minuten hatte er den Vorfall dann schonwieder vergessen, und konzentrierte sich auf die Klamotten in dem Gucci - Geschäft.Wir waren noch ein paar Stunden unterwegs, bevor wir dann irgendwann wieder den Heimweg antraten. Gesprochen hatten wir nicht wirklich viel, da keiner von uns wusste, was er so richtig sagen sollte. Aber es war auch definitiv nicht alles so wie vorher. Die Stimmung war weiterhin angespannt, auch wenn es den Anschein machte dass alles wieder gut war.
Wie immer parkte Vladislav das Auto in der Garage und ging dann mit mir nach drinnen.
"Was hälst du davon, wenn wir nachher essen gehen? Zu dritt?", fragte Vladislav, nachdem er seine Jacke weg gehängt hatte.
"Zu dritt?", stöhnte ich genervt, weil ich wirklich keine Lust hatte schonwieder Zeit mit Samra verbringen zu müssen.
"Ja, zu dritt. Wir müssen über einiges reden. Vielleicht kriegt ihr ja euer gestreite dann endlich mal in den Griff.", brummelte er mit rollenden Augen.
"Heißt das, es ist meine Schuld dass er so ein Arschloch ist?", fragte ich ihn beleidigt.
"Es gehören immer zwei dazu, Baby.", sagte Vladislav schulterzuckend und nippte an seinem Glas, in das er sich gerade eben einen Schluck Cola gekippt hatte.
"Bin ganz deiner Meinung, Bruder.", vernahm ich eine tiefe Stimme hinter mir, und schon befand sich der Libanese wieder in meinem Blickfeld. Ich schnaufte empört auf und wollte zum reden ansetzen, doch dann fiel mir etwas auf.
"Warum stehen deine Koffer hier?", fragte ich Vladislav, der sich kurz räusperte und dann sein Glas weg stellte._____________________________
Ok, ich glaube das ist mein bisher längstes Kapitel :D Hoffe, es hat euch gefallen. ❤️
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Mademoiselle
Fiksi PenggemarJosy begegnet zwei Menschen, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellen - und das nicht gerade auf die gute Weise. Zum einen Capi, der sie wegen seiner kriminellen Geschäfte immer wieder alleine lässt, und zum anderen Samra, der sie wie Dreck beha...