Josy
Vorsichtig betätigte ich die Klingel, auf der sein Nachname mit Kuli stand. Meine Handgelenke schmerzten immernoch von Samras Griff. Er war so ein Arsch. Er hatte mich vor allen auf der Straße blamiert. Und nur weil ich mich verteidigt habe bestraft er mich dafür? Das war so ungerecht. Austeilen konnte er wunderbar, einstecken allerdings nicht. Als nach dem dritten mal klingeln immernoch keiner öffnete, drehte ich mich fragend zu ihm um. Er sah mich skeptisch an und schob mich dann von der Klingel weg, um gegen die Tür zu klopfen.
"Vladislav, ich bins Samra. Bruder mach auf!" Rief er und klopfte erneut. Erst hörte man ein poltern hinter der Tür. Dann ein klacken, gefolgt von einem räuspern. Und dann öffnete sie sich endlich.
Vor uns stand Capi. Mit Augenringen bis zum Boden, einer Flasche russischem Vodka in der Hand und einem Joint im Mund. Fassungslos starrte ich ihn an.
"Samra Bratan was machst du hier?" grinste er verwaschen.
"War nicht meine Idee her zu kommen. Deine kleine Kahba wollte zu dir, weil du dich nicht gemeldet hast." erklärte Samra mit einem Lächeln.
"Was für Kahba Bratan sie ist nicht meine Kahba. Es gibt keine jungfräulichen Kahbas du Idiot." Lachte Capi, während ich wieder hochrot anlief. Vor Samra war es ja mittlerweile kein Geheimnis mehr. Aber das wusste er nicht. Und er haute es einfach raus.
"Was willst du hier Baby?" nuschelte Capi, an mich gewandt. Er konnte sich kaum auf den Beinen halten, so betrunken war er.
"Du wolltest mir schreiben..." sagte ich traurig.
"Oh. Das hab ich dann wohl irgenwie vergessen. Oder ich hatte einfach keinen Bock, such dir was aus." Sprach er, immernoch grinsend. Seine Aussage fühlte sich wie ein Messerstich in meinem Herzen an und in meinen Augen sammelten sich Tränen.
"Aber ich dachte..."
"Weißt du was dein Fehler ist Mäuschen? Du solltest aufhören zu denken. Das beste wäre sowieso, wenn du mich vergisst. Such dir irgendeinen anderen Typen, der sein Leben besser im Griff hat als ich. Wärst du noch nicht unberührt hätte ich dich letzte Nacht einfach weggeknallt und damit hätte sich die Sache erledigt. Also sei lieber dankbar dafür dass ich es nicht gemacht habe, sonst hättest du jetzt noch einen Grund mehr zum heulen." sagte er ohne jegliche Emotionen zu zeigen. Das war zu viel für mich. Ich sah auf einmal nur noch schwarz. Mutig ging ich einen Schritt auf ihn zu und holte aus. Bevor er checkte was ich vorhatte, landete meine Hand auch schon mit einem lauten klatschen in seinem Gesicht. Samra, der neben mir stand, schaute mich nur entsetzt an. Capi taumelte ein paar Schritte zurück, fing sich dann aber wieder. Er stellte die Vodkaflasche auf den Boden und drehte sich dann wieder zu mir um. Wütend kam er auf mich zu und ballte die Hand zu einer Faust. Gerade als er ausholen wollte und ich schon schützend die Hände vor mein Gesicht hielt, packte Samra seine Faust und hinderte ihn somit daran zuzuschlagen.
"Tu das nicht Bruder." beruhigte er ihn. Dieses mal Samra derjenige, der mir den Arsch rettete. Wer hätte gedacht, dass es jemals andersrum sein würde?
"Sei froh dass du nicht alleine hergekommen bist Baby. Sonst hätte ich dich dieses mal zerfetzt, und nicht Samra." Knurrte er bedrohlich.
"Fick dich, Vladislav!" Schrie ich ihn an. Und im nächsten Moment rannte ich. Weg von ihm, diese dämlichen Treppen runter und raus auf den Gehweg. Ich musste mich zusammenreißen, nicht hier und jetzt zusammenzubrechen. Die Tränen flossen wie Wasserfälle aus meinen Augen und mein Herz schmerzte so sehr, dass ich das Gefühl hatte jeden Moment an einem Infarkt zu sterben.
Mit beiden Händen hielt ich meinen schmerzenden Brustkorb. Ich verstand es nicht. Warum tat er mir sowas an? Warum werde ich von allen behandelt wie der letzte Dreck? Erst von Samra, und dann auch noch von ihm? Was war falsch an mir, dass man mich so mit Füßen treten musste? Mit langsamen, schmerzerfüllten Schritten schlurfte ich nach Hause. Als ich nach einer guten halben Stunde angekommen war, schleppte ich mich die Treppen hoch und wollte einfach nur noch ins Bett. Ich war heilfroh, dass ich am nächsten Tag frei hatte. Seit 10 Minuten stand ich nun vor meiner Haustür und kramte verzweifelt nach meinem Schlüssel. Aber ich fand ihn nicht. Und da fiel es mir wieder ein. Ich hatte ihn in der Küche liegen lassen. Ich hatte ihn extra auf den Tisch gelegt, damit ich Capis Klamotten nicht vergaß, falls ich ihn treffen würde. Hätte ich das alles vorraus gesehen, hätte ich seine Klamotten verbrannt. Allein der Gedanke an ihn ließ mein Herz schmerzhaft zusammenkrampfen, wodurch ich mich hinsetzen musste um nicht umzukippen. Und wieder heulte ich. Lea war die einzigste, die einen Ersatzschlüssel für meine Wohnung hatte. Aber an den ranzukommen war unmöglich, da Lea um diese Zeit schon schlief. Selbst wenn ich bei ihr klingeln würde, könnte ich sie nicht wach bekommen, da sie einen sehr festen Schlaf hatte. Also musste ich wohl die Nacht im Treppenhaus verbringen. Mit zittrigen Händen nahm ich mein Handy in die Hand und schrieb ihr eine Nachricht, dass sie mir den Schlüssel gleich morgen früh vorbei bringen sollte. Mein Kopf schmerzte ohne Ende und meine Augen brannten. Ich wollte nur noch schlafen. Ich wollte nicht mehr nachdenken. Nicht über Capi, nicht über Samra, nicht über diesen dummen Schlüssel den ich Idiot liegen lassen hatte. Nur noch schlafen.
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Mademoiselle
FanfictionJosy begegnet zwei Menschen, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellen - und das nicht gerade auf die gute Weise. Zum einen Capi, der sie wegen seiner kriminellen Geschäfte immer wieder alleine lässt, und zum anderen Samra, der sie wie Dreck beha...