Part 132 ~ Nachtaktiv

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"Was meinst du damit?", fragte ich mit einem unangenehmen Kribbeln im Bauch.
"Naja, so sehr mir der Anblick auch gefällt.", sagte er und hob meine Hände hoch.
"Wir müssen die wieder abkriegen. Ich kenn dan wen, der uns helfen kann.", fuhr er fort und legte meine Hände in seine, bevor er mich erneut küsste.
"Steig wieder ein, wir fahren da hin.", sagte er sanft und schob mich wieder in das Auto rein. Angestrengt schaffte ich es, mich anzuschnallen, und dann fuhren wir los.
"Zu wem fahren wir?", fragte ich müde.
"Zu jemandem, der mir noch einen Gefallen schuldet. Der hat das passende Werkzeug.", erklärte er.
Nach wenigen Minuten waren wir bei einer Autowerkstatt angekommen.
"Es ist mitten in der Nacht. Warum haben die noch auf?", fragte ich verwundert, doch er grinste nur. Wieder öffnete er mir die Tür und zog mich raus. Der Wind war richtig kalt geworden, und um uns herum wirbelten einige bunte Blätter durch die Gegend. Wir gingen zum Hintereingang der Werkstatt, wo er auf ein kleines Klingelschild drückte. Keine Zehn Sekunden später meldete sich jemand am Lautsprecher.
"Hallo?", ertönte eine tiefe Stimme aus der Sprechanlage.
"Hier ist Vladislav. Mach auf Bra.", sagte er laut und schon ertönte ein Summen, das uns ermöglichte die Tür zu öffnen.
"Verhalte dich einfach ruhig, okay?", flüsterte er mir zu, woraufhin ich nur nickte.
"Salam Bratan!", rief Vladislav erfreut und gab einem großen, bärtigen Typen die Hand. Der Mann war größer, und um einiges Breiter als er. Und mit Sicherheit auch um einiges stärker.
"Bratan hör zu, ich brauch deine Hilfe.", sagte Vladislav ernst und schaute zu mir, woraufhin der Blick des Mannes ebenfalls zu mir glitt.
"Braucht ihr ein Versteck?", fragte dieser sofort und musterte meine gefesselten Hände.
"Nein nein, wir sind nicht auf der Flucht. Wir kriegen die Handschellen nicht mehr ab.", antwortete Vladislav und der Mann kam auf mich zu. Je näher er mir kam, desto unwohler fühlte ich mich.Deutsch war er definitiv nicht. Aber das wunderte mich ehrlich gesagt nicht. Er hob meine Hände an und schaute prüfend auf Metall, das meine Handgelenke zusammen hielt.
"Ich hol die Flex. Wartet hier.", brummelte er und verließ den Raum.
"Die Flex? Dann kannst du mir doch gleich die Hände abhacken!", wandte ich mich panisch an Vladislav, als der Mann weg war.
"Ganz ruhig. Der weiß, was er macht.", versuchte er mich zu beruhigen.
"Können wir nicht einfach die Feuerwehr anrufen? Ich will meine Hände nicht verlieren!", bettelte ich, und klammerte mich an seinem Oberarm fest.
"Kommt mit.", sagte er bärtige Mann mit dem Schneidewerkzeug in der Hand, der plötzlich in der Tür stand.
"Vladislav, bitte!", flehte ich ihn an, doch er ließ sich nicht umstimmen.
"Wenn wir die scheiß Feuerwehr rufen, dann werden die merken dass das Polizeihandschellen sind. Dann bin ich geliefert. Komm.", sagte er und zog mich sanft mit sich. Ich hätte am liebsten geheult, als er mich zu dem Mann hinschob.
"Es ist wichtig, dass du still hälst. Sonst kann es passieren, dass ich abrutsche.", sagte er Mann und drückte meine Hände auf die Holzplatte vor sich.
"Ich kann das nicht.", sagte ich aufgelöst. riss mich los und wich ein paar Schritte zurück.
"Baby, vertrau ihm. Wir müssen die Dinger abkriegen. Das ist die einzigste Möglichkeit.", redete Vladislav auf mich ein, während mir die Tränen herunter kullerten.
"Mach einfach die Augen zu und beweg dich nicht. Komm.", sagte er und schob mich wieder zu dem Tisch.
"Mach die Augen zu.", flüstert er in mein Ohr, während er meine Arme fest hielt. Ich riss mich zusammen und kniff die Augen zusammen, als das laute Geräusch ertönte. Nach wenigen Sekunden verstummte das Gräusch, und Valdislav entfernte sich von mir. Als ich die Augen öffnete, war die Kette zwischen den Handschellen getrennt.
"Das war der einfache Teil.", sagte der Mann, als ich gerade erleichtert aufgeatmet hatte.
"Jetzt müssen wir direkt am Handgelenk schneiden.", fuhr er fort. Mir lief es eiskalt den Rücken herunter, und mein Magen drehte sich um, als er ein kleines Stück Holz zwischen die Handschelle und meine Haut schob. Zum Glück hatte Vladislav die Dinger nicht zu eng gemacht, sodass es drunter passte.
"Gleiches Spiel nochmal.", sagte Vladislav und griff sich einen meiner Arme, den er wieder auf das Holz drückte. Mit aller Mühe versuchte ich, mein zitternden Hände ruhig zu halten, als das schreckliche Geräusch wieder ertönte. Ganz vorsichtig entfernte der Mann das Metall von mir, und schaltete die Maschine dann wieder aus. Sofort zog ich meine Hände weg und schaute nach, ob irgendetwas war. Außer den roten Striemen vom Metall war nichts zu sehen.
"Ich küss deine Augen, danke Bra.", bedankte sich Vladislav bei dem Mann, woraufhin ich ebenfalls ein kleines heiseres >Danke< hervorbrachte.
"Gerne. Du weißt, das war ich dir schuldig.", sagte der Mann dankbar zu Vladislav, und dann gingen wir wieder nach draußen.
"Ich brauch erstmal ne Kippe.", sagte er seufzend und zündete sich eine an.
"Jetzt mal ganz im Ernst, was stimmt eigentlich nicht mit dir?", fauchte ich ihn wütend an und schlug mehrmals so gegen seinen Oberarm, dass er vor Schreck die Kippe fallen ließ.
"Hä was?", fragte er verwirrt und ging in Deckung.
"Was hast du dir dabei gedacht, mich an das scheiß Lenkrad zu fesseln? Was hätte ich machen sollen, wenn jemand das Auto aufgebrochen hätte? Oder wenn dir was passiert wäre? Wie hätte ich dir dann helfen sollen, du Idiot?", schrie ich ihn an.
"Keine Ahnung nahui, darüber hab ich halt nicht zuende nachgedacht?! Außerdem wollte ich ja nicht, dass du mir hilfst.", schrie er ebenfalls.
"Ach. Und was wäre passiert, wenn du nicht wiedergekommen wärst? Kein Schwein wusste, dass wir dort waren. Was zum Teufel hätte ich dann machen sollen?"
"Kein Plan, vielleicht hätte Samra dich irgendwann gefunden?"
Wütend hob ich einen dickeren Zweig vom Boden auf, und schlug damit auf ihn ein.
"Hörst du jetzt mal auf damit?", rief er überfordert und nahm mir den Zweig weg.
"Mach so eine Scheiße nie wieder!", fauchte ich und ging dann zurück zum Auto.
Vor lauter Wut liefen mir wieder die Tränen übers Gesicht. Als er von weitem das Auto entriegelte, setzte ich mich mit verschränkten Armen auf den Beifahrersitz und ignorierte ihn. Ich war so unglaublich sauer auf ihn. Warum hatte er nicht mal zwei Schritte weiter gedacht? Es hätte sonst was passieren können, während ich in diesem dämlichen Auto festsaß.

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