Part 136 ~ Kraftlos

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Vladislav

"War sie schon wach?", fragte mich die freundlich lächelnde Schwester, die gerade zur Tür herein kam.
"Nein, noch nicht. Aber ich hoffe bald.", antwortete ich höflich und lächelte ebenfalls. Die Schwester nickte und ging dann zu Josy. Mit Handschuhen griff sie nach einer Ampulle, und zog dann irgendein Medikament auf.
"Was geben sie ihr?", fragte ich Misstrauisch und beobachtete jede kleine Bewegung.
"Das ist nur ein Schmerzmittel. Damit sie keine Schmerzen hat, wenn sie wach wird.", erklärte sie ruhig und spritzte es in die Flexüle, die in Josys Arm lag. Als sie fertig war kamen plötzlich komische Geräusche von ihr. Es klang wie ein wimmern, und dann piepte der Monitor, an den sie angeschlossen war.
"Was passiert mit ihr? Was haben sie gemacht?", fragte ich aufgebracht und sprang zu meiner Freundin.
"Bleiben sie ruhig, ihr Puls ist nur etwas hoch gegangen. Es kann sein, dass sie einfach gerade schlecht träumt. Sie müsste bald aufwachen. Wenn irgendetwas ist, klingeln sie einfach.", beruhigte sie mich und ließ mich dann wieder mit Josy alleine. Ich griff nach ihrer Hand, die ich dann fest drückte. Ihr Puls war weiterhin hoch, und ich sah wie ihre Augenlieder zuckten. Den Kopf drehte sie immer wieder schmerzerfüllt von rechts nach links, während sie mit den Beinen strampelte.
"Josy!" redete ich auf sie ein, und wischte mit einem nassen Tuch über ihre Stirn.
"Nein!", weinte sie. Über ihre Wange liefen kleine Tränen, die ihr Gesicht zum glänzen brachten. Bei dem Anblick musste ich mich zusammen reißen, damit mir nicht ebenfalls Tränen in die Augen stiegen. Ich wollte nicht, dass sie sich so quält. Aber ich konnte nichts machen, außer abzuwarten. Als ich ihr vorsichtig die Haare aus dem Gesicht strich, schreckte sie plötzlich hoch. Erschrocken von ihrem plötzlichen aufwachen zuckte ich zurück und beobachtete sie geschockt. Weinend tastete sie ihren Arm ab, in der die Flexüle stecke. Als sie dann nach der Klingel greifen wollte, bemerkte sie mich.
"Vladislav?", fragte sie so, als ob ich ein Geist wäre.
"Hey Baby.", grinste ich nur aufmunternd und wischte eine ihrer Tränen mit meinem Daumen weg. Vorsichtig nahm sie meine Hand, drehte sie alle Richtungen und prüfte, ob sie echt war. Dann schaute sie mich mit glasigen Augen an, und klammerte sich an meinem Arm fest.
"Ich dachte, du bist tod.", schluchzte sie, woraufhin ich nur zu ihr rutschte und sie in den Arm nahm.
"Baby warum denkst du so?", fragte ich traurig und strich über ihren Kopf.
"Khalil. Er hat gesagt, er hat sich um dich gekümmert. Und dann hat er ein Messer rausgeholt.", weinte sie gegen meine Schulter.
"Das war nur ein Albtraum, Prinzessa. Das ist nicht wirklich passiert.", beruhigte ich sie. Sie weinte so lange weiter, bis sie irgendwann ruhiger wurde.
"Ist Samra auch hier?", fragte sie leise, mit kratziger Stimme.
"Nein Baby. Ich habe ihm geschrieben, aber sein Handy ist glaube ich aus.", antwortete ich und sie klammerte sich noch fester an mich.
"Kommt er wieder?", fragte sie besorgt, was mich ein bisschen zum lächeln brachte.
"Natürlich kommt er wieder. Das ist Samra, der kommt immer wieder zurück. Mach dir keine Sorgen. Der weiß, was er macht. Er verschwindet immer mal, wenn er ein bisschen Krieg mit sich selbst hat.", erklärte ich und küsste ihren Haaransatz.
"Können wir bitte nach Hause?", murmelte sie müde.
"Nichts lieber als das. Ich hasse Krankenhäuser.", sagte ich und legte sie vorsichtig zurück ins Bett.
"Warte kurz hier, ich geh dich abmelden."
"Nein, bitte geh nicht weg! Er könnte hier sein!" Panisch griff sie sich meinen Arm, und zog mich beinahe auf sie drauf.
"Okay, ich klingel einfach. Ich geh nicht weg.", versprach ich und drückte auf den roten Knopf. Es dauerte ein paar Minuten, bis die Schwester von vorhind wieder rein kam.
"Aber eigentlich soll sie noch eine Nacht hier bleiben.", sagte sie und kratzte sich am Hinterkopf.
"Kommen sie schon. Die kleine hat echt scheiß Erfahrungen mit Krankenhäusern gemacht. Sehen sie nicht, wie fertig sie ist?", log ich und zeigte auf das verheulte Mädchen, das hinter mir im Krankenbett lag.
"Na schön, ich spreche mit dem Arzt. Ich bin gleich wieder da.", gab sie sich geschlagen und verließ das Zimmer.
Später kam sie mit dem Stationsarzt im Schlepptau wieder zurück. Ich erklärte ihm das gleiche, und er ließ sich ebenfalls breitschlagen.
"Wenn etwas ist, kommen sie bitte direkt wieder hier her.", sagte er Arzt und überreichte mir die Papiere.
"Vielen Dank. Machen wir.", gab ich von mir und wartete, bis die Schwester die Flexüle gezogen und ein Plaster auf die Einstichstelle geklebt hatte. Danach ließ sie uns wieder alleine.
"Okay Baby, komm schon. Du musst dich anziehen."
"Ich kann nicht.", sagte sie leise, während ihr immer wieder die Augen zu fielen. Seufzend suchte ich ihre Sachen zusammen, und befreite sie dann von diesem komischen Krankenhaushemd. Mit etwas Mühe bekam ich sie in ihre normalen Klamotten, und hob sie dann in meine Arme.
"Ich bin so müde.", murmelte sie, während sie halb in meinen Armen einschlief.
"Ich bring dich nach Hause.", sagte ich leise. Die Leute in der Eingangshalle starrten mich alle an, als würde ich eine Leiche mit mir herum tragen. Doch da gab ich einen fick drauf. Ich wäre nicht Capital Bra, wenn mir sowas nicht am Arsch vorbei gehen würde.
Behutsam setzte ich sie auf den Beifahrersitz meines Autos und zündete mir eine Zigarette an. Als ich Whatsapp checkte sah ich, dass Samra meine Nachricht noch nicht gelesen hatte. Keine Ahnung was ihn so beschäftigte, aber es schien ernst zu sein, wenn er sein Handy aus hatte. Ich schmiss die Kippe auf den Boden und drückte sie mit meinem Schuh aus. Dann setzte ich mich ins Auto und startete den Motor. Die kleine Prinzessa neben mir war wieder eingeschlafen, als ich los fuhr. Kein Wunder, nach so einer OP. Während der Fahrt überlegte ich, was genau sie geträumt hatte. Von Albträumen konnte ich ein Buch schreiben. Es gab wenige Nächte, in denen ich normal durchschlief. Desto mehr beunruhigte es mich, dass sie genau so schlimm träumte, wie ich manchmal.
Wieder zu Hause angekommen hob ich sie sanft aus dem Auto, schloss die Tür ab und trug sie dann nach oben in unser Zimmer. Dort legte ich sie behutsam ins Bett, zog ihr die Klamotten aus und schaffte es irgendwie, ihr die Schlafsachen anzuziehen. Obwohl es gerade mal 18 Uhr war, entschloss ich mich, mich zu ihr zu legen. Ich wollte einfach nicht, dass sie alleine aufwacht. Also zog ich mein Shirt aus, kroch in meine Jogginghose und legte mich dann neben sie.
Als sie bemerkte, dass ich neben ihr lag, rutschte sie zu mir heran und kuschelte sich dann an meine Brust. Glücklich legte ich meinen Arm um sie und war wenig später auch eingeschlafen.

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So, das wars mit der Lesenacht.
Ich hoffe, euch haben die Kapitel gefallen 🤭😊
Wann das nächste kommt kann ich noch nicht sagen, aber ich denke lange müsst ihr nicht warten. ❤️❤️❤️

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