"Was brauchst du, Baby?", fragte mich Vladislav, als wir alle drei aus dem Auto stiegen, das Samra von seinem Bruder bekommen hatte.
"Ich muss zu Rossmann.", sagte ich und nahm seine Hand, welche er dann zusammen mit seiner in seine Jackentasche steckte.
"Ich geh Kippen holen. Bis gleich.", sagte Samra, setzte sich seine schwarze Kaputze auf und ging vorraus.
"Habt ihr geredet?", fragte Vladislav, während wir durch die Stadt liefen.
"Ach, frag nicht.", winkte ich ab und zog ihn mit mir in den Laden hinein. Er nahm es so hin und lief mir stumm hinterher, während ich alles in mein Körbchen packte was ich brauchte. Natürlich ließ es sich nicht vermeiden, dass ihn irgendwelche Fans erkannten. Trotz Mütze und Kaputze konnte er nirgendwo hingehen, wo ihn niemand kannte. Er verteilte Autogramme, machte Fotos mit irgendwelchen Babys auf dem Arm und ließ sich für Insta Storys filmen. Ich hielt mich eher im Hintergrund, und beobachtete das ganze lächelnd. Ich wollte den Mädels nicht das Herz brechen, wenn ich mich da als seine Freundin reinquetschen würde. Sollten sie ruhig denken, er wäre nicht vergeben. Je weniger von mir wussten, desto besser war es. Aber so einfach war das leider nicht, denn einige hatten uns Händchen haltend reinkommen sehen.
"Bist du seine Freundin?", fragte mich eine der Mädels, welche bis eben noch Fotos mit ihm gemacht hatte.
"Ja.", sagte ich lächelnd, während er noch mit Autogrammen beschäftigt war.
"Woher kennt ihr euch?", fragte sie neugierig und schaute mich mit einem merkwürdigen Blick an. Ich war mir nicht sicher, aber irgendwie kam mir ihr Lächeln ziemlich fake vor.
"Ist eine sehr lange Geschichte.", sagte ich seufzend und packte das Duschbad in mein Körbchen.
"Hör zu, ist mir egal wo ihr euch kennen gelernt habt. Capi darf keine Freundin haben. Dir ist schon klar, dass du damit das Leben von vielen anderen zerstörst?", zischte sie plötzlich leise. Ich wusste gar nicht, was ich darauf sagen sollte - so sprachlos war ich. Mit offenem Mund starrte ich sie an und brauchte ein paar Sekunden, bis ich mich wieder fing.
"Wie bitte?", fragte ich mit hoher Stimme.
"Halt dich von Capi fern. Sonst kriegst du es mit mir zu tun, Bitch.", sagte sie und schaute mich an, als würde sie mich gleich töten wollen.
"Was ist hier los?", fragte Vladislav, der plötzlich hinter mir auftauchte und seinen Arm um mich legte.
"Ich hab nur gesagt, dass deine Freundin voll hübsch ist.", lächelte sie wieder gespielt und tat so, als wäre sie die Unschuld in Person.
"Ich glaube, du hast eben noch was anderes gesagt.", sprach er ernst. Sofort konnte man sehen, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss.
"Das habe ich wirklich gesagt, Capi.", sagte sie wie ein kleines Kind und schaute ihn mit Tränen in den Augen an.
"Baby?", fragte er mich und drückte mich an sich, als Zeichen dass ich was dazu sagen sollte.
"Ist schon okay. Alles gut.", sagte ich lächelnd, doch er schaute mich fragend an und hob seine rechte Augenbraue nach oben. Fuck, dieser Blick war so verdammt sexy, dass mir augeblicklich heiß wurde. Nun war ich komplett unfähig zu antworten.
"Mach, dass du weg kommst. Und überleg beim nächsten mal, wie du mit anderen sprichst.", sagte er zu dem Mädchen, welches dann schniefend davon lief.
"Das wäre nicht nötig gewesen.", sagte ich, schenkte ihm aber einen dankbaren Blick, nachdem ich mich nicht mehr fühlte wie in einer maßgeschneiderten Sauna.
"Warum hast du sie in Schutz genommen? Ich habe gehört, was sie zu dir gesagt hat. Du brauchst keine Angst haben wenn ich bei dir bin, Baby.", sagte er und küsste meinen Haaransatz. Ohne darauf zu antworten schenkte ich ihm ein Lächeln und konzentrierte mich dann weiter auf meinen Einkauf.
"Übrigens habe ich gemerkt, wie geil dich mein Blick eben gemacht hat.", flüsterte er mir schmunzelnd ins Ohr und klopfte mir leicht auf den Hintern, was mich leise aufstöhnen ließ. Dann drehte er sich elegant weg und widmete sich den Regalen in der Männerabteilung. Dieser Mann trieb mich noch in den Wahnsinn.
Nach wenigen Minuten hatte ich alles zusammen, und wir standen wieder vor dem Laden.
"Da kommt er.", sagte Vladislav, als Samra mit einer Kippe im Mund auf uns zu gelaufen kam.
"Fertig?", fragte er angespannt und schnippste seine Kippe weg, woraufhin der Ukrainer bestätigend nickte. Als wir weiter liefen unterhielten sich die Jungs über irgendeinen Song, während ich so halb zwischen ihnen lief. Sie waren so vertieft in ihr Gespräch, dass sie gar nicht mitbekamen wie ich nach ihnen rief als ich stehen blieb.
"Krass, dass ich dich nochmal wiedersehe.", sagte er junge Mann, der mich dazu veranlasst hatte anzuhalten.
"Die Welt ist klein.", lachte ich und umarmte meinen ehemaligen Klassenkameraden.
"Wie gehts dir? Von den anderen habe ich immer mal was gehört, aber bei dir ist irgendwie Funkstille.", sagte Jonas sichtlich erfreut darüber, mich zu sehen.
"Alles super. Ich habe von den anderen nichts gehört, seitdem wir uns das letzte mal gesehen haben.", sagte ich und legte meine Haare zur Seite, die mir durch den Wind ins Gesicht flogen.
"Was ist das denn?", fragte er erschrocken und zog meinen Kragen ein kleines Stück nach unten, wo man das weiße Pflaster an meinem Hals sehen konnte.
"Das ist nichts. Lange Geschichte.", sagte ich und schob seine Hand weg.
"Das ist nicht nichts, Josy. War das dieser Kanacke? Oder der andere Typ mit der Mütze?", fragte er wütend und zog meinen Kragen weiter runter, sodass man jetzt das ganze Pflaster sehen konnte.
"Nein!", stritt ich ab und wollte seine Hand wegdrücken, doch das ließ er nicht zu.
"Josy, du musst zur Polizei. Das geht so nicht.", sagte er aufdringlich, während mir das ganze immer unangenehmer wurde.
"Hey, was soll der Scheiß nahui? Was packst du meine Freundin an?", paffte Vladislav, der auf uns zukam und ihn grob von mir weg schubste. Direkt hinter ihm sah ich Samra, der sich sofort neben Vladislav afbaute. Gemeinsam trieben sie Jonas in eine kleine Gasse, die sich ein paar Meter neben uns befand.
"Was wollt ihr zwei Affen?", fragte dieser wütend, während Vladislav ihn gegen eine Mauer schubste.
"Deine scheiß Fresse einschlagen, wenn du meine Freundin anfässt!", brüllte er halb und packte ihn am Kragen.
"Er hat nichts gemacht!", rief ich und zog ihn von Jonas weg, der sich schützend die Hände vor sein Gesicht hielt.
"Lea hatte Recht. Dir ist wirklich nicht mehr zu helfen.", sagte Jonas als ich es geschafft hatte, die Jungs von ihm weg zu ziehen. Doch schneller als ich gucken konnte drehte sich Samra um, packte ihn am Kragen und holte aus.
"Nein!", schrie ich, doch es war schon zu spät. Ohne zu zögern landete Samras Faust in seinem Gesicht, woraufhin Blut aus seiner Nase lief.
"Was hat die kleine Hure noch gesagt?", knurrte der Libanese und zog ihn wieder hoch.
"Fick dich.", lachte Jonas, und fing sich dafür gleich den nächsten Schlag ein.
"Samra, hör auf!", schrie ich verzweifelt und hielt seine Faust fest, bevor sie ein weiteres mal sein Gesicht zertrümmern konnte.
"Halt sie zurück, Capi!", fauchte Samra und riss sich von mir los.
"Sag mir, was sie gesagt hat. Oder ich schlag dir die Zähne aus ya kalb!", keifte er und ballte seine Faust so stark zusammen, dass seine Fingerknöchel hell durch seine Haut durchschimmerten.
"Dass du ein Ehrenloses Schwein bist. Sie hatte Recht.", grinste Jonas und provozierte ihn somit nur noch mehr. Kaum hatte er seinen Satz ausgesprochen, landete Samras Faust erneut in seinem Gesicht.
„Zweiter Versuch." grinste Samra und begab sich wieder in Position. Als Jonas ihn auslachte, holte Samra erneut aus.
"Du bringst ihn um!", weinte ich verzweifelt und griff nach Samras Jacke, damit ich ihn zurückziehen konnte. Der letzte Schlag hatte gesessen - bevor Jonas wieder aufstehen konnte, verlor er ein paar mal das Gleichgewicht und sackte dann wieder zusammen.
"Bratan beruhig dich! Das ist es nicht wert!", schaltete sich nun endlich auch Vladislav ein und half mir, ihn endgültig von Jonas weg zu ziehen. Als wir es endlich geschafft hatten nutzte er die Gelegenheit und rannte schwankend um die Ecke, während Samra seine blutverschmierte Faust krampfhaft öffnete.
"Was sollte das? Fühlst du dich besser, wenn du schwächeren weh tun kannst? Du bist wirklich Ehrenlos, du Scheißkerl!", schrie ich ihn völlig aufgelöst und unter Tränen an.
"Der Hurensohn hatte es verdient!", paffte er zurück und spuckte neben sich auf den Boden.
"Was ist nur los mit dir?", fragte ich hysterisch und wollte ihn schubsen, aber Vladislav hielt mich fest.
"Sie hat Recht, Bruderherz. Wenn wir Pech haben macht der Pic Anzeige. Dann sind wir richtig gefickt.", sagte Vladislav, der sich mittlerweile wieder einigermaßen heruntergefahren hatte.
"Ist mir scheißegal. Er hatte es verdient.", wiederholte sich Samra stur und ging dann an uns vorbei. Als er mit dem Rücken zu uns gedreht war und ich sein Feuerzeug klicken hörte wollte ich auf ihn losgehen, doch durch Vladislav konnte ich nichts machen außer vergeblich gegen die durch ihn bestehende Bewegungsunfähigkeit anzukämpfen.
„Das würde jetzt nichts bringen." flüstere er mir so zu, dass Samra es nicht hören konnte. Irgendwann gab ich auf und wandte mich zu Vladislav herum, wo ich mich weinend in seine Jacke krallte. Er schloss mich fest in seine Arme und legte seine Hand auf meinen Kopf, um irgendwie mein Schluchzen zu unterdrücken. Ich war nie ein Freund von Schlägereien. Allein beim Gedanken daran, dass jemand zusammengeschlagen wurde trieb es mir die Tränen in die Augen. Umso mehr machte es mich fertig, dass das gerade einem ehemals guten Freund passiert war - und ich nichts tun konnte, um das zu verhindern. Im Gegenteil, nur wegen mir war das alles erst passiert.
"Ich werde gleich abgeholt. Kann ich euch alleine lassen?", fragte Vladislav, als er die Nachricht auf seinem Handy las.
"Muss ich darauf antworten?", schniefte ich, als ich mich aus seiner Umarmung löste. Er strich sanft meine Haare hinters Ohr, zog mich dann zu sich und küsste mich intensiv.
"Es tut mir leid Baby. Ich würde lieber bei dir bleiben, aber ich kann wirklich nicht absagen. Verzeih mir. Heute Abend bin ich wieder da, versprochen.", sagte er leise, küsste meine Stirn und ging zu Samra.
„Wir zwei reden da heute Abend noch drüber.", sagte er zu ihm, klopfte auf seine Schulter und ging dann.
"Wo willst du hin?", fragte Samra, als ich zitternd an ihm vorbei lief.
"Zum Auto.", sagte ich schniefend und lief weiter.
"Wer sagt, dass wir nach Hause fahren?", fragte er immernoch leicht aggressiv, woraufhin ich nur stehen blieb und versuchte, den Kloß in meinen Hals herunter zu schlucken.
"Ich muss kurz was besorgen. Dann können wir los. Also yalla, beweg dich.", sagte er mit tiefer Stimme und reichte mir seine Hand, damit er mich wieder mal hinter sich herziehen konnte.
„Du kannst mich mal. Ich warte am Auto.", schniefte ich, woraufhin er direkt auf mich zu steuerte.
„Hör zu, entweder du tust was ich sage oder und es wird dein Blut sein, dass bald an meiner Haut klebt. Ich bin gnadenloser drauf als du glaubst, Habibi. Also teste mich lieber nicht.", knurrte er und griff grob nach meiner Hand.
„Und übrigens: ich bin vieles, aber nicht Ehrenlos.", fügte er hinzu und zerrte mich dann hinter sich her wie ein kleines Kind. Während mir unzählige Tränen übers Gesicht liefen, ließ ich mich widerstandslos von ihm mitschleifen. Ich hatte keine Kraft mehr, mich zu wehren. Und ehrlich gesagt hatte ich auch viel zu viel Angst davor was passieren würde, wenn ich es tat.———————————
So, das war's mit der Lesenacht. 🌟
Geht bald weiter. 🌈❤️

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Mademoiselle
ФанфикJosy begegnet zwei Menschen, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellen - und das nicht gerade auf die gute Weise. Zum einen Capi, der sie wegen seiner kriminellen Geschäfte immer wieder alleine lässt, und zum anderen Samra, der sie wie Dreck beha...