"Wie ich sehe, weiß niemand von deinen Teamkollegen, was du so treibst." Ich lehnte mich mit verschränkten Armen gegen die Hauswand und beobachtete ihn, wie er sich eine Zigarette anzündete.
"Und wie ich sehe, bist du ganz schön mutig. Wo hast du deine hübsche Freundin gelassen? Ach halt, ich vergaß. Ist ja Capis Freundin.", er kniff grinsend die Augen zusammen und musterte mich ganz genau.
"Mach dir da mal keine Sorgen. Sie ist vor dir in Sicherheit.", zischte ich.
"Das hoffe ich für sie. Denn wenn ich sie in die Finger bekomme, kannst du dich von der kleinen verabschieden." Er lachte finster auf und zog genüsslich an seiner Kippe.
"Du wirst deinen dreckigen Finger von ihr lassen. Oder willst du, dass Drilon davon Wind bekommt?", knurrte ich vorsichtig.
"Selbst wenn das der Fall wäre. Wie willst du mir das nachweisen? Wem glaubst du, würde er mehr vertrauen? Irgendeinem dahergelaufenen Rapper, der als Schoßhündchen von Capi durch den Tag hopst, oder mir? Demjenigen, der das Label gegründet hat?", lachte er selbstsicher.
"Du weißt genau so gut wie ich, dass du es mit Capi zusammen gegründet hast. Und Drilon weiß, dass Capi sich sowas niemals ausdenken würde.", konterte ich gezielt.
"Das mag sein. Aber Capi hat uns damals verlassen. Er hat seine Brüder im Stich gelassen. Und Außerdem...", setzte er an und kam etwas näher auf mich zu,"Hoffe ich für dich, dass du dann mit den Konsequenzen leben kannst, du kleine Snitch. Also überleg dir deine nächsten Schritte gut. Während wir uns hier angeregt unterhalten, sind meine Jungs auf der Suche nach Capis kleiner Hoe. Also bete lieber dafür, dass sie sie nicht finden werden. Was dann passiert, weißt du ja.", drohte er angriffslustig, schnippste seine Zigarette weg und ging dann wieder zu den anderen.
"Du weißt aber hoffentlich auch, was mit dir passiert, wenn du ihr irgendetwas tust.", sagte ich etwas lauter und er blieb stehen. Langsam drehte er sich um und kam wieder zurück zu mir.
"Willst du dann wieder deine Bewaffneten Affen losschicken? Meine Armee vom letzten mal war nur ein Drittel meiner Mannschaft. Wenn ich wollte, könnte ich ganz Berlin gegen euch aufhetzen. Du fickst mit dem falschen, Hussein.", drohte er, während seine Augen vor Zorn funkelten.
"Unterschätze mich nicht. Meine Kontakte sind weit über Berlin hinaus verwurzelt. Wenn du ihr irgendetwas antust werde ich dir persönlich die Kehle durchschneiden, verlass dich drauf.", drohte ich aufgebäumt und stand ihm nun genau gegenüber.
"Ich lasse es gerne darauf ankommen, Bruder." Er zwinkerte mir provokativ zu und schnippste seine Kippe weg.
"Außerdem wäre es für dich doch eh von Vorteil, wenn die kleine weg wäre. Dann müsstest du nicht mehr mit deiner Eifersucht kämpfen. Wie ist das so, den beiden immer dabei zusehen zu müssen, wie sie einen auf glücklick verliebtes Pärchen machen? Während du innerlich verbrennst, weil du weißt, dass du sie niemals haben kannst?", lachte er. Meine Wut stieg ins unermessliche. Am liebsten wäre ich sofort auf ihn los und hätte ihm den Hals umgedreht. Aber so wie er sich hier zurück halten musste, galt das ebenso so für mich. Er wusste das ganz genau. Und das machte mich noch rasender. Ich presste meine Fingerspitzen so fest in meine Handflächen, dass ich wieder diesen stechenden Schmerz in meiner Hand spürte.
"So depressiv, dass du dich schon ritzt? Oh Hussein. Du tust mir leid. Und das nur wegen einer Frau? Aber du weißt ja bereits, wie es ist, seine Traumfrau aufgeben zu müssen. " lachte er, als er sah, wie sich der Verband an meiner Hand schwach rot gefärbt hatte. Infolge einer Kurzschlussreaktion zog ich mein Klappmesser aus der Tasche, schubste ihn gegen kräftig gegen die Wand und hielt ihm die Klinge an die Kehle.
"Scheiße, wenn ich Recht habe, hm?", grinste er mich an.
"Du mieser kleiner Hurensohn.", knurrte ich, während er mich auslachte.
"Na los, mach. Mal sehen wie du das meiner Gang erklären willst.", freute er sich und ließ mich nicht aus den Augen. Mit einem Schnaufen ließ ich von ihm ab und steckte das Messer wieder weg.
"Gute Entscheidung. Du bist anscheinend doch nicht so dumm, wie ich dachte.", schmunzelte er. Ich spuckte zur Seite und drehte mich dann weg, um zu gehen. Bevor ich wirklich noch etwas dummes machen würde, war das für mich der richtige Weg.
"Ach, eins noch.", rief er mir hinterher. Ich blieb mit dem Rücken zu ihm stehen, drehte mich aber nicht nach hinten um.
"Glaub nicht, dass ich euch nicht finden werde. Ich schlafe nicht. Meine Augen sind überall. Irgendwann wird der Tag kommen, Hussein. Also nutze die Zeit, solange Capi in Hamburg ist. Vielleicht kannst du noch etwas ändern." Bei den letzten beiden Sätzen lief mir ein widerwärtiger Schauer über den Rücken. Er hatte sich also informiert. Aber seine Aussage machte mich stutzig.
"Was genau meinst du damit?" Wieder lachte er ekelhaft auf, bevor er zu seiner Antwort ansetzte.
"Als sie bei mir war, haben wir uns unterhalten. Sehr intensiv sogar. Ich wollte Informationen. Und ich wollte wissen, was sie an Capi findet. Warum sie sich ihn ausgesucht hatte. Warum sie so dumm war, sich ihn auszusuchen.", erzählte er, und ich wurde hellhörig. Wieder drehte ich mich um und blickte in sein grinsendes Gesicht.
"Willst du wissen, was sie gesagt hat, Hussein?", fragte er schmunzelnd und beobachtete jeden meiner Gesichtszüge haargenau.
"Sie hat gesagt, dass sie nie wirklich Interesse an ihm hatte. Sie spielt euch beiden was vor. Sie hat sich an Capi gehängt, um an dich heran zu kommen. Die kleine Schlampe ist hinterlistiger, als du denkst.", lachte er.
"Wenn das wirklich so wäre, warum hättest du dann immernoch Interesse daran, sie umzubringen?", hakte ich nach. Mein Verstand war vollkommen klar. Ich wusste nicht, ob er Recht hatte. Aber ich zog es irgendwie in Erwägung.
"Weil du mir meinen gesamten Plan versaut hast. Wenn du dich nicht eingemischt hättest, dann würde Capi jetzt für seine Dummheit büßen. Und nun werdet ihr beide büßen, wenn ich euch das nehme, was ihr am meisten liebt.", sagte er mit einem diabolischen Gesichtsausdruck, während er regelrecht genoss, wie mich seine Aussagen wütend machten. Aber noch wütender machte mich gerade die Frage, ob er tatsächlich Recht hatte.
"Glaub mir, Hussein. Ich hätte keinen Grund zu lügen. Sterben wird sie so oder so. Ich gebe dir nur die Chance, die letzten Tage sinnvoll zu nutzen. Das ist theoretisch nicht dein Krieg, deswegen geben ich dir den Tipp. Aber du hast dich eingemischt, und deswegen werdet ihr es beide früher oder später bereuen. Denk über meine Worte nach, Hussein. Nutze die Zeit. Und mach dich bereit." Nachdem er seine Rede zu Ende gehalten hatte, schlenderte er an mir vorbei und ließ mich dann stehen. Obwohl mir seine Aussagen im Kopf herum schwirrten, musste ich mich jetzt konzentrieren. Was für mich nun hieß, schnell zu Josy zurück zu kehren. Wenn er wusste, dass Capi nicht in der Stadt war, dann konnte er sich mit sicherheit auch denken, dass ich sie nicht alleine zu Hause lassen würde. Jede weitere Minute, die ich hier herum stand, war eine mögliche Minute, in der einer von seinen Leuten bei ihr sein könnte."Samra Habibi, machs gut.", verabschiedeten sich die Jungs von mir, bevor ich eilig wieder zum Auto ging. Ich schaute auf mein Handy, aber ich hatte keine Nachrichten oder verpassten Anrufe. Trotzdem geriet ich leicht in Panik, während ich zum Auto rannte. Als ich dann endlich angekommen war, sah ich sie auf dem Beifahrersitz. Der Moment, in dem ich in ihre grünen Augen sah, war der Moment, in dem mir ein riesiger Stein vom Herzen viel. Ich riss die Tür auf und starrte sie an.
"Ist alles okay?", fragte ich außer Atem.
"Ja...was ist mit dir? Oh mein Gott, du blutest!", sagte sie erschrocken, schnallte sich ab und rutschte vom Sitz herunter. Sie stand nun direkt vor mir, während ich unfähig war, einen Schritt zurück zu gehen um ihr Platz zu machen.
"Deine Hand...die Naht...was ist passiert?", fragte sie mich hektisch und untersuchte den Verband, der mittlerweile knallrot und Blutig war.
"Samra, du musst nochmal in die Notaufnahme. Ich glaube, du hast die Naht aufgerissen. Das hört nicht auf zu bluten.", gab sie panisch von sich und schaute mich mit weit aufgerissenen Augen an. Auf Notaufnahme hatte ich echt keinen Bock. Nicht schon wieder. Aber da die Schmerzen in der Hand mittlerweile fast unerträglich geworden waren, blieb mir wohl nichts anderes übrig.
"Von mir aus. Steig ein, wir fahren direkt da hin.", befahl ich ihr. Ich vergewissterte mich, dass sie sich angeschnallt hatte und ging dann auf die Fahrerseite.
"Kannst du fahren?", fragte sie besorgt.
"Jaja.", winkte ich nur ab und machte mich dann zusammen mit ihr auf den Weg ins Krankenhaus.
Während der Fahrt dachte ich über Khalils Sätze nach. Sie hat sich nur an Capi gehängt, um an mich heran zu kommen. Sie spielte mit ihm. Ich hatte es von Anfang an gewusst. Meine Instinkte hatten mich also doch nicht getäuscht. Mit jeder Minute, in der ich weiter darüber nachdachte, würde ich immer wütender. Sie hatte Capi die ganze Zeit verascht. Sie hatte mich verarscht. Und sie spielte uns beiden etwas vor._____________________________
Bevor jetzt der Shitstorm gegen Josy kommt: vergesst nicht, dass das Samras Sicht ist. Das "Gespräch" zwischen ihr und Khalil hat nie stattgefunden, aber das kann er ja nicht wissen.
Nur so am Rande 😉❤️

DU LIEST GERADE
Mademoiselle
FanfictionJosy begegnet zwei Menschen, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellen - und das nicht gerade auf die gute Weise. Zum einen Capi, der sie wegen seiner kriminellen Geschäfte immer wieder alleine lässt, und zum anderen Samra, der sie wie Dreck beha...