Part 71 ~ Nima

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„Nima, du bleibt mit Josy hier. Ich geh gucken ob der Bastard noch da ist." Knurrte Samra und ließ mich mit einem verdutzten Nima stehen. Wir schauten ihm beide hinterher und keiner wusste, was er sagen sollte.
„Hey erstmal" bemerkte er, als er sich wieder fing und schloss mich in eine herzliche Umarmung.
„Hey" sagte ich leise und lächelte ihn an.
„Heilige Sch...was ist denn da passiert?" fragte er entsetzt, als er meinen Arm sah.
„Nix" murmelte ich nur und schaute weg.
„Ey komm schon, sag. War das Capi?"
„Nein, sowas würde er niemals machen!"
„Wo kommt das dann her?" Ich antwortete ihm nicht sondern drehte mich in die andere Richtung, um nach Samra ausschau zu halten.
„Samra?" fragte er leise, so als ob er Bedenken hätte dass er uns hören könnte.
„Ich hab Mist gebaut okay? Ich hab mich hinter seinem Rücken mit seiner Ex getroffen, weil wir reden wollten. Über Sachen, die er mir nicht erzählen wollte. Ich war mit ihr Kaffee trinken und er hat es rausbekommen. Es war ein riesiger Fehler. Er hat mich da weg geschliffen. Wäre er nicht gekommen, würde ich jetzt wahrscheinlich nicht hier stehen, denn sie ist die Cousine von Khalil und hatte mir K.O.-Tropfen untergemischt." Erklärte ich ruhig. Er stand nur da und starrte mich mit offenem Mund an.
„Und deswegen schlägt er dich? Und was sagt Capi eigentlich dazu?" fragte er entsetzt.
„Er hat mich nicht geschlagen. Er war nur etwas...naja...grob...aber nicht absichtlich. Er wollte mich nur beschützen. Und Capi weiß davon nichts, der ist in Florenz. Also er weiß was passiert ist, aber das mit dem Arm weiß er nicht."
„Irgendeine alte mischt dir Gift unter und will dich ausliefern, und Capi chillt in Florenz? Sein ernst?"
„Er chillt nicht, er arbeitet. Selbst wenn er wollte, so schnell hätte er eh nicht da sein können" verteidigte ich ihn stur und verschränkte die Arme.
„Okay, aber trotzdem. Samra kann dir nicht einfach so weh tun. Ich rede mit ihm." beschloss er eisern.
„Nein ist schon gut. Er hat sich entschuldigt" nahm ich ihn in Schutz und drehte mich wieder zu ihm um.
„Josy, guck dir deinen Arm an. Man könnte denken jemand hätte dich als Boxsack benutzt. Ich weiß dass Samra aggressiv und Stur sein kann, aber das geht zu weit. Und eine Entschuldigung macht das alles auch nicht Rückgängig. Warum nimmst du ihn in Schutz, wenn er dir so etwas antut?" fragte er mitleidig und legte seine Hand auf meine Schulter.
„Keine Ahnung" murmelte ich nur.
„Ich weiß warum. Weil du denkst, dass du ihn ändern kannst. Das ist immer so bei euch Frauen. Egal wie schlecht ein Mann zu euch ist, ihr versucht immer die Mauer zu durchbrechen und das gute hervorzuholen. Bewundernswert." Einerseits war er erstaunt, andererseits aber auch enttäuscht. Und trotzdem hatte er recht.
„Ich will einfach..." setzte ich an, wusste aber nicht wie ich es formulieren sollte.
„Ich will einfach dass er mir endlich vertraut. Er sieht mich immer nur als Feind. Aber das bin ich nicht. Mag sein, dass er viel verletzt wurde und deshalb manchmal ein Arsch ist. Aber ich bin nicht so wie die anderen. Ich würde ihn niemals verletzen."
„Hast du ihm das mal gesagt?" fragte er, nachdem er einige Sekunden ins leere gestarrt hatte.
„Natürlich. Aber er blockt immer wieder ab. Egal was ich mache, er lässt mich nicht zu ihm durchdringen. Aber manchmal denke ich dass da mehr ist, als er zugeben will. Wenn er dieses funkeln in den Augen hat, wenn er mich ansieht. Dann ist er so...keine Ahnung."
„Vielleicht steht er auf dich?" schlussfolgerte Nima.
„Khalil hatte sowas auch schon gesagt. Aber als ich ihn darauf angesprochen habe, ist er wieder ausgerastet" Verständnislos schüttelte Nima mit dem Kopf, während er seinen Arm um meine Schulter legte.
„Lass mich einfach mit ihm reden. Ich werde ihm mal ein bisschen den Kopf waschen. Er kann dich nicht einfach hin und her schubsen wie er will. Samra ist ein mega guter Kumpel und ich liebe ihn unfassbar krass, aber das geht einfach nicht."
„Nein Nima, bitte. Rede nicht mit ihm. Das hat keinen Sinn. Und falls doch, hat er im nachhienein nur wieder schlechte Laune. Und das kann ich gerade wirklich nicht gebrauchen." flehte ich und drehte mich unter seinem Arm von ihm weg, sodass wir uns wieder gegenüber standen.
„Dann versprich mir, dass du mit ihm redest. Mach deinen Standpunkt klar und sag ihm, dass du kein kleines Püppchen bist dass er herumschlenkern kann wie er Bock hat. Und wenn er Stress macht, rufst du mich an." sagte er und wollte mein Handy haben. Nickend gab ich es ihm und er speicherte seine Nummer ein.
„Eine Frage hab ich noch." sagte er und gab mir das IPhone wieder.
„Guck mich an" sprach er streng und nahm mein Gesicht in seine Hände, sodass ich keine andere Wahl hatte als ihn direkt anzuschauen. Seine blaugrünen Augen fixierten meinen Blick, sodass ich das Gefühl hatte ich stände neben mir.
„Stehst du auf Samra?" flüsterte er und wartete meine Reaktion ab. Zuerst wusste ich nicht was ich antworten sollte und sah ihn einfach nur verwirrt an.
„Ich..." fing ich an und legte meine Hände auf seine, um meinen Kopf wieder zu befreien.
„Ich mag ihn. Sehr sogar. Er ist wie...ein großer Bruder."
„Mehr nicht? Kein kribbeln im Bauch wenn er dich einsieht oder ihr euch berührt? Kein Gefühl von Sicherheit, wenn du bei ihm bist? Gar nichts?"
„Müsste er nicht so langsam wieder da sein?" lenkte ich schnell vom Thema ab und drehte mich erneut um, in der Hoffnung dass er jeden Moment wieder auftauchen würde. Und wenn man vom Teufel spricht – da kam er. Er sah unversehrt aus, zog ein grimmiges Gesicht und schnippste elegant seine Kippe weg, als er zu uns kam.
„Da war niemand. Ich hab alles abgesucht. Was wollte er von dir?"
„Leyla wollte wieder versuchen mich zu überreden, dass wir irgendwo was trinken gehen. Ich hab gesagt dass ich Bescheid weiß und dann stand auf einmal Khalil hinter mir..."
„Und dann?" fragten beide Jungs gleichzeitig.
„Und dann...hab ich ihm irgendwie gegen sein Schienbein getreten und bin weg gerannt."
„Das ist mein Mädchen!" freute sich Nima lautstark und hob die Hand, um mir einen High five zu geben, was seit langem mal wieder ein Lächeln auf mein Gesicht zauberte.
„Du weißt schon, dass das auch anders hätte laufen können?" nörgelte Samra ernst und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ja. Wenn du nicht vorne weg gerannt wärst, dann wäre ich hinterher gekommen und wir hätten uns nicht aus den Augen verloren. Du weißt genau dass ich langsamer bin als du. Und du bist trotzdem schneller gelaufen und hast mich ignoriert." warf ich ihm an den Kopf, woraufhin er seine Muskeln anspannte und sich vor mir aufbaute.
„Jetzt ist es meine Schuld, weil du zu langsam warst?" kurrte er, aber ich ließ mich nicht davon beeindrucken.
„Theoretisch schon" sagte ich mutig und machte mich auf das schlimmste gefasst.
„Komm schon Bruder, sei nicht so. Ich glaube, sie hat es schon schwer genug oder?" mischte sich Nima ein und zeigte auf meinen Arm. Samra schnaupte zuerst empört, fing dann aber an dämlich zu grinsen.
„Hast recht Bruder. Jetzt lasst uns endlich was essen" brummte er und lief vorraus.
„Danke" flüsterte ich Nima zu, der neben mir lief. Er antwortete nicht, sondern grinste mich nur an und zwinkerte mir kurz zu.

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