Part 49 ~ Pizza

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Schweigend verließen Samra und ich das Studio, um die Pizza zu holen. Unfassbar dass ich das hier echt durchzog. Keiner von uns hatte Lust, sich mit dem jeweils anderen zu unterhalten und so sagte einfach keiner was. Ich hatte keine Ahnung wo der Laden war, also blieb mir nichts anderes übrig als hinter Samra herzulaufen und zu versuchen, mit ihm Schritt zu halten. Er lief wie immer etwas schneller als ich und gab absolut keinen Wert darauf, ob ich hinterherkam oder nicht. Ich glaube ihn würde es nicht mal jucken wenn ich einfach umdrehen und zurück gehen würde. Es war mittlerweile dunkel geworden, und die Luft hatte sich abgekühlt. Ich hoffte dass wir nicht so lange brauchen würden, denn so langsam wurde mir kalt. Eigentlich sollte ich ja mit Samra reden, aber ich hatte echt absolut keine Lust auf Stress. Und es würde definitiv in Stress ausarten, so wie jedes mal. Manchmal zweifle ich ja sogar schon an mir selbst und frage mich, ob es wirklich an mir liegen könnte.
"Mädchen mach die Augen auf wenn du läufst!" Keifte er mich an, als ich gegen ihn prallte weil er plötzlich stehen blieb. Wir waren beim Laden angekommen. Der Geruch von Dönerfleisch stieg mir in die Nase, als er die Tür öffnete und ich hinter ihm wartete, während er bestellte.
"Das kann ne Weile dauern." sagte er gelangweilt und ging ein paar Schritte zurück, wo er sich dann an einen Tisch setzte und an seinem Handy spielte.
"Samra du weißt warum wir das hier machen sollten." sagte ich ruhig, was ihn aber nicht dazu veralasste mich anzusehen oder irgendwie darauf zu reagieren.
"Nerv mich nicht." sagte er abweisend. Ich war seine kalte Art ja mittlerweile gewohnt, aber seine Worte lösten ein komisches Gefühl in mir aus. Ich konnte das Gefühl nicht richtig beschreiben, es war so eine Mischung aus Wut und Traurigkeit. Irgendwie verletzte es mich.
"Dann kann ich ja auch einfach wieder zurück gehen." murmelte ich und ging Richtung Tür. Er verzog keine Miene, als ich die Tür öffnete und den Laden verließ. Gedankenverloren machte ich mich auf den Weg zurück vom Studio, als ich schwere Schritte hinter mir wahrnahm und mich dann jemand am Arm packte. Als ich mich umdrehte, schaute ich in das wütende Gesicht von Samra.
"Du wirst bestimmt nicht alleine zurück gehen." Der Griff um meinen Arm verstärkte sich, als er mich hinter sich hinterherzog.
"Warum nicht? Ich kenne den Weg, ich werde mich schon nicht verlaufen." protestierte ich und riss mich von ihm los. Er atmete laut hörbar aus, bevor er sich wieder zu mir drehte.
"Hast du die Sache mit Khalil schon vergessen? Es ist stockdunkel. Du kannst gerne alleine zurück gehen, aber wenn dir dann was passiert kann ich dir nicht helfen. Wie einfach es ist, ein Mädchen in der Dunkelheit wegzuschnappen, das alleine unterwegs ist und sich nicht gerade gut verteidigen kann muss ich dir glaube ich nicht erzählen, oder?" Seine Stimme war ruhig und deutlich. Er musterte mich zartfühlend, während ich mit dem ekelhaften Gefühl kämpte, dass entstand wenn ich an die Nacht zurückdachte. Die Nacht, in der mich Khalils Männer überwältigt hatten. Ich musste schwer schlucken, als die ganzen Bilder in meinem Kopf wieder auftauchten. Er hatte Recht, jetzt alleine zurück zu gehen war so ziemlich das dümmste was ich machen konnte. Also antwortete ich einfach nicht und ging mit gesenktem Blick wieder zurück in den Laden, in den er mir schweigend folgte. Nach einer ganzen Weile waren unsere Pizzen dann endlich fertig, und Samra nahm sie dankend entgegen. Beim raus gehen hielt ich ihm die Tür auf, woraufhin er nur lächelte. Es war das erste mal seit langem, dass in seinem Lächeln keinerlei Ironie oder Verhöhnung lag. Schon irgendwie ungewohnt.
"Kann ich dich was fragen?" Kam es von mir, nachdem wir ein paar Schritte gelaufen waren.
"Mach halt."
"Warum hast du eigentlich keine Freundin?" Dass ich ihm dieser Frage stellte wunderte mich selbst, denn normalerweise hätte ich mich das nicht getraut. Wobei es ja eigentlicht ein ganz normale Frage war, ohne irgendwelche Hintergedanken. Aber Samra kann das halt manchmal schnell in den falschen Hals kriegen. Ich wollte ja eigentlich Vladislav fragen, aber irgendwie bot sich gerade die Möglichkeit. Und mit den Pizzakartons auf den Armen konnte er mir sowieso nichts tun, also was solls.
"Warum interessiert dich das?" fragte er konfus.
"Naja nur so." Wieder liefen wir ein paar Minuten, in denen ich überlegte. Ich meine, er war ja jetzt nicht unattraktiv. Eigentlich sah er sogar sehr gut aus, also fand ich es schon komisch dass er niemanden hatte.
"Bist du vom anderen Ufer?" Platzte es aus mir heraus.
"Hm?" Er nahm meine Frage nur nebensächlich war, weil er wieder auf sein Handy starrte.
"Naja...bist du schwul?" Meine Stimme wurde zum Schluss so leise, dass ich dachte er hätte es nicht gehört. Hatte er aber, denn er bleib abrupt stehen und schaute mich entgeistert an.
"Was?" frage ich unschuldig und kam ebenfalls zum stehen.
"Wie kommst du auf so einen Scheiß?" zischte er rabiat, und sofort spürte ich wie ich rot wurde. Verlegen schaute ich zur Seite und lief dann weiter.
"Keine Ahnung, hätte doch sein können." Er schüttelte nur verständnislos den Kopf und lief dann ebenfalls weiter.
"Aber jetzt mal ernsthaft, gibt es da jemanden? Also ein Mädchen?"
"Oh man." Seufzte er und gab mir damit deutlich zu spüren, dass er keinen Bock auf diese Unterhaltung hatte.
"Komm schon Samra, ist doch nix dabei." bettelte ich.
"Halt einfach die Klappe okay?" Sein Schrittempo beschleunigte sich etwas, sodass ich wieder Probleme hatte hinterherzukommen. Und dann waren wir auch schon am Studio. Aber so schnell wollte ich nicht aufgeben. Er hatte mir keine klare Antwort auf meine Frage gegeben und bevor wir rein gingen wollte ich diese eine Sache unbedingt noch wissen. Ich rannte das Stückchen zur Eingangstür und stellte mich davor, sodass er nicht die Möglichkeit hatte aufzuschließen. Mit verschränkten Armen blockierte ich den Eingang, was ihn nur zum schmunzeln brachte.
"Was soll das werden, wenns fertig ist?" fragte er amüsiert.
"Du hast mir keine Antwort gegeben. Jetzt sag halt einfach, warum machst du so ein Geheimnis draus?"
"Josy, mit dir werde ich ganz bestimmt nicht darüber reden. Und jetzt geh beiseite damit ich aufschließen kann oder klopf an die Tür, damit Capi aufmacht. Ich hab Hunger und keinen Bock hier ewig rumzustehen." nörgelte er.
"Na schön" gab ich nach und klopfte gegen die Tür.

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