Part 197 ~ Schizo

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Vladislav

Eine Stunde war jetzt schon rum, in der ich im Bett lag und an die Decke starrte. Immernoch war die linke Seite des King-Size Bettes leer, wo ihr Duft hängengeblieben war. War sie auf die Couch umgezogen, oder warum kam sie ewig nicht wieder?
Grummelnd richtete ich mich auf, sah kurz auf mein Handy und ging dann nach unten, um zu gucken wo sie war. Im Wohnzimmer war keiner - der Fernseher war aus, und die Decken waren zusammengelegt. Sie konnte doch nicht weg sein nahui. Als ich in die Küche ging und das Licht einschaltete, sah ich sie zusammengekullert vor dem Küchenschrank liegen.
"Prakljat'je, Prinzessa.", nuschelte ich leise und kniete mich zu dem schlafenden Mädchen herunter. Ich streichelte vorsichtig über ihren Kopf, während ich ihr bleiches Gesicht betrachtete. Es tat so weh, zu sehen wie dreckig es ihr ging. Und das nur wegen mir. Ich drehte sie ein Stückchen herum und hob sie dann in meine Arme. Mir egal ob sie sauer auf mich war, ich würde sie nicht hier auf dem kalten Boden pennen lassen.
"Ist okay Baby, ich bin's nur.", flüsterte ich, als sie bemerkte dass sie jemand trug. Ich weiß, sie wäre am liebsten von mir weggesprungen. Aber sie war glücklicherweise zu müde und zu schwach, um sowas zu machen.
Behutsam legte ich sie wieder in unser Bett und deckte sie zu. Dann legte ich mich neben sie und versuchte wieder einzuschlafen - was mal wieder so gut wie unmöglich war. Je länger ich wach war, desto abgefuckter machte es mich. Mein scheiß Kopf wollte einfach nicht die Fresse halten. Normalerweise würde ich mich jetzt rausschleichen, und im Studio so lange kiffen bis mein Kopf endlich leer war. Aber wenn sie dann frühs aufwacht und merkt dass ich wieder weg bin, wird sie mir erst recht nicht verzeihen. Ach, fick doch mein Leben nahui.
Aber was, wenn du einfach für paar Stunden abhaust, und wieder da bist bevor sie wach wird?
Ne man, das klappt nicht.
Besser als hier rumzuliegen.
Nein, zu hohes Risiko.
Scheiß doch drauf, sie ist eh sauer. Macht doch keinen Unterschied.
Halt die Fresse nahui, ich bleib hier.
Mein Blick schnellte zum Fenster, als ich ein Geräusch hörte. Ich griff unter das Bett und zog die Neun Milli hervor, die ich seit unserem Einzug hier gebunkert hatte. Ich hatte ihr nichts davon gesagt, weil es besser so war. Je mehr sie wusste, desto mehr Sorgen würde sie sich machen. Ich lehnte mich gegen die kühle Wand und lauschte den Geräuschen von draußen, die durch das offene Fenster drangen. Da war es wieder. Dieses Knacken. Da war jemand, hunterpro. Es raschelte leise, als ich die Taschenlampe in die Hand nahm und mich bereit machte. Geräuschlos öffnete ich das Fenster komplett und zählte langsam runter.
3...2...1...
Taschenlampe an, Waffe hoch. Ich machte mich auf die krasseste Schießerei bereit, doch es passierte nichts. Alles was sich da unten bewegte war diese fette dämliche Katze, die mich mit ihren leuchtenden Augen anstarrte. Ich nahm die Waffe wieder runter und schaltete die Taschenlampe aus. Diese verfickte Paranoia ließ mich noch durchdrehen.
Plötzlich ging das Zimmerlicht an, und in meinem Magen machte sich ein komisches Gefühl breit. Ich drehte mich um und versteckte die Waffe hinter meinem Rücken, doch es war zu spät.
"Baby.", sagte ich, während sie mich schockiert ansah. Keine Ahnung was ich jetzt sagen sollte. Keine Ahnung was ich jetzt machen sollte. Was dachte sie in diesem Moment? Begeistert war sie jedenfalls nicht, denn in ihren angsertfüllten Augen sammelten sich bereits Tränen.
"Nicht weinen, bitte.", sagte ich so vorsichtig ich nur konnte und nahm die Waffe runter. Sie ging ganz langsam ein paar Schritte nach links, während sie die Waffe in meiner Hand nicht aus den Augen ließ.
"Ey, nicht abhauen!", rief ich und sprang zur Tür, ehe sie diese öffnen konnte. Sie stand hecheln mit dem Rücken zur Tür und schaute mich an, als würde ich sie jeden Moment umbringen wollen.
"Du muss keine Angst haben, es ist alles gut.", sagte ich leise und legte meine Handfläche auf ihre mit Tränen überlaufene Wange.
"Woher?", brachte sie mit erstickter Stimme hervor.
"Ist egal. Ich hab sie nur zur Sicherheit. Ich würde sie nie auf dich richten, Baby."
"Dann nimm sie weg. Bitte.", flüsterte sie und schaute im Augenwinkel auf das schwarze Ding in meiner Hand, das anderen in nur einer Sekunde die Seele nehmen konnte.
"Tamam, guck.", sagte ich und steckte sie in meine Schlafanzughose.
"Ich will nicht, dass du Angst vor mir hast Baby. Du weißt, ich will dir nicht weh tun, niemals. Hör auf zu weinen okay?", bat ich sie ruhig und wischte ihre Träne mit dem Daumen weg.
"Wenn du mir nicht weh tun willst, dann geh weg von mir.", sagte sie mit bebender Stimme.
"Tamam.", antwortete ich enttäuscht, hob meine Hände nach oben und ging einen Schritt zurück. Erst jetzt lockerte sich ihre angespannte Körperhaltung, und sie konnte wieder normal atmen.
"Ich wollte nicht, dass du das weißt. Ich wollte dir keine Angst machen.", erklärte ich ruhig und packte die Waffe wieder zurück in mein Versteck.
"Hat Samra auch so ein Teil?", fragte sie eingeschüchtert.
Lüg sie an. Wenn du die Situation retten willst, lüg sie an. Wenn Samra die Fresse hält wird sie das eh nicht rausfinden.
Aber wenn ich jetzt lüge und sie findet es irgendwann heraus, wird sie mir nie wieder glauben.
Und? Bis dahin hat sie dir eh wieder verziehen. Und selbst wenn sie dann sauer ist, du weißt wie du sie rumkriegen kannst. Lüg sie an.
"Eventuell.", antwortete ich nach längerer Überlegungszeit. Es wäre falsch, sie anzulügen. Auch wenn der Shaitan in meinem Kopf es wollte, ich konnte das nicht machen. Es würde nur alles schlimmer machen, und das wollte ich nicht.
"Also ja.", stellte sie fest und senkte den Blick.
"Aber guck mal, würden wir dich umbringen wollen hätten wir es schon längst gemacht, oder?"
Sie schaute mich mit offenem Mund an, und antwortete nicht darauf. In meinem Kopf klang das irgendwie besser, stellte ich fest.
"Hast du die schon benutzt?", fragte sie fassungslos und machte sich auf meine Antwort gefasst.
Jetzt lüg sie einfach an, du Hund.
"Nein.", log ich und hoffte, dass sie es glauben würde.
"Wie oft?", fragte sie wieder, nachdem sie gemerkt hatte dass ich nicht die Wahrheit sagte.
"Es war nur ein oder zwei mal. Ich musste schießen, sonst wäre ich draufgegangen."
"Und der andere? Lebt der noch?"
Nein, der ist jämmerlich verreckt. Komm, sags ihr. Sag ihr, dass du ein Killer bist.
"Wenn ich nicht geschossen hätte, wäre ich jetzt tot. Aber das ist doch egal Baby, das ist ewig her. Bitte, hör auf böse auf mich zu sein tamam? Lass uns einfach wieder ins Bett und weiterschlafen.", sagte ich und betete innerlich, dass sie darauf eingehen würde. Doch sie schüttelte nur schniefend mit dem Kopf, schnappte sich ihr Kissen und ging dann zur Tür.
"Stopp.", sagte ich schnell und hielt die Tür zu, bevor sie gehen konnte.
"Lass mich.", bat sie leise und legte ihre Hand an den Türgriff.
"Nein, ich lass dich nicht.", entgegnete ich, zog ihr das Kissen unter dem Arm weg und schmiss es auf das Bett.
"Du gehörst an meine Seite, und nicht auf die Couch. Ich will neben dir liegen, und neben dir aufwachen. Ich will auch nicht dass du alleine auf dem Küchenboden liegst und schläfst, Baby. Jetzt lass den Griff los und leg dich wieder hin, es ist mitten in der Nacht.", sagte ich, nam ihre Hand und schaffte es somit sie umzustimmen.
"Das heißt nicht, dass ich nicht immernoch sauer bin.", brummelte sie, zog ihre Hand weg und legte sich zurück ins Bett. Ich schaltete das Licht aus und kroch dann ebenfalls zurück unter die warme Decke. Nun lag ich wieder hier, und starrte an die Wand. Alles war so ruhig, dass ich ihre regelmäßigen Atemzüge hören konnte. Sie war anscheinend bereits wieder eingeschlafen.
Jetzt hast du Samra mit in die Scheiße gezogen. Glückwunsch, Bratan.Warum hast du ihr nicht gleich noch gesagt, dass er sie in der dritten Schublade hinten links in der Ecke seiner Kommode liegen hat?
Ich rollte mit den Augen und drehte mich auf die Seite, wo ich meine schlafende Freundin beobachtete.
Guck, wenn du nicht bei ihr verkackt hättest könntest ihr die Zeit jetzt auch anders nutzen.
Grummelnd wälzte ich mich auf den Bauch und vergrub mein Gesicht im Kissen. Man, mein scheiß Kopf sollte endlich die Fresse halten und mich schlafen lassen.

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Falls ihr euch wundert - ich habe jetzt einfach mal versucht, den Joker ein bisschen mit reinzubringen. Das soll einfach Capis Kopfstimme sein - seine dunkle Seite, die wir ja alle kennen. 🤡

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