Part 151 ~ Katerstimmung

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Josy

Als ich die Augen öffnete, spürte ich die Auswirkungen von dieser tränenreichen Nacht. Mein Kopf dröhnte und ich fühlte mich einfach nur beschissen.
"Guten Morgen, Schlafmütze.", hörte ich eine bekannte Stimme.
"Was machst du hier?", fragte ich Granit, der mit einer Tasse in der Hand vor mir stand und sich zu mir herunter kniete.
"Dir Gesellschaft leisten. Nimm das, dann geht es dir besser.", sagte er lächelnd und reichte mir eine kleine weiße Pille.
"Was ist das?", fragte ich misstrauisch und betrachtete die kleine Tablette zwischen meinen Fingern.
"Keine Sorge, ich werde dich nicht unter Drogen setzen. Das ist nur eine Schmerztablette.", lachte er und setzte sich an das Ende der Coch, wo meine Füße lagen. Ich schluckte die Tablette mit einem Satz runter und vergrub mich dann wieder in der warmen Decke.
"Ich will dich ungern aufscheuchen, aber Samra hat gesagt ich soll dafür Sorgen dass du aufstehst.", seufzte Granit und klopfte gegen meine Füße, die nur wenige Zentimeter von ihm entfernt waren.
"Wann kommt er?", fragte ich genervt.
"In einer Stunde oder so. Er musste vorher noch was erledigen."
"Gut. Wenn er wieder kommt kannst du ihm sagen, dass er mich mal kann. Ich stehe bestimmt nicht auf, nur weil er das will.", stellte ich klar und drehte mich dann mit dem Gesicht zur Rückenlehne.
"Ich weiß, dass ihr gerade ein bisschen Stress habt. Aber er will dir nichts böses. Er meint es nur gut.", nahm ihn Granit in Schutz, doch ich verdrehte nur genervt die Augen.
"Wenn ich jedes mal Geld bekommen würde wenn das jemand zu mir sagt, wäre ich reicher als ihr alle zusammen.", sagte ich und schloss meine Augen wieder.
"Das glaube ich nicht.", antwortete Granit und stand dann auf.
"Komm schon, steh auf. Wenn du liegen bleibst gibt es nur wieder Ärger.", bat er mich erneut.
"Was will Samra denn mit mir? Er soll sich um seinen Mist kümmern, und mich in Ruhe lassen.", protestierte ich wütend.
"Du musst mit ihm mit, weil Capi den ganzen Tag unterwegs ist. Der muss irgendwie zu einem wichtigen Termin mit den Universal Leuten oder so. Und Samra musste auch was klären, deswegen warte ich hier bis er wieder kommt. Der hat nachher Videodreh, da sollst du mit.", erklärte Granit und zog an meiner Decke.
"Schön, dass Vladislav wieder irgendwo rumhängt und mich mit ihm alleine lässt.", beschwerte ich mich, als Granit mir die Decke klaute.
"Komm, steh auf. Ich würde ja hier bleiben, aber ich hab selber einen Termin nach dem anderen. Das Geld macht sich nicht von alleine.", grinste er und reichte mir seine Hand. Augenrollend ließ ich mich von ihm auf die Beine ziehen und ging dann mit meiner Tasse in die Küche, während er die Decke sorgfältig zusammenlegte.
"Kannst du mich nicht einfach mitnehmen? Das wäre mir lieber, als hinter Samra herlaufen zu müssen.", flehte ich Granit an, der mir hinterher kam.
"Tut mir leid, das geht nicht.", sagte er mit einem aufmunternden Grinsen und nahm mir die Tasse weg.
"Da war noch was drin!", sagte ich schnell, doch er schüttete den rest in den Abfluss und räumte die Tasse dann in die Spülmaschine.
"Geh duschen, bevor er nach Hause kommt. Samra ist sowieso schon angepisst ohne Ende...du würdest dir keinen Gefallen damit tun, wenn du dich mit ihm anlegst.",sagte er ernst und nahm meine Hand, um mich dazu zu bewegen nach oben zu gehen.
„Wann ist er denn mal nicht angepisst? Und seit wann bist du eigentlich auf seiner Seite?", fragte ich ihn enttäuscht.
„Bin ich nicht. Du weißt, ich meine es nur gut.", sprach er sanft und strich meine Haare nach hinten.
„Das sagen immer alle. Aber es fühlt sich nie so an.", murmelte ich deprimiert, woraufhin er mich einfach ab sich drückte.
"Bist du noch da, wenn ich wieder runter komme? Oder haust du dann gleich ab, wenn er kommt?", fragte ich ihn müde, während ich an ihn gekuschelt da stand.
"Wenn du willst, kann ich warten bis du fertig bist.", bot er mir an lächelnd an und löste sich wieder von mir.
"Danke.", sagte ich ebenfalls lächelnd und machte mich dann auf den Weg nach oben. Ich hatte sowas von keinen Bock, den Tag mit Samra zu verbringen. Eigentlich wollte ich den Tag mit niemandem verbringen. Aber da ich ja immer einen Babysitter brauchte, war das irgendwie unmöglich. Bevor ich in mein Zimmer ging, vergewisserte ich mich, dass Vladislav auch wirklich weg war. Ich öffnete vorsichtig die Tür, und sah das leere Zimmer vor mir. Ich liebte Vladislav über alles, aber in dem Moment wollte ich einfach keinen der beiden Jungs sehen. Meine Laune war am Tiefpunkt, wenn ich daran dachte, dass ich zu diesem blöden Videodreh mit musste. Warum jedes mal mit Samra? Warum konnte ich nicht einmal mit Vladislav mit? Selbst wenn es mal nicht um illegale Geschäfte ging, wollte er mich nicht dabei haben. Wer weiß, ob er überhaupt Termine hatte...oder das nicht nur als Ausrede genommen hatte, um wer weiß was zu machen.
Seufzend suchte ich mir frische Klamotten aus dem Schrank und tapste dann energielos zum Badezimmer. Nach einer langen, heißen Dusche trat ich im Handtuch ans Waschbecken und betrachtete mein Gesicht, das weißer war als die Scheuerleiste hinter mir. Verdammt, ich sah echt scheiße aus. Und genau so fühlte ich mich auch. Als ich völlig in Gedanken versunken meine Haare trocken rubbelte, klopfte es plötzlich an der Tür.
"Ich bin noch nicht soweit.", rief ich Granit zu, der anscheinend auf mich wartete. Aber als sich die Tür öffnete stand dort nicht Granit, sondern Samra.
"Beeil dich. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.", sagte er streng und ging dann wieder raus.
"Arschloch.", murmelte ich in mich hinein und spürte schon, wie ich am liebsten wieder losgeheult hätte. Aber ich musste mich zusammenreißen. Irgendwie...

Samra

"Was brauchen Frauen immer so lange?.", meckerte ich genervt, weil ich schon seit locker zehn Minuten auf Josy wartete.
"Wie ist das jetzt eigentlich zwischen euch?", fragte mich Granit, der sich auf einen der Küchenstühle gesetzt hatte und von seinem Handy hoch schaute.
"Was meinst du? Ist alles ganz normal.", sagte ich schnell und hoffte, dass er da nicht weiter drauf herumreiten würde.
"Wenn du das sagst.", gab er sich zufrieden und widmete sich wieder seinem Handy.
"Hattest du nicht gesagt, du musst los?", fragte ich ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue.
"Ja, schon. Aber ich habe ihr versprochen zu warten, bis sie wieder runter kommt.", sagte er und packte sein Handy weg.
"Weil?", fragte ich verwundert.
"Keine Ahnung, vielleicht weil sie Angst vor dir hat.", lachte er.
"Gut zu wissen.", sagte ich und grinste triumphierend.
"Warum bist du nur zu ihr so? Ist das eine Art Schutzmechanismus?", fragte Granit direkt. Er war irgendwie schon immer derjenige gewesen, der mich lesen konnte wie ein offenes Buch - obwohl wir uns nicht allzu oft sahen.
"Also ja.", stellte er fest, nachdem ich ihm nicht darauf geantwortet hatte.
"Ich weiß, dass das alles scheiße ist. Aber versuch bitte ihr nicht zu sehr weh zu tun. Das hat sie nicht verdient.", redete er auf mich ein, und klopfte mir dann brüderlich auf die Schulter.
"Du hast leicht reden.", brummte ich nur und wandte mich von ihm ab.
"Glaub mir, ich kann dich besser verstehen als du denkst. Ich hab sowas auch schonmal durch.", sagte er und stand von dem Küchenstuhl auf.
"Lan du laberst doch nur.", warf ich ihm unglaubwürdig zu und verschränkte die Arme vor meiner Brust.
"Wallah ich lüge nicht. Hatte die selbe Situation mit meinem Bruder. Ich weiß, wie beschissen das ist. Aber irgendwann wird es besser, glaub mir.", antwortete der Albaner mit ernstem Blick.
"Aber du hast nicht mit ihr zusammen gewohnt.", sagte ich mit hochgezogener Augenbraue.
"Doch, als wir noch bei meiner Mutter gewohnt haben. War die Freundin von Albi - die hat damals fast jeden Tag bei uns gepennt.", erzählte er und nahm sich dann seine Schlüssel, die er auf dem Küchentisch abgelegt hatte. Sein Blick ging in Richtung Flur, wo er dann anfing zu lächeln. Als ich seinem Blick folgte bemertke ich Josy, die dort stand und mich komplett links liegen ließ. Ihr Gesicht war kreidebleich, und ihre Augen immernoch gerötet. Sie sah echt fertig aus. Die beiden umarmten sich zum Abschied und Granit flüsterte ihr irgendetwas ins Ohr, bevor sie sich wieder voneinander trennten.
"Hau rein Bruder.", sagte er und verabschiedete sich somit von mir. Als Granit raus war und ich die Tür wieder schloss, stand Josy immernoch genauso da wie eben und beachtete mich kein Stück.
"Zieh deine Jacke an.", sagte ich zu ihr und holte mir meinen Autoschlüssel. Wortlos lief sie mir hinterher, während wir zu meinem Auto gingen. Sie stieg ein, schnallte sich an und schaute dann direkt aus dem Fenster.
"Du hast immernoch nichts gegessen, oder?", fragte ich sie, als wir an einer Ampel zum stehen kamen. Aber sie ignorierte mich weiterhin.
"Hör zu, mag sein dass du mit deinem gezicke bei Capi weiterkommst. Aber bei mir mit Sicherheit nicht.", sagte ich mit hartem Ton, bevor die Ampel auf grün schaltete.

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