Mit zusammengekniffenen Augen schaute ich auf die Straße, die nur sehr schwach beleuchtet war. Es herrschte totenstille. Jede Minute, in der ich hier im dunkeln festsaß, kam mir vor wie eine halbe Ewigkeit. Es war relativ ungemütlich, da ich mich durch meine am Lenkrad gefesselten Hände nach links vorne beugen musste. Wenn Vladislav nicht bald wiederkommen würde, würde ich ihm die Dinger um die Ohren hauen. Als ich so in Gedanken versunken da saß, bemerkte ich einen kleinen Lichstrahl im Rückspiegel. Es war aber nicht das Licht von Scheinwerfen, sondern eher das von einer Taschenlampe. Ich erkannte zwei Gestalten, die in schwarzen Klamotten auf mich zu kamen. Schnell duckte ich mich ab und hielt die Luft an. Mein Herz überschlug sich beinahe vor Angst.
Plötzlich zog jemand an der Tür auf der Fahrerseite - die Gott sei Dank verschlossen war. Und dann wurde ich direkt von der Taschenlampe geblendet. Gerade als ich dachte, dass das ich richtig am Arsch wäre, hörte ich ein lachen. Der Lichtstrahl senkte sich und schien direkt auf das Lenkrad. Von draußen klopften zwei Jungs an die Scheibe, die mich auslachten. Ich schätzte sie nicht älter als 14. Machmal hasse ich Kinder echt.
"Verzieht euch!", brüllte ich genervt. Die beiden hoben lachend ihre Mittelfinger und zogen dann weiter. Ich beobachtete, wie sie bei jedem Parkenden Auto an der Tür zogen. Wahrscheinlich in der Hoffnung, irgendein armer Idiot vergessen hatte abzuschließen. Machmal hasse ich Kinder wirklich. Ich konzentrierte mich wieder auf die Straße, und nach wenigen Minuten sah ich Vladislav. Er kam mit seinem Messer in der Hand angerannt, schloss das Auto auf und ließ sich auf den Sitz fallen.
"Ich hab das Para.", freute er sich und wedelte mit bunten Scheinen vor meiner Nase herum.
"Herzlichen Glückwunsch. Jetzt mach diese Dinger endlich ab!", zischte ich und klimperte mit den silbernen Handschellen herum.
"Also ehrlich gesagt gefällst du mir in Handschellen ganz gut.", grinste er dreckig und biss sich auf die Unterlippe.
"Ich schwöre bei Gott, wenn du mich nicht gleich los machst hau ich dich.", drohte ich ernst. Er jedoch schaute mir nur tief in die Augen und grinste.
"Und wie willst du das anstellen? Wenn deine Hände gefesselt sind?", fragte er und gluckste fröhlich.
"Vladislav!", mahnte ich, da mir langsam echt der Rücken weh tat.
"Jaja, ich mach ja schon.", kicherte er und kramte in seiner Hosentasche herum.
"Oh oh."
"Was Oh oh?", fragte ich nervös.
"Ich hab nur einen Schlüssel hier. Der zweite fehlt irgendwie."
"Sag mir bitte, dass das ein Scherz ist."
"Nein, wirklich.", beteuerte er und versuchte, die Hanschellen zu öffnen. Der Schlüssel passte jedoch nur an die Hanschellen, die am Lenkrad befestigt war. Somit konnte ich zwar endlich wieder normal sitzen, hatte aber dennoch die Dinger an den Handgelenken.
"Irgendwo hier muss der doch sein.", sagte er nachdenklich und lehte sich dann halb über mich, um das Handschuhfach zu durchstöbern.
"Das ist jetzt doof.", stellte er fest und startete den Wagen.
"Dann müssen wir sie aufbrechen oder so.", sagte ich genervt.
"Spinnst du? Die hab ich nem Bullen geklaut, die werden nicht kaputt gemacht. Die brauch ich noch.", sagte er empört.
"Was soll das heißen?", fragte ich geschockt, während er los fuhr.
"Ja keine Ahnung. Ich muss den Schlüssel finden. Aber erst müssen wir hier weg.", sagte er gereizt.
"Ich glaubs nicht.", meckerte ich und ließ mich tiefer in den Sitz sinken.
"Lass erst mal irgendwas futtern. Ich hab hunger.", sagte er irgendwann. Mit rollenden Augen schaute ich zu ihm rüber, doch er tat so als wäre nichts.
"Ist das Blut?", fragte ich, als ich den dunkelroten Fleck auf seinem Ärmel entdeckte. Er schaute Prüfend auf seinen Arm, runzelte kurz die Stirn und zuckte dann mit den Schultern.
"Ja, kann sein dass ein bisschen gespritzt ist.", sagte er unbeeindruckt.
"Was hast du mit dem Typ gemacht?", meine Stimme versagte, als ich mir ausmalte, was er mit dem Kerl angestellt haben könnte.
"Der wollte diskutieren. Aber der Bratan diskutiert nicht. Ich hab ihm gezeigt, was passiert, wenn man mich verarscht.", antwortete er kalt. Ich schluckte schwer und versuchte das Kopfkino auszublenden.
"Was hast du gemacht?" Keine Ahnung, warum ich das wissen wollte. Aber ich musste es irgendwie wissen.
"Ich glaube es ist besser, wenn du das nicht weißt.", murmelte er abwesend.
"Sag.", forderte ich mit starrem Blick auf die Straße.
"Ich hab ihn nicht umgebracht oder so. Nur klar gemacht, dass niemand mit mir fickt. Vielleicht hab ich seine Nase gebrochen oder so. Kann auch sein dass eins zwei Rippen dabei waren, ist doch egal. Hauptsache ich hab das Para."
"Oh mein Gott.", flüsterte ich entsetzt über das, was er gemacht hatte.
"Da ist nichts dabei. Der Hurensohn hatte es verdient. Er hätte sich halt vorher überlegen sollen, mit wem er Eier spielen wil."
"Ich hoffe du weißt, was du da tust.", sagte ich nur abwesend. Ich kam auf die Sache gerade irgendwie nicht klar. Ich wusste, dass er kriminell ist. Aber trotzdem war ich gerade echt schockiert.
"Mach dir keinen Kopf Baby, das ist normal für mich."
"Ich mache mir gerade eher Sorgen um den anderen Typ.", sagte ich heiser.
"Der Hund wollte mit mir spielen. Ich habe ihn mehr als einmal gewarnt, dass er nicht mit mir spielen soll. Er wusste was passiert, wenn er so macht. Und er hat trotzdem so gemacht. Also hat er die Konsequenzen getragen, ganz einfach. Jeder bekommt das was er verdient. Und niemand spielt mit dem Bratan. Niemand.", sagte er grimmig, doch ich antwortete nicht darauf. Ich wusste gerae gar nicht, was ich darüber denken sollte.Nach einer Weile hielten wir irgendwann auf einem Parkplatz. Wortlos stieg er aus dem Auto aus und öffnete meine Tür.
"Komm, Prinzessa.", sagte er und reicht mir seine Hand, um mir beim aussteigen zu helfen. Er zog mich auf die Beine und hielt meine Hände fest, sodass ich direkt vor ihm stand. Er hielt so wenig Abstand zwischen uns, dass ich seinen Atem an meiner Stirn spüren konnte. Sanft zog er mich mit sich und ging einen Schritt nach Links, wo er mich gegen das Auto drücken konnte.
"Du weißt, dass ich dir niemals weh tun würde. Du musst keine Angst vor mir haben, egal wie kriminell ich bin. Ich hoffe, du weißt das.", flüsterte er gegen meine Schläfe, so als ob er meine Gedanken gelesen hätte.
Er beugte sich ein Stück zu mir herunter, um mich zu küssen. Ich weiß nicht warum, aber als seine Lippen meine berührten, war dieses komische Gefühl, das ich bis eben hatte weg. Der Druck auf meiner Brust war verschwunden. Ich fühlte mich direkt wohl, wenn wir uns so nah waren. Seine Hände wanderten zu meinem Hintern, während meine immernoch in Handschellen lagen. Die nebenbei bemert langsam anfingen, weh zu tun.
"Vladislav.", stöhnte ich in den Kuss hinein. Er knurrte kurz, was wohl soviel wie >ja< bedeuten sollte.
"Such den Schlüssel." flüsterte ich.
"Bitte.", fügte ich quietschend hinzu, als er mir vor lauter Trotz in den Hintern kniff.
"Na schön", brummte er und kniete sich in sein Auto. Ich atmete befreit auf und fuhr mir mit dem Daumen über die Lippen, die immernoch nach ihm schmeckten. Gott, er schmeckte so unfassbar gut.
"Ich glaube, ich hab den nicht mehr.", rief er und riss mich somit aus meiner Schwärmerei heraus. Ächzend kroch er wieder aus dem Auto heraus und widmete sich dann wieder voll und ganz mir.
"Ich glaube...", hauchte er und fuhr mit dem Daumen über meine Lippen.
"Wir müssen die Teile doch mit Gewalt entfernen.", seufzte er und gab mir dann einen Kuss auf meine Stirn.————————————————
Und damit Herzlich Willkommen zum ersten Teil der Lesenacbt. Viel Spaß ❤️❤️❤️
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Mademoiselle
FanfictionJosy begegnet zwei Menschen, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellen - und das nicht gerade auf die gute Weise. Zum einen Capi, der sie wegen seiner kriminellen Geschäfte immer wieder alleine lässt, und zum anderen Samra, der sie wie Dreck beha...