"Sie muss aber. Sie isst sowieso schon viel zu wenig, ich guck mir nicht mit an wie sie kaputt geht.", sagte ich dickköpfig, nahm mir meinen leeren Teller und legte zwei Stückchen Pizza darauf, die ich ihr bringen wollte.
"Das kannst du vergessen, die wird jetzt bestimmt nichts essen.", argumentierte Samra kauend.
"Egal, ich probier einfach." Er zuckte mit den Schultern und ich drehte ihm den Rücken zu, um auf mein Zimmer zuzusteuern. Unser Zimmer. Vorsichtig klopfte ich an die stabile Holztür, und ging dann leise nach drinnen. Der Fernseher lief, doch sie schien eingeschlafen zu sein. Ich setzte mich sachte zu ihr aufs Bett und strich ganz leicht über ihre Wange. Sie war blass, und in ihrem Gesicht konnte man deutlich sehen dass sie geweint hatte. Wegen mir. Sie hatte wegen mir geweint. Ich war so ein dummer Idiot.
"Baby?", flüsterte ich, griff unter die Decke und nahm ihre Hand. Langsam schlug sie die Augen auf und brummelte leise. Dann zog sie ihre Hand von meiner weg und drehte mir den Rücken zu.
"Hau ab.", murmelte sie ganz leise.
"Ich weiß, du hast keinen Bock auf mich. Aber bitte iss was Baby, du bist sonst zu schwach."
"Ich hab schon viel gegessen heute.", log sie einfach, ohne sich zu bewegen oder mich anzusehen.
"Samra hat mir gesagt dass du nur die Brötchen heute Mittag gegessen hast. Das ist nicht viel, du musst ordentlich essen."
"Ich muss gar nichts."
"Doch, essen."
"Was, willst du mich zwingen? Mach was du willst, ich ess das nicht. Lass mich einfach in Ruhe."
"Warum nicht?", hakte ich enttäuschte nach, doch ich bekam keine Antwort.
"Weil ich nicht will. Jetzt geh weg.", murmelte sie mit wackeliger Stimme, nachdem sie merkte dass ich immernoch da war.
"Dann trink wenigstes nen Tee oder so."
"Klar, damit ihr da wieder was reinmischen könnt? Am besten noch Gift, damit ihr mich endgültig los werden könnt.", murmelte sie leise schluchzend.
"Ich hab doch gesagt, dass das nicht meine Idee war. Und Samra tut es leid.", versuchte ich auf sie einzureden und legte meine Hand auf ihre Schulter.
"Geh einfach weg, Capi!", rief sie plötzlich weinend und zog ihre Schulter weg.
"Dein Ernst? Capi? Ich dachte wir hätten das geklärt nahui." ,sagte ich beleidigt und stand vom Bett auf. Als ich in der Tür stand, fing sie an laut zu schluchzen. Fuck, es fühlte sich an als würde jemand ein Messer in mein Herz stechen und rumdrehen. Je heftiger sie weinte, desto fertiger machte es mich. Ich sah mir das ganze noch eine Minute lang an, bevor ich innerlich zusammenbrach. Ich konnte mir das nicht länger angucken, ohne selber zu weinen.
Komplett zerrissen und mit geficktem Kopf ging ich wieder nach unten.
"Wohin?", fragte Samra, an dem ich ignorant vorbeizog um meine Kippen zu suchen.
"Weg. Such nicht nach mir, Handy ist aus.", nuschelte ich, nahm meine Autoschlüssel und knallte die Tür hinter mir zu. Ich musste meinen scheiß Kopf leer kriegen, sonst würde ich durchdrehen.Samra
Capi eilte wütend an mir vorbei und knallte die Haustür so laut zu, dass die Gläser im Schrank klirrten. So krass drauf hatte ich ihn schon ewig nicht mehr erlebt. Umso mehr wuchs meine Wut auf den Auslöser seines Zustandes. Ich schluckte den letzten Bissen meiner Pizza herunter, schmierte meine Hände an meiner Hose ab und stand auf. Capi war nicht ohne Grund so krass angepisst. Keine Ahnung was sie zu ihm gesagt hatte, aber es hatte anscheinend gesessen.
Ich fuhr mir über den Bart, schniefte kurz und kam dann vor ihrer Tür zum stehen. Eigentlich wollte ich da rein platzen und sie zur Rede stellen. Aber als ich hörte wie laut sie weinte, konnte ich mich nicht mehr bewegen. Hatten die so heftig gestritten? Noch einmal überlegte ich rein zu gehen, aber ich war irgendwie krass überfordert mit der Situation. Klar, sie hatte schon oft geheult. Aber das war irgendwie heftiger. Viel, viel schlimmer als normal. Das tat richtig weh beim zuhören. Was sollte ich jetzt machen? Helfen konnte ich weder ihr, noch Capi. Und abhauen konnte ich auch nicht, einer musste ja immer da bleiben.
"Oh man.", schnaufte ich und ging wieder nach unten, um mich auf die Couch zu hauen.Josy
23:27 Uhr zeigte mir mein Handy an, auf dem nicht eine einzige neue Nachricht war. Vladislav war scheinbar noch nicht wiedergekommen. Zumindest hatte ich von unten nichts gehört. Keine Ahnung, wo er hingegangen war. Keine Ahnung, wann er wiederkommen würde. Mein Kopf stand so unter Spannung, dass jede noch so kleine Bewegung unheimliche Schmerzen verursachte. Ich musste was einnehmen, sonst würde es morgen früh noch genauso schlimm sein. Meine Augen fühlten sich einfach schrecklich an. Ich konnte kaum richtig gucken, weil ich sie die ganze Zeit zukneifen musste. Bah, dieses Gefühl wenn man richtig krass geheult hat. Man fühlt sich dann einfach so beschissen, und kann nix dagegen machen.
Vorsichtig tapste ich die Stufen der kühlen Holztreppe nach unten und vernahm die Gräusche des Fernsehers, die aus dem Wonzimmer kamen. Ich warf einen kleinen, heimlichen Blick auf das Sofa und sah einen schnarchenden Samra dort liegen. Gott sei dank pennt der - eine Begegnung mit ihm könnte ich gerade echt nicht verkraften.
So leise wie möglich suchte ich nach dem kleinen Versteck mit den Schmerzmitteln, und nahm mir dort etwas heraus. Mit einem kühlen Schluck Wasser schluckte ich das zusammengepresste Pulver herunter und schloss für einen Moment die Augen.
Ohne auf mich aufmerksam zu machen stellte ich das benutzte Glas in die Spülmaschine und schloss sie vorsichtig. Das kleine klack-Geräusch ertönte und ich atmete leise erleichtert aus. Sogar beim Atmen spürte ich den Schmerz in meiner Brust, der mich einfach nicht in Ruhe lassen wollte. Als ich hörte wie jemand die Haustür aufschloss, blieb ich wie erstarrt stehen. Nein, bitte nicht. Nicht jetzt. Ich hörte das klimpern des Schlüssels, und die Tür wurde wieder abgeschlossen. Dann vernahm ich die Schritte, die um die Ecke kamen. Ich drehte mich mit angehaltenem Atem um und sah direkt in seine geqüalten, braunen Augen. Wieder wurde das stechen in meiner Brust stärker, sodass es mir erneut die Tränen in die Augen trieb. Wir schauten uns für einen Moment einfach nur wortlos gegenseitig an. So leid es mir tat ihn stehen zu lassen - ich konnte nicht anders. Es tat zu sehr weg. Und ich wollte nicht, dass er mich wieder weich bekommt. Er musste nur seinen Hundeblick aufsetzen, damit ich nachgab. Und genau das wollte ich nicht. Dieses mal wollte ich nicht so einfach nachgeben. Auf dem Weg nach oben konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Es tat so weh, zu wissen dass er da stand und mir hinterherschaute. Es tat weh, zu wissen wie sehr ich ihn damit verletzte. Und es tat einfach so weh, wenn ich diesen ganzen Scheiß Tag wieder und wieder in meinem Kopf asbpielen ließ.
Ich krabbelte wieder in das große, leere Bett und zog mir die Decke bis zum Kinn. Wenn Samra sich nicht auf der Couch fett gemacht hätte, würde ich jetzt schon dort liegen. Im Augenwinkel beobachtete ich, wie Vladislav ins Zimmer kam. Er schmiss sein Handy aufs Bett und fing an, sich auszuziehen. Wenn wir nicht gerade zerstritten wären, würde ich ihn jetzt anstarren. Aber ich riss mich zusammen und beobachtete sein Handy, das auf dem Kissen neben mir aufleuchtete. Es war eine Sprachnachricht von irgendjemandem, dessen Name ich noch nie gehört hatte. Beziehungsweise gelesen. Wie auch immer, ging mich ja auch nichts an. Er schniefte laut, räusperte sich und saß sich mit dem Rücken zu mir auf die Bettkannte. Wie gerne ich mich jetzt einfach an seinen warmen Körper kuscheln würde. Man, warum musste er auch so ein dummer idiot sein.
DU LIEST GERADE
Mademoiselle
Fiksi PenggemarJosy begegnet zwei Menschen, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellen - und das nicht gerade auf die gute Weise. Zum einen Capi, der sie wegen seiner kriminellen Geschäfte immer wieder alleine lässt, und zum anderen Samra, der sie wie Dreck beha...