Part 103 ~ Richtig oder Softair 2.0

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Josy

"Sieht das bescheuert aus?", fragte Samra, der sich die Jacke bis oben hin zu gezogen hatte.
"Nö, alles gut. Bei mir?" fragte Vladislav.
"Zieht doch gleich schusssichere Westen an.", warf in den Raum. Ich saß nun schon seit zehn Minuten im Schneidersitz auf Samras Bett und beobachtete die beiden. Sie hatten sich eingepackt wie Zwiebeln.
"Hast du sowas?", fragte Vladislav komplett ernst und schaute Samra an. Ich schlug mir mit der flachen Hand auf die Stirn und ließ mich nach hinten fallen.
"Aber jetzt Spaß beiseite, soll ich noch Pullover drunter ziehen?", fragte Vladislav nachdenklich.
"Meine Güte, seit wann bist du so empfindlich?", fragte ich gespielt genervt.
"Ich kann dich ja mal mit einer Softair abschießen.", meckerte er beleidigt und warf mich mit Samras Pullover ab.
"Ich meine ja nur. Du rappst über Drogen, Waffen und Kriminalität...und hast Angst vor einer Softair?"
"Ich hab keine Angst. Ich hab nur keinen Bock.", nuschelte er eingeschnappt.
"Können wir dann los? Oder braucht ihr noch drei Jacken?" Ich schaute die beiden fragend an, und die schauten sich dann an.
"Das war eine retorische Frage. Los, wir kommen sonst zu spät.", sagte ich kopfschüttelnd, schnappte die beiden und schob sie zur Tür.
"Jaja, schon gut.", zischte Samra und sprang einen Schritt nach vorne.
Wir stiegen in Vladislavs Auto und er fuhr uns dort hin, wo Alim bereits auf uns wartete. Er parkte den Wagen und dann gingen wir auf ihn zu.
"Schalom!" rief Alim, der bereits sein Mikrofon in der Hand hielt und auf die Jungs wartete.
"Was hat so lange gedauert? Ihr solltet vor 15 Minuten hier sein?", frage er misstrauisch und stellte sich zwischen die beiden, nachdem sich alle begrüßt hatten. Ich nahm wieder meinen Platz neben Maestro ein, der schon an der Kamera wartete.
"Josy hat so lange gebraucht.", sagte Samra genervt und wies auf mich.
"Kann mir bitte jemand die Softair geben?", zischte ich und funkelte Samra an.
"Egal jetzt, lasst uns anfangen.", sagte Alim und nahm Position ein.
"Bruder ich hab echt null Bock.", meckerte Vladislav und zuppelte an seiner Jacke herum.
"Du hast zugestimmt, jetzt zieh das auch durch.", antwortete Alim nur und dann startete die Aufnahme.

"Schnitt.", rief Maestro und stoppte die Aufnahme.
"Nicht eine Kugel, das darf doch nicht wahr sein.", sagte Alim fassungslos. Vladislav hingegen freute sich wie ein kleines Kind.
"Komm, mach wenigstens einen Ehrenschuss.", forderte Samra.
"Nein man, ich wollte sowieso nicht mitmachen.", antwortete Vladislav nur und grinste blöd.
"Ist euch nicht warm, mit den ganzen Klamotten?", fragte Alim grinsend.
"Ne ist voll kalt.", gaben beide gleichzeitig von sich und freuten sich. Solche Lappen.
"Sind wir fertig oder brauchst du noch was bra?", fragte Vladislav und versuchte, sich nun schon die fünte Kippe anzuzünden. Allerdings versagte das Feuerzeug.  Kopfschüttelnd ging ich zu ihm und klaute im die nicht angezündete Zigarette.
"Ey Baby, was soll das?", fragte er entsetzt und starrte mich fassungslos an.
"Hör auf so viel zu rauchen. Du bist nicht Samra.", mahnte ich und steckte die Kippe weg.
"Ich weiß, wer noch einen Schuss verdient hätte.", sagte dieser nur und holte sich die Softair.
"Wäre gerade auch dafür.", bestätigte Vladislav und grinste mich frech an.
"Spinnt ihr?", rief ich panisch und versteckte mich hinter Alim, als Samra auf mich zielte.
"Alim, halt sie mal fest. Ich will gucken ob ich treffe.", lachte Samra.
"Zuerst solltest du auf Capi zielen, der hätte das mehr verdient.", verteidigte mich Alim.
"Warum? Ich hab doch gesagt ich hab keinen Bock.", sagte mit erhobenen Händen und tat so, als wäre es überhaupt nicht unfair dass alle kassierten, nur er nicht.
"Komm schon, nur einmal kurz ins Bein oder so. Ich geh auch weiter weg.", sagte Samra und versuchte wieder, auf mich zu zielen.
"Mach. Aber wunder dich dann nicht, wenn du morgen früh anders aufwachst, als du es gewohnt bist.", fauchte ich und funkelte ihn an.
"Ouh Bruder ich würde es lassen. Unterschätz die Frau nicht.", lachte Alim und packte seine Sachen zusammen.
"Ich kann meine Tür abschließen.", konterte Samra und zielte wieder.
"Und ich weiß, wie ich das Schloss trotzdem aufbekomme. Willst du es drauf anlegen?", drohte ich. Natürlich hatte ich kein Plan wie man Schlösser knackt. Aber vielleicht war er ja so blöd, dass er mir das abkaufen würde.
"Du bluffst. Wenn du das könntest, hättest du dich bei Khalil selber befreien können." Verdammt. Doch nicht so blöd, wie ich dachte. Wieder hob er die Softair und drückte ein Auge zu, um besser zielen zu können.
"Samra wehe!" Nun hatte ich doch ein bisschen Panik.
"Drei...zwei...", zählte er grinsend runter.
"Vladislav!", rief ich verzweifelt, doch er stand  nur da und feierte.
"Bitte nicht.", sagte ich leise und schaute ihn flehend an.
"Nenn mir nur einen guten Grund, warum nicht.", forderte er und nahm die Waffe runter.
"Weil...weil ich das bei dir auch nicht machen würde?", fragte ich vorsichtig.
"Hast noch zwei Versuche."
"Weil du mich lieb hast?"
"Wir wissen beide, dass das nicht stimmt. Letzter Versuch.", sagte er streng und fing wieder an zu zielen. Alle um uns herum sagten kein Wort mehr und schauten uns gespannt zu.
"Willst du nicht dazwischen gehen?", hörte ich Alim flüstern.
"Ne, das geht immer so.", flüsterte Vladislav zurück.
"Na was nun?", drängelte Samra und zielte auf mein linkes Bein. Ich sah flehend zu Vladislav, doch der zuckte nur mit den Schultern.
"Drei...zwei...", zählte er wieder und machte sich bereit, abzfeuern.
"Weil du mich mehr magst, als zu zugeben willst?", platzte es aus mir heraus. Ich kniff die Augen zu und hielt mir schützend Hände vor mein Gesicht...aber es passierte nichts. Ich nahm meine zittrigen Hände wieder runter, und hielt erschrocken die Luft an. Samra stand nun direkt vor mir, und funkelte mich böse an.
"Hör auf so ein Scheiß zu erzählen. Sonst schieß ich wirklich.", knurrte er. Wütend spuckte er neben sich auf den Boden, drückte Maestro die Softair in die Hand und ging dann zum Auto, wo er eine rauchte.
"Holy Shit.", sagte Alim nur und starrte mich an.
"Ich sag ja, das geht immer so.", sagte Vladislav gelassen und nahm dann meine Hand. Ich jedoch riss mich los und schubste ihn von mir weg.
"Warum hast du nichts gesagt? Der hätte geschossen!", zischte ich enttäuscht.
"Das klären wir, wenn wir zu Hause sind. Mois, wie sehen uns Bruder. Meld dich, wenn du hochgeladen hast.", sagte Vladislav plötzlich total ernst, schnappte sich wieder meine Hand und zog mich dann hinter sich her. Während der gesamten Heimfahrt verlor niemand ein Wort. Weder redeten die Jungs miteinander, noch ich mit einem von beiden. Samra tippte irgendwas am Handy, und ich schmollte auf dem Rücksitz. Warum war er jetzt so sauer? Immerhin war er derjenige, der mich abballern wollte. Und warum war Vladislav so komisch? Ein bisschen Hilfe von seinem Freund zu verlangen, ist das so schlimm?
Vladislav parkte den Wagen in der Garage und hielt mir dann die Tür auf, ohne mich zu beachten. Stumm trotteten wir ins Haus, und Samra schloss die Tür ab.
Ich war die erste, die oben verschwand. Die Jungs blieben noch eine Weile unten. Eigentlich machte ich so etwas nicht, aber ich wusste nicht was auf einmal los war. Also lauschte ich oben an der Treppe.
"Bruder, was war los?", fragte Vladislav.
"Was los war? Das war komplett Peinlich! Was haut sie sowas vor allen raus? Zumal das nicht mal stimmt.", fluchte er leise.
"Warum ist dir das so peinlich? Gib doch einfach zu, dass du sie gern hast. Ich versteh dein Problem nicht bra."
"Weil das keiner wissen soll. Schon gar nicht sie. Das macht mich nur angreifbarer, verstehst du das nicht?", versuchte Samra verzweifelt zu erklären.
"Doch, klar versteh ich das Bruder. Aber hättest du wirklich geschossen?"
"Natürlich nicht.", hörte ich Samra sagen.
"Lass uns das vergessen okay? Aber klär das mit Mois. Der war voll erschrocken."
"Mach ich Bruder.", gab Samra klein bei und dann war Ruhe. Im nächsten Moment hörte ich Schritte. Oh Oh. Schnell tapste ich in unser Zimmer und setzte mich auf das Bett. Glücklicherweise schaffte ich es, bevor Vladislav rein kam. Er schaute mich kurz an, und zog dann seine Jacke aus.
"Willst du gar nichts dazu sagen?", fragte ich ihn, nachdem sich neben mich gesetzt hatte und anfing, sich einen Joint zu drehen.
"Was soll ich dazu sagen?" Klar. Mal wieder so tun, als wüsste man von nichts.
"Vladislav, du bist mein Freund. Du solltest mir in genau solchen Situationen beistehen. Und nicht gegen mich arbeiten.", redete ich auf ihn ein. Er leckte am Paper und schaute mir in die Augen.
"Baby, ich hab dir schonmal gesagt, dass ihr das alleine klären sollt. Du musst dich selbst verteidigen, gerade wenn es um Samra geht.", nuschelte er und machte das Tütchen fertig.
"Wie soll ich mich bitte verteidigen, wenn er mit einer Waffe auf mich zielt?", fragte ich entrüstet.
"Es war eine Softair.", verharmloste er das ganze.
"Und wenn irgendwann Khalil vor mit steht und mir eine Waffe an die Stirn hält. Sagst du dann auch, dass ich mich selbst verteidigen muss?", fragte ich, mit Tränen in den Augen.
"Baby..." nuschelte er besänftigend.
"Es tut einfach verdammt weh, wenn der eigene Freund nicht hinter einem steht.", sagte ich schniefend und stand vom Bett auf. Gerade als ich das Zimmer verlassen wollte, hielt er mich am Handgelenk zurück und zog mich zu sich.
"Ich stehe hinter dir. Bei allem. Nur nicht bei Samra. Ich vertraue ihm, er würde dir niemals ernsthaft Schaden zu fügen. Auch wenn du mir nicht glaubst, aber du hattest Recht. Ihm liegt mehr an dir als er zugeben will. Und er ist ausgerastet, weil das sein wunder Punkt ist, den du vor allen präsentiert hast.", erklärte er und strich meine Haare nach hinten.
"Aber warum wunder Punkt? Was ist so schlimm daran, mich zu mögen?", fragte ich, nun etwas ruhiger als eben. Er seufzte und zog mich dann zurück aufs Bett, wo wir uns wieder gegenüber setzten.
"Samra hat seinen Stolz. Er würde nie zugeben, dass er dich mag. Weil es ihn verletzlich macht. Und kein Mann will verletzlich sein. Also die meisten zumindest nicht. Das kratzt an seinem Ego, deswegen benimmt er sich so. Ich weiß nicht, ob ich nicht genauso handeln würde, wenn du seine Freundin wärst, statt meine.", gab er zu und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel.
"Verstehst du, was ich meine?", fragte er und schaute mir direkt in die Augen.
"Irgendwie schon.", murmelte ich und schaute verlegen zur Seite.
"Dann lass uns aufhören zu Streiten, okay? Ich will keinen Streit, Baby. Es seidenn, wir haben danach Versöhnungssex." Er grinste pervers und ließ seine Finger meinen Oberschenkel hochwandern.
"Hör auf, immer nur ans vögeln zu denken.", mahnte ich grinsend und stand erneut auf.
"Wohin?", fragte er enttäuscht.
"Auf Klo, wenn du es genau wissen willst.", sagte ich und ging aus dem Zimmer.

MademoiselleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt