Part 120 ~ Überreaktion

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"Nichts, was meinst du?", fragte ich und spürte, wie mir augenblicklich heiß wurde.
"Das hinter deinem Rücken. Was versteckst du da?", hakte er nach und kam unerwartet schnell auf mich zu.
"Da ist nichts.", sagte ich hastig, steckte den Schlüssel in meine Potasche und hielt die Hände demonstrierend nach oben.
"Du verarschst mich doch.", fauchte er böse und engte mich so lange ein, bis ich an der Wand klebte.
"Du hattest eben was in der Hand. Wo ist das hin?", fragt er nach und kam mir so nah, dass sein Shirt meins berührte.
"Du hast dich verguckt, da war nichts.", stotterte ich und hoffte, dass er mir glaubte.
"Josy, spiel nicht mit mir. Du versteckst irgendwas. Entweder du sagst es mir, oder ich durchsuch deine Taschen.", drohte er und zog eine Augenbraue nach oben.
"Ich hab nichts.", widerholte ich ängstlich, während sein Blick mich unnormal nervös machte.
"Sicher?", hauchte er und schob vorsichtig seine warmen Hände in meine Hosentaschen. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken, so peinlich war mir das ganze. Wenn er jetzt hinten nachgucken würde, dann würde er den Schlüssel finden.
"Letzte Chance. Oder ich guck in den hinteren Hosentaschen nach.", sagte er eindringlich. Ich senkte meinen Kopf, damit er mir nicht weiter in die Augen schauen konnte. Plötzlich legte er seine Hände auf meine Hüften und schob sie dann in Zeitlupe immer weiter nach hinten. Ich war unfähig, mich zu bewegen oder etwas dagegen zu machen. Meine einzigste Sorge war: Was passiert, wenn er den Schlüssel findet?
Als ich seine Hände an meinem Hintern spürte, wurde meine Atmung automatisch schneller. Mein Puls stieg ins unermessliche und ich kniff die Augen zusammen.
"Was ist das?", zischte er und angelte den Schlüssel aus meiner Tasche.
"Hast du den von Capi geklaut?", fragte er stinksauer und nahm mein Kinn in seine Hand, damit ich wieder hochgucken musste.
"Der war in seiner Hose. Er hatte ihn vergessen, ich hab ihn nur gefunden. Ich hätte ihn dir dann gleich gegeben, wirklich!" quieschte ich schnell, während er mich abwertend musterte.
"Und warum hast du ihn dann vor mir versteckt?", fragte er streng.
"Keine Ahnung, ich hab mich einfach erschrocken.", winselte ich, während seine dunkelen Augen mich durchbohrten. Er ließ mein Kinn wieder los und musterte mich mit verzogener Miene.
"Wolltest du abhauen?", fragte er plötzlich. In seinem Blick lag neben Wut auch irgendwie Enttäuschung.
"Nein, natürlich nicht!"
"Gut. Denn wenn du es auch nur in Erwägung ziehst es zu versuchen, kannst du was erleben."
"Warum juckt es dich ob ich abhauen will, wenn dich meine Anwesenheit sowieso stört?", stellte ich in Frage und war plötzlich mutiger, als ich es mir je zugetraut hätte.
"Halt die Klappe.", knurrte er und steckte den Schlüssel weg.
"Nein! Beantworte meine Frage.", forderte ich nun etwas lauter und schaute ihn an.
"Ich habe gesagt, du sollst deine verdammte Klappe halten.", kam es in so einer bedrohlichen Stimmlage von ihm, dass meine Beine weich wurden. Mein Bauchgefühl sagte mir hör auf. Aber mein Kopf sagte mach weiter. Obwohl mich sein schnauben unglaublich einschüchterte, nahm ich meinen Mut zusammen und stellte mich ihm erneut. Seine Augen schossen regelrechte Giftblitze, während er seine Arme anspannte.
"Weil du willst, dass ich in deinem Umfeld bleibe. Hör auf so ein Feigling zu sein und steh endlich dazu!", protestierte ich und schubste ihn leicht. Doch ehe ich realisieren konnte, was gerade passierte, hörte ich einen lauten Knall. Und dann brannte meine Wange auch schon wie Feuer.
"Hast du?...Du hast?...", stammelte ich und hielt mir die Hand an mein Gesicht.
"Ich wollte nicht, dass das passiert.", sagte erschrocken und starrte mich an.
"Du bist so ein ekelhafter Mensch!", schrie ich ihn an und schubste ihn mit etwas mehr Kraft zur Seite.
"Josy!", rief er, doch ich ging nach oben und ließ ihn stehen. Ich rannte in die erste Etage und kam vor dem Spiegel im Bad zum stehen. Meine Wange war knallrot. Er hatte mir echt eine gescheuert. Ich war sprachlos.

"Josy.", sprach er mich an, als ich zurück in den Keller gegangen war, um die Wäsche fertig anzusetzen. Meine Hoffnung war, dass er bereits hoch gegangen wäre. Aber ich irrte mich. Ich ignorierte ihn und betätigte den Startknop an der großen Maschine, während er mich beobachtete.
"Ey, guck mich an.", sagte er und hielt mich am Arm fest.
"Lass mich los.", sagte ich leise und würdigte ihn dabei keines Blickes.
"Es war ein Versehen. Ich hab überreagiert, okay?", entschuldigte er sich etwas lauter.
"Ein Versehen also. Machst du das mit anderen Frauen auch? Sie wie Scheiße behandeln und zuschlagen, wenn sie nicht das machen, was du willst?", fragte ich wütend und riss mich los.
"Ich bin kein Frauenschläger!", verteidigte er sich.
"Und was war das dann eben?" Ich zeigte auf den fetten roten Fleck, der sich auf meiner Wange breit gemacht hatte. Die Stelle fühlte sich immernoch heiß an und zwiebelte.
"Ich sagte doch, es war ein Versehen. Es tut mir leid, okay?"
"Das macht das ganze auch nicht ungeschehen.", murmelte ich enttäuscht und ging dann wieder nach oben. Ich beschloss, mich einfach auf die Couch zu legen und Fernseh zu schauen. Was Samra machte, war mir egal. Für heute hatte ich echt die Schnauze voll von dem Typ. Gerade als ich halb am einschlafen war, hörte ich ein Poltern aus der Küche. Und dann ein Fluchen. Erschrocken sprang ich auf und rannte zu Samra, der komplett überfordert am Waschbecken stand. Seine Hand war Blutüberströmt und er drückte wie wild mit dem Daumen auf die blutende Stelle.
"Was hast du gemacht?", fragte ich sofort alarmiert. Als er nicht antwortete, und das Blut an den Seiten heraus qoll, schnappte ich mir blitzschnell ein Stück Küchenrollte und faltete es zusammen. Dann griff ich mir ein Geschirrhandtuch und eilte zu ihm.
"Was soll das werden?", fragte er skeptisch.
"Weg.", sagte ich und schob seine Finger von der Wunde weg. Eilig drückte ich das Küchentuch auf die offene Stelle und schnürte das Handtuch darum, sodass ich eine Art Druckverband hatte.
"Mir ist schwindelig.", murmelte er plötzlich und wurde blass.
"Wo ist dein Autoschlüssel?", fragte ich ihn.
"Bauchtasche.", sagte er verwaschen und stützte sich ab.
"Okay, ich fahr dich in die Notaufnahme. Los.", sagte ich schnell und stützte ihn, damit er mir nicht umfiel. Mit letzter Kraft schloss er noch die Haustür auf und zu, bevor er sich auf den Beifahrersitz fallen ließ.
"Wenn das Auto einen Kratzer hat, bist du tod.", mahnte er halb am abschmieren.
"Lass einfach schön die Augen offen und halt deine Hand nach oben."
Er tat, was ich sagte und wir kamen in der Notaufnahme an. Den Weg wusste ich Gott sei dank, da ich ja mal im Krankenhaus gearbeitet hatte. Erschwert schleppte er sich mit meiner Hilfe nach drinnen und die Schwestern brachten ihn sofort in einen freien Behandlungsraum. Gerade als die Schwestern den Verband abmachten, wurde er plötzlich ohnmächtig.

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