106. Kapitel

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Kapitel 106
22 Oktober

Julia musste die letzten Tage zwar arbeiten, aber trotzdem hatten sie und Ella viel Zeit miteinander verbracht. Vormittags hatte Ella Wohnungsbesichtigungen und war in den neuen Geschäftsräumen beschäftigt, denn auch diese mussten noch final eingerichtet werden.
Julia war noch in der Firma und musste unbedingt noch zwei Sachen erledigen, als Ella kam. Andreas war heute Abend für seine Kinder zuständig und die beiden Frauen machten einen Mädelsabend und wollten gemeinsam Essen gehen, denn morgen reiste Ella wieder ab. „Du wirst es nicht glauben. Ich habe eine Wohnung gefunden. Zwar etwas außerhalb und ich muss dann knappe 15 Minuten mit dem Auto zur Arbeit, aber sie ist super und bezahlbar. Und bis zu euch sind es nur noch ungefähr 30 Minuten, statt über 4 Stunden“ kam es euphorisch von Ella. Julia umarmte ihre beste Freundin und freute sich sehr. „Darauf müssen wir nachher unbedingt anstoßen... alkoholfrei natürlich“ kam es von Ella. Ella setzte sich noch in den Empfangsbereich und wartete, bis Julia mit ihrer Arbeit fertig war. „Julia, ich brauche kurz deine Hilfe. Ich suche einen Lieferschein“ kam Kilian zu ihr. „Ich habe jetzt eigentlich Feierabend“ antwortete sie. „Bitte... ich möchte auch gleich nach Hause – aber ohne den Lieferschein wird’s später...“ sagte er und versuchte sie zu überreden. „Nur, weil du es bist“ sagte sie dann und hatte den gewünschten Lieferschein nach wenigen Minuten zum Glück gefunden. „Ich danke dir, du bist ein Schatz. Schönen Feierabend“ sagte er. Als er wieder in die Werkstatt gehen wollte, sah er Ella. Er warf ihr ein „Hi“ entgegen und ging weiter. „So, wir können dann los“ kam es von Julia. „Du hast aber einen gutaussehenden Kollegen“ sagte sie. „Das war Kilian. Ein ganz lieber Mitarbeiter, wir verstehen uns echt gut. Und stimmt, er sieht wirklich gut aus“ gab Julia zu. „Soll ich ihn fragen, ob ich seine Nummer weitergeben darf?“ fragte sie noch hinterher. „Ach Quatsch. So war das doch gar nicht gemeint“ sagte sie und winkte ab. „Na okay... dann lass uns los“ sagte Julia und gemeinsam fuhren sie in die Innenstadt von Bünde und setzten sich dort in ein Restaurant.
Ella zeigte Julia Fotos von der Wohnung und auch Julia war richtig angetan davon. Die Frauen verbrachten einen schönen Abend miteinander und genossen die gemeinsame Zeit.


25. Oktober

Andreas war mit Marvin, Marius und Ben im Schwimmbad. Björn und Sabrina waren heute bei Freunden von Björn in Münster. Louisa hatte keine Lust auf Schwimmen gehabt und hatte über Bauchschmerzen geklagt, deswegen war Julia mit ihr in Enger geblieben. „Mir geht’s nicht gut... mein Bauch tut so weh und mir ist ganz warm“ sagte Louisa irgendwann.  Julia fühlte ihre Stirn. „Louisa, du glühst ja richtig. Meine Güte. Ich hole mal ein Fieberthermometer“ sprach Julia und ging ins Bad. Louisa hatte sich aufs Sofa gelegt und Henry hatte sich davor gesetzt. Es sah so aus, als wollte er sich um sie kümmern. Julia maß Fieber und das Thermometer zeigte eine Temperatur von 40,5 an. Das versetzte sie in Sorgen. Sie hatte noch so gar keine Erfahrung mit kranken Kindern und fühlte sich grade komplett überfordert. „Komm, trink erstmal ein bisschen“ sagte sie zu Louisa und holte ihr ein Glas Wasser. Das Mädchen verweigerte dies aber und lag schon fast apathisch auf dem Sofa. Sie hielt sich ihren Bauch und jammerte. Julia versuchte Andreas zu erreichen, aber dieser ging nicht ran. Sein Handy war bestimmt im Spint. „Scheiße“ fluchte sie. Sie hatte auch nichts für Kinder zum Fiebersenken. Und es war Sonntag. Sabrinas Nummer hatte sie nicht und einen Schlüssel für das Haus auch nicht, sonst hätte es dort sicherlich etwas gegeben. Der Zustand von Louisa verschlechterte sich weiterhin und Julia entschloss in der Kinderklinik in Herford anzurufen. Es ging direkt jemand dran und sie schilderte Louisas Symptome. „Das klingt für mich nach einer akuten Blinddarmentzündung, oder gar einem Durchbruch. Bitte alarmieren Sie sofort den Notdienst“ sagte die Krankenschwester. Julia war völlig fertig. Sie rief natürlich direkte die 112 an und ein RTW und ein Notarzt wurden sofort nach Enger geschickt. Julia setzte sich neben Louisa und streichelte sie und versuchte sie zu beruhigen. Nebenbei versuchte sie weiterhin Andreas anzurufen, aber dieser ging nicht ran. Sie schrieb ihm eine Nachricht, damit er sich direkt melden konnte, wenn er auf sein Smartphone schaute. Die Minuten bis die Rettungssanitäter und der Notarzt da waren, schienen schier unendlich. Endlich klingelte es und Julia lief zur Tür. Es ging alles sehr schnell und Louisa wurde als Notfall in die Kinderklinik gebracht. Julia durfte im RTW mitfahren. Sie wollte eigentlich ruhig bleiben, aber die Situation grade machte sie einfach fertig. Sie bekam unter der FFP2-Maske kaum Luft. Einer der Sanitäter merkte, dass es Julia nicht gut ging und erlaubte ihr, dass sie die Maske kurz abnehmen durfte. Die Fahrt ins Krankenhaus verging wie im Flug. Louisa wurde sofort von einem Team in Empfang genommen und Julia musste im Wartebereich Platz nehmen. Nach kurzer Zeit kam ein Krankenpfleger und teilte Julia mit, dass Louisa nun notoperiert wurde, da sie kurz vor einem Blinddarmdurchbruch stand. Julia war so voller Sorgen, aber mit der Situation auch völlig überfordert. Der Pfleger brachte ihr etwas zu trinken und kümmerte sich kurz um sie. Dann klingelte endlich Julias Hand und Andreas rief sie an. „Was ist mit Louisa?“ fragte er aufgeregt. „Sie wird notoperiert Andreas. Sie steht kurz vor einem Blinddarmdurchbruch. Kannst du Sabrina kontaktieren? Wir sind in der Kinderklinik in Herford“ berichtete sie ihrem Freund unter Tränen. „Ich rufe Sabrina an. Ich komme so schnell es geht ins Krankenhaus“ sagte er hastig und legte auf. Julia war unendlich froh, dass Andreas sich gemeldet hatte und bald kam. Er war mit den Jungs zum Glück in Herford im H2O schwimmen und somit nicht so weit entfernt.

Andreas war erschrocken, als er sah, dass Julia sehr oft versucht hatte ihn anzurufen und als er ihre Nachricht las, hatte er richtig Angst um seine kleine Tochter. Er und die Jungs waren schon angezogen und somit konnten sie schnurstracks in Richtung Kinderklinik fahren. Während der Fahrt versuchte er Sabrina zu erreichen, die zum Glück direkt ran ging. „Louisa ist im Krankenhaus und wird operiert. Blinddarm. Ich bin auf dem Weg dorthin. Sie ist in Herford in der Kinderklinik“ sagte er hastig. „Was? Wie konnte das passieren? Und warum bist du nicht bei ihr? Wir fahren sofort aus Münster los“ sagte sie sorgenvoll und legte wieder auf. Auch Marvin, Marius und Ben machten sich Sorgen um die kleine Louisa. Andreas parkte und lief in Richtung Notaufnahme. „Sie können hier nicht einfach so rein. Nur eine Person pro Kind. Für Louisa Reinelt ist hier bereits jemand“ sagte die Dame am Empfang der Notaufnahme. „Ich bin ihr Vater. Meine Freundin ist hier mit meiner Tochter. Bitte lassen Sie mich zu ihr. Meine Freundin ist hochschwanger. Ich muss zu ihr und zu meiner Tochter“ bettelte er förmlich. „Kommen Sie mit“ sagte die Frau und zeigte ihm den Wartebereich wo Julia saß. „Julia“ rief Andreas und rannte auf sie zu. Das Paar fiel sich in die Arme und Julia weinte hemmungslos. Sie versuchte sich zu fangen, damit sie Andreas berichten konnte, was passiert war. „Sie hatte ja heute früh schon über Bauchschmerzen geklagt... diese wurden plötzlich schlimmer und sie hatte aufeinmal hohes Fieber. Sie lag nur noch auf dem Sofa und hat ganz fürchterlich gejammert vor Schmerzen. Ich wusste keinen Ausweg und habe in der Klinik angerufen, daraufhin sollte ich direkt den Notruf anrufen. Und so kam Louisa als Notfall hierher und wurde direkt notoperiert. Ich konnte dich nicht erreichen und Sabrinas Nummer habe ich nicht... ich habe so Angst um Louisa... und ich mache mir so Vorwürfe, dass ich hätte vielleicht eher handeln müssen...“ brachte sie heraus und brach direkt wieder in Tränen aus. „Ssssscht“ sagte Andreas mehrfach und versuchte Julia Halt zu geben, damit diese sich beruhigte. Der Stress und die Aufregung waren nämlich nicht gut für sie und das Baby. Er machte Julia keine Vorwürfe. Er war dankbar, dass sie sich so gekümmert hatte und dafür gesorgt hatte, dass seiner Tochter rechtzeitig geholfen wurde. Ungefähr eine Stunde nachdem Louisa in den OP gekommen war, kam ein Arzt raus und suchte das Gespräch mit Julia und Andreas. „Wir haben ihrer Tochter den Blinddarm entfernt. Es war alles noch rechtzeitig. Sie ist nun im Aufwachraum und bleibt über Nacht auf der Überwachungsstation. Sobald sie aus der Narkose aufgewacht ist, dürfen sie zu ihr“ sprach dieser und sowohl Andreas als auch Julia fielen tausend Steine vom Herzen. Andreas bedankte sich und die beiden nahmen wieder Platz. Andreas hatte via Whatsapp Kontakt zu Marius, denn die Jungs warteten immernoch im Auto. Er wollte grade ein Handy einstecken, da klingelte dieses. Es war Sabrina. „Wir sind an der Klinik! Wo muss ich hin?“ fragte sie schnell. „Du musst erst zum Empfang. Sie werden dich allerdings vermutlich nicht reinlassen, da wir hier schon zu zweit sind und eigentlich nur eine Begleitperson erlaubt ist“ sagte Andreas. „Ich will zu meiner Tochter! Dann müsst ihr halt weg!“ schrie sie förmlich ins Telefon. Björn versuchte sie zu beruhigen, aber sie wollte grade nicht angefasst werden. Sie wollte einfach nur zu ihrer Tochter. „Beruhige dich bitte. Wir kommen zum Empfang und dann klären wir alles“ sagte Andreas und hoffte, dass es gleich nicht eskalierte. Das Paar ging also zurück zum Empfang und dort warteten auch schon Sabrina und Björn. Sabrina war sehr aufgewühlt und sah verweint aus. „Wie konnte es passieren, dass Louisa notoperiert werden musste? Hättest du das nicht eher merken können, dass es ihr schlecht geht?“ fiel sie Julia an. „Ich... Es war alles so plötzlich. Erst hatte sie nur Bauschmerzen und plötzlich kam das Fieber hinzu und die Schmerzen wurden schlimmer... und dann habe ich direkt gehandelt...“ verteidigte Julia sich. „Du hättest das merken müssen! Andreas und warum lässt du eine Frau, die keine Ahnung von Kindern hat, alleine mit unserer Tochter?“ schrie sie ihren Noch-Mann an. „Stopp! Das geht zu weit! Julia hat alles richtig gemacht. Unserer Tochter war rechtzeitig im Krankenhaus und liegt grade auf der Aufwachstation. Julia fährt nun nach Hause und vielleicht darfst du dann ja rein“ sprach er und versuchte Ruhe reinzubringen. Es waren natürlich alle emotional geladen, aber es brachte wirklich niemandem etwas, wenn man sich nun anschrie und irgendwelche haltlosen Schuldzuweisungen von sich gab. „Das ist eine gute Idee“ bekräftigte Björn Andreas. Andreas sprach mit der Mitarbeiterin am Empfang und Sabrina konnte mitkommen.

Auf anderen Wegen - Ehrlich Brothers Fan FictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt