„Verdammt wo ist sie?"

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Ich weiß das Mila viel jünger rüber kommt, als sie ist. Aber das wird in den nächsten Kapiteln erklärt. Im Groben zusammen gefasst hat sie nie eine richtige Erziehung genossen, hat wesentliche Dinge nicht gelernt. Daher benimmt sie sich noch oft kindisch und will mit dem Kopf gegen die Wand.
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„Ich werde dich aber weiter Trouble nennen, Mila.", ließ mich Stephan wissen als ich ihm von meinem neuen Namen erzählte. „Aber du hast mich doch gerade Mila genannt.", wies ich ihn hin und grinste ihn an. „Hast du gerade einen Scherz gemacht? Ich fass es nicht!", theatralisch drückte sich der hochgewachsene Mann eine Hand an die Brust. Ohne das ich es wollte wich ich einen Schritt zurück, in Panik einen Fehler gemacht zu haben. „Keine Sorge Mila, Stephan meint das nett.", Paul trat an meine Seite und legte mir seinen Arm um die Hüfte, was mich zusammen zucken ließ. „Alles gut. Denk dran wir sind die Guten.", beruhigte mich der Oberkommissar und ich atmete tief durch.
„Wie schafft es jemand, fast 30 Jahre unter dem Radar zu leben?", hörte ich eine fremde Stimme und sah dann erst wie Martin mit einem weiteren Mann um die Ecke bog. „Indem man die meiste Zeit im Haus verbringt und das Haus nur in der Nacht verlassen darf.", antwortete ich und stellte überrascht fest, wie viel Vertrauen ich bereits in die Beamten hatte. „Oh.", verlegen fuhr dich der ältere Beamte durch die Haare und hielt mir dann seine Hand hin, „Ich bin der Klaus. Der beste Freund deines Vaters und der Dienststellenleiter dieser Wache.". Nach einem Blick zu Paul, der mich mutmachend anlächelte, schüttelte ich die Hand von Klaus.
„Können wir?", Martin stand vor der Wachentür und sah mich abwartend an. „Darf Paul mitkommen?", bat ich schneller als ich denken konnte. Überrascht sahen die Beamten an und ich spürte wie mein Gesicht rot wurde. „Paul?", Klaus sah kurz zu seinem Kollegen der nickte. „Er hat eh ne Menge Überstunden, daher spricht nichts gegen ein frühzeitigen Feierabend.", entschied der Dienststellenleiter und ich fing an breit zu lächeln.
Ehe ich mich versah, saß ich in Martins Privatwagen und war auf dem Weg in mein neues zuhause. Von dem Gespräch der beiden Beamten bekam ich nicht viel mit, da ich viel zu beschäftigt damit was zu verarbeiten was in den letzen 24 Stunden passiert war. Die vorbeirauschenden Bäume und die leisen Stimmen von Paul und Martin ließen mich langsam müde werden, sodass ich meinen Kopf gegen die kühle Fensterscheibe lehnte und meine Augen schloss.
„Mila?", eine sanfte Hand strich über meinen Oberarm und ich meine Augen auf. „Ganz ruhig, ich bins nur. Wir sind da.", hörte ich Paul aber mein Körper spielte bereits sein Überlebensprotokoll ab. Ohne meinen Blick vom Oberkommissar zu nehmen griff ich an den Türgriff und öffnete die Tür. Ich sah wie Pauls Lippen sich bewegten, aber in meinen Ohren rauschte es zu sehr, als dass ich was hören konnte. Mit einem Satz sprang ich aus dem Wagen und lief los. „Mila bleib stehen.", Martin war wenige Meter hinter mir, aber ich lief als wäre ein Rudel Wölfe hinter mir. Wieso wusste ich selber nicht, mein Körper gehorchte mir nicht mehr. Zu sehr waren die Automatismen in meinem Unterbewusstsein verankert. Polizei bedeutet Ärger. Ärger bedeutet Prügel. Prügel bedeutet Schmerzen. Da ich mich in Kölns Straßen bestens auskannte, erinnerte ich mich an einen kleinen Wald der ganz in der Nähe sein musste. Und ich behielt recht, er war zwar kleiner als dass ich ihn in Erinnerung hatte, aber ich war als Kind das letzte mal hier geblieben. Wie ein Reh auf der Flucht sprang ich über umgestürzte Bäume und wich Brennnesseln aus um mich hinter einen großen Strauch zu verstecken. „Verdammt wo ist sie?", keuchend kam Martin näher und ich sah durch die Zweige wie er sich umsah. „Keine Ahnung. Sie war doch gerade noch hier.", erwiderte Paul, drehte sich um die eigene Achse und ließ dabei seinen Blick wachsam über die Umgebung gleiten. „Mila?", rief mein Vater und kam meinem Busch gefährlich nahe. „Ich glaub ich hab da hinten was gehört.", raunte ihm Paul zu und gemeinsam liefen sie in die entgegengesetzte Richtung. Erleichtert atmete ich aus und ließ auf den Boden sinken und zog meine Knie an die Brust. Langsam baute mein Körper das Adrenalin ab und mir wurde bewusst was ich getan hatte. Wieso war ich wieder abgehauen? Die beiden wollten nur mein bestes dennoch waren die jahrelangen Predigten meiner Mutter tief in meinem Kopf.
Als ich Schritte näher kommen hörte, hielt ich den Atem an. „Wieso bin ich nicht weiter gelaufen?", rügte ich mich tonlos selber. „Hier haben wir sie das letzte Mal gesehen.", die Sorge in Pauls Stimme ließ mir die Tränen in die Augen steigen. „Warum ist sie wieder abgehauen?", auch Martin klang besorgt und ich wünschte ich könnte ihm eine Antwort geben, aber ich wusste es selber nicht. „Nimm es ihr nicht übel, Fuchs. Ich meine deine Ex hat ihr jahrelang eingetrichtert dass wir die Bösen sind. Das verschwindet nicht von jetzt auf gleich.", beruhigte Paul seinen Kollegen und kam meinem Versteck wieder gefährlich nah.
„Mila? Ich weiß nicht ob du noch hier bist oder ob du mich hören kannst, aber bitte komm aus deinem Versteck. Wir sind dir auch nicht böse und wollen nur das beste für dich.", rief Martin in den Wald und ich riss meine Augen auf. Ich hatte erwartet dass die beiden sauer waren, ihre Kollegen riefen oder mich einfach im Wald ließen. Aber dass die beiden Verständnis für meine Reaktion hatten, hatte ich am wenigstens erwartet.
„Komm schon Mila. Du hast es mir versprochen.", erinnerte mich Paul und ich atmete tief durch bevor ich aufstand. „Ich bin hier.", langsam kam ich hinter dem Busch hervor und spielte nervös mit meinen Fingern. „Ein Glück.", erleichtert lief Paul auf mich zu und zog mich in seine Arme. „Mach das bitte nie wieder. Ich hab dich gerade erst gefunden, da kann ich dich doch nicht wieder verlieren.", bat Martin und strich mir liebevoll über den Hinterkopf.

Gestützt von Paul verließ ich den Wald wieder und stutzte als Paul nicht zum Auto ging sondern auf ein großes Haus zusteuerte. „Ich hab dich geweckt weil wir da waren.", erklärte er, ihm war wohl mein Blick nicht entgangen. „Willkommen zuhause.", wand sich Martin an mich und schloss die weiße Eingangstür auf. „Marie? Wir sind da.", rief mein Vater in den Hausflur und schon kam eine brünette, zierliche Frau auf uns zu und wischte sich dabei die Hände an einem Küchentuch ab. „Ihr habt euch ja Zeit gelassen, hast du wieder getrödelt?", neckte sie Martin und hielt mir ihre Hand hin. „Ich bin Marie.", stellte sie sich vor und ich schüttelte ihr zögerlich die Hand. „Ja, ich hab mich mit Klaus verquatscht.", log mein Vater und zwinkerte mir zu. „Typisch Männer.", lachte Marie und sah ihren Mann augenrollend an bevor sie meinen Arm griff und mich mit sich zog, „Komm, du hast bestimmt Hunger. So wie ich Martin kenne, hat er dir nur einen Schokoriegel gegeben.".
Ich warf einen panischen Blick über meine Schulter zu Paul der direkt hinter uns herkam. „Marie lass sie doch erst mal ankommen.", auch Martin eilte uns hinterher und ehe ich mich versah saß ich an einem reichlich gedeckten Tisch. „Du bist natürlich auch eingeladen, Paul. Eventuell hab ich es mit dem kochen übertrieben, aber als Martin anrief und mir von seiner Tochter erzählte war ich so nervös dass ich mich beschäftigen musste.", erklärte Marie und sah verlegen auf den Tisch.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt