„Na gut. Ich frage mich ob das meine Schuld ist."

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„Du kannst uns alles sagen. Keiner von uns würde dich anders behandeln Mila.", stellte Martin klar und legte seine Hand neben meinem Oberschenk ab, damit ich sie selber ergreifen konnte wenn ich sie brauchte.
Ich atmete dann noch mal tief durch und erzählte den beiden wie ich mir Vorwürfe gemacht hatte, weil ich die Woche nachdem ich aus der Klinik kam nur an der Seite meines Vater war und mich von niemand anders anfassen ließ. Dass ich mir Vorwürfe gemacht hatte dass die anderen so viel Rücksicht auf mich nehmen mussten.
Roberts Blick glitt zu Martin als ich geendet hatte. Ich folgte seinem Blick und sah wie Martin seinen Kiefer aufeinander presste. „Papa? Alles gut?", besorgt legte ich meine Hand auf seine. „Alles gut.", brummte er und blickte weiter stur geradeaus. „Herr Fuchs. Wenn Sie wollen dass Mila Ihnen alles erzählt wäre es vielleicht gut, wenn Sie mit gutem Beispiel voran gehen.", bat Robert unterschwellig meinen Vater mit der Sprache herauszurücken. „Na gut. Ich frage mich ob das meine Schuld ist. Ob das alles nicht passiert wäre, wenn ich besser auf ihre Signale geachtet hätte.", gab Martin zu und ich riss meine Augen auf. „Du kannst da doch nichts für. Ich hab mein bestes versucht um euch alle zu täuschen. Mein Kopf hat sich im Grunde selber beschützt.", ich hielt ihm meine Hand hin die er direkt ergriff.
„Wie du es gerade selber gesagt hast, Mila. Dein Kopf hat versucht sich selber zu schützen. Hat sich an den Menschen geklammert dem du am meisten vertraust. Und das war in dem Fall dein Vater.", mein Therapeut lächelte mich sanft an. „Aber in all den Jahren in denen ich bei... bei ihm war und nach allem was er mir angetan hat, hatte nichts solche Auswirkungen auf mich.", versuchte ich meine Gedanken wage zu umschreiben, da ich den Namen meines Stiefvaters nicht in den Mund nehmen wollte. „ Ich nehme an dass du von deinem Stiefvater redest, was hat er dir denn angetan?", Robert sah von seinem Notizbuch auf und ich spürte wie mein Herz anfing zu rasen. Als würde er mir Mut zusprechen drückte Martin meine Hand und ich schloss meine Augen.
„Er hat mich jahrelang misshandelt. Er, Olga, meine werte Mutter, und Franziska meine kleine Halbschwester. Ich war jahrelang ein Niemand. Hatte nicht mal einen Namen. Bis ich auf Paul getroffen bin.", erzählte ich und fing an zu lächeln als ich an Pauls und meine erste Begegnung dachte. „Das erklärt dein plötzliches Auftauchen.", murmelte Robert und ich hörte wie er sich etwas in sein Notizbuch notierte.
Ich wusste nicht woher ich den Mut und die Kraft hatte, denn ich erzählte weiter: „Dieses mal bin ich in an einem Stuhl gefesselt wieder wach geworden. Ein Mann stand vor mir und hat dem Boss Bescheid gesagt das ich wach sei. Kurz darauf stand er vor mir.", ich stoppte kurz und versuchte den Kloß in meinem Hals hinunter zu schlucken. „Er meinte er hätte noch viel mit mir vor und dürfte mich deswegen nicht verletzten. Noch nicht. Ich wurde zu einer Frau gebracht die mich... die mich...", ich verstummte da ich mich wieder in der Dusche stehen sah.
„Schon gut. Wir sind heute schon sehr weit gekommen. Ruh dich aus und genieße die Zeit mit deinen Freunden. Wir sehen uns morgen um 10.", da ich hörte wie Robert aufstand öffnete ich meine Augen. Stumm sahen Martin und ich ihm hinterher. Erst als die anderen aus der Küche kamen lösten wir uns aus der Starre und versuchten zu lächeln. „Also ernsthaft Fuchs. Du musst an deinem Pokerface arbeiten.", lachte Klaus und ließ sich auf einem der Sessel nieder. „Ach komm, so schlimm ist es doch nicht.", verteidigte sich mein Vater und sah zu Marie die sich die Hand vor den Mund hielt. „Mich hättest du überzeugt.", raunte ich ihm zu rutsche näher an ihn heran damit die andern sich auch hinsetzen konnten. Als ich seinen Blick auf mir spürte sah ich zu Paul. Sein Blick glitt zwischen mir und dem Platz neben mir auf dem Sofa hin und her. Als ich lächelnd nickte fing auch mein Freund an zu strahlen und setzte sich neben mich.
„Ähm... Leute?", ich sah dramatisch in die Runde und stellte sicher dass alle Augen auf mich gerichtet waren. „Wo ist mein Essen?".
Einige Sekunden war es ruhig bis die Beamten in Lachen ausbrachen. „Auf dem Herd. Beziehungsweise im Ofen. Paul meinte du würdest dich freuen, wenn wir alle zusammen essen.", antwortete Marie und ich sah meinen Freund überrascht an. „Ja so als Beginn von etwas neuem. Etwas besserem.", erwiderte Paul und rieb sich verlegen den Nacken. „Das ist eine tolle Idee. Danke.", ich lächelte ihn an und biss mir auf die Unterlippe, unsicher ob ich schon so weit war oder nicht. Mein Magen nahm mir die Entscheidung ab und ich lehnte mich statt gegen meinen Freund gegen meinen Vater.

Scheinbar war ich fast am verhungern gewesen, denn kaum saßen wir alle um den Esstisch herum und jeder etwas auf dem Teller hatte, machte ich mich bereits über die Ofenkartoffeln her. „Noch etwas Fleisch?", mit einem schiefen Grinsen hielt mir Stephan den Teller voller Schnitzel hin. Obwohl mir der Spott in seiner Stimme nicht entgangen war, nahm ich mir gleich zwei Stücke. „Willst du Daniel noch Konkurrenz machen?", zog mich Hannah auf und ich sah sie sauer an, fing dann aber an zu lachen.
Denn obwohl ich nur kurz mit Robert gesprochen hatte, ging es mir schon besser.
Nach dem Essen fuhren Klaus, Daniel, Hannah, Jule und Stephan nach Hause. Paul blieb für den Fall dass ich in der Nacht einen Albtraum hatte noch bei uns.

„Also die Wahl ist zwischen Rocky 2 und Fast and Furious.", Martin hielt die zwei DVD Verpackungen hoch. „Können wir nicht einen anderen Film sehen? Vielleicht Forest Gump?", schlug Marie vor und nahm sich eine Handvoll Chips. „Können wir vielleicht die Harry Potter Filme sehen?", unsicher sah ich zu meinen Eltern die sich überrascht ansahen. „Wieso nicht? Ich hab die noch nie gesehen.", stimmte Martin zu und startete den richtigen Streaming Dienst. „Ich hab die als Teenie das letzte mal gesehen.", gestand Marie und machte es sich auf dem Sessel gemütlich. Mir reichte ein Blick zu Paul, der zu meinen Füßen saß und mich wissend anlächelte, um zu wissen dass er wusste wieso ich gerade diese Filme vorgeschlagen hatte.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt