„Was hat ihr noch mal beim letzten mal geholfen?"

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Findet ihr das eigentlich gut, dass die Geschichte vom Zeitstrahl her anders ist als 'Erst wenn du ganz unten bist...'? Ich meine Daria und Paul haben im Kapitel 158 ihre standesamtliche Trauung gefeiert und Mila und Paul sind noch nicht mal über das "Ich liebe dich." hinaus.
Gehe ich das ganze zu langsam an?
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Eine gute halbe Stunde und einen gemeinsamen Lachflash später saßen wir in der Küche auf dem Fußboden und aßen uns quer durch Maries Gemüsefach. „Wir können das auf die Kaninchen aus eurem Garten schieben, wenn Marie morgen die Sachen sucht.", überlegte Paul laut und ich biss von dem Gurkenstick ab. „Oder wir sagen dass wir für die Obdachlosen einen Salat gemacht haben.", schlug ich vor und hielt ihm die Schale mit Jogurtdip hin. „Das ist gut. Dann sehen wir aus wie Helden.", jubelte Paul und ich lehnte mich an ihn. „Wobei, werden die beiden glauben dass wir mitten in der Nacht los laufen um Obdachlose mit Salat zu versorgen?", wand der Oberkommissar ein, als ich merkte wie ich langsam wieder müde wurde. „Sollen wir wieder hoch? Oder zu mindestens in das Wohnzimmer?", wollte Paul wissen, als ihm auffiel dass ich immer mehr Mühe hatte meine Augen offen zu halten. „Können wir hier bleiben?", harkte ich leise nach und war erleichtert als Paul direkt nickte. „Wenn du es schaffst, bleib kurz wach, dann räum ich die Sachen weg.", erklärte der Oberkommissar aber ich schüttelte meinen Kopf. „Bleib bitte genauso.", bat ich ihn und schloss meine Augen.
„Dann werde ich das Opfer wohl bringen müssen und alles aufessen müssen. Aber ob ich die fünf Tomaten noch schaffe?", fragte mein Freund sarkastisch und ich ließ meinen Kopf in seinen Schoß sinken. Meine Beine winkelte ich, soweit es ging, an und schlief mit Pauls leisen Kaugeräuschen im Hintergrund ein.

„Aber sie hat was gegessen. Das ist jeden Cent wert.", zischte Marie sauer und weckte mich damit. „Mama?", murmelte ich schlaftrunken und setzte mich auf. „Guten Morgen Töchterchen.", begrüßte mich mein Vater der bereits am Küchentisch saß. „Seid ihr schon lange wach?", wollte ich flüsternd von den beiden wissen und sah zu Paul der noch tief und fest zu schlafen schien. „Gute zehn Minuten. Mich würde eher interessieren was ihr euch dabei gedacht habt über unseren Kühlschrank herzufallen.", kam es von Martin und ich sah panisch zu Marie an. „Fuchs, wenn du heute nacht nicht auf dem Sofa schlafen willst, lässt du Mila essen wenn sie Hunger hat.", fuhr meine Stiefmutter ihren Mann an und ich presste meine Lippen aufeinander da mir die Tränen in die Augen stiegen. Hätte ich gewusst das ich mit meinem Verhalten einen Streit von meinen Eltern verursachen würde, hatte ich lieber weiter gehungert. Da ich gedanklich schon die nächsten Sportübungen plante um die nächtliche angefutterten Kilos wieder runter zu bekommen das ich nicht mitbekam wie Martin Marie damit neckte, dass sie doch gar nicht mehr ohne sein Schnarchen schlafen könne. Und wie sie ihm einen Kuss auf die Wange drückte.

„Wir haben ja einen Supermarkt hier um die Ecke. Wenn du mir das Geld vorstreckst kann ich die Sachen nach kaufen. Ich gebe es dir auch wieder. Nach der Stunde mit Robert kann ich direkt loslaufen, dann bin ich pünktlich zum Abendessen wieder da.", versicherte ich meiner Stiefmutter die mich verunsichert ansah. „Mila, die Sachen sind da um gegessen zu werden. Niemand ist böse deswegen.", stellte Marie klar und half mir beim aufstehen. Sie wollte mich auch in den Arm nehmen, ich wich ihr aber aus. „Ich geh hoch ins Bad.", informierte ich die beiden nüchtern und humpelte so schnell ich konnte aus der Küche.

Ich stand, nach einer ausgiebigen Katzenwäsche und in frischer Kleidung, an meinem Balkon und sah zu dem kleinen Waldstück, in das ich damals geflohen war als ich das erste Mal mit Martin heim gefahren war, und hing meinen Gedanken nach sodass ich nicht hörte wie Paul in den Raum kam. „Hier bist du. Dachte schon du bist mit deinem kaputten Fuß joggen gegangen.", scherzte mein Freund als er seine Arme von hinten um mich schlang. Erschrocken zuckte ich zusammen, versteifte meine sämtlichen Muskeln und ballte so sehr die Fäuste dass sich meine Fingernägel in meine Handflächen bohrten.
„Ich bin es doch nur. Dachte du hättest mich reinkommen hören.", versuchte mich Paul zu beruhigen aber mein Gehirn spielte bereits sein Überlebungsprotokoll ab. Mein Atem beschleunigte sich, ich versuchte mich auf meinen verletzten Fuß zu stellen um zu sehen ob ich damit laufen konnte und zog scharf die Luft ein, als ein scharfer Schmerz durch meinen gesamten Körper schoß. „Kämpf dagegen an Mila. Denk dran, du bist stärker als deine Angst.", hauchte mir Paul ins Ohr aber ich war schon zu weit in der Panikattacke als das ich noch abwehren konnte. In blinder Panik trat ich dem Oberkommissar mit meinem gesunden Fuß gegen das Schienbein und nutze die kurze Lockerung seines Griffes und stieß ihn von mir. Ohne auf die Schmerzen zu achten lief ich zu meiner Zimmertür und wollte gerade die Treppe hinunter als Paul mich wieder zu fassen bekam.
„LASS MICH LOS!", brüllend versuchte ich alles um mich erneut aus seinem Griff zu befreien. „Mila wach auf!", flehte er mich an, als er mich von der Treppe wegzog.
„Mila? Paul?", rief Martin und eilte mit großen Schritten die Treppe hoch und auf uns zu. „LASST MICH LOS! ICH MUSS HIER RAUS!", brüllte ich ihm entgegen und versuchte auch nach ihm zu treten. „Was zum Teufel ist passiert?", keuchte Marie die nun auch bei uns angekommen war. „Sie war wohl so in Gedanken das sie mich nicht gehört hat. Und als ich sie dann in den Arm genommen habe, hat sie eine Panikattacke bekommen.", erklärte Paul keuchend und hatte immer größere Mühe mich festzuhalten.
„Mila, Kind. Komm zu dir.", versuchte nun mein Vater zu mir durchzuringen, aber ich sah in meinem Wahn Hubert vor mir und spuckte ihm ins Gesicht. „Du bekommst mich nicht kampflos, Hubert!", fauchte ich ihn an und beobachtete mit Genugtuung wie der Wahn-Hubert erschrocken zurückwich. „Was hat ihr noch mal beim letzten mal geholfen?", wollte Marie panisch wissen als ich anfing mir selber über die Arme zu kratzen. „Ich hab ihr geholfen. Aber wie soll ich das tun, wenn ich der Auslöser bin?", rief Paul über mein Gebrüll hinweg und drückte mich näher an seine Brust.
„Dann versuchen wir es anders.", entschied Martin, riss mich aus den Armen meines Freundes und drehte mich so, dass ich Paul ansah. Direkt versuchte ich mich wieder mit Tritten nach hinten aus seinem Griff zu fliehen, aber meinen Vater ließ das kalt. „Küss sie Richter!", befahl er seinem jungen Kollegen, der einen Augenblick zögerte und dann einen Schritt auf mich zuging und seine Lippen auf meine drückte.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt